Urteil des LSG Bayern vom 30.10.2008
LSG Bayern: interessenabwägung, nebenkosten, zivilprozessordnung, hauptsache, form, ergänzung, rechtsschutz, nachzahlung, akte
Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 30.10.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 5 AS 663/08 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 11 B 741/08 AS PKH
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.07.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig waren im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, für das der Antragsteller vorliegend
Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt, höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg
II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.07.2008 bis 31.07.2008 unter
Berücksichtigung eines geringeren Einkommens und die Übernahme einer Stromnachzahlung sowie von Beiträgen zu
verschiedenen privaten Versicherungen durch die Antragsgegnerin.
Zuletzt mit Bescheid vom 17.05.2008 bewilligte die Antragsgegnerin Alg II für die Zeit vom 01.05.2008 bis 31.10.2008.
Diesen Bescheid hob sie für die Zeit vom 01.07.2008 bis 31.07.2008 teilweise in Höhe eines Abschlages von 14,00
EUR bei den Unterkunfts- und Heizungskosten auf (Bescheid vom 05.06.2008) und lehnte mit Bescheid vom
10.06.2008 die vom Antragssteller mit Schreiben vom 06.06.2008 beantragte Übernahme von Stromnachzahlungen
und von Beiträgen für verschiedene private Versicherungen ab. Dagegen legte der Antragsteller jeweils Widerspruch
ein. Den Bescheid vom 05.06.2008 hob die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28.07.2008 auf und wies den
diesbezüglichen Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.07.2008). Dagegen hat der Antragsteller Klage
zum Sozialgericht Nürnberg erhoben (S 5 AS 920/08). Gegen weitere Bescheide vom 28.07.2008, mit denen die
Antragsgegnerin die Leistungen für die Zeit ab 01.09.2008 bis 31.10.2008 neu berechnete, legte der Kläger ebenfalls
Widerspruch ein. Den Widersprüchen half die Antragsgegnerin teilweise ab (Bescheide vom 11.08.2008 für die Zeit
vom 01.09.2008 bis 31.10.2008). Die Übernahme der Nachzahlung von Nebenkosten der Unterkunft lehnte die
Antragsgegnerin mit Bescheid vom 11.08.2008 hingegen ab; auch dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein.
Mit weiterem Bescheid vom 28.08.2008 bewilligte die Antragsgegnerin für die Zeit vom 01.07.2008 bis 31.10.2008 Alg
II unter Berücksichtigung eines geringeren Einkommens des Antragstellers und wies den Widerspruch diesbezüglich
zurück (Widerspruchsbescheid vom 03.09.2008).
Bereits am 11.06.2008 hat der Kläger einstweiligen Rechtschutz beim Sozialgericht Nürnberg (SG) hinsichtlich der
Bescheide vom 05.06.2008 und 10.06.2008 und die Bewilligung von PKH beantragt. Er begehre um 14,00 EUR höhere
Unterkunfts- und Heizungskosten und die Übernahme von Stromschulden und Versicherungsbeiträgen zu privaten
Versicherungen durch die Antragsgegnerin. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt
(Beschluss vom 09.07.2008). Bezüglich der Bewilligung höherer Heizkosten fehle es an einem Anordnungsgrund bzw.
falle eine vorzunehmende Interessenabwägung zu Ungunsten des Antragstellers aus. Hinsichtlich der Übernahme von
Stromnachzahlungen und von Versicherungsbeiträgen fehle es an einem Anordnungsanspruch. Den Antrag auf
Bewilligung von PKH hat das SG mit Beschluss vom selben Tag mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt.
Gegen beide Beschlüsse hat der Antragsteller Beschwerde zum D. eingelegt. Die Antragsgegnerin habe für Juli
höhere Nebenkosten berücksichtigt. Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes ist vom Senat mit Beschluss vom 18.08.2008 als unzulässig verworfen worden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akte des D.s L 11 B
601/08 AS ER Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht
begründet.
Gemäß § 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann,
auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg
bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot vorliegend keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Ein
früherer Zeitpunkt kommt allenfalls dann in Betracht, wenn sich die Entscheidung über den Antrag verzögert hat und
eine Änderung zum Nachteil des Antragstellers eingetreten ist (vgl. Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9.Aufl, Rdnr 7d; vgl. auch Beschluss des Senates vom 28.09.2006 -L 11 B 736/06 AS PKH -).
Eine Prüfung der Erfolgsaussicht war dem Senat frühestens im Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde beim D.
(25.08.2008) möglich. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage zum Nachteil des Antragstellers hat sich hinsichtlich
der Frage der Erfolgsaussicht vor und nach diesem Zeitpunkt nicht ergeben.
Bei Beschwerdeeinlegung war der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch das SG bereits mit
Beschluss vom 09.07.2008 rechtskräftig abgelehnt worden. Die Beschwerde hiergegen ist mit Beschluss des Senats
vom 18.08.2008 verworfen worden. In einem solchen Fall besteht grundsätzlich keine Veranlassung, die
Erfolgsaussichten des PKH-Gesuchs losgelöst vom rechtskräftig abgeschlossenen Hauptsacheverfahren (hier:
einstweiliges Rechtsschutzverfahren) erneut zu prüfen. Das Beschwerdegericht darf die Erfolgsaussichten in der
Hauptsache nicht abweichend von der Vorinstanz beurteilen (vgl. hierzu Beschluss des Senates vom 28.09.2006 - L
11 B 736/06 AS PKH - mwN). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Billigkeitsgründen, etwa bei Vorliegen
schwerwiegender Mängel in der rechtlichen Beurteilung durch die Vorinstanz. Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht
und wurden vom Antragsteller auch nicht vorgetragen. Insbesondere darf vorliegend nicht übersehen werden, dass es
sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt und das SG dabei nicht allein auf die materielle
Rechtslage, sondern auch auf die Eilbedürftigkeit abzustellen und ggf. eine Interessenabwägung vorzunehmen hat.
Dies ist durch das SG erfolgt.
Nach alledem war die Beschwerde wegen der Bewilligung von PKH zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).