Urteil des LSG Bayern vom 21.05.2003

LSG Bayern: jetzt L 16 RJ 538/02, durch Zurücknahme der Berufung am 23.01.2003 erledigt ist. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen., rente

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 21.05.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 7 RJ 771/97 A
Bayerisches Landessozialgericht L 16 RJ 538/02
I. Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren L 16 RJ 189/00 - jetzt L 16 RJ 538/02 - durch Zurücknahme der
Berufung am 23.01.2003 erledigt ist. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Vorrangig ist
zu prüfen, ob das Berufungsverfahren durch wirksame Berufungsrücknahme er- ledigt ist.
Der 1933 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Jugoslawien - jetzt Staatliche
Gemeinschaft Serbien und Montenegro -. Nach drei Rentenanträgen aus den Jahren 1978, 1982 und 1989, die der
Kläger erfolglos bis zum Bundessozialgericht betrieben hat, beantragte er am 17.09.1996 erneut die Gewährung einer
Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
Die Beklagte lehnte den Antrag wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab (Bescheid vom
20.03.1997). Widerspruch und Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.05.1997, Urteil des
Sozialgerichts Landshut - SG - vom 26.01.2000).
Auf die dagegen am 29.03.2000 (Eingang beim SG) zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhobene Berufung
hat der Senat ein Gutachten nach Aktenlage des Internisten Prof. Dr. F. vom 24.11.2000 eingeholt. Dieser kam zu
dem Ergebnis, der Kläger sei zwischen dem 30.01.1990 und dem 01.07.1998 noch in der Lage gewesen, vollschichtig
leichte bis mittelschwere Arbeiten mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten. Die Wegefähigkeit
und die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit seien nicht in höherem Grade beeinträchtigt gewesen.
Der Senat hat dem Kläger dieses Gutachten zur Stellungnahme übersandt, ob die Berufung zurückgenommen werde
(Schreiben vom 04.01.2001) und eine in deutscher und serbokroatischer Sprache abgefasste Rücknahmeerklärung
beigefügt. Diese vom Kläger mit Ortsangabe und dem Datum 15.01.2001 unterschriebene Erklärung ist am 23.01.2001
beim LSG eingegangen.
Mit Schreiben vom 11.12.2001 hat der Kläger angefragt, bis wann er eine Entscheidung erwarten könne. Auf die
Mitteilung des Senats, der Rechtstreit sei durch seine Erklärung vom 15.01.2001 erledigt worden, hat der Kläger
mitgeteilt, er fühle sich getäuscht. Die Rücknahmeerklärung habe sich laut Übersetzung - "tuzbu" - auf eine Klage
bezogen, nicht auf die von ihm erhobene Berufung. Er habe angenommen, es handle sich um eine frühere Klage
(Schreiben vom 26.12.2001). Er habe das Gutachten des Prof. Dr. F. für positiv gehalten und den Rechtsstreit nicht
beenden wollen (Protokoll vom 24.09.2002). Die Übersetzung der Rücknahmeerklärung sei ungenau (Schreiben vom
15.10.2002).
Er beantragt sinngemäß, das Verfahren fortzusetzen und die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts
Landshut vom 26.01.2000 und des Bescheides der Beklagten vom 20.03.1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 21.05.1997 zu verpflichten, ihm Rente wegen verminderten Erwerbsfähigkeit zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt, festzustellen, dass der Rechtsstreit durch die Erklärung des Klägers vom 15.01.2002, beim
Bayerischen Landessozialgericht eingegangen am 23.01.2001, beendet worden ist.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und die Prozessakte des Sozialgerichts Landshut sowie die Berufungsakten L
5 Ar 831/85 und L 7 Ar 597/92 beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und die
Berufungsakte L 16 RJ 538/02 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsverfahren ist durch Zurücknahme der am 29.03.2000 zulässig eingelegten (§§ 143, 144, 151
Sozialgerichtsgesetz - SGG -) Berufung erledigt. Gemäß § 156 SGG kann die Berufung bis zur Rechtskraft des
Urteils oder des nach § 153 Abs.4 oder § 158 Satz 2 SGG ergangenen Beschlusses zurückgenommen werden (Abs.1
Satz 1). Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des Rechtsmittels (Abs.2 Satz 1).
Der Kläger hat mit Formblatterklärung vom 15.01.2001, beim LSG eingegangen am 23.01.2001, die Berufung gegen
das Urteil des SG vom 26.01.2000 zurückgenommen. Das Formblatt ist vom Kläger un- ter handschriftlicher Orts- und
Datumsangabe unterschrieben worden.
Nach dem auf dem übersandten Gutachten, auf dem beigefügten An- schreiben und auf dem Formblatt
übereinstimmend angegebenen Ak- tenzeichen des Berufungsverfahrens "L 16 RJ 189/00" und dem auch in der
Heimatsprache des Klägers ausgeführten Wortlaut der Erklärung "nehme ich die Berufung gegen das Urteil des
Sozial- gerichts Landshut vom 26.01.2000 zurück", konnte für den Kläger beim Ausfüllen des Formblattes kein
vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass seine Erklärung das anhängige Berufungsverfahren L 16 RJ 189/00 (jetzt
fortgeführt unter dem Aktenzeichen L 16 RJ 538/02) und nicht - wie von ihm vorgetragen - ein früheres Klageverfahren
betraf.
Es liegt auch kein Fehler in der serbokroatischen Übersetzung des Textes vor. Dort ist zutreffend das Wort "tuzbu" (=
Beru- fung) und nicht "tuzba" (= Klage) genannt. Objektive Anhalts- punkte dafür, dass der Kläger, der drei
vorangegangene Renten- antragsverfahren überwiegend ohne Vertretung durch einen Be- vollmächtigten jeweils bis
zum Bundessozialgericht betrieben hat, die prozessbeendende Wirkung seiner Erklärung nicht er- kannt hat, liegen
nicht vor. Da er bei Übersendung des Gutach- tens im Begleitschreiben ausdrücklich zur Stellungnahme aufge- fordert
wurde, ob er die Berufung zurücknimmt, konnte der Klä- ger auch nicht - wie jetzt von ihm vorgetragen - von einem für
ihn positiven Inhalt des Gutachtens ausgehen.
Ein zeitgleicher Widerruf der Rücknahmeerklärung ist nicht er- folgt. Die Erklärung wurde auch nicht offensichtlich
versehent- lich abgegeben. Ein nachträglicher Widerruf oder eine Anfech- tung der Berufungsrücknahmeerklärung ist
nicht möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.2 SGG), liegen nicht vor.