Urteil des LSG Bayern vom 27.07.2005

LSG Bayern: fibromyalgie, rente, erwerbsfähigkeit, arbeitsmarkt, pause, krankheit, erwerbsunfähigkeit, diagnose, wechsel, berufsunfähigkeit

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 27.07.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 8 RJ 351/98
Bayerisches Landessozialgericht L 19 R 73/03
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 28.11.2002 aufgehoben und die
Klage gegen den Bescheid vom 19.12.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.1998 abgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) über den 31.12.1997 hinaus.
Die 1959 geborene Klägerin hat nach eigenen Angaben keinen Beruf erlernt und war bis 1993 als Arbeiterin in einer
Schuhfabrik versicherungspflichtig beschäftigt; seit dieser Zeit ist sie arbeitslos bzw arbeitsunfähig (letzter
Pflichtbeitrag am 16.08.1991).
Mit Bescheid vom 10.02.1997 bewilligte die Beklagte Rente wegen EU auf Zeit vom 01.11.1995 bis 31.12.1997.
Maßgebend hierfür war die Beurteilung des Neurologen und Psychiaters Dr.P. , der im Gutachten vom 16.01.1997
eine neurotisch-hypochondrische Entwicklung diagnostiziert hatte, wegen der die Klägerin zur Zeit einer regelmäßigen
erwerbbringenden Tätigkeit nicht nachgehen könne. Die Rente wurde befristet, weil die Klägerin überzeugt war, durch
den Umzug aus der "vergifteten" Wohnung ihre Beschwerden zu verlieren.
Den Weitergewährungsantrag der Klägerin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.12.1997 und
Widerspruchsbescheid vom 17.03.1998 ab, nachdem der ärztliche Sachverständige Dr.P. im Gutachten vom
03.11.1997 wieder vollschichtig leichte Arbeiten für zumutbar gehalten hatte.
Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat im vorbereitenden Verfahren einen Befundbericht und die Unterlagen der
Allgemeinmedizinerin Dr.H. zum Verfahren beigezogen und von Amts wegen die Nervenärztin Dr.W. (Gutachten vom
03.08.1999) und Dr.E. anlässlich des Termins vom 19.10.1999 gehört. Die ärztlichen Sachverständigen haben ein
vollschichtiges Einsatzvermögen der Klägerin für mindestens leichte Tätigkeiten angenommen. Der auf Antrag der
Klägerin gehörte Arzt für Allgemeinmedizin Dr.rer.nat.S. ist im Gutachten vom 11.04.2000 zu der Beurteilung gelangt,
bei der Klägerin liege neben anderen Erkrankungen ein Fibromyalgie-Syndrom vor, das eine Vermittlung auf dem
Arbeitsmarkt auch in der untersten Belastungskategorie unmöglich mache. Der abschließend vom SG gehörte
Prof.Dr.A. von der Medizinischen Klinik der Stiftung J. W. ist im Gutachten vom 16.07.2002 ebenfalls zu der
Diagnose Fibromyalgie-Syndrom gelangt und hat bei der Klägeirn ein Leistungsvermögen von 4 bis unter 8 Stunden
angenommen, wobei unter Berücksichtigung der Arthralgien und des depressiven Stimmungsbildes entsprechende
Pausenmöglichkeiten geschaffen werden müssten.
Der Leistungsbeurteilung von Prof.Dr.A. hat sich das SG angeschlossen und die Beklagte mit Urteil vom 28.11.2002
verurteilt, den Leistungsfall der EU mit dem 17.03.2000 anzuerkennen und ab 01.10.2000 die entsprechenden
gesetzlichen Leistungen bis Dezember 2004 zu gewähren.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend macht,
die Diagnose eines Fibromyalgie-Syndroms sei bisher nicht belegt, da die erforderlichen "Tender points" nicht
dokumentiert seien. Nach den bisherigen Befunderhebungen seien lediglich 4, bei großzügiger Auslegung höchstens 6
von mindestens geforderten 11 (von insgesamt 18 möglichen) Punkten druckschmerzhaft, so dass die Diagnose
Fibromyalgie nicht gestellt werden könne. Ferner würden weder Anamnese noch körperliche Befunderhebung darauf
hinweisen, dass die Klägerin seit der Untersuchung durch Dr.S. nicht in der Lage sei, leichte körperliche Tätigkeiten
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Auch fehle dem Gutachten von Prof.Dr.A. ein
aussagekräftiger psychischer Untersuchungsbefund. Entgegen der Auffassung des SG sei daher von einer
vollschichtigen Einsatzfähigkeit der Klägerin für leichte Arbeiten auszugehen.
Der Senat hat zur Frage des Leistungsvermögens der Klägerin zunächst Dr.S. (Chefarzt der Psychosomatischen
Klinik im Klinikum Bad B.) gehört, der im Gutachten vom 12.01.2004 von einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit (8
Stunden) für leichte Arbeiten ausging, wobei alle 2 Stunden eine Pause von 15 Minuten eingelegt werden sollte. Die
auf Antrag der Klägerin gehörte Prof.Dr.R. hat im Gutachten vom 30.06.2004 eine Einsatzfähigkeit von weniger als 6,
jedoch mindestens 4 Stunden für leichte Arbeiten im Wechselrhythmus angenommen. Der abschließend gehörte
Neurologe und Psychiater Prof.Dr.G. hat im Gutachten vom 21.04.2005 Vollschicht für leichte Arbeiten im
Wechselrhythmus für möglich gehalten, wobei die Einhaltung von zusätzlichen Pausen nicht für erforderlich gehalten
wurde.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 28.11.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie bestreitet nach wie vor, dass sie vollschichtig arbeitsfähig
eingestuft werde. Diese Leistungsanforderung könne sie nicht mehr erbringen. Die Feststellungen des Erstgerichts
seien durch die vom Berufungsgericht eingeholten Gutachten nicht widerlegt.
Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die Streitakten erster und zweiter Instanz sowie die
vom Senat beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -)
und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).
Das Rechtsmittel ist auch begründet. Auf den Antrag der Beklagten war das angefochtene Urteil des SG Würzburg
vom 28.11.2002 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 19.12.1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 17.03.1998 abzuweisen. Denn die Klägerin ist weder über den Wegfallzeitpunkt
31.12.1997 hinaus erwerbsunfähig noch ist in der Folgezeit der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit bzw der vollen
Erwerbsminderung iS des Gesetzes eingetreten.
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhält die Versicherte, die die Wartezeit und die sonstigen
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und erwerbsunfähig iS des Gesetzes ist. Nach dem aktenkundigen
Versicherungsverlauf und den Feststellungen der Beklagten sind zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
für die Weitergewährung von Rente gegeben, bei der Klägerin lag aber EU nach der bis 31.12.2000 geltenden und für
Leistungsfälle vor dem 01.12.2000 weiter anzuwendenden Bestimmung des § 44 Abs 2 Satz 1 Sechstes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht vor. Danach sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder
Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben
oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Diese
Voraussetzungen einer Rente wegen EU erfüllt die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum nach dem 31.12.1997 nicht,
da die festgestellten Gesundheitsstörungen nicht so ausgeprägt waren und sind, dass hier nicht noch vollschichtig
zumindest leichte Tätigkeiten möglich gewesen wären und weiterhin wären, zumal weder eine Summierung
ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorlag/vorliegt und
deshalb die Arbeitsmarktlage bei der Beurteilung der EU außer Betracht zu bleiben hat (vgl BSG - Großer Senat -
SozR 3-2600 § 44 Nr 8).
Die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden vom 19.12.1997 und 17.03.1998
sind durch die Ausführungen des vom Senat gehörten ärztlichen Sachverständigen Prof.Dr.G. im Gutachten vom
21.04.2005 nachhaltig bestätigt wurden. Danach schränken die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen
ihre Einsatzfähigkeit weder für sich allein noch in der Gesamtwürdigung in einem rentenrechtlich erheblichen Umfange
ein.
Die Ermittlungen im Berufungsverfahren haben ergeben, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Wesentlichen
durch die von der Klägerin angegebenen Schmerzen und die Erschöpfung eingeschränkt wird. Diese sind vorrangig als
undifferenzierte Somatisierungsstörung einzuordnen, wobei die Klassifikation für die Leistungsbeurteilung unerheblich
ist. Außerdem sind bei der Klägerin psycho-dynamisch histrionische Persönlichkeitszüge zu unterstellen; seitens des
neurologischen Gebietes ist eine periodenabhängige Migräne mit Aura gegeben. Diese Gesundheitsstörungen
bedingen aber nicht das Vorliegen von EU über den Wegfallzeitpunkt hinaus.
Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist durch die genannten Gesundheitsstörungen zwar im streitbefangenen Zeitraum
qualitativ, aber noch nicht in zeitlicher Hinsicht auf ein selbst für leichte Tätigkeiten nur noch untervollschichtiges
Leistungsvermögen eingeschränkt. Insoweit folgt der Senat der Leistungsbeurteilung durch den abschließend gehörten
ärztlichen Sachverständigen Prof.Dr.G. , Arzt für Neurologie, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Sozialmedizin -
Rehabilitationswesen im Gutachten vom 21.04.2005. Prof.Dr.G. ist auf sämtliche von der Klägerin vorgebrachten oder
sonst aktenkundigen Leidenszustände eingegangen, hat sie beschrieben und in ihren Auswirkungen auf die
Erwerbsfähigkeit gewürdigt. Grundsätzlich ist für die Leistungsbeurteilung festzuhalten, dass das bei der Klägerin
vorliegende Fibromyalgie-Syndrom abhängig von den verwendeten diagnostischen Kriterien ein mehr oder weniger
unspezifisches Beschwerdebild umfasst. Der Beleg, dass die Fibromyalgie eine eigenständige Krankheitsintensität
darstellt, konnte wissenschaftlich noch nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit geführt werden. Weiterhin ist
festzuhalten, dass in der einschlägigen Literatur und bei den Schmerzexperten sich in den letzten Jahren zunehmend
die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es sich bei der Fibromyalgie um eine psychosomatische Störung handelt.
Dementsprechend werden üblicherweise auch und gerade psychotherapeutische Maßnahmen im weitesten Sinne in
der Behandlung empfohlen, zumal sich der bisherige, rein somatische Therapieansatz als nicht erfolgreich erwiesen
hat. Die sozialmedizinische Begutachtung wird sich nach den Kriterien der Prognosebeurteilung somatoformer
Störungen richten.
Unter gutachtlichen Aspekten ist das Fibromyalgie-Syndrom keine objektivierbare Krankheit, sondern nur die
Benennung eines subjektiven Beschwerdekomplexes. Entscheidend für die sozialmedizinische Beurteilung ist die
Frage: Was steckt dahinter? Besteht eine relevante körperliche oder seelische Erkrankung, die das subjektive
Schmerzsyndrom erklären kann? Davon hängt es ab, ob eine Leistungsminderung in einem wesentlichen Umfang
begründet werden kann. Vorliegend besteht keine schwerwiegende und krankheitswertige Depression. Zwar wurde
bereits 1992 (Arztbrief von Frau Dr.U. vom 10.07.1992) eine Angstsymptomatik, ein depressives Syndrom und eine
Persönlichkeitsstörung beschrieben, später ging man von einer neurotisch-hypochondrischen Entwicklung aus, es
wird auch eine hypochondrische Neurose genannt (1996). Prof.Dr.G. hat auch darauf hingewiesen, dass für die
Plausibilitätsbewertung der von der Klägerin geltend gemachten Schmerzen, aber auch der Erschöpfung festzuhalten
ist, dass eine Diskrepanz zwischen der Beschwerdeschilderung und der körperlichen Beeinträchtigung in der
Untersuchungssituation auffiel. Auch bleibt das ohne eigene Zweifel der Klägerin vorgetragene Ausmaß der
Leistungseinschränkungen zu erwähnen. Aus diesen Gründen konnte sich auch der Senat im Anschluss an die
Ausführungen von Prof.Dr.G. nicht den Leistungsbeurteilungen der ärztlichen Sachverständigen anschließen, die ein
untervollschichtiges Leistungsvermögen bei der Klägerin annehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die außerhalb
des neurologischen und psychiatrisch-psychotherapeutischen Gebietes vorliegenden Gesundheitsstörungen die
Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht wesentlich einschränken.
Bei der Gesamtwürdigung der auf dem neurologischen und psychiatrisch-psychotherapeutischen Gebiet bei der
Klägerin gegebenen Gesundheitsstörungen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Klägerin noch
vollschichtig (etwa 8-stündig) körperlich leichte Tätigkeiten zumutbar waren und sind. Diese sollten möglichst im
Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen, unter Vermeiden einseitiger Körperhaltungen, Vermeiden von Steigen auf
Leitern und Gerüsten und Vermeiden besonderer Umwelteinflüsse verrichtet werden. Infolge der eingeschränkten
psychischen Belastbarkeit der Klägerin sollten Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und
Reaktionsvermögen wie auch Arbeiten unter Zeitdruck sowie in Wechsel- und Nachtschicht vermieden werden.
Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass die genannten Gesundheitsstörungen es erforderlich
machten, dass die Klägerin zusätzliche betriebsunübliche Pausen einhalten müsste, wie es der ärztliche
Sachverständige Dr.S. im Gutachten vom 12.01.2004 empfiehlt. Nach den Ausführungen von Dr.S. sollte die Klägerin
die Möglichkeit haben, alle 2 Stunden eine Pause von etwa 15 Minuten einzulegen wegen der
Beschwerdesymptomatik, der Alltagsbeschreibung und der Ausdauerfähigkeit. Diese Leistungseinschränkung ist für
den Senat nicht nachvollziehbar. Die Beurteilung von Dr.S. basiert vorrangig auf den subjektiven Angaben der
Klägerin über die Intensität ihrer Schmerzen und ihrer Ausdauerfähigkeit, wobei auf die vom ärztlichen
Sachverständigen Prof.Dr.G. festgestellte Diskrepanz bereits hingewiesen wurde. Weiter ist zu berücksichtigen, dass
bei Versicherten, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes Kurzpausen einlegen müssen (zB zur Einnahme einer
Zwischenmahlzeit bei Diabetikern oder häufiger Toilettengang bei Morbus Crohn), hierfür im Regelfall die sog.
persönliche Verteilzeit ausreichend ist. Wird in Bürobereichen mit Leistungsvorgaben gearbeitet, müssen persönliche
Verteilzeiten bei der Vorgabeermittlung ebenso berücksichtigt werden. Sind persönliche Verteilzeiten nicht gesondert
in Ansatz gebracht worden, gehört die Zeit für persönliche Bedürfnisse als "stille Übung" zur täglichen Büropraxis. Die
Akzeptanz dieser Kurzpausen, die über die Zeit zur Verrichtung der persönlichen Bedürfnisse deutlich hinausgeht, ist
u.a. abgängig von der Größe und dem Wirtschaftsbereich des Unternehmens. Sie wird dort ihre Grenzen finden, wo
eine Ausweitung der persönlichen Verteilzeit zur - rechtswidrigen - Ruhepause erfolgt. Die Rechtsprechung der
Sozialgerichtsbarkeit geht u.a. davon aus, dass Arbeitnehmer, die wegen Krankheit alle 2 Stunden, gelegentlich auch
jede Stunde, die Toiletten aufsuchen müssen, noch nicht erwerbsunfähig sind (vgl Deutsche Rentenversicherung,
herausgegeben vom VDR, Heft 2 - 3/2002 S.135 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Aus diesen Gründen ist
der Klägerin, die entsprechend dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema im Hinblick auf ihr
versicherungspflichtiges Erwerbsleben auch auf allgemeine Büroarbeiten verweisbar ist, der Arbeitsmarkt auch dann
nicht praktisch verschlossen, wenn der Leistungsbeurteilung von Dr.S. gefolgt wird, nach der die Klägerin alle 2
Stunden eine 15-minütige Pause einlegen müsste.
Somit war und ist die Klägerin unter Einbeziehung aller bei ihr festgestellten Gesundheitsstörungen nicht an der
Ausübung einer regelmäßigen Ganztagsbeschäftigung gehindert. Deshalb braucht eine zustandsangemessene
Tätigkeit weder nachgewiesen noch benannt zu werden. Bei den von den ärztlichen Sachverständigen bezeichneten
Einsatzbedingungen, die zum Schutz der Klägerin vor unzumutbaren Belastungen am Arbeitsplatz eingehalten werden
müssen, handelt es sich zur Überzeugung des Senats nicht um Einschränkungen, die einen denkbaren Arbeitseinsatz
auf so wenige Gelegenheiten reduzierten, dass diese wegen Geringfügigkeit außer Betracht zu bleiben hätten. Denn
so lange eine Versicherte im Stande ist, unter betriebsüblichen Bedingungen noch vollschichtig und regelmäßig
Erwerbsarbeit zu leisten, besteht keine Pflicht der Verwaltung und Gerichte, konkrete Arbeitsplätze und
Verweisungstätigkeiten mit im Einzelnen nachprüfbaren Belastungselementen zu benennen; vielmehr ist in solchen
Fällen von einer ausreichenden Zahl vorhandener Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen (BSG
SozR 2200 § 1246 Nr 90). Ein Sachverhalt, bei dem sich das Restleistungsvermögen bereits in einen Grenzbereich
vermindert hat, der mit den bisherigen Kriterien nicht klar beurteilt werden kann, ist vorliegend nicht gegeben.
Damit ist die Klägerin nach dem 31.12.1997 nicht mehr erwerbsunfähig. Leistungen wegen Berufsunfähigkeit stehen
der Klägerin ebenfalls nicht zu, da sie, die zuletzt eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt hat, keinen Berufsschutz
genießt. Die Klägerin erfüllt somit über den Wegfallzeitpunkt am 31.12.1997 nicht die Voraussetzungen der Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit iS der §§ 43, 44 aF SGB VI. Da es nach den getroffenen Ermittlungen auch keine
Anhaltspunkte für einen Eintritt der Erwerbsminderung iS des § 43 nF SGB VI nach dem 31.12.2000 gibt, hat die
Klägerin auch nach der ab 01.01.2001 gültigen Rechtslage keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Nach alledem war das Urteil des SG Würzburg vom 28.11.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).