Urteil des LSG Bayern vom 18.01.2005

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Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 18.01.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 2 RJ 1468/02 A
Bayerisches Landessozialgericht L 6 R 394/04
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 17. März 2004 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Witwenrente aus der Versicherung von D. B ...
D. B. , geboren 1937 und verstorben am 06.10.2001, der in der Bundesrepublik Deutschland vom 04.12.1968 bis
31.10. 1972 als Arbeiter versicherungspflichtig beschäftigt war, erhielt von der Beklagten ab 01.02.1973
Rentenleistungen wegen Erwerbsunfähigkeit. D. B. war Staatsangehöriger der Republik Serbien und der
Bundesrepublik Jugoslawien. Die 1937 geborene Klägerin ist Staatsangehörige von Serbien und Montenegro.
Die zwischen der Klägerin und D. B. am 26.12.1982 geschlossene Ehe wurde durch rechtskräftiges Urteil des
Gemeindegerichts in V. (Republik Serbien) vom 29.06.1994 geschieden. D. B. wurde in diesem Urteil verpflichtet, ab
01.06.1994 an die Klägerin als Beitrag zum gesetzlichen Unterhalt monatlich 15 % des regelmäßigen Einkommens zu
zahlen.
Mit dem bei dem Beklagten am 22.11.2001 eingegangenen Antrag begehrt die Klägerin die Zahlung von Witwenrente
und stützt sich dabei auf die Unterhaltsverpflichtung im Urteil vom 29.06.1994.
Mit Bescheid vom 28.06.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Witwenrente an geschiedene Ehegatten ab. Die
Ehe sei nach dem 01.07.1977 geschieden worden. Allein deshalb seien die gesetzlichen Voraussetzungen nicht
erfüllt. Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, ihr geschiedener Ehemann habe auch nach
der Scheidung mit ihr zusammen in einem Haushalt gelebt. Sie hätten auch wieder heiraten wollen. Sie habe ihn bis
zu seinem Ableben gepflegt, für die Beerdigung gesorgt und alle Kosten getragen. Sie sei auf Dauer erwerbsunfähig
und kaum in der Lage, den Lebensunterhalt zu bezahlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2002 hat die Beklagte
den Widerspruch zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Witwenrente für vor dem 01.07.1977 geschiedene Ehegatten
bestehe nicht. Gesundheitliche Einschränkungen und die angegebene gemeinsame Haushaltsführung würden einen
Anspruch nicht begründen.
Mit der am 21.11.2002 zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihren Antrag unter
Hinweis auf die Angaben im Verwaltungsverfahren weiter. Das SG zog die Verwaltungsakten der Beklagten bei und
wies die Klage mit Gerichts- bescheid vom 17.03.2004 ab. Die Klägerin habe wegen des Zeitpunkts der Scheidung
nach dem 01.07.1977 keinen Anspruch auf Rente aus der Versicherung des früheren Ehemanns. Es komme nicht
darauf an, ob der frühere Ehemann Leistungen an seine Ehefrau gezahlt habe bzw. ob die Klägerin in der Lage sei,
ihren Unterhalt durch Arbeitsleistung zu finanzieren.
Am 12.07.2004 ging die Berufung der Klägerin gegen dieses ihr am 05.04.2004 in ihrer Heimat zugestellte Urteil beim
Bayer. Landessozialgericht ein. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen den bisherigen Vortrag.
Die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 17. März 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.
Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2002 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, ihr aufgrund ihres Antrags vom 22.11.2001 Rentenleistungen aus der Versicherung von D. B. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den
Inhalt der beigezogenen Rentenakten der Beklagten und der Klageakten des Sozialgerichts Landshut, der Akte des
Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, der Senat hat der Klägerin nach versäumter Berufungsfrist mit Beschluss vom 06.09.2004
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Berufung ist aber unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG
Landshut vom 17.03.2004 ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung
von Witwenrente aus der Versicherung von D. B ...
Zunächst besteht kein Anspruch auf eine Witwenrente nach §§ 46, 242a SGB VI. Eine Anwendung dieser Vorschriften
würde voraussetzen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Todes von D. B. noch mit ihm verheiratet gewesen wäre.
Die Scheidung durch das Gemeindegericht Vrnjacka Banja war aber auch nach deutschem Recht gültig. Denn das
rechtskräftige Scheidungsurteil erfolgte durch ein Gericht eines Staates (Jugoslawien), dem beide Ehegatten zum
Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht angehörten. In diesem Fall bedarf die Ehescheidung keiner
Anerkennung durch die deutsche Landesjustizverwaltung (KassKomm - Gürtner § 243 Rdnr.4 m.w.N.).
Gemäß § 243 SGB VI kommt nach einer Ehescheidung ein Anspruch auf Witwenrente nur dann in Betracht, wenn die
Ehe vor dem 01.07.1977 geschieden worden ist. Hier wurde die Ehe am 06.09. 1994 geschieden. Für Scheidungen
nach dem 30.06.1977 hat das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14.06. 1976 (BGBl.I 1421)
mit der Gewährung des Versorgungsausgleichs die abgeleitete Hinterbliebenenversorgung durch die eigene
Versicherung des ausgleichsberechtigten Ehegatten ersetzt (KassKomm a.a.O. Rdnr.2).
Die im Scheidungsurteil vom 06.09.1994 ausgesprochene Unterhaltsverpflichtung von D. B. gegenüber der Klägerin
kann als solche keine rechtliche Verpflichtung des Beklagten gegenüber der Klägerin auslösen. Denn die Begründung
von Rentenansprüchen erfolgt allein durch die Anwendung des deutschen Rentenversicherungsrechts. Auch die
übrigen von der Klägerin vorgetragenen Argumente führen nach deutschem Rentenversicherungsrecht zu keinen
Ansprüchen der Klägerin gegenüber der Beklagten.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 17.02.2004 war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.