Urteil des LSG Bayern vom 11.05.2005
LSG Bayern: versicherungsverhältnis, wartezeit, anschluss, ergänzung, rente, form
Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 11.05.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bayreuth S 12 RJ 668/04
Bayerisches Landessozialgericht L 19 R 6/05
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.11.2004 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In Streit steht die Gewährung einer Versichertenrente und die Erstattung von Arbeitgeberbeiträgen.
Der 1944 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei. Er hat in Deutschland in der
Zeit vom 03.12.1968 bis 20.12.1982 versicherungspflichtig gearbeitet. Auf seinen Antrag vom 26.05.1987 erstattete
ihm die Beklagte mit Bescheid vom 29.07.1987 die in dem genannten Zeitraum von ihm zur deutschen gesetzlichen
Rentenversicherung geleisteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) in Höhe von insgesamt 24.032,70 DM.
Den Antrag des Klägers auf weitere Beitragserstattung für in den Jahren 1983 bis 1984 geleistete Beiträge lehnte die
Beklagte unter Hinweis auf die durchgeführte Beitragserstattung ab (Bescheid vom 14.05.2004). Hiergegen erhob der
Kläger Widerspruch. Er lege Widerspruch ein, weil sich die Erstattung nur auf die von ihm getragenen Beiträge, nicht
aber auf die Beiträge seiner Arbeitgeber bezogen habe. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 27.07.2004 zurück. Ein Anspruch auf Beitragserstattung bestehe nicht, da die vom Kläger in der Zeit vom
03.12.1968 bis 20.12.1982 zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge mit Bescheid vom
29.07.1987 bereits erstattet worden seien. Weitere Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung habe der
Kläger nicht entrichtet. Eine Erstattung der von den Arbeitgebern getragenen Beiträge komme nach der Gesetzeslage
nicht in Betracht.
Dagegen erhob der Kläger ohne Begründung Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG). Das SG hat die Klage durch
Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 16.11.2004 abgewiesen. Der Kläger könne Ansprüche aus dem damals
bestehenden, durch die Beitragserstattung aber aufgelösten Versicherungsverhältnis, nicht mehr geltend machen.
Weitere Beitragszeiten habe der Kläger nicht zurückgelegt; Beitragszeiten in den Jahren 1983 und 1984 seien weder
nachgewiesen noch Anhaltspunkte hierfür erkennbar. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten
seien mit der Beitragserstattung endgültig beseitigt worden. Mangels Versicherungsverhältnis bestehe weder ein
Anspruch auf Rentenleistungen aus den Arbeitgeberbeiträgen, noch könne der Kläger die Erstattung der
Arbeitgeberbeiträge verlangen.
Gegen das Urteil vom 16.11.2004 richtet sich die Berufung des Klägers, die er nicht begründet hat.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 16.11.2004 und den Bescheid der
Beklagten vom 14.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2004 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, ihm aus den von seinen Arbeitgebern in der Zeit vom 03.12.1968 bis 20.12.1982 entrichteten Beiträgen
Rente zu bewilligen, hilfsweise ihm diese Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Versichertenakte der Beklagten sowie auf die
Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG
-). Sie erweist sich jedoch als unbegründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte
keinerlei Ansprüche aus seinen in Deutschland ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen hat. Auf die
zutreffende Begründung des SG wird verwiesen; von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann gemäß
§ 153 Abs 2 SGG abgesehen werden.
Im Anschluss an die Beitragserstattung gemäß § 1303 Abs 7 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der bis
31.12.1991 geltenden Fassung sind alle Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus den vor der
Beitragserstattung zurückgelegten Versicherungszeiten ausgeschlossen. Durch die Beitragserstattung ist das
Versicherungsverhältnis erloschen, so dass eine Wartezeit für die Gewährung einer Versichertenrente nicht erfüllt ist.
Zutreffend hat das SG auch ausgeführt, dass eine Leistung aus den von den Arbeitgebern des Klägers getragenen
Beiträgen nicht möglich ist. Denn ein Zugriff auf den sogenannten Arbeitgeberanteil ist nach deutschen Vorschriften
ausgeschlossen.
Der Kläger kann auch nicht die Erstattung der von seinen Arbeitgebern getragenen Beiträge verlangen. Nach der
Vorschrift des § 210 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), die an die Stelle des bis 31.12.1991 geltenden §
1303 RVO getreten ist, werden Beiträge in der Höhe erstattet, in der die Versicherten sie getragen haben. Eine
Erstattung des Arbeitgeberanteils sieht das Gesetz nicht vor. Verfassungsrechtliche Bedenken kommen der
Begrenzung der Beitragserstattung aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Hälfte der entrichteten Beiträge
(Arbeitnehmeranteil) nicht zu. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 24.11.1986 zu § 1303
RVO klargestellt, dass die gesetzliche Regelung der Beitragserstattung weder gegen Art 14 Abs 1 Satz 1
Grundgesetz (GG) noch gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt (Az: 1 BvR 72/85, SozR 2200 § 1303 Nr 34; Urteil des BSG
vom 29.06.2000, Az: B 4 RA 57/98 R, SozR 3-2600 § 210 Nr 2; Urteil des Bayer. LSG vom 17.04.2002, Az: L 20 RJ
681/01).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).