Urteil des LSG Bayern vom 26.01.2009

LSG Bayern: darstellung des sachverhaltes, rückforderung, wahrscheinlichkeit, form, akte, krankenversicherung, zivilprozessordnung, beteiligter, unterliegen, auflage

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 26.01.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 19 AL 259/08
Bayerisches Landessozialgericht L 10 B 793/08 AL PKH
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.07.2008 im Verfahren S 19 AL 259/08
wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Der Kläger wendet sich in dem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) gegen die Erstattung von
Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, die im Zusammenhang mit einer Rückforderung von Arbeitslosengeld
(Alg) stehen.
Der Kläger meldete sich am 08.12.2005 bei der Beklagten arbeitslos. Er bestätigte durch Unterschrift, das Merkblatt 1
für Arbeitslose empfangen und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Die Beklagte bewilligte ihm
daraufhin Alg in Höhe von 17,33 EUR täglich.
Am 28.11.2007 kam der Beklagten zur Kenntnis, dass der Kläger in der Zeit ab dem 03.01.2007 bei der Fa. B. Group
GmbH (B.) versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.
Nach Auskunft des Arbeitgebers habe es sich um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit von
35 Stunden gehandelt. Das Arbeitsverhältnis sei durch fristgerechte arbeitgeberseitige Kündigung am 04.01.2007 zum
05.01.2007 beendet worden.
Nach Anhörung hob die Beklagte mit Bescheid vom 27.12.2007 die Bewilligung des Alg für den Zeitraum vom
03.01.2007 bis 14.03.2007 auf und forderte die überzahlten Leistungen in Höhe von 1.265,09 EUR zurück. Gegen den
zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 26.02.2008 hat der Kläger am 26.03.2008 Klage (S 19 AL 141/08) zum
SG erhoben.
Mit Bescheid vom 05.03.2008 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-
und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 360,20 EUR geltend. Diese Beiträge seien zu erstatten, weil die
Bewilligung des Alg mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben worden sei.
Unter Bezugnahme auf das Vorbringen im Rückforderungsverfahren erhob der Kläger hiergegen am 20.03.2008
Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.04.2008 zurückwies.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 23.05.2008 Klage zum SG erhoben (S 19 AL 259/08) und die
Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) sowie die Beiordnung des Rechtsanwaltes H. aus B-Stadt beantragt. Die
Voraussetzungen für eine Rückforderung des Alg seien nicht erfüllt. Hierzu werde auf das Vorbringen im Verfahren S
19 AL 141/08 verwiesen.
Mit Beschluss vom 21.07.2008 hat das SG den Antrag auf Bewilligung der PKH mangels hinreichender
Erfolgsaussichten abgelehnt. Mit der Aufnahme der Beschäftigung bei B. am 03.01.2007 sei die Arbeitslosmeldung für
die Zeit bis zur erneuten Meldung am 15.03.2007 erloschen. Die Figur des Arbeitsversuches sei durch die
Rechtsprechung des BSG nicht anerkannt, sondern es sei auf die vertraglichen Regelungen abzustellen. Hiernach sei
ein unbefristeter Arbeitsvertrag mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden vereinbart gewesen, so dass die
Voraussetzungen des § 119 Abs 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) nicht vorgelegen hätten. Die
Rückforderung sei auch zu Recht geltend gemacht worden, weil der Kläger aufgrund des ihm übergebenen
Merkblattes wusste, dass die Aufnahme eines Vollzeitarbeitsverhältnisses der Beklagten stets mitzuteilen sei.
Gegen diesen Beschluss hat der Kläger am 25.08.2008 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.
Entgegen dem schriftlichen Anschein sei kein reguläres Arbeitsverhältnis entstanden; dieses Arbeitsverhältnis sei
unter der Bedingung geschlossen worden, dass er arbeiten könne. Die Mitarbeiterin des Arbeitgebers, die den Vertrag
ausgestellt habe, habe ihm erläutert, dass er diese Tätigkeit deshalb noch nicht beim Arbeitsamt melden müsse. Für
diesen Sachverhalt werde Beweis angeboten. Die ladungsfähigen Anschriften der Zeuginnen werde er nachreichen.
Aber auch wenn man unabhängig von einer Zeugenaussage die Figur eines Probearbeitsverhältnisses nicht gelten
lassen wolle, sei zu berücksichtigen, dass er sich auf die Aussagen des Arbeitgebers verlassen habe, und ihn
insofern kein Verschulden an der Überzahlung treffe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die gerichtlichen
Akten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Rechtsmittel
erweist sich als unbegründet.
Dem Antrag auf Bewilligung von PKH für das Klageverfahren vor dem SG war nicht zu entsprechen, weil dem
Rechtsschutzbegehren des Klägers - unabhängig vom Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen
Voraussetzungen - die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt.
Nach § 73a Absatz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält Prozesskostenhilfe eine Partei (im
sozialgerichtlichen Verfahren: Beteiligter), die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten
der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es
reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG,
Urteil vom 17.02.1998 in SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. Leitherer in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 73a Rn.7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den
Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend
oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-
Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Hierbei ist zu beachten, dass die Klärung schwieriger
Rechtsfragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.04.2000 in NJW 2000, 1936; BVerfG, Beschluss vom 05.02.2003 in
NJW 2003, 1857) sowie Beweiserhebungen zur Sache in einem PKH- Verfahren regelmäßig nicht veranlasst sind. Die
Gewährung von PKH soll den Rechtsschutz ermöglichen, ihn jedoch nicht vorwegnehmen. Allerdings müssen dabei
letzte Zweifel an der rechtlichen Beurteilung nicht ausgeschlossen werden (Düring in Jansen, Kommentar zum SGG,
1. Auflage 2003, § 73a Rn.7).
Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf PKH, weil bei summarischer Prüfung der
Bescheid über die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vom 05.03.2008 (idG des
Widerspruchsbescheides vom 21.04.2008) rechtmäßig erscheint.
Wurden von der Bundesagentur für einen Bezieher von Arbeitslosengeld Beiträge zur gesetzlichen
Krankenversicherung gezahlt, so hat der Bezieher dieser Leistungen der Bundesagentur die Beiträge zu ersetzen,
soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist, § 335
Abs 1 Satz 1 SGB III.
Mit Bescheid vom 27.12.2007 (idG des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2008) hat die Beklagte die Bewilligung
des Alg für den Zeitraum 03.01.2007 bis 14.03.2007 aufgehoben und die überzahlten Leistungen zurückgefordert, so
dass die Voraussetzungen für die Erstattung der Beiträge vorliegen. Die Rückforderung ist zwar noch nicht
rechtskräftig festgestellt. Gleichwohl bestehen keine hinreichenden Erfolgsaussichten, weil auch dem Rechtsstreit in
Bezug auf die Rückforderung des Alg (S 19 AL 141/08) keine Erfolgsaussichten einzuräumen sind. Hierzu wird auf
den Beschluss des Senates vom heutigen Tag im Verfahren L 10 B 767/08 AL PKH verwiesen.
Im Ergebnis ist ein Klageerfolg daher fernliegend, so dass ein Anspruch auf PKH nicht besteht.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG, und ergeht kostenfrei.