Urteil des LSG Bayern vom 17.10.2001

LSG Bayern: endogene depression, eintritt des versicherungsfalls, stationäre behandlung, erwerbsunfähigkeit, entschädigung, erwerbstätigkeit, familie, arbeitserlaubnis, anerkennung, neubewertung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 17.10.2001 (rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 2 RJ 48/99 A
Bayerisches Landessozialgericht L 16 RJ 609/00
Bundessozialgericht B 5 RJ 76/02 B
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 05.06.2000 wird zurückgewiesen. II.
Die Klage gegen den Bescheid vom 04.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2000 wird als
unbegründet abgewiesen. III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. IV. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand sind der frühere Beginn der Erwerbsunfähigkeitsrente (03.01.1985 bis 31.10.1989), die Rentenhöhe,
Entschädigungsleistungen für die gesamte Familie und die Neufeststellung von Versicherungszeiten zugunsten der
Ehefrau.
Der am 1936 geborene Kläger jugoslawischer Staatsangehörigkeit mit Wohnsitz in Bosnien-Herzegowina bezieht seit
Aufgabe seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung im Januar 1985 jugoslawische Invalidenrente. In
Deutschland war er von 1966 bis Mai 1971 als Schlosser versicherungspflichtig beschäftigt.
Seinem Rentenantrag vom 28.01.1985 war ein Gutachten der jugoslawisschen Invalidenkommission (JU 207) vom
23.04.1985 mit zahlreichen Entlassungsscheinen von Krankenhäusern beigefügt. Das darin dokumentierte
neurasthenische Syndrom wurde von der Beklagten wegen seines Ausmaßes und die übrigen Gesundheitsstörungen
wegen fehlender wesentlicher Funktionsminderungen als nicht rentenrelevant beurteilt. Daher lehnte die Beklagte eine
Rentengewährung mit Bescheid vom 02.09.1985 ab. Der Widerspruch wurde am 21.05.1986 zurückgewiesen,
nachdem weitere vorgelegte Befunde, u.a. Nierenfunktionswerte, sozialmedizinisch ausgewertet worden waren.
Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Landshut mit Urteil vom 17.12.1987 ab und stützte sich auf ein
Gutachten des Arbeitsmediziners Dr.K. vom 16.09.1987. Es war nach Aktenlage erstellt worden, nachdem der Kläger
der Untersuchung ferngeblieben war und weitere Befunde vorgelegt hatte. Der Sachverständige hielt leichte bis
mittelschwere Arbeiten ohne ständige Nässe, ohne ständiges Stehen für vollschichtig zumutbar, wenn sie nicht auf
Gerüsten und Leitern und im Akkord zu erbringen seien und nicht mit chemischen Substanzen umgegangen werden
müsse. Als Qualitätskontrolleur in der metallverarbeitenden Industrie sei er uneingeschränkt geeignet. Berufung und
Nichtzulassungsbeschwerde wurden am am 28.02.1989 bzw. 31.07.1989 als unzulässig verworfen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bayer. Landessozialgericht am 28.02.1989 sagte die Beklagte zu, den Antrag
gemäß § 44 SGB X unter Berücksichtigung neuer ärztlicher Unterlagen zu prüfen und zu verbescheiden. Im
Zusammenhang mit einem neuerlichen Rentenantrag vom 12.10.1989 kam ein weiteres Gutachten der jugoslawischen
Invalidenkommission vom 22.11.1989 in Vorlage. Nach wiederholten Weigerungen des Klägers wurde er schließlich
vom 23.03. bis 25.03.1992 in der Ärztlichen Gutachterstelle in Regensburg untersucht. Die urologische Begutachtung
durch Dr.R. ergab eine deutliche Harnröhrenstriktur, so dass der Schutz vor Kälte und Nässe und eine tägliche
Flüssigkeitsaufnahme von täglich 3 bis 4 Litern für notwendig erachtet wurde. Im psychiatrischen Gutachten des Dr.R.
vom 29.04.1992 heißt es, die Leistungsfähigkeit sei ausschließlich wegen der abnormen Persönlichkeitsentwicklung
praktisch aufgehoben. Der Kläger sei völlig eingeengt und wahnhaft davon überzeugt, dass eine Gonorrhoe falsch
behandelt worden sei. Ein psychotherapeutisches Angehen sei nicht erfolgversprechend. Erwerbsunfähigkeit sei ab
Antragstellung am 05.10.1989 zu bejahen. Mit Bescheid vom 20.11.1995 bewilligte die Beklagte daraufhin Rente
wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.11.1989.
Am 16.12.1996 machte der Kläger schriftlich geltend, Rente stehe auch für den Zeitraum vom 03.01.1985 bis
05.10.1989 zu. Die Beklagte antwortete am 25.02.1997, angesichts umfangreicher ärztlicher Gutachten in zwei
vorangegangenen Rentenverfahren sei von keinem Versicherungsfall vor dem 05.10.1989 auszugehen.
Am 15.01.1999 erhob der Kläger wegen Verweigerung der Rente vom 03.01.1985 bis 05.10.1989 unter Berufung auf
das JU 207 von 1985 Klage. In der Folge beantragte er auch, seiner Ehefrau eine Beitragsbestätigung über 43 Monate
Beschäftigungszeiten anstelle von 34 Monaten auszustellen. Mit Gerichtsbescheid vom 05.06.2000 wies das
Sozialgericht Landshut die Klage als unzulässig ab, da bislang eine Verwaltungsentscheidung ausstehe.
Mit seiner am 25.09.2000 eingegangenen Berufungsschrift gegen den am 26.06.2000 zugestellten Gerichtsbescheid
machte der Kläger geltend, die Beklagte habe dafür zu büßen, dass eine von ihm auf seine Ehefrau übertragene
Gonorrhoe durch einen ungewissenhaften Landsmann, einen Urologen aus Bellingen, nicht geheilt worden und deshalb
das Leben der Familie einschließlich seines Sohnes seit 30 Jahren zerstört sei. Rente stehe allen Familienmitgliedern
zu. Auch sei eine Aufenthaltserlaubnis, stationäre Behandlung, Erhöhung der Rente um das Fünffache und
Arbeitsvisen für den Sohn zu gewähren. Er übersandte zahlreiche Unterlagen u.a. Echographien betreffend das
Scrotum von 1985 und 1986.
Zwischenzeitlich erließ die Beklagte am 04.07.2000 einen Bescheid, worin der frühere Beginn der
Erwerbsunfähigkeitsrente abgelehnt wurde. Der Widerspruch wurde am 23.11.2000 zurückgewiesen. Dem deswegen
angerufenen Sozialgericht Landshut und den Beteiligten ist mitgeteilt worden, dass diese Bescheide Gegenstand des
anhängigen Berufungsverfahrens sind.
Im Auftrag des Gerichts erstellte der Internist und Röntgenologe Dr.R. am 26.03.2001 ein Gutachten nach Aktenlage.
Seines Erachtens war der Kläger von Januar 1985 bis Oktober 1989 noch vollschichtig einsatzfähig für leichte und
ruhige Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung in geschlossenen und temperierten Räumen. Unzumutbar waren
gebückte Arbeitsweise, Zwangshaltungen, nervenbelastende Tätigkeiten und besondere Anforderungen an ein
besonders gutes Hörvermögen. 1985 waren noch keine psychotischen Wahninhalte oder eine endogene Depression
vorhanden. Der Untersuchungsbefund von 1992 erlaube eine Rückverlegung des Versicherungsverlaufs auf 1989,
nicht aber auf 1985.
Der Kläger wiederholte seine Forderungen nach mehreren Millionen Entschädigung für jeden seiner Familienmitglieder
und legte erneut seine Leidensgeschichte dar, die durch ärztliches Unverständnis ausgelöst und unterhalten worden
sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.07.2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 23.11.2000 und unter Abänderung des Bescheids vom 20.11.1995 zu verurteilen,
Erwerbsunfähigkeitsrente ab 01.01.1985 inkl. Zinsen und fünfmaliger Erhöhung ab 03.01.1985 zu gewähren, die
Beklagte zu verurteilen, dem Sohn eine ständige Arbeitserlaubnis und Arbeit oder Dauerrente zu gewähren, seiner
Ehefrau eine Bescheinigung über Versicherungszeiten auszustellen und mehrere Millionen Entschädigung für jedes
der drei Familienmitglieder zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 04.07.2000 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2000 abzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Klageakten des Sozialgerichts Landshut
sowie die Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nicht nur der Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 05.06.2000, sondern
auch der danach erlassene Bescheid der Beklagten vom 04.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
23.11.2000. Gegenstand des mittels Berufung angegriffenen Gerichtsbescheids war die Rechtmäßigkeit des
Bewilligungsbescheids vom 20.11.1995 bzw. des Überprüfungsbescheids vom 25.02.1997. Diese wurden mit dem
Bescheid vom 04.07.2000 bestätigt, so dass § 96 SGG, der gemäß § 153 Abs.1 SGG auch im Berufungsverfahren
Anwendung findet, die Einbeziehung dieses ersetzenden Verwaltungsaktes regelt, auch wenn die Klage vom
15.01.1999 unzulässig war. Zweck des § 96 SGG ist es, eine schnelle und erschöpfende Entscheidung über das
gesamte Streitverhältnis möglich zu machen. Diesem Erfordernis genügt die vorgenommene Auslegung.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet. Als unzulässig zu
verwerfen ist sie, soweit der Kläger Forderungen seiner Ehefrau und seines Sohnes geltend macht. Seine eigenen
Forderungen sind unbegründet. Er hat keinen Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente bereits ab 01.01.1985.
Wegen seines Antrags zu Gunsten seiner Ehefrau, dieser eine geänderte Bescheinigung über ihre
Versicherungszeiten auszustellen, ist der Kläger auf das Verwaltungsverfahren zu verweisen. Soweit die Beklagte
über den erstmals vor dem SG Landshut am 24.09.1999 erhobenen Anspruch noch nicht entschieden hat, ist dies
nachzuholen. Mangels vorangegangener Verwaltungsentscheidung scheitert auch die Klage zu Gunsten seines
Sohnes, die im Übrigen mangels Zuständigkeit der Beklagten für Arbeitserlaubnis und Arbeit etc. völlig aussichtslos
ist.
Der Gerichtsbescheid vom 05.06.2000 ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das SG Landshut darauf hingewiesen,
dass die Klage vom 15.01.1999 mangels vorausgegangener zeitnaher Verwaltungsentscheidung unzulässig war.
Davor war er mit Schreiben der Beklagten vom 25.02.1997 darüber aufgeklärt worden, dass diese am Eintritt des
Versicherungsfalls am 05.10.1989 festhalten wollte. Die Klage hiergegen war auch unter Berücksichtigung der
Jahresfrist des § 66 Abs.2 SGG verfristet.
Der Bescheid der Beklagten vom 04.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2000 ist
rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Abänderung des Rentenbescheids vom 20.11.1995 und einen
früheren Beginn seiner Erwerbsunfähigkeitsrente. Nur insoweit wird eine andere Entscheidung der Beklagten vom
Kläger begehrt. Weil es sich um ein Antragsverfahren gemäß § 44 SGB X handelt, der materielle Anspruch
Gegenstand eines vorangegangenen rechtskräftig abgeschlossenen Gerichtsverfahrens war und keine Anhaltspunkte
für eine Unrichtigkeit der Ablehnung der Berufsunfähigkeitsrente bestehen, ist die Prüfung entsprechend der
Antragstellung auf Erwerbsunfähigkeitsrente beschränkt.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass beim Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von
einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung
für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs.1 Satz 1 SGB X). Die Überprüfung des Bescheids vom 20.11.1995
ergibt jedoch seine Rechtmäßigkeit. Der Versicherungsfall wurde zutreffend auf den 05.10.1989 datiert. Davor war der
Kläger nicht erwerbsunfähig.
Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf das überzeugende und ausführliche Gutachten des gerichtlich
bestellten Sachverständigen Dr.R. , der die zahlreich vorhandenen Vorbefunde sorgfältig gewürdigt und seine
Beurteilung schlüssig begründet hat. Auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit als Sachverständiger im Bereich der
bayerischen Sozialgerichtsbarkeit verfügt er sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische
Erfahrung, um sämtliche hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen
und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen.
Schließlich ist auch die frühere Klage gegen die Ablehnung einer Rentengewährung ab 1985 mit rechtskräftigem Urteil
des SG Landshut am 17.12.1987 abgewiesen worden. Es konnte sich dabei auf ein Gutachten des Arbeitsmediziners
Dr.K. stützen, der ebenso wie Dr.R. qualitative Leistungseinschränkungen bejaht, leichte Arbeiten hingegen für
vollschichtig zumutbar gehalten hat. Einwände gegen das Gutachten Dr.R. hat der Kläger nicht vorgetragen.
Ausgangspunkt für die Berentung des Klägers ab 01.11.1989 war das psychiatrische Gutachten des Dr.R. vom
29.04.1992, in dem eine abnorme Persönlichkeitsentwicklung mit wahnhafter Beschwerdefixierung und affektiver
Einengung festgehalten ist. Die Rückdatierung des Versicherungsfalls erfolgte auf den Zeitpunkt der zweiten
Rentenantragstellung am 05.10.1989. Zwar ist der Kläger vom jugoslawischen Rentenversicherungsträger bereits zum
Zeitpunkt der ersten Rentenantragstellung wegen eines fachärztlich festgestellten neurasthenischen Syndroms mit
fixierter Klagsamkeit und hypochondrischem Verhalten für invalide befunden worden. Im Gegensatz zu dem 1992 in
Deutschland erhobenem Befund lagen damals aber keine psychotischen Wahninhalte und keine Hinweise für eine
endogene Depression vor. Die Beschwerden waren zwar psychisch überlagert, entsprachen aber den tatsächlichen
Gesundheitsstörungen. Bei dieser Symptomatik war eine leichte, nervlich nicht belastende und stressfreie
Vollschichttätigkeit nach den in Deutschland geltenden sozialmedizinischen Beurteilungsregeln zumutbar. Dass das
Ausmaß der psychopathologischen Fehlentwicklung erst 1992 festgestellt worden ist, hat sich der Kläger selbst
zuzuschreiben, nachdem er wiederholten Aufforderungen zu Untersuchungen in Deutschland nicht gefolgt ist. Die
Beurteilung der Befunde nach Aktenlage erlaubt jedenfalls keine Vorverlegung des Versicherungsfalls vor Oktober
1989. Ein derartiger Anspruch ergibt sich auch nicht aus der früheren Antragstellung gemäß § 44 SGB X vor dem
BayLSG. Grundlage der Rentenbewilligung war nicht eine Neubewertung der Leistungseinschränkungen, sondern die
Anerkennung einer Leidensverschlimmerung auf psychiatrischem Fachgebiet, die auch im JU 207 vom 22.11.1989
dokumentiert ist.
Zweifellos haben im strittigen Zeitraum von 1985 bis Oktober 1989 eine chronische Prostatitis, eine Harnröhrenstriktur
und eine Samenstrangobstruktion in Folge der Gonorrhoeinfektion im Jahr 1970 vorgelegen. Diese
Gesundheitsstörungen wurden auch bei der urologischen Untersuchung durch Dr.R. im Jahr 1992 festgestellt. Dieser
vom Kläger in den Vordergrund gestellte Krankheitskomplex hinderte den Kläger jedoch nicht, einer vollschichtigen
Erwerbstätigkeit nachzugehen. Notwendig war lediglich ein Schutz vor Nässe und Kälte und die Möglichkeit, täglich
mindestens 3 bis 4 Liter Flüssigkeit zu sich zu nehmen.
1984 wurden zwei Zwölffingerdarmgeschwüre nachgewiesen, die vorübergehend auch eine Blutung hervorgerufen
haben. Nachdem daraus keine Ernährungsstörung resultierte und weitere Rezidive nach 1984 nicht aktenkundig sind,
ist daraus keine schwerwiegende Dauerleistungsminderung abzuleiten.
Die von den jugoslawischen Ärzten mitgeteilten erhöhten Blutdruckwerte waren einer Behandlung zugänglich und
schränkten die Kreislaufleistungsbreite nur mäßiggradig ein. Sekundäre Herzauswirkungen lagen nicht vor, sodass
leichtere körperliche Arbeiten ohne Stresseinwirkung ohne zeitliche Einschränkungen zumutbar waren.
Wiederholt wurden multiple Gallensteine und chronische Entzündungsveränderungen diagnostiziert. Im
Pankreasbereich wurden keine ernsteren Befunde festgestellt. Mangels einschlägiger Beschwerden und eines
Ernährungszustandes mit 94 Kilo bei einer Körpergröße von 180 cm war ein ernsteres chronisches Gallenblasenleiden
auszuschließen. Qualitative Leistungseinschränkungen waren mit dem bereits bei der ersten Begutachtung 1985
festgestellten LWS-Syndrom verbunden. Die mäßigen bis mittelgradigen radiologisch nachgewiesenen degenerativen
Lendenwirbelveränderungen konnten bei wirbelbelastenden Tätigkeiten Schmerzreaktionen auslösen.
Wurzelreizerscheinungen bestanden hingegen nicht. Ausgeschlossen waren schwerere Arbeiten wie das Bewegen von
Lasten, Zwangshaltungen, Kälteexpositionen und gebeugte Arbeitsweise.
Die vom Ohrenarzt 1985 festgestellte leichte Hörminderung war bei der gutachterlichen Untersuchung 1992 nicht mehr
aufgefallen. Offensichtlich konnte Umgangssprache ausreichend verstanden werden. Eine Leistungsminderung war
daher nur hinsichtlich von Tätigkeiten begründbar, die ein besonders gutes Hörvermögen voraussetzen. Auch waren
keine Arbeiten mehr unter Lärmeinwirkung zumutbar.
Zusammenfassend war der Kläger auf Grund der vorhandenen Gesundheitsstörungen außer Stande, schwere und
mittelschwere Arbeiten zu verrichten, schwerere Lasten zu heben und zu tragen, gebückt oder in Zwangshaltungen zu
arbeiten, unter Einwirkung von nass-kalter Witterung oder Zugluft zu arbeiten und nervenbelastende Tätigkeiten mit
Stresswirkung auszuführen. Besondere Konzentrationsanforderungen und Tätigkeiten, die ein besonders gutes
Hörvermögen voraussetzten, und Lärmarbeiten waren ebenfalls ungeeignet. Das positive Leistungsvermögen stellt
sich so dar, dass der Kläger noch leichte und ruhige Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung in geschlossenen und
temperierten Räumen vollschichtig verrichten konnte. Nachdem weder an den Extremitäten noch an den
Sinnesorganen wesentliche Funktionsbehinderungen vorlagen, erlaubte das Restleistungsvermögen leichte körperliche
Verrichtungen wie z.B. das Zureichen, Abnehmen, Reinigen, Sortieren, Verpacken usw., die in ungelernten Tätigkeiten
typischerweise gefordert zu werden pflegen. Es kommen daher keine ernsten Zweifel daran auf, dass der Versicherte
mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen in einem Betrieb einsetzbar war (BSGE vom 11.05.1999 in SozR 2600
§ 43 Nr.21). Nachdem auch zusätzliche Arbeitspausen nicht erforderlich waren und Beschränkungen des
Anmarschwegs nicht zu berücksichtigen waren, war eine Beschäftigung zu betriebsüblichen Bedingungen möglich.
Dass von Seiten der Ärztekommission in Ilica bereits 1985 Invalidität bejaht worden ist, zwingt das Gericht zu keiner
Änderung seiner Beurteilung. Erwerbsunfähigkeit ist allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend
den hier entwi- ckelten sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den
zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen. Sämtliche von den jugoslawischen Ärzten genannten
Gesundheitsstörungen sind von dem deutschen Sachverständigen auf ihre Wertigkeit für die Einsatzfähigkeit im
allgemeinen Erwerbsleben beurteilt worden. Dessen unabhängige und sachkundige Würdigung ist nachvollziehbar.
Weil das bis Oktober 1989 vorhandene Restleistungsvermögen es dem Kläger gestattete, mittels einer regelmäßigen
Erwerbstätigkeit mehr als geringfügige Einkünfte zu erzielen, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der
Rentenbewilligungsbescheid vom 20.11.1995 hinsichtlich des Leistungsbeginns falsch war. Der Bewilligungsbescheid
vom 20.11.1995 muss daher Bestand haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.