Urteil des LSG Bayern vom 30.11.2005

LSG Bayern: anerkennung, klinik, versorgung, entschädigung, belastung, einverständnis, erfüllung, einzelrichter, unfallversicherung, verwaltungsverfahren

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 30.11.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 2 U 365/03
Bayerisches Landessozialgericht L 17 U 198/05
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.03.2005 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit (BK) Nr 2108 nach der Anlage
zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) streitig.
Der 1944 geborene Kläger ist gelernter Maurer. Er war in diesem Beruf seit Juli 1958 tätig, auch im Straßen-, Kanal-
und Hochbau. Ab 1969 arbeitete er als Hilfsschachtmeister im Tiefbau, ab September 1972 als Schachtmeister und
Polier im Hoch- und Tiefbau. Seit dem 02.08.2001 ist er arbeitsunfähig krank. Seine Tätigkeit war zuletzt mit Stehen
und Gehen an verschiedenen Baustellen, teilweise mit Arbeit auf Gerüsten verbunden. Hinzu kam häufiges Bücken
und Knien, gelegentlich Heben und Tragen schwerer Lasten (Mitteilung der F.K. GmbH vom 13.03.2003),
insbesondere bei der Rohrverlegung. Die Wirbelsäulenbelastung betrug etwa 1/4 der Arbeitszeit (Arbeitgebermitteilung
vom 09.09.2003). In den 70er Jahren klagte er über Kreuzschmerzen, in den 80er Jahren über Nacken- und
Schulterschmerzen.
Die Beklagte zog Befundberichte des Allgemeinarztes Dr.D. vom 23.02.2003, der P.-Klinik Bad G. vom 28.08.2001
und 20.03.2003, des Orthopäden Dr.B. vom 02.06.2003 sowie den HV-Entlassungsbericht der S.-Reha-Klinik S. vom
23.06.1995 zum Verfahren bei. Außerdem legte die AOK K. mit Schreiben vom 21.02.2003 die Krankheitszeiten des
Klägers vor.
Der Chirurg Prof.Dr.S. wertete in seiner Stellungnahme vom 11.06.2003 für die Beklagte die Gesundheitsstörungen
des Klägers als vorzeitige degenerative Veränderungen der gesamten Wirbelsäule. Ein Bandscheibenvorfall sei bisher
nicht nachgewiesen. Dr.H. vom GAA R. wies in ihrer Stellungnahme vom 25.08.2003 hinsichtlich der
Wirbelsäulenbeschwerden auf anlagebedingte Ursachefaktoren hin.
Mit Bescheid vom 18.09.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen
Unfallversicherung ab, da die bestehende Wirbelsäulenerkrankung des Klägers keine BK iS des § 9 Sozialgesetzbuch
(SGB) VII iVm Nr 2108 der Anlage zur BKV sei. Es fänden sich nur degenerative Veränderungen an der gesamten
Wirbelsäule (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 25.11.2003).
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum SG Nürnberg erhoben und beantragt (sinngemäß), bei ihm die BK
Nr 2108 bzw 2109 nach der Anlage zur BKV anzuerkennen und Verletztenrente zu gewähren. Er hat hierzu ein
ärztliches Attest des Dr.B. vom 29.01.2004 vorgelegt.
Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat ein Gutachten des Orthopäden Dr.S. nach Aktenlage vom
10.03.2004/26.04.2004 eingeholt. Dieser hat eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS)
bejaht. Sie sei aber nicht auf eine berufsbedingte Schädigung zurückzuführen. Die Beklagte hat hierzu Stellung
genommen durch ihren Beratungsarzt, den Chirurgen Dr.E. vom 05.04.2004.
Auf Veranlassung des Klägers hat das SG ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Chirurgen Dr.S.
veranlasst. In den Gutachten vom 04.12.2004/17.01.2005 hat dieser ebenfalls eine bandscheibenbedingte Erkrankung
der LWS bejaht, es liege aber kein belastungskonformes Schadensbild vor. Neben Verbiegungen der Wirbelsäule
seien degenerative Veränderungen teilweise erheblichen Grades an allen Wirbelsäulenabschnitten feststellbar, wobei
die Halswirbelsäule seit vielen Jahren behandlungsbedürftig sei. Offenbar liege eine Verschleißkrankheit an der
gesamten Wirbelsäule vor. Die Bandscheibenerkrankung an der LWS sei nicht vorauseilender Natur. Sie sei eher als
alterstypisch zu betrachten. Die berufliche Belastung sei weder Ursache noch wesentliche mitwirkende Teilursache
der bandscheibenbedingten Erkrankung an der LWS.
Mit Urteil vom 15.03.2005 hat das SG die Klage abgewiesen und sich dabei im Wesentlichen auf die Ausführungen
der Dres. S. und S. gestützt.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgetragen, dass neben der Erfüllung der
arbeitstechnischen Voraussetzung bei ihm eine beruflich bedingte Bandscheibenerkrankung bestehe. Die
vorhergehenden Beweisanordnungen seien unvollständig gewesen.
Der Berichterstatter (BE) hat noch die Schwerbehindertenakte des Amtes für Versorgung und Familienförderung N.
zum Verfahren beigezogen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.03.2005 sowie
des Bescheides vom 18.09.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2003 zu verurteilen, die BK
Nr 2108 anzuerkennen und Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 15.03.2005
zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2005 haben sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt, dass der BE in
der Sache als Einzelrichter entscheidet.
Ergänzend wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die
Schwerbehindertenakte des Amtes für Versorgung und Familienförderung N. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung einer BK nach Nr 2108 der Anlage zur BKV, da
die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Die Berufung ist nach § 153 Abs 2 SGG aus den Gründen des angefochtenen Urteils vom 15.03.2005 als unbegründet
zurückzuweisen.
Ergänzend ist zu bemerken, dass die Ausführungen des Klägers keine weiteren Anhaltspunkte erbracht haben, mit
denen sein Begehren zu begründen wäre. Da es bei ihm bereits an den medizinischen Voraussetzungen für eine BK
Nr 2108 mangelt, bedurfte es keiner weiteren Aufklärung dahingehend, ob bzw. inwieweit die arbeitstechnischen
Voraussetzungen für die BK Nr 2108 überhaupt vorliegen.
Unabhängig davon ist auf das bereits im Verwaltungsverfahren beigezogene Gutachten des Orthopäden Dr.S. für die
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hinzuweisen. In dem Gutachten vom 27.09.2002 hat er beim Kläger
ebenfalls ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom festgestellt, das zu einer erheblichen Bewegungseinschränkung in
allen Wirbelsäulenetagen führte. Er hat die Funktionsminderung der gesamten Wirbelsäule - nicht nur der LWS - als
markant bezeichnet. Auch dieser Gesichtspunkt spricht neben dem erheblichen Übergewicht des Klägers gegen eine
berufsbedingte Ursache der Gesundheitsstörung an der LWS.
Die Berufung ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Der BE konnte im Einverständnis mit den Beteiligten anstelle
des Senats entscheiden (§ 155 Abs 3, 4 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.