Urteil des LSG Bayern vom 13.02.2007

LSG Bayern: commotio cerebri, körperliche untersuchung, befund, trauma, schädelfraktur, wahrscheinlichkeit, kopfschmerzen, unfallfolgen, distorsion, kernspintomographie

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 13.02.2007 (rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 5 U 210/99
Bayerisches Landessozialgericht L 18 U 12/02
Bundessozialgericht B 2 U 119/07 B
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.11.2001 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1959 geborene Kläger war Schüler der Berufsfachschule in S ... Am 30.09.1975 befand er sich mit einem Moped
(Krad K 50) auf dem Heimweg von der Schule. Er kollidierte um 16.15 Uhr mit einem PKW, der das Moped an der
rechten Seite mit der Stoßstange streifte. Der Kläger, der einen Sturzhelm trug, erlitt laut Durchgangsarztbericht des
Krankenhauses S. , S. , vom 01.10.1975 eine Schädelprellung mit Commotio cerebri (Gehirnerschütterung),
Schürfung des rechten Ellenbogengelenkes und Distorsion des rechten Sprunggelenkes mit flächenhafter Schürfung.
Nach dem Bericht des Krankenhauses habe bei der Erstversorgung am 30.09.1975 um 17.00 Uhr hinsichtlich des
Unfallhergangs eine Erinnerungslücke bestanden. Bei der Aufnahme sei der Kläger voll ansprechbar, zeitlich und
örtlich orientiert gewesen und es hätten bei Vorliegen starker Kopfschmerzen kein Brechreiz, keine Übelkeit und keine
neurologischen Ausfälle bei röntgenologisch unauffälligem Schädelbefund bestanden. Nach Wundversorgung und
Tetanol-Auffrischimpfung sei der Kläger stationär aufgenommen worden. Der vom Krankenhaus beigezogene
Neurologe Dr.N. berichtete, dass der Kläger bei der Untersuchung am 06.10.1975 keine Beschwerden seitens des
Schädels, insbesondere keine Kopfschmerzen oder Schwindelzustände geäußert habe. Auffälligkeiten im
neurologischen Bereich oder psychopathologische Ausfälle habe er nicht feststellen können. Dr.N. stellte die
Diagnose einer leichten Commotio cerebri. Der Kläger wurde am 09.10.1975 aus der stationären Behandlung in gutem
allgemeinen Befinden entlassen (Nachschaubericht des Krankenhauses vom 15.10.1975). Bei der Nachuntersuchung
am 20.10.1975 klagte der Kläger noch über gelegentliche Kopfschmerzen. Das Feststellungsverfahren wurde vom
Beklagten im November 1975 eingestellt.
Im September 1997 wandte sich der Kläger an den Beklagten und machte geltend, dass er seit längerer Zeit unter
Konzentrations- und Leistungsstörungen leide, die er auf den Unfall vom 30.09.1975 zurückführe. Der Beklagte nahm
das Feststellungsverfahren wieder auf und ließ den Kläger am 14.10.1998 durch den Neurologen und Psychiater Dr.S.
untersuchen. Dieser kam in dem Gutachten vom 20.10.1998 zum Schluss, dass der Kläger aufgrund des Unfalls am
30.09.1975 eine Commotio cerebri erlitten habe und messbare Unfallfolgen nicht mehr feststellbar seien. Die vom
Kläger seit 1980 beobachteten Konzentrations- und Sehstörungen seien psychosomatisch begründet. Ein
Ursachenzusammenhang mit dem Unfall vom 30.09.1975 sei nicht gegeben.
Mit Bescheid vom 18.12.1998 erkannte der Beklagte den Unfall vom 30.09.1975 als Arbeitsunfall an, lehnte aber die
Gewährung einer Verletztenrente ab. Durch den Unfall sei es zu einer Gehirnerschütterung, einer Distorsion des
rechten Sprunggelenks mit flächenhafter Schürfung und einer Schürfung am rechten Ellenbogengelenk gekommen.
Unfallfolgen seien nicht mehr feststellbar. Nicht als Unfallfolgen anzuerkennen seien eine Somatisierungsstörung, eine
leichte Gehirnerschütterung und ein stumpfes Bauchtrauma (Verkehrsunfall 1977), rezidivierende Bronchitiden,
Lendenwirbelsäulenbeschwerden sowie eine Fuß- und Rippenverletzung links (1982).
Der Kläger legte Widerspruch ein und führte zur Begründung u.a. aus, dass er unfallbedingt unter einer
posttraumatischen Encephalopathie mit Kopfschmerzen, Sehstörungen, Konzentrationsstörungen und
Beeinträchtigung der Gedächtnis- und Merkfähigkeit leide.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.06.1999). Eine posttraumatische Encephalopathie
setze eine schwere Hirnsubstanzschädigung voraus. Zu einer derartigen Verletzung sei es aufgrund des Unfalls vom
30.09.1975 nicht gekommen.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und vorgetragen, dass er sich seit dem
Unfalltag wegen der Folgen des Unfalls in augen- und nervenärztlicher Behandlung befinde. Entgegen den Angaben
des Dr.N. vom 06.10.1975 habe er auch am Untersuchungstag Kopfbeschwerden gehabt und erbrochen. Bei dem
Unfall habe er einen Schädelbasisbruch erlitten. Die bei ihm diagnostizierte posttraumatische Encephalopathie werde
ignoriert.
Das SG hat ärztliche Berichte, die Krankenunterlagen des Krankenhauses S. , die Akten des Beklagten sowie die
unter dem Aktenzeichen S 9 SB 295/98 geführten Akten des SG mit Schwerbehindertenakte des Amtes für
Versorgung und Familienförderung W. beigezogen und den Neurologen Dr.M. zum ärztlichen Sachverständigen
bestellt (Gutachten vom 13.11.2000). Dr.M. hat ausgeführt, dass der Kläger durch den Unfall eine leichtgradige
Commotio cerebri erlitten habe, die folgenlos ausgeheilt sei. Ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom
30.09.1975 und den vom Kläger geschilderten Beschwerden bestehe nicht. Aus der gesamten Unfalldokumentation,
dem weiteren Verlauf und der bildgebenden Diagnostik in Form einer kernspintomographischen Untersuchung des
Gehirnschädels vom 10.03.1998 sowie den Befunden der gerichtsärztlichen Untersuchungen ergebe sich kein
Hinweis, der die Wahrscheinlichkeit eines höhergradigen Schädelhirntraumas nahe lege. Zur Frage des Vorliegens
einer posttraumatischen Enzephalopathie stellte Dr.M. das Fehlen hierzu gehörender Symptome fest.
Der auf Antrag des Klägers gehörte Neurologe und Psychiater Dr.K. gelangte in dem Gutachten vom 30.05.2001
ebenfalls zum Schluss, dass der Kläger aufgrund des Unfalls vom 30.09.1975 eine folgenlos ausgeheilte Commotio
cerebri erlitten habe und es nicht zu einer substantiellen Hirnschädigung im Sinne einer Kontusion gekommen sei.
Eine posttraumatische Encephalopathie bestehe nicht. Insbesondere aus den am 10.03.1998 gefertigten
Kernspintomographie-Aufnahmen des Gehirns ergebe sich ein völlig unauffälliger Befund. Eine posttraumatische
Hirnschädigung sei in keiner Weise erkennbar. Die geltend gemachten Konzentrations- und Leistungsstörungen, die
Gesichtsstörung, die Kopfschmerzen, der Schwindel und die Sehstörungen seien keinesfalls als Unfallfolge
anzuerkennen, sondern seien als eine Somatisierungsstörung im Rahmen der Persönlichkeitsstörung des Klägers zu
sehen.
Mit Urteil vom 22.11.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Das SG hat sich im Wesentlichen auf die Ausführungen
der Sachverständigen Dr.M. und Dr.K. gestützt. Es sei nicht mit der notwendigen hinreichenden Wahrscheinlichkeit
nachgewiesen, dass der Unfall beim Kläger relevante Verletzungen im Sinne einer substantiellen Hirnschädigung bzw.
schweren Hirnsubstanzschädigung wesentlich verursacht habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Die Angaben der Ärzte im Jahr 1975, dass er Beschwerdefreiheit
geäußert habe, seien nicht zutreffend. Seit dem Unfall 1975 leide er unter den vorgetragenen Beschwerden. Auf den
unrichtigen Angaben beruhten auch die eingeholten Gutachten, so dass diese fehlerbehaftet seien. Durch den Unfall
habe er einen Schädelbruch erlitten. Der Nachweis einer knöchernen Verletzung im Schädelbereich könne mit Hilfe
einer Computertomographie (CT) geführt werden. Die bestehende Beeinträchtigung des Gehirns könne mittels einer
Positronen-Emissions-Tomographie (PET) nachgewiesen werden.
Der Senat hat Dr.M. zum Sachverständigen auch in der Berufungsinstanz ernannt. Dieser hat in der Stellungnahme
vom 24.03.2003 ausgeführt, dass er anlässlich der Erstellung des Gutachtens vom 13.11.2000 die Kernspin-
Aufnahmen des Gehirnschädels vom 10.03.1998 selbst nachbefundet und sich ein altersentsprechender Gehirnbefund
ohne traumatische Residuen ergeben habe. Bei der Kernspintomographie handele es sich um ein modernes
bildgebendes Verfahren, das geeignet sei, Folgen einer schweren Hirnverletzung abzubilden, falls diese zu sichtbaren
strukturellen Veränderungen geführt habe sollten.
Der Kläger hat hierzu entgegnet, Dr.M. habe sich nicht zu Strukturveränderungen des Schädelknochens geäußert. Zur
Feststellung derartiger Veränderungen stelle die Kernspintomographie kein geeignetes Verfahren dar. Unabhängig
hiervon habe er eine PET durchführen lassen (Bericht Dr.H. vom 25.04.2003), die eine augenfällige Verminderung des
Gehirnstoffwechsels ergeben habe. Aus den PET-Bildern sei eine Schädigung des Gehirns erkennbar, die durch den
Unfall vom 30.09.1975 herbeigeführt worden sei.
Als weiteren Sachverständigen hat der Senat Prof. Dr.S. gehört (neurologisches Gutachten vom 01.03.2004). Prof.
Dr.S. ist von einem Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades (Commotio cerebri) am 30.09.1975 und eines
weiteren Schädel-Hirn-Traumas 1. Grades 1977 und vermutlich 1978 (weitere Verkehrsunfälle) ausgegangen; aufgrund
des Unfalls 1975 bestünden keine anhaltenden Gesundheitsstörungen. Gegen eine substanzielle Verletzung des
Gehirns aufgrund des Unfalls 1975 spreche, dass es beim Kläger nicht zu einer anfangs ausgeprägteren Klinik mit
anschließender Besserung gekommen sei. Vielmehr habe sich nach guten Schulleistungen und Berufsausbildung die
Symptomatik erst ab 1994 verändert und letztlich zur Erwerbsunfähigkeit geführt. Beim Kläger durchgeführte
neuropsychologische Testungen würden gegen eine Hirnschädigung höheren Grades sprechen. Ein auffälliger
neurologischer Befund sei nicht festgestellt worden. Dies gelte auch hinsichtlich der CT-Untersuchungen der
Schädelkalotte, der Lendenwirbelsäule und der kernspintomographischen Bilder des Gehirns. Hinsichtlich der von
Dr.H. angefertigten PET-Bilder finde sich ein seitengleicher Befund. Beim Kläger sei es un- fallunabhängig zu einer
psychiatrischen Erkrankung gekommen.
Der Kläger hat diese Ausführungen beanstandet. Prof. Dr.S. habe sich zu psychiatrischen Fragestellungen geäußert,
ohne hierfür die fachliche Kompetenz zu besitzen und ohne dass hierzu Anlass bestanden habe. Es sei auch nicht
zutreffend, dass es bei einem Schädel-Hirn-Trauma stets zu der geschilderten Entwicklung kommen müsse. Auch
Schädel-Hirn-Traumen mit einer fortschreitenden Verschlechterung des Zustandes seien denkbar. Zu der Frage eines
nicht erkannten unbehandelten Schädelbruches sei nicht Stellung genommen worden. Hier fehle es an der fachlichen
Kompetenz des Sachverständigen, da die Beurteilung dieser Frage in das Fachgebiet eines Chirurgen falle. Ebenso
fehle es an der fachlichen Qualifikation hinsichtlich der Auswertung der vorliegenden bildgebenden Dokumente sowie
des PET-Befundes.
Prof. Dr.S. hat an seiner Bewertung festgehalten (ergänzende Stellungnahme vom 16.08.2004). Die
Weiterbildungsordnung für das Fach Neurologie umfasse auch die Vermittlung psychosomatisch-psychiatrischer
Inhalte. Die Ausführungen zu der psy- chiatrischen Erkrankung seien veranlasst gewesen, um den Zusammenhang
der vorliegenden Gesundheitsstörungen darzustellen. Die wesentlichen Beschwerden des Klägers hätten sich erst 19
bis 22 Jahre nach dem Unfall manifestiert. Ein solcher Verlauf nach einem Schädel-Hirn-Trauma sei literaturmäßig
nicht belegt. Die Verletzung des Schädels und des Gehirns falle in das Gebiet der Neurologie. Für die vorliegende
Beurteilung sei es auch nicht maßgebend, ob es zu einer Schädelfraktur gekommen sei. Denn es sei die Regel, dass
ein Schädelbruch folgenlos und ohne Residuen ausheile. Darauf hinzuweisen sei, dass alle Voruntersuchungen
hinsichtlich des Vorliegens einer Schädelfraktur unauffällig gewesen seien. Die Beurteilung bildgebender Verfahren
des Gehirns sei Bestandteil der Ausbildung zum Neurologen.
Hierzu hat der Kläger ausgeführt, dass Prof. Dr.S. die von ihm geltend gemachten Beschwerden von vornherein dem
Bereich der seelischen Erkrankungen zugeordnet habe, so dass eine körperliche Untersuchung, ob die Beschwerden
auf den Unfall zurückzuführen seien, unterblieben sei. Unter den Beschwerden leide er seit dem Unfall. Eine
Untersuchung auf das Vorhandensein von Spuren einer 1975 erlittenen Schädelfraktur sei unumgänglich, um auf die
Ursache der immer noch vorhandenen Beschwerden zu kommen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.11.2001 und den Bescheid vom 18.12.1998 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.06.1999 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger
eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 vH ab frühestmöglichem Zeitpunkt zu gewähren, hilfsweise
beantragt er, weiteren Beweis zu erheben durch Einholung eines chirurgischen und radiologischen Gutachtens.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.11.2001
zurückzuweisen.
Die Entscheidung des SG sei nicht zu beanstanden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten und auf die Gerichtsakten
erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-
). Sie ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.12.1998 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 22.06.1999 ist rechtmäßig, so dass das SG zutreffend die Klage abgewiesen hat.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente, da die Voraussetzungen nicht erfüllt sind (§§
539, 548 Abs 1, 581 Abs 1 Nr 2 Reichsversicherungsordnung -RVO-). Anzuwenden sind im vorliegenden Fall noch die
Vorschriften der RVO, da sich der zu beurteilende Arbeitsunfall (Wegeunfall) vor dem 01.01.1997 ereignet hat (Art 36
Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch -SGB VII-).
Verletztenrente gemäß § 581 Abs 1 Nr 2 RVO ist nur zu gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge
des Arbeitsunfalls um wenigstens 20 vH gemindert ist. Eine Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls ist
u.a. anzuerkennen, wenn zwischen dem Unfall und der Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang besteht.
Ein solcher liegt nach dem in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätsbegriff dann vor, wenn das
Unfallereignis mit Wahrscheinlichkeit wesentlich die Entstehung oder Verschlimmerung eines Gesundheitsschadens
bewirkt hat (BSGE 1, 72, 76; 12, 242, 245; 38, 127, 129).
Bei dem streitgegenständlichen Unfall vom 30.09.1975 erlitt der Kläger eine Commotio cerebri, eine Distorsion des
rechten Sprunggelenks mit flächenhafter Schürfung und eine Schürfung am rechten Ellenbogengelenk. Allerdings sind
keine Unfallfolgen verblieben, so dass die Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht erfüllt sind.
Zu einer höhergradigen Schädel-Hirn-Verletzung, auf die der Kläger seine geltend gemachten Beschwerden bezieht,
ist es nicht gekommen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Ausführungen der Sachverständigen
Dr.M. , Dr.K. und Prof. Dr.S ...
Die Sachverständigen haben die Wahrscheinlichkeit einer substantiellen Schädigung des Gehirns im Sinne einer
Hirnkontusion aufgrund des Unfallereignisses ausgeschlossen. Für eine Commotio cerebri ohne Substanzbeteiligung
sprechen die am Unfalltag erhobenen Befunde mit kurzzeitiger Bewusstlosigkeit. Objektive Befunde als Anzeichen
einer substantiellen Hirnschädigung haben sich weder bei der Erstuntersuchung am Unfalltag noch bei den
nachfolgenden neurologischen Untersuchungen sowie bei den Untersuchungen durch die Sachverständigen ergeben.
In sämtlichen neurologischen Untersuchungen konnten neurologische Auffälligkeiten nicht festgestellt werden. Eine
posttraumatische Enzephalopathie konnte insbesondere Dr.M. ausschließen. Er hat auf das Fehlen durchgängiger
Symptome mit hirnorganischer Beeinträchtigung, Bewusstseinsstörung, Einschränkung des psychomotorischen
Tempos und schwerwiegender, unmittelbar posttraumatisch bestehender neuropsychologischer, alltagsrelevanter
Defizite hingewiesen. Nach den von Dr.M. vorgenommenen neuropsychologischen Testuntersuchungen, insbesondere
im Hinblick auf eine Beeinträchtigung höherer visuo-spatialer Funktionen, konnten kognitive Defizite im Bereich der
visuell-räumlichen Verarbeitung, die bei einer schwerergradigen Schädelhirnverletzung zu erwarten gewesen wären,
beim Kläger nicht festgestellt werden.
Nach den bildgebenden Befunden konnte eine Schädelfraktur ausgeschlossen werden. Hierauf weist insbesondere
Prof. Dr.S. hin. In dem Durchgangsarztbericht vom 01.10.1975 wird von einer Röntgen-Schädel-Untersuchung in zwei
Ebenen ohne Anhalt für eine knöcherne Verletzung gesprochen. Aus Röntgenbildern vom 21.11.2002 und aus
anlässlich der Untersuchung am 29.01.2004 vorgelegten Ausschnittsvergrößerungen eines Schädel-CT s ergab sich
ein altersentsprechender, unauffälliger Befund und kein Hinweis auf eine Frakturlinie. Auch die am 10.03.1998
durchgeführte kernspintomographische Untersuchung des Schädels ergab keinen pathologischen Befund, der mit
einem Trauma im Zusammenhang stehen könnte. Insbesondere konnte kein Nachweis von Blutresiduen gefunden
werden, wie sie nach Schädel-Hirn-Traumen im Bereich der Hirnoberfläche zu finden sind. Bei den PET-Bildern hat
sich ein seitengleicher Befund ergeben. Insgeamt konnte eine posttraumatische Hirnschädigung ausgeschlossen
werden.
Darüber hinaus weist Prof. Dr.S. darauf hin, dass der Verlauf nach einem Schädel-Hirn-Trauma anfänglich eine
ausgepräg- te Klinik mit dann anschließender langsamerer Besserung erwarten lässt. Die nach dem Unfall erbrachten
schulischen Leistungen des Klägers und die erfolgreiche Berufsausbildung sprechen insofern gegen ein substantielles
Schädel-Hirn-Trauma. Zu dem Vorbringen des Klägers, es sei nicht ausgeschlossen, dass es nach einer zeitlichen
Verzögerung zu einer fortschreitenden Verschlechterung des Zustandes kommen könne, hat Prof. Dr.S. überzeugend
ausgeführt, dass ein derartiger Verlauf wissenschaftlich nicht belegt ist.
Eine weitere Begutachtung war nicht veranlasst. Der Senat ist dem Antrag des Klägers zur Einholung eines
chirurgischen oder radiologischen Gutachtens nicht gefolgt. Die fachärztliche Qualifikation eines Neurologen umfasst
auch die Beurteilung bildgebender Verfahren des Gehirns, so dass eine weitergehende radiologische Begutachtung
nicht erforderlich ist. Hinsichtlich des Vorliegens einer Schädelfraktur sind sämtliche Voruntersuchungen unauffällig
gewesen.
Nach alledem ist davon auszugehen, dass die vom Kläger geltend gemachten Beeinträchtigungen sich nicht mit
Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 30.09.1975 zurückführen lassen.
Das Urteil des SG ist daher nicht zu beanstanden und die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).