Urteil des LSG Bayern vom 20.03.2003

LSG Bayern: diabetes mellitus, zumutbare tätigkeit, medikamentöse behandlung, erwerbsfähigkeit, contusio cerebri, psychosyndrom, erwerbsunfähigkeit, gutachter, erwerbstätigkeit, krankheit

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 20.03.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 14 Ar 5009/91.It
Bayerisches Landessozialgericht L 14 RJ 382/93
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29. Juni 1993 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist unter den Beteiligten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1950 geborene Klägerin, italienische Staatsbürgerin mit Wohnsitz in ihrer Heimat, war nach
versicherungspflichtigen Tätigkeiten in Italien zwischen 1965 und 1973 in Deutschland ab 1979 als
Näherin/Fabrikarbeiterin tätig. Im November 1980 erlitt sie auf dem Weg zur Arbeit zusammen mit ihrem Kind einen
schweren Verkehrsunfall, an dessen Folgen das Kind verstarb. Sie selbst erlitt ein Polytrauma, u.a. mit contusio
cerebri, Verdacht auf Schädelbasisfraktur und Oberschenkelfraktur und längerer nachfolgender Arbeitsunfähigkeit.
Nach Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit im Juni 1981 sind Pflichtbeiträge bis September 1982 nachgewiesen,
anschließend hielt sich die Klägerin wegen Schwangerschaft und Geburt einer Tochter in Italien auf. Ab 21.09.1983
wurden erneut kurzfristig Beiträge entrichtet (bis 07.10.1983), danach war die Klägerin arbeitslos gemeldet und bezog
Arbeitslosengeld bis 26.10.1984. In der Folgezeit kehrte sie mit ihrer Familie endgültig nach Italien zurück (polizeiliche
Abmeldung am 30.11.1984).
Mit Bescheid vom 01.04.1982 hatte die zuständige Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft (BG) als
Unfallfolgen "abklingende Kopfbeschwerden nach schwerem Schädelhirntrauma, Verlust des Geruchssinns, operativ
eingestellter, in guter Bruchstellung abgeheilter Oberschenkelbruch rechts" anerkannt und Rentenleistungen nach
einer MdE um 30 v.H. bis 28.02.1980 gezahlt. Eine weitere Rentenzahlung über diesen Zeitpunkt hinaus hatte sie
abgelehnt, weil die Erwerbsfähigkeit nicht mehr in rentenpflichtigem Grade beeinträchtigt sei. Im damaligen
Klagverfahren S 4 U 537/83 vor dem Sozialgericht (SG) Konstanz kam es auf Grund von Gutachten auf chirurgisch-
orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet zu einem Vergleich, auf Grund dessen ab 01.03.1982 Dauerunfallrente
in Höhe um 20 v.H. gezahlt wurde. In den Jahren 1985 und 1987 gestellte Verschlimmerungsanträge blieben erfolglos.
Nach umfangreicher medizinischer Abklärung auf chirurgischem, nervenärztlichem und augenfachärztlichem Gebiet in
der Universitätsklinik T. konnte eine wesentliche Änderung/Verschlimmerung nicht nachgewiesen werden. Ein weiterer
Überprüfungsantrag von Dezember 1993 wurde nach Einholung eines neurologischen Gutachtens des Dr. H. vom
28.02.1994 nach Aktenlage mit Bescheid vom 06.10.1994 / Widerspruchsbescheid vom 09.02.1995 abgelehnt. Im
anschließenden Klageverfahren S 3 U 46/95 wurde die Klage nach einem weiteren Aktenlagegutachten des Dr.H. vom
22.05.1995 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28.08.1995, eingeholt im Hinblick auf eine Vielzahl von der
Klägerin eingereichter Atteste und Berichte ihrer behandelnden Ärzte, mit Urteil vom 18.02.1997 abgewiesen.
Am 18.06.1986 (eingegangen bei der Beklagten am 20.10.1988) stellte die Klägerin Antrag auf Rente wegen Berufs-
bzw. Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.11.1988 unter Bezugnahme auf § 1246
Reichsversicherungsordnung (RVO) mit der Begründung ab, die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
noch vollschichtig tätig sein. Zugrunde lag ein beim örtlichen Versicherungsträger INPS in E. erstellter ärztlicher
Untersuchungsbericht vom 23.03.1987, wonach wegen einer posttraumatischen Cephalea mit glaubwürdiger Anosmie
und leichter Dysfunktion der Leber eine teilweise Erwerbsminderung von 15 v.H. bestehe. Die Frage, ob die Klägerin
noch eine Erwerbstätigkeit ausüben könne, wurde bejaht.
Nach der Zustellung dieses Bescheids, die nach Angaben der Klägerin erst am 28.12.1990 erfolgte (Umschlag der
Postsendung des Italienischen Versicherungsträgers an die Klägerin abgestempelt am 21.12.1990), erhob die Klägerin
am 24.01.1991 Klage beim SG Augsburg unter Beifügung eines Attestes des behandelnden Arztes Dr.P. vom
04.01.1991. Sie übersandte in der Folgezeit weitere ärztliche Unterlagen aus den Jahren 1982, 1985, 1987 und 1991.
Die Beklagte sah auf Grund dieser Unterlagen leichte bis mittelschwere Arbeiten bei Beachtung gewisser qualitativer
Einschränkungen weiterhin als möglich an.
Das SG holte ein Gutachten des Neurologen Dr.V. aus M. vom 12.11.1991 ein. Dieser diagnostizierte
"posttraumatische Encephalopathie, Spondylarthrose, Lebersteatose, Abdominalhernie, venöse Insuffizienz der
Beine, Diabetes mellitus und Bluthochdruck". Er vertrat die Auffassung, die Klägerin sei nicht mehr in der Lage,
irgendeine ertragbringende Arbeitstätigkeit auszuüben. Auf Anregung der Prüfärztin der Beklagten wurden über den
italienischen Versicherungsträger weitere ärztliche Unterlagen beigezogen, darunter ein EEG aus dem Jahre 1983,
ferner die Unterlagen des Krankenhauses P. , in dem die Klägerin nach dem Unfall vom 27.11.1980 bis 01.01.1981
und vom 05.01.1081 bis 13.03.1981 behandelt worden war. Die Prüfärztin der Beklagten wies darauf hin, dass die
vorhandenen Bescheinigungen der behandelnden Ärzte keine Rückschlüsse auf die Schwere der psychischen und
neurologischen Defizite infolge des Unfalls erlaubten, und regte eine eingehende nervenärztliche Untersuchung an.
Der vom SG mit der Begutachtung der Klägerin beauftragte Internist und Nervenarzt Dr.K. erhob auf Grund
persönlicher Untersuchung der Klägerin in seinem Gutachten vom 04.05.1993 folgende Diagnosen:
- Leichtes organisches Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma 1980, Herabsetzung des Geruchs- und
Geschmacksvermögens, reizlose Operationsnarbe an der Außenseite des rechten Ober schenkels - Diabetes mellitus
- Diskrete Fettleber - Leichte Schwerhörigkeit rechts - Adipositas - Mäßige Krampfadern - Senk - Spreizfüsse -
Hyperlipidämie.
Nach den Ausführungen des Gutachters war das posttraumatische Psychosyndrom nur leicht ausgeprägt. Der
Diabetes mellitus war durch medikamentöse Behandlung ausreichend kompensiert, eine Insulinpflicht bestand nicht.
Auch fanden sich keine diabetischen Komplikationen. Die behandlungsfähige diskrete Fettleber führte nicht zu einer
wesentlichen Beeinträchtigung der Klägerin im Erwerbsleben, ebenso wenig die leichte Schwerhörigkeit. Eine
Schilddrüsenstörung ließ sich nicht bestätigen, ebenso nicht eine herabgesetzte Sehfähigkeit und eine
krankheitswertige Spondylarthrose der Wirbelsäule. Bei Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen hielt Dr.K. noch
leichte Tätigkeiten im Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig für möglich. Nicht mehr zumutbar waren Tätigkeiten mit
Zeitdruck, gehobener Verantwortung, besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit, das Konzentrations-,
Reaktions- und Umstellungsvermögen, ebenso Akkord-, Schicht- und Fließbanddarbeiten.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 29.06.1993 ab. Gestützt auf das Gutachten des Dr.K. führte es aus, dass bei
der Klägerin weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit nach den inzwischen in Kraft getretenen Bestimmungen der §§
43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), die gegenüber §§ 1246,1247 RVO keine neue Rechtslage
hinsichtlich der medizinischen Rentenvoraussetzungen geschaffen hätten, gegeben sei. Die Klägerin habe keinen
Fachberuf erlernt und keinen anerkannten Anlernberuf ausgeübt. Sie sei auf Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes verweisbar. Sie könne in diesem Bereich die noch möglichen leichten Arbeiten verrichten.
Mit der Berufung wandte sich die Klägerin gegen dieses Urteil und machte geltend, erwerbsunfähig zu sein. Sie berief
sich auf verschiedene, im Laufe des Verfahrens vorgelegte ausführliche ärztliche Befundberichte des behandelnden
Neurologen und Psychiaters Dr.B. vom 25.08.1993, 23.09.1994, 30.12.1994 und 07.07.1995, der immer wieder eine
posttraumatische Encephalopathie nach dem Verkehrsunfall im Jahre 1980 mit nachfolgenden schwerwiegenden
neurologischen Ausfällen und sonstigen Folgeschäden beschrieben hatte, die nach seiner Auffassung Invalidität
verursacht habe.
Die Prüfärztin der Beklagten Dr. N. konnte diese Ausführungen auch im Hinblick auf die von Dr.K. erhobenen
Beschwerden und Befunde der Klägerin nicht nachvollziehen, sie sah eine im Wesentlichen unveränderte Befundlage,
die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Rente seien "mit Sicherheit" noch nicht gegeben.
Der Senat zog die Akten der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft bei, die erst nach Abschluß des
gerichtlichen Verfahrens S 3 U 46/95 übersandt wurden, ferner die Akten des Verfahrens S 3 U 46/95. Offenbar im
Zusammenhang mit dem negativen Ausgang dieses Verfahrens sowie der Schließung des deutschen Büros ihres
Bevollmächtigten beantwortete die Klägerin Anfragen des Senats nicht mehr. Mit Schreiben vom 26.03.2002 teilte die
Klägerin, die inzwischen in ihrer Heimat Invalidenrente seit 01.02.1997 bezog, mit, nach wie vor bei Dr.B. in
Behandlung zu sein, und verfolgte ihr Begehren weiter. Sie legte neue ärztliche Unterlagen über stationäre
Untersuchungen, u. a. auch durch Dr.B. , in der Zeit vom 05.04.2002 bis 08.04.2002 bzw. 13.05.2002 vor.
Der Senat erhob Beweis über den Gesundheitszustand und die Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch Einholung von
Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem und auf internistischem Fachgebiet auf Grund stationärer Untersuchung
der Klägerin in der Zeit vom 08. bis 10.10.2002. Die Klägerin übersandte dazu weitere Unterlagen der behandelnden
Ärzte und Krankenhäuser in Italien aus den Jahren 1981 bis 1985 und 1992 bis 2000 sowie des Krankenhauses P.
aus 1980/81.
Die Sachverständigen Dr.V./Dr.D. erhoben in ihrem Gutachten vom 30.10.2002 auf Grund ihrer Untersuchung der
Klägerin auf neurologischem Fachgebiet folgende Störungen:
1) Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma Grad III am 27.11.1980 mit bifrontalen Hirnkontusionen, posttraumatischer
frontaler Atrophie, Schädelkalottenfraktur und Verdacht auf Schädelbasisfraktur Klinisches Syndrom: a)
persistierendes leichtes Psychosyndrom mit Konzentra- tionsstörungen, diskreten Gedächtnisstörungen, Kopf
schmerz, Schwindel und Stimmungslabilität b) Anosmie c) Passagerer posttraumatischer Diabetes insipidus sowie
Hemianopsie (beides zurückgebildet)
2) Nervenkompressionssyndrom der Handgelenksnerven (N.media- nus) beidseits ohne sensible oder motorische
Defizite, jedoch mit ausgeprägten Kribbelparaesthesien.
Auf Grund dieser Befunde konnte die Klägerin nach den Darlegungen der Gutachter noch leichte körperliche Arbeiten
im Gehen, Stehen oder Sitzen vollschichtig verrichten; nicht mehr zumutbar waren Akkord- und Schichtarbeiten unter
zeitlichem Stress sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an gefährlichen Maschinen.
Der Sachverständige Dr.P. stellte in seinem Gutachten vom 29.12.2002 unter Einbeziehung der neurologischen
Untersuchung sowie einer augenfachärztlichen Zusatzuntersuchung die Diagnosen:
1. Zustand nach Verkehrsunfall mit Schädelhirntrauma Grad III am 27.11.1980 mit bifrontalen Hirnkontusionen,
posttraumatischer frontaler Atrophie, Schädelkalottenfraktur und Verdacht auf Schädelbasisfraktur funktionell a)
persistierendes leichtes posttraumatisches hirnorgani sches Psychosyndrom mit Konzentrationsstörungen, dis kreten
Gedächtnisstörungen, Kopfschmerz, Schwindel und Stimmungslabilität; b) Anosmie c) passagerer posttraumatischer
Diabetes insipidus und bitemporale Hemianopsie (Halbseitenblindheit), beides rückgebildet.
2. Seit Jahren bekannter medikamenten- und jetzt insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II b, deutliche
nichtproliferative diabetische Retinopathie; kombinierte Hyperlipoproteinämie mit Hypertriglyceridämie und
Hypercholesterinämie; Adipoitas per magna.
3. Leichter diffuser toxisch-nutritiver Leberparenchymschaden; Zustand nach Hepatitis A und abgelaufener vermutlich
posttransfusioneller Hepatitis B 1981 ohne Anhalt für chronische Hepatitis.
4. Reizmagen und Refluxsymptomatik; Sphinkterinkontinenz; Zustand nach Hämoorhoiden-Operation 1979.
5. Harninkontinenz (Urge-Inkontinenz): Mikrohämaturie; anamnestisch chronische Cystitis; Uterus myomatosus.
6. Mäßige Unterschenkelvarikosis beidseits.
7. Leichte Innenohrschwerhörigkeit rechts.
8. Leichtes Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit
glaubhaften Beschwerden, aber ohne Wurzelreizsymptomatik; Gonal- gien beidseits.
9. Zustand nach Oberschenkelschaftfraktur rechts am 27.11.1980 mit Zustand nach Osteosynthese 12/1980 und
Metallentfernung 11/1981 ohne funktionelle Residuen.
10. Seit 1984 rezdivierender ausgedehnter Nabelbruch mit Zustand nach plastischer Operation 1992.
Er konnte gegenüber der Vorbegutachtung in der ersten Instanz insgesamt keine deutliche Veränderung feststellen,
die eine relevante Befundverschlimmerung bedinge. Lediglich auf augenärztlichem Gebiet bestehe inzwischen mit der
nichtproliferativen Retinopathie eine "High-risk-Konstellation", die unbedingt eine baldige Vorstellung beim
behandelnden Augenarzt erfordere zur weiteren Planung einer Fluoreszenzangiographie und Lasertherapie, um
langfristige Sehschäden zu vermeiden. Eine entscheidende Änderung in der sozialmedizinischen Beurteilung ergab
sich aus der Sicht des Gutachters bei Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen nicht. Er sah dementsprechend -
wie schon die Vorgutachter - leichte körperliche Arbeiten als vollschichtig möglich an. Zu bevorzugen seien Arbeiten
im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, dauerndes Stehen oder Sitzen müsse wegen der Unterschenkelvarikosis
vermieden werden, auch sollten gefahrgeneigte Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten an gefährdenden
Maschinen, Akkord-, Schicht- und Nachtarbeiten, Heben und Tragen von Lasten über zehn kg, häufiges Knien und
Bücken sowie Arbeiten in Zwangshaltungen unterbleiben. Zusätzliche Pausen über das betriebsübliche Maß hinaus
hielt der Gutachter nicht für notwendig, Beschränkungen hinsichtlich des Weges zur Arbeitsstelle bestanden nicht.
Ebenso sah Dr.P. keine Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit der Klägerin.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 29.06.1993 und des Bescheides vom
24.11.1988 zu verpflichten, ihr Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf ihren Antrag vom 18.06.1986 zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht ihre Auffassung durch die Begutachtung im Berufungsverfahren bestätigt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Rentenakten der Beklagten
sowie der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft und auf die Akte S 3 (2) U 46/95 des SG Augsburg Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist
zulässig, in der Hauptsache aber nicht begründet.
Zutreffend hat das Erstgericht die Klage aufgrund seiner Ermittlungen abgewiesen. Die weitere Beweisaufnahme im
Berufungsverfahren hat dieses Ergebnis bestätigt. Aufgrund der umfangreichen ärztlichen Unterlagen und des
Ergebnisses der Beweisaufnahme ist der Senat zu der Überzeugung gekommen, dass der Klägerin weiterhin kein
Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit) nach den im
Zeitpunkt der Antragstellung noch geltenden Vorschriften der §§ 1246, 1247 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw.
nach den im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften der am 01.01.1992 in Kraft getretenen §§ 43, 44 Sechstes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), und erst recht nicht wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB
VI in der ab 01.01. 2001 geltenden Fassung zusteht.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte
derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen
Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist; dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die
Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen
und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs einer Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der
besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 1246 Abs.2 RVO a.F.; vgl.
auch § 43 Abs.2 Sätze 1 und 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung; ferner Satz 4 SGB VI ).
Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann.
Erwerbsunfähig ist der Versicherte, der in Folge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner
körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht
mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann ...(§ 1247 Abs.2
Satz 1 RVO a.F.) bzw. Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielen kann, das ein Siebtel der monatlichen
Bezugsgröße bzw. monatlich DM 630,00 übersteigt; erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben
kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarkt- lage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs.2 SGB VI in den vom 01.01.1992
bis 31.12.2000 geltenden Fassungen).
Teilweise erwerbsgemindert ist der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer
Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich
erwerbstätig zu sein, und voll erwerbsgemindert der Versicherte, der unter den gleichen Voraussetzungen außer
Stande ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 Satz 2 SGB VI in der
ab 01.01.2001 geltenden Fassung). Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsunfähigkeit erhält auch der Versicherte, der
vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist (Übergangsvorschrift des § 240 Abs.1 SGB VI n.F.).
Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Sie kann zumindest leichte Tätigkeiten unter Beachtung einiger
qualitativer Einschränkungen zeitlich uneingeschränkt verrichten und ist daher nicht in rentenrechtlich relevantem
Umfang erwerbsgemindert. Auf neurologischem Gebiet konnten die mit einer erneuten Begutachtung beauftragten
Dr.V./Dr.D. ebenso wie zuvor Dr.K. und auch der auf dem Gebiet des Unfallrechts befragte Dr.H. im Wesentlichen nur
noch ein persistierendes leichtes Psychosyndrom mit Konzentrationsstörungen, diskreten Gedächtnisstörungen,
Kopfschmerz, Schwindel und Stimmungslabilität sowie eine Riechstörung und nebenbefundlich ein beidseitiges, die
Erwerbsfähigkeit nicht beeinträchtigendes Nervenkompressions-Syndrom des Nervus medianus feststellen. Hinweise
auf eine Änderung des morphologischen Bildes im Laufe der Jahre und auf das Vorliegen einer Spätkomplikation nach
Schädel-Hirn-Trauma im Sinne eines Spätabszesses oder einer Hydrocephalusentwicklung ergaben sich nicht.
Bezüglich der geklagten Kopfschmerzen gingen die Gutachter bei unauffälligem neurologischen Untersuchungsbefund
von einem Spannungskopfschmerz, nicht aber einem symptomatischen Kopfschmerz durch das Schädel-Hirn-Trauma
aus. Für den angegebenen Schwindel fanden sich keine Hinweise auf eine peripher vestibuläre oder zentrale Ursache,
es wurde insoweit eine orthostatische Reaktion und eine Nebenwirkung der sedierenden Medikamente in Betracht
gezogen. Im Übrigen wurde eine neurotische Verarbeitung des Geschehens mit Insuffizienzgefühlen, verminderter
Belastbarkeit, Schlafstörungen und Stimmungslabilität festgestellt. Leichte körperliche Arbeiten waren und sind dabei
auch weiterhin mit gewissen qualitativen Einschränkungen (Akkord- und Schichtarbeiten unter zeitlichem Stress sowie
Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an gefährdenden Maschinen sollten gemieden werden) vollschichtig möglich.
Aus internistischer und allgemeinärztlicher Sicht sowie auf augenärztlichem Fachgebiet kommen weitere
Gesundheitsstörungen hinzu, wie sie von Dr.P. im Einzelnen dargelegt werden. Sie bedingen ebenfalls - abgesehen
von der inzwischen eingetretenen behandlungsbedürftigen nicht proliferativen diabetischen Retinopathie, bezüglich der
eine Lasertherapie empfohlen wurde -, keine deutliche Verschlechterung im Vergleich mit den Vorgutachten. Auch
insoweit sind der Klägerin vollschichtig leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zuzumuten, wobei wechselnde
Körperhaltung zu bevorzugen ist. Tätigkeiten mit dauerndem Stehen bzw. Sitzen, besondere Zwanghaltungen, Heben
und Tragen von schweren Lasten über zehn kg, häufiges Bücken und Knien, Akkord-, Nacht- und Schichtarbeit sowie
gefahrgeneigte Arbeiten müssen vermieden werden.
Der Senat hält die Darlegungen der Gutachter für schlüssig und überzeugend. Die gesamte Krankheitsgeschichte der
Klägerin ab 1980 liegt gut dokumentiert in den Akten vor und wurde von den Gutachtern eingesehen und
berücksichtigt. Ihre sozialmedizinische Beurteilung erachtet der Senat trotz der anders lautenden Auffassung der
behandelnden Ärzte der Klägerin für nachvollziebar und überzeugend. Er schloss sich daher dieser Beurteilung in
vollem Umfang an.
Mit dem verbliebenen Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Sie war in der Bundesrepublik
Deutschland als ungelernte Fabrikarbeiterin tätig, worauf die bei der zuständen Krankenkasse gemeldeten
Schlüsselzahlen 35311 für ihre Tätigkeiten 1980/1981 hinweisen: die Ziffern 11 stehen für "Nicht-Facharbeiter" und
"ohne abgeschlossene Ausbildung". Eine Facharbeit oder qualifiziert angelernte Tätigkeit wurde auch nie behauptet.
Damit ist sie breit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem sie die ihr laut den ärztlichen Gutachten
noch möglichen leichten Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen, ohne Heben und Tragen von Lasten,
Zwangshaltungen, gefahrgeneigte Arbeiten und Akkord- , Schicht-, und Nachtarbeiten noch vollschichtig verrichten
kann. Erst recht ist sie mit diesem Leistungsvermögen nicht erwerbsunfähig.
Eine konkrete Verweisungstätigkeit muss nicht benannt werden. Es liegen weder eine Häufung ungewöhnlicher
Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Behinderung vor. Die genannten qualitativen Merkmale
schränken die noch möglichen leichten Tätigkeiten nicht zusätzlich wesentlich ein bzw. sind nicht grundsätzlich mit
den noch möglichen leichten Tätigkeiten verbunden. In Betracht kommen im Übrigen vor allem Hilfstätigkeiten im
Bürodienst ("einfache" Registraturkraft, Hilfsdienste bei der Postabfertigung, z.B. in der Postauslaufstelle),
Tätigkeiten, die im öffentlichen Dienst nach der Vergütungsgruppe X und IX des Bundesangestelltentarifvertrages
(BAT) entlohnt werden und insbesondere nicht mit Nacht- und Schichtdienst oder schwerem Heben und Tragen von
Lasten verbunden sind. Einschränkungen bezüglich der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit der Klägerin auf
solche Tätigkeiten wurden nicht festgestellt. Da der Klägerin entsprechende leichte Tätigkeiten ohne zeitliche
Einschränkung möglich sind, ist davon auszugehen, dass es entsprechende Arbeitsplätze bzw. eine ausreichende
Zahl von Erwerbsmöglichkeiten gibt. Ob ihr eine solche zumutbare Tätigkeit auch vermittelt werden kann, ist für die
Frage der Rentengewährung unerheblich. Das Risiko, einen Arbeitsplatz zu finden, obliegt grundsätzlich nicht der
Rentenversicherung, sondern dem Versicherten bzw. der Arbeitslosenversicherung (BSG, 14.09.1995 - 5 RJ 15/94 zu
älteren Langzeitarbeitslosen).
Bei dieser Sachlage konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG
zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.