Urteil des LSG Bayern vom 24.04.2001

LSG Bayern: höhere gewalt, erwerbsfähigkeit, zumutbare tätigkeit, stationäre behandlung, erwerbsunfähigkeit, ausbildung, berufsunfähigkeit, arbeitslosigkeit, rentenanspruch, arbeitsamt

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 24.04.2001 (rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 7 RJ 51/99 A
Bayerisches Landessozialgericht L 6 RJ 517/00
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26. Juli 2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am ...1951 geborene Kläger, der angibt, keine Fachausbildung durchlaufen zu haben, ist Staatsangehöriger der
Bundesrepublik Jugoslawien.
Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung hat er zunächst - am Anfang seines
Versicherungslebens - in der Bundesrepublik Deutschland als Anschweißer (vom 26.01.1973 bis 28.10.1975, somit 34
Kalendermonate) und sodann in seiner Heimat (mit Unterbrechungen vom 03.03.1976 bis 04.08.1983, sodann - jeweils
ohne Unterbrechungen - vom 09.07.1984 bis 25.11.1985 und vom 16.10.1987 bis 15.05.1989) zurückgelegt. In den im
Zeitraum 05.08.1983 bis 31.05.1997 bestehenden Lücken ist der Kläger in Jugoslawien arbeitslos gemeldet gewesen,
wo er sich seit 1975 aufhält. Seit 03.10.1997 bezieht er dort Invalidenrente.
Den Antrag des Klägers auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit vom 09.09.1997 lehnte die
Beklagte mit Bescheid vom 15.10.1998 und Widerspruchsbescheid vom 26.11.1998 ab. Der Kläger sei zwar seit dem
Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme am 10.06.1997 erwerbsunfähig; aus versicherungsrechtlichen Gründen habe er
jedoch keinen Anspruch auf Rente.
Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen entnahm die Beklagte im Wesentlichen einem in Novi
Beograd erstatteten Rentengutachten vom 02.10.1997 und diesem gegenüber jüngeren stationäre Behandlung wegen
Nierenversagens vom 10.06.1997 bis 11.07.1997 betreffenden Entlassungsbericht heißt es, bei dem Patienten seien
1991 Nierenzysten festgestellt worden. Ab 09.07.1997 sei er in das Dialyseprogramm aufgenommen worden.
Am 15.01.1999 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) mit dem Begehren, die Beklagte zur Zahlung
von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit zu verpflichten. Zur Begründung übersandte er medizinische
Unterlagen aus den Jahren 1997 und 1998, die teilweise bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegen hatten, und eine
Bestätigung über seine Arbeitslosigkeitszeiten.
Das SG zog die Verwaltungsakten der Beklagten bei, erholte eine Auskunft vom letzten Arbeitgeber des Klägers und
forderte den Kläger auf, medizinische Unterlagen insbesondere auch aus den Jahren 1989 bis 1992 vorzulegen. Der
Kläger teilte hierauf mit, in dieser Zeit beim Arbeitsamt gemeldet gewesen zu sein und die medizinische
Dokumentation bereits übersandt zu haben.
Das SG holte sodann über Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen des Klägers ab 1984 von dem
Internisten und Radiologen Dr.R ... ein medizinisches Sachverständigengutachten nach Aktenlage ein. Dr.R ... kam
zum Ergebnis, beim Kläger liege als einzige wesentliche Gesundheitsstörung (erst) seit Juni 1997 eine
dialysepflichtige terminale Niereninsuffizienz bei beidseitiger Zystenniere vor; die chronische Harnvergiftung mit
sekundärer Anämie erlaube keine Erwerbstätigkeit mehr. Vor Juni 1997 habe der Kläger noch vollschichtig arbeiten
können.
Der Kläger erklärte sich in einem Schreiben vom 19.05.2000 mit dem Inhalt dieses Gutachtens ausdrücklich
einverstanden.
Mit Urteil vom 26.07.2000 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente, da er vor Juni 1997
weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2, 44 Abs. 2 SGB VI gewesen sei. Bei dem danach
eingetretenen Versicherungsfall seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentenzahlung nicht
mehr erfüllt und auch nicht mehr erfüllbar.
Am 11.09.2000 ging die Berufung des Klägers gegen dieses ihm in seiner Heimat zugestellte Urteil beim Bayer.
Landessozialgericht ein. Zur Begründung trug er vor, aus den medizinischen Unterlagen, die er übersandt habe, sei zu
ersehen, dass er zu keiner Erwerbstätigkeit mehr in der Lage sei. Wegen der versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen weise er auf seine Zeit der Arbeitslosigkeit hin, während der er krank geworden sei, so dass ihn
keiner mehr habe einstellen wollen.
Der Senat hat den Beteiligten ein von ihm im Berufungsverfahren L 6 RJ 626/97 erholtes Rechtsgutachten des
Rechtsanwalts P ... zum Beitragsrecht der jugoslawischen gesetzlichen Rentenversicherung vom 24.09.1998 zur
Kenntnis gegeben.
Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil
des SG Landshut vom 26.07.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.10.1998 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 26.11.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrags
vom 09.09.1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.07.2000
zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den
Inhalt der beigezogenen Akten (Verwaltungsakten der Beklagten; Klageakte des SG Landshut) und der Akte des
Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG Landshut vom 26.07.2000 ist nicht zu beanstanden, da der
Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit hat. Er ist nämlich
jedenfalls im August 1989, dem Zeitpunkt, in dem letztmalig die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt gewesen wären, noch nicht berufs- oder erwerbsunfähig gewesen;
als dann viel später - am 10.06.1997 (Krankenhausaufnahme) - Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, sind die
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht mehr erfüllt und
auch nicht mehr erfüllbar gewesen.
Die Rechtslage beurteilt sich gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI noch nach den §§ 43, 44 SGB VI in der vom 01.01.1992
bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung - alte Fassung (a.F.) - , da ein Leistungsbeginn vor dem 01.01.2001 im Streit
steht; eine Änderung zugunsten des Klägers in dem Sinn, dass ab 01.01.2001 ein Rentenanspruch bestehen könnte,
ist durch die zum 01.01.2001 erfolgte Rechtsänderung (insbesondere §§ 43, 240, 241 SGB VI in der ab 01.01.2001
geltenden Fassung) nicht eingetreten.
Der Kläger ist jedenfalls bis einschließlich August 1989 (und weiter bis einschließlich 09.06.1997) nicht berufsunfähig
gewesen.
Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. sind nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus
gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung
und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die
Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten
entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen
Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2).
Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige
Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4).
Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit sind beim Kläger jedenfalls im August 1989 (und auch
weiterhin bis 9.6.1997) nicht erfüllt gewesen. Der Kläger hat nämlich damals seinen in der Bundesrepublik
Deutschland ausgeübten Beruf als Anschweißer noch vollschichtig ausüben können, da bei ihm jedenfalls im August
1989 und noch geraume Zeit später keine Gesundheitsstörungen vorgelegen haben, die sich auf sein berufliches
Leistungsvermögen negativ auswirken hätten können. Die einzigen beim Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen
von Bedeutung, die Nierenzysten, die durch ihr Fortschreiten erst Jahre später nachweislich erst ab 10.6.1997 - zur
Aufhebung der Erwerbsfähigkeit geführt haben, sind nämlich erstmals 1991 festgestellt worden.
Diese Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers für August 1989 und für die Folgezeit ergibt sich
vor allem aus dem vom SG eingeholten Gutachten des Internisten und Radiologen Dr.R ... Der Senat schließt sich
den Aussagen dieses schlüssigen und überzeugenden Gutachten an. Auch der Kläger selbst schätzt sein berufliches
Leistungsvermögen für die an sein letztes Arbeitsverhältnis anschließende Zeit nicht anders ein, wenn er vorträgt, erst
während der Zeit der Arbeitslosigkeit sei er erkrankt, so dass er keine Arbeit mehr habe finden können.
Es sei - rein hypothetisch - darauf hingewiesen, dass der Kläger, selbst dann, wenn er im August 1989 bereits nicht
mehr in der Lage gewesen wäre, als Anschweißer zu arbeiten, dennoch nicht berufsunfähig gewesen wäre. Er hätte
nämlich jedenfalls noch vollschichtig arbeiten können und hätte sich auf alle anderen Berufstätigkeiten des
allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen müssen, da er vor Erreichen des 60. Pflichtbeitrags aus der deutschen
gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschieden ist, somit keinen Berufsschutz in der deutschen gesetzlichen
Rentenversicherung hat erwerben können (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 28 mit weiteren Nachweisen zur
Rechtsprechung des BSG).
Der Kläger, der bis 09.06.1997 nicht berufsunfähig gewesen ist, ist erst recht nicht erwerbsunfähig im Sinn des § 44
Abs. 2 SGB VI gewesen, weil er die dort aufgeführten noch strengeren Voraussetzungen nicht erfüllt hat.
Seit 10.06.1997 ist der Kläger aufgrund seines Nierenleidens erwerbsunfähig, wie Dr.R ... überzeugend dargelegt hat.
Ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit besteht jedoch nicht, da der Kläger die hierfür
erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt und sie auch nicht mehr herstellen kann.
Nach den §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a.F. haben Versicherte (u.a.) nur dann Anspruch
auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung
drei Jahre Pflichtbeiträge haben. Diese Voraussetzung ist beim Kläger, der seit 10.06.1997 erwerbsunfähig ist,
offensichtlich nicht gegeben: der Fünf-Jahres-Zeitraum erstreckt sich vom 10.06.1992 bis zum 09.06.1997 (zur
Berechnung vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 13); die letzte Beitragsleistung des Klägers ist jedoch für Mai
1989 - also weit außerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums - erfolgt.
Der Fünf-Jahres-Zeitraum wird auch nicht durch Aufschubtatbestände im Sinn der §§ 43 Abs. 3, 44 Abs. 4 SGB VI
a.F. in die Vergangenheit hinein erweitert, so dass die im Zeitraum 01.08.1984 bis 15.05.1989 enthaltenen drei Jahre
Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt werden könnten.
Nach den §§ 43 Abs. 3, 44 Abs. 4 SGB VI a.F. verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung
der Erwerbsfähigkeit um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder
Tätigkeit belegt sind: (1) Anrechnungszeiten, (2) Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
(3) Berücksichtigungszeiten, (4) Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres. Solche
Zeiten liegen beim Kläger jedenfalls ab 01.01.1984 nicht vor.
Als einzige der in den §§ 58, 252 SGB VI aufgeführten Anrechnungszeiten (vgl. oben 1) kommt für den Kläger, bei
dem nichts darauf hindeutet, dass er nach seinem Ausscheiden aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung
jemals für einen längeren Zeitraum (länger als einen Monat) arbeitsunfähig krank gewesen sein könnte, ohnehin nur
die Zeit der Arbeitslosigkeit in Jugoslawien in Betracht. Diese ist jedoch keine Anrechnungszeit im Sinn des
deutschen Rentenrechts, da hierfür nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB
VI, die Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt erforderlich ist und sich aus dem deutsch-jugoslawischen
Sozialversicherungsabkommen nichts anderes ergibt (vgl. hierzu BSG-Urteil vom 03.11.1994 - 13 RJ 69/92 = SozR 3-
2000 § 1246 RVO Nr. 48 - S. 201 - ). Weitere Anrechnungszeiten liegen ab 01.01.1984 offensichtlich nicht vor.
Der Kläger hat auch vor dem 10.06.1997 keine Rente wegen ver- minderter Erwerbsfähigkeit bezogen (vgl. oben 2),
abgesehen davon, dass der Bezug einer jugoslawischen Rente nicht berücksichtigt werden könnte (vgl. BSG-Urteil
vom 23.03.1994 - 5 RJ 24/93 = SozR 3-2200 § 43 SGB VI Nr. 46; KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 135 mit
weiteren Nachweisen).
Eine Berücksichtigungszeit (vgl. oben 3), die die Erziehung eines Kindes voraussetzt, kann beim Kläger schon
deshalb nicht vorliegen, weil er sich seit 1975 wieder in Jugoslawien aufhält und somit das Kind, sofern es ein solches
überhaupt gibt, nicht wie aber erforderlich wäre - in Deutschland erzogen haben kann, vgl. §§ 57, 56 SGB VI.
Dass beim Kläger ab dem 01.01.1984 keine Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17.
Lebensjahres vorliegen (vgl. oben 4), ergibt sich schon daraus, dass der Kläger nach dem 04.08.1983 immer entweder
arbeitslos gemeldet oder versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist. Er selbst hat auch angegeben, keine
Fachausbildung zurückgelegt zu haben.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind auch nicht nach den §§ 43 Abs. 4, 44 Abs. 4 SGB VI in
Verbindung mit § 53 SGB VI erfüllt, weil es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass die Erwerbsunfähigkeit aufgrund eines
Tatbestandes eingetreten wäre, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (Arbeitsunfall oder
Berufskrankheit, Wehr- oder Zivildienstbeschädigung, Gewahrsam im Sinne des § 1 des Häftlingshilfegesetzes,
Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung).
Dem Kläger hilft auch nicht die Möglichkeit der §§ 240 Abs. 2, 241 Abs. 2 SGB VI a.F., da er die Zeit ab Januar 1984
nicht voll mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt hat und sie auch nicht mehr mit solchen Zeiten belegen kann. Von
den in den genannten Vorschriften aufgezählten Anwartschaftserhaltungszeiten kommen allenfalls Anrechnungszeiten
und Beitragszeiten in Betracht.
Wie bereits oben erörtert, liegt beim Kläger keine Anrechnungszeit in Gestalt der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit
vor, die vor dem 31.12.1983 begonnen und bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit angedauert hätte (vgl. hierzu BSG-
Urteil vom 22.04. 1992 - 5 RJ 74/91 = SozR 3-2200 § 1259 RVO Nr. 12).
Freiwillige Beiträge, die im vorliegenden Fall als weitere Anwartschaftserhaltungszeiten in Betracht kämen, hätten vor
dem 01.01.1992 jeweils bis zum 31.12. des Jahres, für das sie hätten gelten sollen, gezahlt werden müssen, vgl. §
1418 Abs. 1 RVO; seit 01.01.1992 hätten sie bis zum 31.03. des Folgejahres geleistet werden müssen, vgl. § 197
Abs. 2 SGB VI. Ein solche Beitragsleistung ist nicht erfolgt.
Die Frist für die Zahlung freiwilliger Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung ab 1984 ist nicht in
entsprechender Anwendung des § 203 BGB gehemmt gewesen, weil der Kläger nicht durch höhere Gewalt an der
Beitragszahlung gehindert worden ist. Die im früheren Jugoslawien geltenden devisenrechtlichen Beschränkungen, die
Überweisungen aus Jugoslawien nach Deutschland entgegenstanden, stellen keine höhere Gewalt im Sinn des § 203
BGB dar, da sich der Kläger mit dem Wunsch, die Rentenanwartschaft durch Zahlung freiwilliger Beiträge
aufrechtzuerhalten, an die Beklagte hätte wenden können und müssen, und die Beklagte dann eine Lösung des
Problems hätte finden können und müssen (vgl. hierzu insbesondere das BSG-Urteil vom 11.05.2000 - B 13 RJ 85/98
R).
Eine Zulassung des Klägers zur nachträglichen Beitragszahlung ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände
des Falles nach der Rechtsprechung des BSG nicht möglich (vgl. hierzu insbesondere das o.g. BSG-Urteil vom
11.05.2000).
So kommt eine nachträglichen Beitragszahlung im Wege des § 197 Abs. 3 SGB VI für die Zeit ab 1984 nicht in
Betracht, da der Ablauf der Beitragsentrichtungsfrist jeweils schon länger als ein Jahr zurückliegt und der Kläger an
der Einhaltung der bei § 197 Abs. 3 SGB VI analog geltenden Jahresfrist nicht durch höhere Gewalt gehindert worden
ist (vgl. das genannte BSG-Urteil vom 11.05.2000, Seite 15/16 des Umdrucks).
Die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen durch Zahlung freiwilliger Beiträge zur jugoslawischen
gesetzlichen Rentenversicherung ist schon allein deshalb nicht möglich, weil solche "hinzugekaufte Beiträge", wie
sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Pintaric ergibt, keinem bestimmten Zeitraum zugeordnet werden. Dies
wäre aber notwendig, da nach deutschem Recht ganz genau bestimmte Zeiten belegt werden müssen (vgl. auch o.g.
BSG-Urteil vom 11.05.2000, S. 17 des Umdrucks).
Eine Berechtigung des Klägers, freiwillige Beiträge für die nicht belegten Zeiten nachzuzahlen, kann auch nicht über
einen sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründet werden. Dessen Voraussetzungen können nicht
vorliegend, da vor dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom 09.09.1997 zwischen dem Kläger und der Beklagten nie ein
Kontakt bestanden hat.
Da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
schon seit September 1989 und erst recht beim Eintritt der Erwerbsunfähigkeit am 10.06.1997 nicht mehr vorgelegen
haben und auch nicht mehr herstellbar sind, der Kläger somit keinen Rentenanspruch hat, war die Berufung des
Klägers gegen das Urteil des SG Landshut vom 26.07.2000 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen,
liegen nicht vor.