Urteil des LSG Bayern vom 05.08.2004

LSG Bayern: berufliche tätigkeit, firma, zulage, technisches büro, bayern, arbeitsentgelt, erwerbsunfähigkeit, erwerbsfähigkeit, arbeitsmarkt, berufsunfähigkeit

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 05.08.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 11 RA 325/97
Bayerisches Landessozialgericht L 14 RA 241/01
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16. Oktober 2001 aufgehoben und
die Klage gegen den Bescheid vom 25. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August
1997 abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.07.1996, zu deren
Gewährung die Beklagte in erster Instanz verurteilt worden ist.
Der im Jahre 1967 geborene Kläger hat im Oktober 1989 die Meisterprüfung im Elektrohandwerk abgelegt und war ab
01.11. 1989 als Projektleiter bei einer Zweigstelle der Firma K. OHG tätig mit den Aufgaben Projektabwicklung,
Projektüberwachung vor Ort, Anleitung der Mitarbeiter und aktive Mitarbeit auf Baustellen. Diese vollschichtige
Beschäftigung übte er bis Dezember 1992 aus. Am 17.12.1992 erlitt er anlässlich eines Arbeitsunfalls eine (alsbald
ausgeheilte) Beckenringfraktur und am 31.01.1993 einen "privaten" Verkehrsunfall u.a. mit Radiusfraktur links und
Innenknöchelfraktur links. Auf Grund dessen bewilligte ihm die Beklagte wiederholt befristete Renten wegen
Erwerbsunfähigkeit, sodass er von Februar 1994 bis einschließlich Juni 1996 Rentenleistungen bezog.
Am 30.11.1995 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente. Zuerst vom Hausarzt des
Klägers, Dr.W. , erfuhr die Beklagte, dass eine Wiedereingliederung des Klägers in den alten Betrieb seit 1994 laufe,
anfänglich mit zwei bis drei Stunden, dann ca. ab Mitte des Jahres 1995 mit fünf Stunden, und dass ab Juli 1996
maximal sechs Stunden möglich seien; mit einem vollschichtigen Einsatz sei wegen der Sprunggelenksfraktur nicht
mehr zu rechnen, aber dem Kläger seien vollschichtig handschriftliche Arbeiten sowie Tätigkeiten an leichtgängigen
Tastaturen möglich. Der Arbeitgeber gab auf Anfrage mit Schreiben vom 25.04.1996 an, im Zuge der
Wiedereingliederung habe die tägliche Arbeitszeit ab Ende des Jahres 1995 wieder fünf Stunden betragen, eine
weitere Steigerung sei aus gesundheitlichen Gründen nicht zu erwarten. Der Kläger habe bis jetzt vom Betrieb keine
"Zuwendungen" (gemeint: Arbeitsentgelt) erhalten. Hinsichtlich des vom Arbeitnehmer gestellten Rentenantrags sei zu
bemerken, dass dieser bei ca. halbschichtiger Tätigkeit verletzungsbedingt nur 70 % Arbeitsleistung erbringe, so dass
die Firma gewillt sei, für die tatsächlich gearbeitete Zeit 70 % des anteiligen Gehalts zu bezahlen. Um eine
Weiterbeschäftigung des Klägers zu gewährleisten, müsste die Beklagte dem Versicherten 70 % des Gehalts, das er
bei vollschichtiger Tätigkeit bekäme, bezahlen. Zu diesem Sachverhalt wurde festgestellt, dass die
Wiedereingliederung bis zum 31.08. 1998 dauerte und bis zu diesem Zeitpunkt die Krankenkasse das volle
Krankengeld zahlte. Erst ab 01.09.1998 wurde der Kläger bei einer Arbeitszeit von 3,5 Stunden gegen entsprechendes
Entgelt wieder beschäftigt, und ein Lohnausgleich erfolgte über die A. Versicherung AG.
Die Beklagte beauftragte den Orthopäden Dr.S. mit einer Begutachtung auf Grund ambulanter Untersuchung. Dieser
diagnostizierte in seinem Gutachten vom 26.03.1996 vor allem einen Zustand nach Luxationsfraktur am linken
Sprunggelenk und im Bereich der Fußwurzelgelenke links mit deutlichen Arthroseveränderungen im Bereich des
Fußwurzelskeletts und einen Zustand nach distaler Radiusfraktur rechts mit Bewegungseinschränkung, in
Fehlstellung knöchern konsolidiert. Der Kläger könne als Elektromeister vollschichtig tätig sein, aber überwiegend
delegierend, planend und aufsichtsführend, ohne schweres Heben und Tragen, ohne permanente Belastung des
rechten Handgelenks und ohne permanentes Gehen und Stehen auf hartem Untergrund bzw. auf Leitern, Gerüsten
oder Treppen. Bei Tätigkeiten in der Hocke, im Knien oder in Zwangshaltung sei er deutlich als eingeschränkt zu
beurteilen.
Nach Einholung einer berufskundlichen Stellungnahme ihres Hauses lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem
Bescheid vom 25.09.1996 den Weitergewährungsantrag ab, weil Erwerbsunfähigkeit wegen der Fähigkeit des Klägers,
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein, nicht vorliege, und Berufsunfähigkeit deswegen nicht,
weil er eine kaufmännisch-technische Tätigkeit im Elektrogroßhandel ausüben könne.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.1997 zurückgewiesen wurde.
Im anschießenden Klageverfahren zog dieses ärztliche Unterlagen bei und ließ vom Allgemeinmediziner Dr.Z. das
Gutachten vom 22.10.1998 erstellen. Dieser diagnostizierte nach Untersuchung des Klägers in seinem relativ kurzen
Gutachten (acht Seiten) Funktionsstörungen des linken Sprunggelenks sowie Mittel- und Vorfußes bei Zustand nach
Verrenkungsbruch des linken Sprunggelenks und Abnützungserscheinung am gesamten Fußskelett, Funktionsstörung
des rechten Handgelenks bei in Fehlstellung verheiltem Speichenbruch, Wirbelsäulenbeschwerden bei Fehlhaltung der
Wirbelsäule und Zustand nach Beckenringfraktur.
Dr.Z. war der Meinung, auf Grund dessen könne der Kläger als Elektromeister und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
noch vollschichtig leichtere körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen, ohne schweres Heben und Tragen sowie
ohne Bücken und Zwangshaltungen und ohne volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand verrichten. Hierzu führte der
Sachverständige in der mündlichen Verhandlung am 22.10.1998 ergänzend aus, dass der Kläger nur etwa ein Drittel
der Arbeitszeit bei einer vollschichtigen Tätigkeit einen PC bedienen könne. Anmarschwege von 500 m seien
zumutbar.
Die Beklagte hielt den Kläger unter Hinweis auf ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen weiterhin
verweisbar auf den Beruf eines technischen Angestellten innerhalb des Elektrogroßhandels sowie in großen
Handwerks- und Installationsbetrieben als Nachkalkulator oder Abrechner für Großprojekte und anderes mehr. Auf
Anfrage teilte der Kläger mit, dass er seit dem 01.09.1998 bei seiner früheren Firma mit 3,5 Stunden täglich und 45 %
seines früheren Gehalts teilzeitbeschäftigt sei. Der Arbeitgeber teilte dem Sozialgericht u.a. mit, es handle sich um
eine wechselnde, teilweise stehende/gehende, teilweise sitzende Tätigkeit, deren zeitliche Erweiterung auf Grund der
Erkrankung des Klägers nicht möglich sei. Das Gericht holte die berufskundliche Stellungnahme des
Landesarbeitsamts Bayern vom 04.02.2000 ein, nach dessen Inhalt die von der Beklagten genannten
Verweisungstätigkeiten sowie sonstige qualifizierten Tätigkeiten auf angelernter Ebene und verschiedene
Anlerntätigkeiten nicht mehr in Frage kämen. Zur Begründung der fehlenden Erwerbsunfähigkeit legte der Kläger noch
das orthopädische Gutachten von Prof.Dr.Z./Dr.D. vom 06.09.1999 vor. Hierin wurde die Arbeitsbehinderung des
Verletzten durch die Unfallfolgen mit 50 v.H. eingestuft und die durch alle Gesundheitsstörungen mit 60 v.H., und
zwar seit dem 01.07.1996 auf Dauer; in seinem Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger nur
mehr unter halbschichtig leichte Arbeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen verrichten. Zur medizinischen
und berufskundlichen Seite der Angelegenheit haben sich die Beklagte mehrfach und das Landesarbeitsamt noch
zweimal geäußert.
Mit Urteil vom 16.10.2001 hob das Sozialgericht den Bescheid vom 25.09.1996 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12.08.1997 auf und verurteilte antragsgemäß die Beklagte, dem Kläger Rente wegen
Berufsunfähigkeit über Juni 1996 hinaus zu zahlen. Hierbei legte es das Ergebnis des Gutachtens des Dr. Z. zu
Grunde und ging von einer Fähigkeit des Klägers für vollschichtige leichte Arbeiten aus. Das Gericht hielt den Kläger
auf Grund der Stellungnahmen des Landesarbeitsamts Bayern nicht für fähig, den bisherigen Beruf oder zumutbare
Verweisungstätigkeiten vollschichtig auszuüben. Die Tätigkeit beim bisherigen Arbeitgeber stehe einer
Berufsunfähigkeitsrente nicht entgegen. Laut der Stellungnahme des Arbeitgebers habe der Kläger dort bei einem
Maximum von fünfstündiger Arbeitszeit verletzungsbedingt nur 70 % der Arbeitsleistung (bezogen auf fünf Stunden)
erbracht; deshalb seien auch nur 70 % des anteiligen Gehalts bezahlt worden, also bezogen auf einen Acht-Stunden-
Arbeitstag weniger als die Hälfte.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung bringt die Beklagte u.a. vor, der Kläger arbeite zwar 3,5 Stunden täglich auf einem
für ihn geeigneten Arbeitsplatz, er verdiene aber mit dem anteiligen Entgelt hierfür sowie einer außertariflichen Zulage
mehr als die Lohnhälfte. Im Übrigen seien nach dem Leistungsvermögen durchaus vier Stunden zumutbar. Im
Elektrohandwerk betrage die wöchentliche Regelarbeitszeit 37 Stunden, damit 7,4 Stunden täglich. Die Hälfte hiervon
entspreche 3 Stunden 40 Minuten. Warum das Leistungsvermögen nicht für weitere 20 Minuten ausreiche, sei nicht
nachvollziehbar. Der Kläger verfüge über einen geeigneten Arbeitsplatz, der ihm nicht nur vergönnungsweise zur
Verfügung stehe. Im Übrigen könne er vollschichtig zumutbare Verweisungstätigkeiten ausüben.
Der Kläger bringt vor, er könne die ehemalige Tätigkeit als Projektleiter mit Betreuung von Baustellen in Bayern, in der
gesamten Bundesrepublik und im Ausland nicht mehr ausüben. Auf dem jetzigen Arbeitsplatz, der nur
vergönnungsweise bestehe, sei er unter halbschichtig einsetzbar, wie sich aus dem Gutachten des Dr.D./Prof.Dr.Z.
vom 06.09.1999 für die A. Versicherung AG ergebe. Im Übrigen seien übertarifliche Zuschläge für die Lohngruppe VII
(Projektleiter, Meister usw.) üblich, wie ein Telefax des Arbeitgebers vom 27.03. 2002 beweise. Bei anteiligem Entgelt
und anteiliger Zulage entsprechend der Tätigkeit des Klägers von 3,5 Stunden täglich erreiche er nicht die gesetzliche
Lohnhälfte. Nach Ansicht des Sozialgerichts und des Landesarbeitsamts Bayern kämen zumutbare
Verweisungstätigkeiten für den Kläger nicht mehr in Frage.
Die Firma K. teilte auf Anfragen mit Schreiben vom 13.03., 07.05. und 03.06.2002 mit, der Kläger sei als
Bauleiter/Projektleiter 17,5 Stunden wöchentlich bei einem Entgelt von 1.300,00 Euro brutto (gemeint 1.306,00 Euro
anteiliges Entgelt und anteilige Zulage entsprechend der Arbeitszeit) beschäftigt. Längere Gehstrecken und aktive
Mitarbeit seien ihm nicht mehr möglich, die Baustellenüberwachung nicht mehr in vollem Umfang. Auf Grund der
"Erkrankung" betrage die maximale Arbeitsbelastung 3,5 Stunden. Eine Beschäftigung des Klägers bei 4 Stunden
wäre möglich, wenn der Gesundheitszustand des Klägers dies zulassen würde.
Der Senat hat die Versichertenakte der Beklagten, die Streitakte des Sozialgerichts Landshut und die
Schwerbehindertenakte des AVF Landshut beigezogen, weiterhin Befundberichte des Hausarztes Dr.W. und des
Orthopäden Dr.H. einschließlich der dort vorliegenden zahlreichen ärztlichen Unterlagen eingeholt; beigezogen worden
sind ferner 68 Röntgenfilme, die Lohnunterlagen des Klägers sowie die Anstellungsverträge. Aus letzteren ergibt sich,
dass der Kläger ab 01.09.1998 in Teilzeit "neu angestellt" worden ist; die Entlohnung erfolgte entsprechend der auf 3,5
Stunden reduzierten Arbeitszeit anteilig nach der Tarifgruppe T VII/12 des Bayerischen Elektrohandwerks zuzüglich
einer freiwillig geleisteten, jederzeit widerruflichen übertariflichen (anteiligen) Zulage, z.B. im Jahre 1998 Tarifgehalt
von 2.080,00 DM zuzüglich einer Zulage von 260,00 DM, damit ein Entgelt in Höhe von 2.340,00 DM. Sein
Aufgabengebiet wurde umschrieben mit Hereinnahme und Abwicklung insbesondere von Kleinaufträgen, Akquisition
von Kommunikationssystemen und Datennetzen, auftragsorientierte Spezialberatung im Lager und Verkauf bei
Anforderung, Projektierungen für elektrische Anlagen, Aufmaßerstellung, Angebots- und Nachtragsangebotserstellung,
Mithilfe bei der Abrechnung der durch ihn beaufsichtigten und abgewickelten Arbeiten, Mithilfe bei Kalkulation,
Kostenangeboten und Leistungsverzeichnissen, Anleitung und Beaufsichtigung des ihm zugeteilten Personals sowie
Auftragsabwicklung mit allen dazugehörigen und im Zusammenhang stehenden erforderlichen Aufgaben.
Zur Abklärung des medizinischen Sachverhalts wurde ein Gutachten des Orthopäden Dr.F. vom 12.09.2002 eingeholt.
Der Sachverständige diagnostizierte eine Verformung des rechten Handgelenkes nach Speichentrümmerbruch mit
Gelenkbeteiligung, einen folgenlos verheilten Seitenbandausriss am Mittelgelenk des vierten Fingers links, eine
geringe Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule nach abgelaufener Verzerrung und knöchern verheilte Frakturen
des rechten Wadenbeines und des linken Innenknöchels, eine Funktionsbehinderung des linken oberen
Sprunggelenkes nach Frakturen des Calcaneus, Naviculare, Cuboid sowie Basisfrakturen der Metatarsalia links. Nicht
mehr zumutbar seien dem Kläger schwere Arbeiten, weiterhin überwiegendes Gehen und Stehen, wohingegen die
Fähigkeit zum Sitzen nicht beeinträchtigt sei. Vermieden werden müssten Treppensteigen und Arbeiten auf Leitern
und Gerüsten. Zu Fuß könne der Kläger - er benutze orthopädische Schuhe - viermal eine Wegstrecke von mehr als
500 Meter bei zumutbarem Zeitaufwand zurücklegen. Entscheidend für die Beurteilung des zeitlichen
Leistungsvermögens sei, wie viele Stunden der Kläger pro Tag als Projektleiter an Baustellen aufsichtsführend zu
verbringen habe, also gehend und stehend bzw. auf Leitern, Treppen oder Gerüsten; eben um diesen Zeitabschnitt sei
die quantitative Einsatzfähigkeit beeinträchtigt. Sollte er auf dem Baustellen nur jeweils kurze Zeit zubringen müssen,
ohne Leitern und Gerüste zu besteigen, so wäre das noch acht Stunden täglich möglich. Müsste er sich längere Zeit
aufsichtsführend auf Baustellen aufhalten, so würden sich dementsprechend stärkere zeitliche Einschränkungen
begründen lassen. Auf jeden Fall sollte der Kläger auch bei häufigeren Baustellenbesuchen in der Lage sein,
mindestens vier Stunden, aber weniger als sechs Stunden zu arbeiten.
Der Kläger wendet sich hiergegen und beantragt ein Gutachten auf orthopädischem Gebiet gemäß § 109
Sozialgerichtsgesetz (SGG), das Dr.D. nach Bestellung als Sachverständiger durch das Gericht unter dem
04.07.2003 erstellte. Der Sachverständige kam im Wesentlichen zu den gleichen Befunden und Diagnosen wie Dr.F. ,
wobei er letztere allerdings noch ausführlicher in Einzelheiten auflistete. Er meinte, die Tätigkeiten eines
Projektleiters, bezogen auf Büroarbeiten, seien dem Kläger zumutbar, nicht jedoch Baustellenbesuch, das Gehen auf
unebenem Gelände, das Steigen von Treppen und Leitern, Hocken und Bücken und vieles mehr, was zur Einrichtung,
Betreuung und Überwachung der Baustellen erforderlich sei, ebenso wenig zusätzliche aktive Mitarbeit. Ähnlich sei
der Kläger in Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts behindert. Nicht mehr zumutbar seien ihm schwere und
mittelschwere Arbeiten, Arbeiten ausschließlich im Gehen oder im Stehen oder im Sitzen (am günstigsten wären 60 %
Sitzen, 20 % Gehen und 20 % Stehen), Heben und Tragen von Lasten, Bücken, häufiges Treppensteigen, Arbeiten
auf Leitern und Gerüsten und - wegen des Wechselrhythmus - Arbeiten an Maschinen, am Fließband sowie
ausschließliches Arbeiten am PC. Die Arbeit am PC sollte 60 % der Arbeitszeit nicht überschreiten. Der Kläger könne
zu Fuß viermal täglich etwa 300 Meter in zumutbarem Zeitaufwand zurücklegen. Seine beruflichen Tätigkeiten könne
er unter den beschriebenen Einschränkungen noch unter halbschichtig, d.h. drei bis maximal vier Stunden täglich
verrichten.
Im Termin zur Beweisaufnahme vom 19.02.2004 wurden der Kläger sowie als Zeuge M. B. , technischer
Geschäftsführer der Firma K. , zum Arbeitsplatz des Klägers befragt. Der Kläger gab an, er sei in der Filiale Regen
(technisches Büro) der Firma K. mit Hauptniederlassung in C. beschäftigt; im Büro seien neben ihm noch eine
Schreibkraft und ein Projektleiter tätig; dem Büro sei u.a. der Einsatz und die Überwachung von sieben bis acht
Monteuren zugeordnet. Seine Tätigkeit würde er am ehesten als Projektleiter für Kleinbaustellen bezeichnen. Vom
Handels-Elektro-Markt der Firma K. im gleichen Gebäude in Regen werde er nur zu beratenden Tätigkeiten
herangezogen, sofern die Verkäufer nicht über hinreichend Fachwissen verfügten. Primär befasst sei er aber im
Bereich Elektroinstallationen mit Umbauten und Renovierungen kleinerer Art, z.B. Arztpraxen und kleinere Geschäfte;
hierbei handle es sich nicht um "Baustellen", diese betreue der weitere Projektleiter. Er sei zu ca. 50 % seiner
Arbeitszeit im Büro tätig und zu 50 % unterwegs im Umkreis von ca. 25 Kilometer. Die Monteure würden vorwiegend
vom Projektleiter und nur teilweise von ihm angeleitet und kontrolliert. Hin und wieder schaue er an der Montagestelle
vorbei, körperlich arbeite er nicht mit. Sein Besuch beschränke sich auf leicht zugängliche Montagestellen, die
übrigen betreue der Projektleiter. In der Regel sei er nicht länger als eine halbe bis eine Stunde auf einer
Montagestelle tätig.
Der technische Geschäftsführer der Firma K. bestätigte im Wesentlichen die Angaben des Klägers, wobei er aber die
Tätigkeit im Büro mit etwa zwei Drittel der Arbeitszeit und außerhalb mit einem Drittel einschätzte. Der Kläger arbeite
teilweise dem jetzigen Projektleiter zu und sei im Übrigen beschäftigt, kleinere Aufträge wahrzunehmen und
abzuwickeln. Die in § 5 des Arbeitsvertrags genannten Aufgabengebiete seien richtig, wobei anzufügen sei, dass es
sich nur um kleinere Projekte handele. Auf eigentlichen Baustellen sei der Kläger nicht tätig. Er müsse also nicht auf
Leitern und Gerüsten arbeiten oder diese begehen. Für eine Vollzeittätigkeit halte er den Kläger nicht geeignet, weil
jener nicht genügend belastbar sei. Damit meine er, dass der Kläger im Vergleich zu der Zeit vor dem Unfall über
weniger Durchsetzungsvermögen als früher verfüge, leichter erschöpfbar sei und schlechtere Ergebnisse bei der
Abwicklung der Projekte erziele. So erscheine er jetzt viel zu weich und verfüge nicht mehr über hinreichend
Durchsetzungsvermögen gegenüber den Monteuren und bei Verhandlungen mit Kunden.
Die Beklagte beantragt, das Urteil vom 16.10.2001 aufzuheben und die Klage gegen die streitgegenständlichen
Bescheide abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Streitakten beider Rechtszüge sowie die oben genannten beigezogenen
Unterlagen vor. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten und des
Inhalts der ärztlichen Unterlagen, wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten (§§ 143 f., 151 SGG) ist zulässig und in der Hauptsache
begründet.
Der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass beim Kläger jedenfalls ein halbschichtiges Erwerbsvermögen (vier
Stunden täglich) seit dem 01.07.1996 vorliegt und er einen seinem Restleistungsvermögen entsprechenden
Teilzeitarbeitsplatz innehat, sodass er die gesetzliche Lohnhälfte verdienen kann und auch verdient. Berufsunfähig ist
nach Maßgabe des in den Jahren ab 1996 geltenden und trotz der ab 01.01.2001 erfolgten Gesetzes- änderung
weiterhin anzuwendenden § 43 Abs.2 Sozialgesetzbuch Teil VI (SGB VI) i.V.m. § 302a Abs.3 SGB VI der
Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von
körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und
Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen
ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der
Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer
bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
1. Aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme folgert der Senat, dass dem Kläger die ab Januar 1996 ausgeübte
Teilzeittätigkeit im Rahmen von vier Stunden täglich zumutbar ist. Hierbei hat er sich vor allem auf die von Dr.F. und
Dr.D. erhobenen Befunde und festgestellten Gesundheitsstörungen gestützt. Danach liegt beim Kläger eine
weitestgehende Versteifung des linken Fußes und des unteren Sprunggelenks bei Zustand nach mehrfachen
Fußwurzelfrakturen und zunehmendem Verschleiß an den noch beweglichen Gelenken der Fußwurzel und mit
leichterer Muskelatrophie am linken Bein vor; wenig bedeutsam sind leichte Veränderungen der Wirbelsäule mit
teilweise nicht feststellbaren Bewegungseinschränkungen, eine beginnende mediale Gonarthrose beidseits und eine
mehr endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks bei glattem intraartikulären Bewegungsablauf
und Erhalt der peripheren Motorik, der Sensibilität und der Durchblutung. Durch die Folgen der Sprunggelenksfraktur
ist der Kläger wesentlich in seinem Erwerbsvermögen beeinträchtigt, nicht jedoch hinsichtlich des rechten
Handgelenks, das nur schwere körperliche Arbeiten verbietet und auch Arbeiten am PC für zwei bis drei Stunden
täglich ohne weiteres zulässt. Hinsichtlich des Handgelenks ist eine wesentliche Schonung und Entlastung nicht
glaubhaft, weil der rechte Arm des Klägers muskelstärker als der linke entwickelt ist und beide Hände noch
mäßiggradig beschwielt sind.
Der Vortrag des Klägers von seiner fehlenden Belastungsfähigkeit in Hinblick auf alle Gesundheitsstörungen erschien
nicht in vollem Umfange glaubhaft. Bereits Dr.F. hatte in seinem Gutachten auf eine mangelnde Mitarbeit bei der
Untersuchung hingewiesen. Dr.D. hatte in seinem - hinsichtlich der Befunderhebung ausgezeichneten - Gutachten
gesondert angeführt, dass die vom Kläger behaupteten verkrampfungsähnlichen Beschwerden bei längerer leichter
Betätigung der rechten Hand, die Stärke der Kraftminderung am rechten Schultergelenk und am rechten Handgelenk,
die Schmerzen und die Funktionseinschränkung an der Halswirbelsäule, die strumpfförmige Sensibilitätsminderung
am linken Fuß und Unterschenkel und die geklagten brennenden Beschwerden hinter dem Innenknöchel beim
Radfahren nicht objektivierbar seien, d.h. nicht mit den organischen Befunden vereinbar und hieraus abzuleiten seien.
Nach Meinung des Senats können die vom Kläger umfassend angegebenen Beschwerden in den ersten Jahren nach
seinem Unfall durchaus glaubhaft sein, haben sich aber zurückgebildet. Es ist nichts Außergewöhnliches, wenn
Versicherte - ohne zu simulieren - bei Untersuchungen alle ehemaligen und jetzigen Beschwerden angeben und ihr
Beschwerdebild möglichst gravierend darzustellen versuchen, um ein für sie günstiges Ergebnis zu erreichen. Die
fehlende Objektivierbarkeit geht aber jedenfalls zu Lasten des behaupteten Rentenanspruchs.
Der Kläger kann seine seit Januar 1996 ausgeübte Tätigkeit, die nur leichte körperliche Belastungen mit sich bringt,
mindestens vier Stunden ausüben, ebenso halbschichtig, wenn berücksichtigt wird, dass die tarifliche Arbeitszeit - wie
die Beklagte vorgetragen und der Arbeitgeber bestätigt hat - 37 Stunden pro Woche beträgt, damit 3 Stunden und 42
Minuten täglich; die Beschränkung auf 3,5 Stunden täglich (3 Stunden und 30 Minuten) ist aus medizinischen
Gründen nicht nachvollziehbar. Einen Grund für die Beschränkung der Arbeitszeit des Klägers auf 3,5 Stunden
täglich, nachdem er bereits mindestens 5 Stunden täglich beschäftigt gewesen war, konnte weder von diesem noch
vom Arbeitgeber im Termin zur Beweisaufnahme am 19.02.2004 angegeben werden. Hinsichtlich der Einschränkung
des zeitlichen Leistungsvermögens schloss sich der Senat der schlüssig begründeten Ansicht des Dr.F. an und
konnte der Anfassung des Dr.D. in dessen Gutachten vom 04.07.2003 nicht folgen. Auffällig ist, dass sich Dr.D. in
dem für die A. Versicherung AG erstellten Gutachten vom 06.09.1999 bereits in unzutreffender Weise festgelegt
hatte. In diesem Gutachten wurde die "berufliche Beeinträchtigung" des Klägers durch die Unfallfolgen ab 1996 mit 50
% und infolge aller Gesundheitsstörungen (einschließlich der Wirbelsäule) mit 60 % festgestellt; aus diesen "MdE-
Werten" im Sinne des privaten Versicherungsrechts wurde nun der für die gesetzliche Rentenversicherung
unzulässige Schluss gezogen, der Kläger sei in seiner Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mehr
unter halbschichtig einsetzbar. Die offenbar angenommene Abhängigkeit von "MdE-Werten" und Erwerbsunfähigkeit in
der gesetzlichen Rentenversicherung existiert jedoch nicht. Offenbar deshalb hatte Dr.D. in seinem Gutachten vom
04.07.2003 die Fähigkeit des Klägers zu unter halbschichtigen Tätigkeiten (drei bis maximal vier Stunden täglich) auf
die "berufliche Tätigkeit" des Klägers bezogen (Bl.31 des Gutachtens), wobei allerdings unklar bleibt, was mit der
Schlussfolgerung auf Seite 30 des Gutachtens gemeint ist, wenn hier ausgeführt wird, dass der Kläger bei Tätigkeiten
des allgemeinen Arbeitsmarkts in ähnlicher Weise in seiner Erwerbsfähigkeit wie in der Tätigkeit eines Projektleiters
behindert sei. Die Feststellungen des Dr.D. erscheinen auf Grund der eingeholten Gutachten nicht glaubhaft; es ist
schlechthin nicht nachvollziehbar, dass der Kläger bei geeigneten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht
mehr vollschichtig einsetzbar sei, wenn eine Schonung der rechten Hand vor groben Beanspruchungen und mehr als
zwei bis drei Stunden dauernder PC-Arbeit und des Sprunggelenks vor allzu großer Beanspruchung im Gehen und
Stehen sowie durch Bücken und Hocken erfolgt. Dr.D. hat die weitgehenden qualitativen und quantitativen
Einschränkungen, die er in beiden Gutachten erwähnt hat, nicht begründet. Seine Ansicht wird auch nicht durch die
von ihm erhobenen Befunde und das Ausmaß der Bewegungsstörungen gestützt. Schon deshalb ist auch der
Schluss, dass der Kläger seine (jetzige ?) berufliche Tätigkeit weniger als vier Stunden ausüben könne, zweifelhaft.
Im Übrigen war zu berücksichtigen, dass Dr.D. von beruflichen Anforderungen eines Projektleiters halbtags ausging,
die nach Inhalt der Arbeitsverträge sowie nach den Angaben des Klägers im Beweisaufnahmetermin und der Aussage
des Zeugen so nicht zutreffen. Auch die Einschränkung der Gehleistung des Klägers auf viermal 300 Meter für den
Weg von und zur Arbeitsstätte erschien dem Senat nicht nachvollziehbar und wurde im Übrigen von Dr.D. nicht
begründet. Es besteht hier offenbar auch ein Widerspruch zu den sonstigen Auswertungen des Sachverständigen. So
sollen dem Kläger zu 20 % einer Arbeitszeit von ca. 3,5 Stunden täglich Gehen (und weitere 20 % im Stehen)
zumutbar sein. Damit hat Dr.D. das Gehvermögen auf etwa 42 Minuten täglich, bezogen auf eine Arbeitszeit von 210
Minuten, eingeschätzt, ebenso die Fähigkeit zum Stehen, die ja auch das Sprunggelenk des Klägers belastet. Eine
Wegstrecke von etwas über 500 Meter (mit zumutbaren Hilfen wie orthopädische Schuhe, die der Kläger benutzt) und
auch mit kurzen Ruhepausen ist jedoch in einer Zeit bis ca. 18 Minuten leicht zurückzulegen. Warum eine solche
Belastung viermal pro Arbeitstag, bezogen auf eine vollschichtige Tätigkeit und damit verteilt über den ganzen Tag,
und zweimal pro Arbeitstag bei Teilzeitbeschäftigung nicht zumutbar sein sollte, entzieht sich einer überzeugenden
Begründung. Die Frage der Gehfähigkeit, die primär Bedeutung für eine (hier nicht streitige) Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit hat, ist vorliegend nicht maßgebend und ausschlaggebend. Der Kläger benutzt zu Wegen zur und
von der Arbeitsstätte einen PKW, und insoweit hatte Dr.D. eine Fahrtleistung bis zu 30 Kilometer für zumutbar
gehalten. Bei der Ausübung des Berufs besteht nach Angaben des Klägers eine Geh- und Stehbelastung von einer
halben Stunde täglich, maximal aber von einer Stunde in günstigem Gelände, liegt also auch unterhalb der von Dr.D.
für zumutbar gehaltenen Zeit von insgesamt 84 Minuten für Gehen und Stehen.
Angesichts der medizinischen Befunde ist die laienhafte, im Rentenverfahren und auch im Rechtsstreit geäußerte
Ansicht des Arbeitgebers, der Kläger könne wegen seiner "Krankheit" allenfalls 3,5 Stunden eingesetzt werden, ohne
Bedeutung. Sie erscheint vielmehr zweckgerichtet die Ziele des Klägers zu verfolgen und - in der Vergangenheit -
auch den eigenen Nutzen, im Rahmen der Wiedereingliederung des Klägers nach dem Hamburger Modell nach
Möglichkeit neben dem Krankengeld keine Leistungen als Arbeitgeber zu zahlen. Die Angaben des Arbeitgebers, die
offensichtlich vom Lohnbüro stammen, wurden in dem Umfang auch nicht mehr von dem als Zeugen einvernommenen
Geschäftsführer aufrechterhalten. Eine plausible Begründung, warum die Arbeitszeit von fünf oder vier Stunden oder
von einer halbschichtigen Tätigkeit (im Elektrohandwerk drei Stunden 42 Minuten) auf dreieinhalb Stunden (drei
Stunden 30 Minuten) eingeschränkt worden sei, konnte nicht gegeben werden; ebenso behauptete der Kläger, den
Grund hierfür nicht zu wissen. Die angebliche Behinderung wegen "Krankheit" hat der Zeuge - dezent formuliert -
dahingehend umschrieben, dass es sich wohl nicht um die Folgen eines Unfalls handle, sondern dass der Kläger
persönliche Eigenschaften, über die er vor seinem Unfall verfügt habe, nicht mehr hinreichend einsetze, nämlich eine
in dem Gewerbe erforderliche gewisse Härte gegenüber Untergebenen und Geschicktheit und
Durchsetzungsvermögen beim Umgang mit Kunden. Insoweit sind aber Gesundheitsstörungen, d.h. krankheitswertige
Befunde, die den Kläger in der Ausübung seiner Erwerbstätigkeit behindern könnten, weder festgestellt worden noch
irgendwie ersichtlich; bei einer Teilzeittätigkeit, deren Anforderungen der Kläger trotz seiner Unfallfolgen gewachsen
ist, erscheint es auch zumutbar, den persönlichen Einsatz nach wie vor zu erbringen.
Der Kläger verfügt über einen geeigneten Arbeitsplatz, wobei anzufügen bleibt, dass der Arbeitgeber bestätigt hat,
dass die Tätigkeit von 3,5 Stunden auch auf 4 Stunden erweiterbar sei. Eine (bei der Frage der Berufsunfähigkeit nicht
zu berücksichtigende) vergönnungsweise Tätigkeit ist dem Senat nicht ersichtlich, weil der Kläger auf einem ihm
angepassten Arbeitsplatz auf Grund eines den betriebsüblichen Arbeitsbedingungen entsprechenden
Beschäftigungsverhältnisses eine Arbeit leistet, mit der er ein mehr als geringfügiges Arbeitsentgelt erzielt (BSG vom
29.09.1980 - 4 RJ 121/79 in SozR 2200 § 1247 Nr.30). Mit der ausgeübten Tätigkeit schöpft der Kläger seine
qualitative Leistungsfähigkeit nicht in vollem Umfang aus und erbringt insoweit eine seinem Leistungsvermögen
entsprechende Arbeit von wirtschaftlichem Wert. Er hat ein eigenes Aufgabenfeld, erledigt Aufträge und
Bearbeitungsvorgänge in eigener Zuständigkeit. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber auf den Kläger besondere
Rücksicht nimmt und bezüglich des erforderlichen Einzelplatzes organisatorischen Aufwand hat und teilweise
Arbeitsbereiche auf andere Mitarbeiter verlagert, führt ebenfalls nicht zur Annahme eines vergönnungsweise
gewährten Arbeitsplatzes, weil die auf dem angepassten Arbeitsplatz erbrachten Leistungen vollwertig sind und das
entsprechende Gehalt rechtfertigen. Wenn der Arbeitgeber nunmehr mit den Arbeitsleistungen des Klägers nicht
zufrieden ist, und zwar aus Gründen, die mit seinen Gesundheitsstörungen nichts zu tun haben, so kann er auf den
Arbeitnehmer einwirken; derartige Probleme sind auch bei anderen Arbeitsverhältnissen bekannt. Die schlechte
Leistung oder der fehlende volle Arbeitseinsatz beruht nicht auf gesundheitsbedingten Gründen und vermag eine
"Kulanz" des Arbeitgebers in Hinblick auf einen vergönnungsweisen Arbeitsplatz nicht zu begründen.
Müßig ist letzten Endes ein Streit darüber, ob der Kläger halbschichtig (vier Stunden bzw. drei Stunden 42 Minuten im
Elektrohandwerk) oder 3,5 Stunden (drei Stunden 30 Minuten) die von ihm ausgeübte Tätigkeit verrichten kann.
Insoweit stellt § 43 SGB VI nämlich nicht auf eine halbschichtige Tätigkeit ab, sondern darauf, ob der Kläger -
gegebenenfalls bei Teilzeitarbeit - noch die Lohnhälfte durch Erwerbstätigkeit erzielen könne (Hälfte desjenigen, was
von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen
und Fähigkeiten erzielt wird). Der Kläger hat aber etwas mehr als die Lohnhälfte als Arbeitsentgelt erhalten. Nach
Auskunft des Arbeitgebers war er in die Gehaltsgruppe VII des Gehalttarifvertrags für das Elektrohandwerk in Bayern
eingestuft, d.h. in die Gehaltsgruppe T VII Altersgruppe 12. Die Bezahlung entspricht einem Meister mit der
Voraussetzung der Eintragung in die Handwerksrolle. Gemäß Definition der Gehaltsgruppe im einschlägigen
Gehaltstarifvertrag handelt es sich um Tätigkeiten schwieriger Art, die im Rahmen allgemeiner Anweisungen
selbstständig ausgeführt werden und eigenverantwortliche Entscheidungen erfordern. Ein Elektromeister erhielt laut
Tarifvertrag im Jahre 1996 (siebtes und achtes Berufsjahr) 3.257,00 DM und im Jahre 2000 (mehr als zehn
Berufsjahre) 4.917,00 DM. Der Kläger hat jedoch entsprechend seiner Teilzeittätigkeit ein anteiliges tarifliches Gehalt
und eine anteilige Zulage bekommen, und das Gesamtentgelt übersteigt dadurch stets die Hälfte des tariflichen
Entgelts. (z.B. Gehalt des Klägers im Jahre 2000: 2.609,00 DM, damit mehr als die Hälfte von 4.917,00 DM). Die
Tatsache, dass der Kläger stets mindestens die Lohnhälfte erzielt hat, ergibt sich nicht nur aus den Angaben des
Arbeitgebers, sondern auch und insbesondere aus seinen Lohnunterlagen und Arbeitsverträgen.
Mit dem Argument, die außertarifliche Zulage sei "einzubeziehen", also sowohl bei der Berechnung des vollen
Entgelts für einen vollschichtig tätigen Elektromeister als auch bei der Lohnhälfte zu berücksichtigen, kann der Kläger
nicht gehört werden. Hier hilft auch die Bestätigung des Arbeitgebers vom 27.03.2002 nicht weiter, dass übertarifliche
Zuschläge für die Tarifgruppe VII üblich seien, da die hiervon erfassten Personen, z.B. Projektleiter und Meister,
einen verantwortungsvollen Tätigkeitsbereich übernehmen würden. Maßgeblich zur Lösung der Streitfrage ist aber der
Tarifvertrag. Nach diesem ist die Gehaltsgruppe T VII bereits für verantwortungsvolle Posten vorgesehen, nicht
dagegen eine regelmäßig zu zahlende Zulage. Damit muss diese bei dem Vergleich zu einem anderen Versicherten
bei der Prüfung der gesetzlichen Lohnhälfte außer Betracht bleiben. Maßgebend ist der Vergleich mit der
Berufsgruppe oder der Tarifgruppe, zu der der Versicherte mit seinem Hauptberuf zurechnen ist, und damit
grundsätzlich nur der Tariflohn. Prämien, außertarifliche Zulagen und Provisionen gehören nur dann zum
vergleichbaren Entgelt, wenn sie so allgemein üblich sind, dass sie praktischer Bestandteil des Arbeitseinkommens
aller vergleichbaren Versicherten sind, d.h. wenn hierauf jeder Anspruch hat, der unter normalen Verhältnissen eine
normale Arbeitsleistung erbringt. Dies konnte der Senat nicht feststellen. Da die verantwortungsvolle Tätigkeit bereits
mit- Kläger bezogene Zu- lage auf freiwilliger Basis gezahlt und stets widerruflicher Art gewesen ist, kann sie allenfalls
auf (ehemals) überdurchschnittliche Arbeitsleistung des Versicherten oder besondere Umstände im Bereich der Firma
K. zurückzuführen sein und muss unberücksichtigt bleiben (BSG vom 27.03.1984 - 5a RKn 6/83 in SozR 2200 § 1246
Nr.118).
Unzutreffend zum Arbeitentgelt des Klägers sind die Ausführungen des Sozialgerichts, das - nebenbei gesagt - auch
das Ergebnis des Gutachtens des Dr.S. im Tatbestand des Urteils unrichtig wiedergegeben hat. Es ist in seinem
Urteil auf Grund einer nicht näher benannten Stellungnahme des Arbeitgebers davon ausgegangen, dass jener dem
Kläger tatsächlich nur 70 % des Entgelts für eine Teilzeittätigkeit von 3,5 Stunden bezahlt, also demnach weniger als
die Hälfte, wie sie für eine halbschichtige Tätigkeit vorgesehen ist. Diese Annahme stimmt jedoch nicht mit den
Tatsachen überein, wie sie laut den Lohnunterlagen des Klägers und den Arbeitsverträgen festzustellen sind, und
steht auch in Widerspruch mit der im Klageverfahren erteilten Auskunft der Firma K. vom 11.01.1999, dass die
Entlohnung im Jahre 1998 bei 3,5 Stunden täglicher Arbeit auf 45 % des früheren Gehalts (gemeint: Tarifgrup- pe VII
zuzüglich einer Zulage) festgesetzt worden sei und daher 2.340,00 DM betrage. Das tatsächliche Einkommen des
Klägers entspricht jedoch nicht dem vom Sozialgericht gemeinten Schreiben des Arbeitgebers an die Beklagte vom
25.04.1996, in dem lediglich der Wille bekundet wurde, dem Kläger (künftig) bei halbschichtiger Tätigkeit nur 30 % des
Gehalts eines vollschichtig Beschäftigten zu leisten, und der Lohnausgleich müsse zu 70 % von der Beklagten
erfolgen. Mit diesem Schreiben hatte der Arbeitgeber offenbar seine eigenen Interessen sowie die des Versicherten
verfolgt, kein anteiliges Arbeitsentgelt im Rahmen der Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell zu zahlen
und dem Kläger dennoch zu einem Ersatz für den ausgefallenen Lohn zu verhelfen. Verkannt wurde hierbei vom
Arbeitgeber, dass die Beklagte für einen Lohnausgleich gar nicht zuständig gewesen ist, und die Krankenkasse nicht
ein um Arbeitsentgelt gemindertes Krankengeld gezahlt hat oder zahlen wollte, sondern in voller Höhe. Das vermutlich
gut gemeinte, aber tendenziös gehaltene Schreiben vom 25.04.1996 (der Kläger arbeitete damals fünf und nicht vier
Stunden) entsprach aber weder dem damals vorliegenden tatsächlichen, medizinisch festgestellten Erwerbsvermögen
des Klägers noch den späteren Gegebenheiten in Hinblick auf die Gesundheitsverhältnisse und auf das Einkommen
des Klägers, sodass es nicht als Tatsache einem Urteil zu Grunde gelegt werden konnte.
Aus den genannten Gründen musste die Berufung der Beklagten Erfolg haben und war die Klage gegen die
streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten abzuweisen; gemäß § 193 SGG sind dem Kläger daher die
außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz nicht zu erstatten. Gründe für die Zulassung
der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.