Urteil des LSG Bayern vom 14.07.2004

LSG Bayern: serbien und montenegro, erwerbsfähigkeit, psychiatrische untersuchung, zumutbare tätigkeit, soziale sicherheit, berufliche tätigkeit, arbeitsmarkt, berufsunfähigkeit, erwerbsunfähigkeit

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 14.07.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 7 RJ 511/02 A
Bayerisches Landessozialgericht L 16 RJ 503/03
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. Juli 2003 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit/Erwerbsminderung.
Der 1945 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Staatengemeinschaft Serbien und
Montenegro. (JU 202 vom 17. Mai 2001).
Er hat im (ehemaligen) Jugoslawien in dreijähriger schulischer Ausbildung den Beruf des Maschinentechnikers erlernt
(Zeugnis vom 24. Juni 1967) und dort vom 1. August 1962 bis 30. April 1970 sowie vom 15. Januar 1981 bis 3. März
2000 Versicherungszeiten zurückgelegt (JU 205 vom 17. Mai 2001).
In Deutschland war der Kläger vom 19. Mai 1970 bis 31. Juli 1980 (Versicherungsverlauf vom 15. Mai 2002)
sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er gab zuletzt an, von 1970 bis 1974 als Spengler tätig gewesen zu sein.
Dem Kläger selbst und seinen damaligen Arbeitgebern, der Fa. K. Metallveredelung GmbH als Rechtsnachfolger der
Fa. M. K. KG und der Fa. Z. GmbH - Sanitär, Heizung, Blechnerei, liegen keine Unterlagen über die Tätigkeit des
Klägers vor. Laut einer Unfallanzeige vom Juni 1977 war der Kläger bei der Fa. M. K. KG als Galvanik-Helfer
beschäftigt. Die Fa. K. Metallveredelung GmbH hat hierzu mitgeteilt, für eine solche Tätigkeit sei eine Anlernzeit von
drei bis unter 12 Monaten erforderlich gewesen.
Auf Grund des Arbeitsunfalls vom 11. Juni 1977 (Sturz mit einem Säureeimer; Verätzungen der rechten
Gesichtshälfte, des rechten Armes und linken Unterarmes mit Hauttransplantation an beiden Armen) bezog der Kläger
vom 8. August 1977 bis 30. Juni 1978 von der Süddeutschen Edel- und Unedelmetall-Berufsgenossenschaft (BG)
wegen Narbenbildung im Bereich von Gesicht, Hals, Thorax, rechtem Oberarm und beider Oberschenkel,
Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich an Kopf, Unterarm und Oberschenkel beiderseits, endgradiger
Bewegungseinschränkungen im rechten Ellenbogen- und Schultergelenk sowie subjektiver Beschwerden eine
Gesamtvergütung nach einer MdE von 30 % bzw. ab 29. Mai 1977 20 % (Bescheid vom 24. November 1977).
Am 2. März 2000 (Eingang bei der Beklagten) beantragte der Kläger unter Hinweis auf diesen Arbeitsunfall und
Angabe einer erheblichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes sinngemäß eine Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit.
Der jugoslawische Rentenversicherungsträger übersandte ein nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 23.
Februar 2001 erstelltes Gutachten des Internisten und Kardiologen Dr. V ... Danach konnte der Kläger in der mit
`Flugzeugklempner`angegebenen bisherigen Tätigkeit und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig
sein.
Nach Auswertung dieses Gutachtens und vom Kläger vorgelegter Arztberichte aus dem Jahr 1999 (betreffend
Prostatauntersuchungen, eine neurologisch-psychiatrische Untersuchung und eine internistische Untersuchung wegen
Hypertonie) diagnostizierte der Sozialärztliche Dienst der Beklagten eine Herzleistungsminderung bei labilem
Bluthochdruck, eine leichte Nervenschädigung am rechten Arm nach Unfall 1977 und eine neurotische Störung. Als
Spengler könne der Kläger nur noch unter zwei Stunden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dagegen vollschichtig
erwerbstätig sein.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag vom 2. März 2000 ab (Bescheid vom 10. August 2001). Der Kläger sei
weder vermindert erwerbsfähig noch erwerbsgemindert.
Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es sei nicht empfehlenswert, sich auf die
Befunde des jugoslawischen Versicherungsträgers zu verlassen und übersandte drei fachärztliche Berichte über
psychiatrische und psychologische Untersuchungen vom November 2001. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück
(Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2002). Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich leichte
Arbeiten zur ebener Erde ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit der rechten Hand oder besonderen
Zeitdruck verrichten und sei deshalb nicht erwerbsgemindert. Da keine Nachweise über die Qualität der in
Deutschland ausgeübten Beschäftigung vorlägen, genieße der Kläger nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast
keinen Berufsschutz als Facharbeiter oder Angelernter und sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Zu den
Anspruchsvoraussetzungen einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit enthält der Widerspruchsbescheid keine
Ausführungen.
Mit der am 9. April 2002 (Eingang bei Gericht) zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage hat der Kläger
weiterhin geltend gemacht, die Folgen des Arbeitsunfalles vom 11. Juni 1977 hätten sich verschlechtert. Er habe von
1959 bis 1962 in Jugoslawien den Beruf des Spenglers erlernt und diesen von 1970 bis 1974 bei der Fa. Z. GmbH in
Deutschland ausgeübt. Anschließend sei er bei der Fa. M. K. KG als Arbeiter beschäftigt gewesen. Er hab seine
Beschäftigung nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.
Das SG hat Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Dr. W. vom 28. Juli 2003 sowie der Ärztin und
Sozialmedizinerin Dr. T. vom 29. Juli 2003 eingeholt.
Dr. Dr. W. hat beim Kläger nach ambulanter Untersuchung folgende Diagnosen gestellt:
- Mittelschwere depressive Entwicklung bei erhaltener Resonanzfähigkeit, allenfalls moderat verkürzter affektiver
Ausdrucksfülle und vollkommen ungestörter Kognition.
- Folgen einer Verätzungsverletzung der rechten Hand mit er- schwerter Einbeugung insbesondere des rechten
Zeigefingers, auch des Daumens und Mittelfingers, aufgehobener Sensibilität der rechten Hohlhand und
eingeschränkter Beweglichkeit der rechten Hand medianusseitig.
- Wirbelaufbrauchsyndrom der Brustwirbelsäule ohne Nervenwurzelreizerscheinungen.
Diese Gesundheitsstörungen bestünden in fluktuierendem Ausmaß seit Rentenantragstellung. Im Verhältnis zur
Begutachtung in Jugoslawien am 23. Februar 2001 habe sich keine wesentliche Änderung ergeben. Leichte bis
mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen, ohne besondere Belastungen der rechten Hand, besondere
Anforderungen an die Feinmotorik der rechten Hand, schweres Heben und Tragen von Lasten oder Akkord-, Schicht-
und Nachtarbeit könne der Kläger noch vollschichtig, d.h. acht Stunden täglich, verrichten. Die depressive Reaktion
habe die Kognition unbeeinträchtigt gelassen. Vital-, Denk- oder Hemmungszeichen lägen nicht vor. Eine Umstellung
und Anpassung an andere Berufsbereiche sei dem Kläger möglich. Eine Verkürzung des Anmarschweges liege nicht
vor.
Dr. T. hat beim Kläger nach eigener Untersuchung diagnostiziert:
- eine Funktionseinschränkung der Finger 1 bis 3 rechts, des rechten Ellenbogen- und Schultergelenks sowie reizlose
Narben an Armen, Beinen und im Gesicht nach Säureverätzung,
- wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Fehlhaltung und de- generativen Veränderungen,
- Raucherbronchitis,
- labilen Bluthochdruck,
- leichte bis allenfalls mittelschwere depressive Entwicklung sowie
- nebenbefundlich: Zustand nach Hepatitis, Fußfehlform und Miktionsstörung bei Verdacht auf Prostatavergrößerung.
Der Kläger sei unter Berücksichtigung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 28. Juli 2003 noch in der
Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Haltungskonstanz, ohne besondere
Anforderungen an die manuelle Geschicklichkeit rechts und ohne Stressbelastung acht Stunden täglich zu verrichten.
Die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit des Klägers sei alters- und ausbildungsentsprechend. Zusätzliche
Arbeitspausen seien nicht erforderlich und die Wegefähigkeit nicht eingeschränkt.
Das SG hat sich dieser Leistungsbeurteilung angeschlossen und die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. Juli 2003). Der
Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bzw. wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Da keine Nachweise über die Qualität der in Deutschland ausgeübten
Beschäftigung vorlägen, sei der Kläger nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast als ungelernter Arbeiter
einzustufen und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Dort könne er noch mindestens sechs Stunden täglich
mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen erwerbstätig sein. Der Benennung einer konkreten
Verweisungstätigkeit bedürfe es nicht. Auch das Urteil des SG enthält zu den Anspruchsvoraussetzungen einer Rente
wegen verminderter Erwerbsfähigkeit keine Ausführungen.
Gegen das ihm am 1. September 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. September 2003 (Eingang bei Gericht)
zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er hat ein Zeugnis vom 16. Juni 1962 über eine
Ausbildung zum "Klempner im Metallfach" von August 1959 bis August 1962 vorgelegt und erneut auf den
Arbeitsunfall 1977 hingewiesen. Es müsse der Prozentsatz der Invalidität festgestellt werden, denn ihm stehe bei
einem Invaliditätssatz von 20 % eine Teilrente wegen des erlittenen Arbeitsunfalles zu. Einwände gegen die vom SG
eingeholten Gutachten hat der Kläger nicht erhoben.
Der Senat hat den Kläger darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Verletztenrente auf Grund des Arbeitsunfalls
vom 11. Juni 1977 nicht Gegenstand des Verfahrens ist und derartige Leistungen nicht in die Zuständigkeit der
Beklagten, sondern der BG fallen, für einen Anspruch auf Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit/Erwerbsminderung nur die in Deutschland versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigungen
maßgebend sind und eine erneute medizinische Begutachtung des Klägers nicht beabsichtigt ist. Der Kläger hat
mitgeteilt, er werde sich diesbezüglich an die zuständige Berufsgenossenschaft wenden.
Nach Auswertung der vorübergehend zum Verfahren beigezogenen und auszugsweise zur Berufungsakte
genommenen Akten der BG hat der Senat eine Auskunft der Fa. K. Metallveredelung GmbH über die Anlernzeit eines
Galvanik-Helfers eingeholt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. Juli 2003 und den Bescheid des
Beklagten vom 10. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2002 aufzuheben und die
Beklagte zu verurteilen, ihm auf Grund des Antrags vom 2. März 2000 Rente wegen verminderter Erwerbs- fähigkeit
oder Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die
beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§
124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 10. August 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2002, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger auf seinen
Antrag vom 2. März 2000 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsminderung zu gewähren. Das SG
hat die dagegen erhobenen Klage mit Urteil vom 30. Juli 2003 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch
auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsminderung.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der
bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), da der Kläger seinen Rentenantrag vor dem 3. April 2001
gestellt hat und Rente (auch) für Zeiten vor dem 31. Dezember 2000 begehrt (§ 300 Abs.2 SGB VI in Verbindung mit §
26 Abs.3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X). Soweit (erstmals) ein Anspruch für die Zeit nach dem 31.
Dezember 2000 in Betracht kommt, richtet sich der Anspruch des Klägers nach den Vorschriften des SGB VI in der
ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F.).
Nach §§ 43, 44 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen
Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, wenn sie
1. berufsunfähig bzw. erwerbsunfähig sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähig keit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Be
schäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt. Zwar hat er die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51
Abs.1 SGB VI) erfüllt. Beim Kläger liegt jedoch keine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte
derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen
Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von
Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter
Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen
Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die
Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind.
Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige
Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 SGB VI a.F.).
Dagegen besteht Erwerbsunfähigkeit bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht
absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt
oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (ab 1. April 1999 630,00 DM)
übersteigt (§ 44 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F.). Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere
Voraussetzungen geknüpft ist, als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit
ohne weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 5. April 2001 - B 13 RJ
61/00 R -).
Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige
Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende
versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist,
wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246
Nrn. 130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur
dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für ihn sowohl
gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach
der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die
Berufe der Versicherten ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines
Berufes haben, in Gruppen eingeteilt, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des
besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer
Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer
Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl.
BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140). Die Einordnung eines Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht
ausschließlich nach der Dauer der absolvierten, förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr allein die
Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den
Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten
Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und besondere Anforderungen der
bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 27, 33).
Maßgebend für die Bestimmung des bisherigen Berufs des Versicherten sind nur die in der deutschen
Rentenversicherung versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigungen oder Tätigkeiten (BSGE 50, 165), sofern
nicht ein zwischenstaatliches Abkommen oder überstaatliches Recht (insbesondere das europäische koordinierende
Sozialrecht, vgl. BSGE 64, 85) im Einzelfall die Berücksichtigung einer im Abkommens- bzw. Mitgliedsstaat
ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit vorsieht. Das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
Jugoslawien - jetzt Staatliche Gemeinschaft Serbien und Montenegro - als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen
Föderativen Volksrepublik Jugoslawien (vgl. BSG SozR 3-2600 § 250 SGB VI Nr.3) weiterhin anwendbare Deutsch-
Jugoslawischen Abkommens über Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl.II 1969 S.1438) in der Fassung
des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl.II 1975 S.390) enthält hierzu keine Regelungen.
Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe
verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).
Gemessen an den vom BSG aufgestellten Kriterien ist der Kläger auf Grund der zuletzt in Deutschland ausgeübten
Tätigkeit als Galvanik-Helfer der Gruppe der angelernten Arbeiter im unteren Bereich zuzuordnen. Nach Angaben des
Rechtsnachfolgers seines damaligen Arbeitgebers erforderte diese Tätigkeit eine Anlernzeit von mehr als drei, aber
weniger als 12 Monaten. Diese sachkundige Einschätzung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Es liegen keine
Anhaltspunkte für eine höhere Qualifizierung der Tätigkeit vor. Der Kläger hat keine einschlägige Ausbildung im
Bereich der Galvanik absolviert und für die Zeit seiner Beschäftigung bei der Fa. M. K. KG als Berufsbezeichnung
"Arbeiter" angegeben.
Ob der Kläger zuvor bei der Fa. Z. GmbH in seinem erlernten Beruf als Klempner im Metallfach oder als
Maschinentechniker beschäftigt war, ist nicht mehr zu ermitteln. Weder dem Kläger selbst noch der Fa. Z. GmbH
liegen Unterlagen über die damalige Tätigkeit vor. Im Übrigen hat der Kläger selbst angegeben, die Beschäftigungen in
Deutschland nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben zu haben, so dass mit dem Wechsel in die Tätigkeit als
Galvanik-Helfer jedenfalls eine Lösung vom bis dahin ausgeübten Beruf erfolgt ist (vgl. BSG Urteil vom 04. November
1998 - B 13 RJ 95/97 R - m.w.N.).
Als Angelernter im unteren Bereich ist der Kläger sozial auch auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes verweisbar. Er ist auch gesundheitlich in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig
erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich aus den ausführlichen Gutachten der Sachverständigen Dr. Dr. W. und Dr. T ...
Nach diesen Gutachten resultieren aus den 1977 erlittenen Verätzungen beim Kläger weiterhin Bewegungsstörungen,
Schmerzen und Sensibilitätsstörungen im rechten Arm und der rechten Hand mit aufgehobener aktiver Einbeugung
des rechten Zeigefingers bei erhaltener Streckfähigkeit, erschwerter Einbeugung des rechten Daumens und
Mittelfingers, herabgesetzter Sensibilität im gesamten rechten Unterarm beugeseitig und im Hohlhandbereich rechts,
Bradidiadochokinese rechts und aufgehobenem Spitzgriff. Die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand ist indessen nicht
aufgehoben, sondern nur insoweit qualitativ herabgesetzt, als dem Kläger schweres Tragen mit dem rechten Arm und
besondere Anforderungen an die Feinmotorik der rechten Hand nicht mehr abverlangt werden können. Zur
Bewegungseinschränkung der rechten Hand weist Dr. T. ergänzend darauf hin, dass die vorgefundene
Handflächenbeschwielung und die fehlende Umfangdifferenz der oberen Extremitäten für eine fortbestehende
handwerkliche Tätigkeit des Klägers sprechen. Auf Grund der narbigen, auch die Streckung des rechten Ellenbogens
behindernden Veränderungen des rechten Armes sind ihrer Meinung nach auch Überkopfarbeiten nicht mehr
zumutbar. An der Brust- und Lendenwirbelsäule bestehen degenerative Veränderungen ohne
Nervenwurzelreizerscheinungen, so dass lediglich schwere körperliche Arbeiten und anhaltende Zwangshaltung
auszuschließen sind. Internistisch liegt keine wesentliche Einschränkung der Lungenfunktion und der Pumpfunktion
des Herzens vor. Der Kläger war ergometrisch bis 100 Watt bei regelrechtem Blutdruckanstieg belastbar. Der labile
Bluthochdruck des Klägers hat bislang nicht zu Veränderungen des Herzens geführt. Eine in den 70er Jahren
durchgemachte Hepatitis ist bekannt, jedoch liegen weder pathologische Laborwerte noch sonographische
Veränderungen der Leber vor. Bezüglich geklagter Miktionsbeschwerden besteht ein Verdacht auf
Prostatavergrößerung, aus dem sich jedoch, ebenso wie aus einer beim Kläger nebenbefundlich festgestellten
Fußfehlform, keine weitergehenden Einschränkungen für das Leistungsvermögen ergeben. Eine leichte bis allenfalls
mittelschwere depressive Entwicklung hatte bislang keine Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten des Klägers
und bedingt insbesondere keine Einschränkung seiner Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit für andere als die
bisher ausgeübten Tätigkeiten.
Die Sachverständigen halten den Kläger noch für fähig, acht Stunden täglich leichte und gelegentlich mittelschwere
Tätigkeiten in geschlossenen Räumen ohne besondere Belastungen oder besondere Anforderungen an die
Feinmotorik der rechten Hand, ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit
sowie ohne Zwangshaltung zu verrichten. Eine Einschränkung der Anpassung- und Umstellungsfähigkeit oder der
Wegefähigkeit des Klägers haben sie nicht festgestellt.
Der Senat schließt sich dieser Leistungseinschätzung an. Beide Sachverständige haben die von ihnen getroffene
Beurteilung des Leistungsvermögens nach eigener ambulanter Untersuchung unter Berücksichtigung der vorhandenen
Vorbefunde eingehend, schlüssig und überzeugend dargelegt. Sie steht in Übereinstimmung mit der bereits anlässlich
der ambulanten Begutachtung in Jugoslawien im Februar 2001 getroffenen Leistungsbeurteilung. Der Kläger selbst hat
hinsichtlich des Inhaltes der vom Sozialgericht eingeholten Gutachten keine Einwendungen erhoben und keine
Veränderung seines Gesundheitszustandes geltend gemacht, so dass es keiner weiteren medizinischen Ermittlungen
bedarf.
Ob die von den Sachverständigen festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf den Arbeitsunfall vom
11.Juni 1977 zurückzuführen sind und sich hieraus ein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente ergibt, ist nicht
Gegenstand dieses Verfahrens.
Bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit für leichte Arbeiten ist der Kläger ohne Benennung einer konkreten
Verweisungstätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung
oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die Ausnahmsweise die Benennung einer
konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde (vgl. BGSE 80, 24), liegt nicht vor. Für ungelernte
Tätigkeiten typische Verrichtungen wie das Zureichen, Abnehmen, Sortieren, Verpacken oder Montieren sind dem
Kläger trotz der eingeschränkten Beweglichkeit der rechten Hand möglich. Ausgeschlossen sind lediglich Tätigkeiten
mit besonderen Anforderungen an die Feingeschicklichkeit. Konzentrations-, Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit
des Klägers sind nicht nennenswert beeinträchtigt. Gehstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von viermal
500 m und die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind dem Kläger ohne weiteres möglich.
Ist der Kläger nicht berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43 Abs.2, 44 Abs.2 SGB VI a.F., so liegt auch - für
Versicherungsfälle nach dem 31. Dezember 2000 - keine Erwerbsminderung i.S.d. §§ 44, 240 SGB VI n.F. (die ein
unter sechsstündiges Leistungsvermögen voraussetzt) vor.
Ob der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung (§§ 43 Abs.1 Nr.2, 44 Abs.1 Nr.2 SGB VI a.F. i.V.m. §§ 240, 241 SGB VI
a.F. bzw. §§ 240, 43 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB VI n.F. i.V.m. § 241 Abs. 2 SGB VI n.F.) erfüllen würde, kann bei dieser
Sachlage dahinstehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.