Urteil des LSG Bayern vom 10.05.2005
LSG Bayern: schlüssiges verhalten, schichtarbeit, grobe fahrlässigkeit, zumutbare tätigkeit, zumutbare arbeit, vorstellungsgespräch, arbeitslosigkeit, arbeitsamt, gehalt, regierung
Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 10.05.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bayreuth S 8 AL 212/01
Bayerisches Landessozialgericht L 10 AL 134/02
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.12.2001 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit vom 27.02.2001 bis 21.05.2001.
Der 1949 geborene Kläger (nach eigenen Angaben Kfz-Meister) bezog - mit kurzzeitigen Unterbrechungen - seit
Jahren Leistungen der Beklagten. Seit Januar 1996 gewährte die Beklagte Arbeitslosenhilfe (Alhi), die sie ab
01.07.2000 in Höhe von wöchentliche 249,13 DM weiter bewilligte (ab 01.01.2001: 255,01 DM).
Der Kläger war zuletzt von April bis Oktober 1993 als Wachmann, von Juli bis Oktober 1994 als Reifenmonteur sowie
vom Juni bis Juli 1995 als pädagogischer Helfer (monatliches Bruttoarbeitsentgelt: 1.508,51 DM)
versicherungspflichtig beschäftigt. Nach einer am 12.01.1999 erfolgten Begutachtung des Ärztlichen Dienstes der
Beklagten bestand beim Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in
wechselnder Körperhaltung. Daraufhin durchgeführte Ermittlungen der Beklagten zur Höhe des erzielbaren und der
Alhi-Bemessung zu Grunde zu legenden Arbeitsentgelts ergaben, dass der Kläger ein tarifvertragliches Arbeitsentgelt
in Höhe von brutto 2.951,02 DM erzielen könne. Dies wurde dem Kläger anlässlich seiner persönlichen Vorsprache am
31.03.1999 mitgeteilt (Beratungsvermerk vom 31.03.1999).
Mit Schreiben vom 20.02.2001 unterbreitete die Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag für eine befristete
Tätigkeit als Facharbeiter/-helfer zur Mitarbeit in der Holzverarbeitung. Die Arbeitsstelle sei beim Beruflichen
Fortbildungszentrum C. gGmbH (bfz) zum Einsatz im Rahmen einer gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung zu
besetzen. Lohn/Gehalt ergebe sich nach Vereinbarung. Dieses Schreiben war mit einer Rechtsfolgenbelehrung
versehen. Das bfz gab den Vermittlungsvorschlag an die Beklagte mit dem Vermerk zurück, dass sich der Kläger am
26.02.2001 vorgestellt habe, er aber nicht eingestellt worden sei. Zur Begründung führte das bfz an, dass der Kläger
sich nicht bereit erklärt habe, Überstunden und Schichtarbeit zu leisten. Der vom Kläger geäußerte Gehaltswunsch
von netto 3.000,00 DM könne angesichts der Möglichkeiten des Klägers von der gemeinnützigen
Arbeitnehmerüberlassung nicht bedient werden. Auf Grund des Gesundheitszustandes (Morbus Bechterew) sei unklar,
welche Arbeiten der Kläger überhaupt verrichten könne. Eine Klärung sei mit ihm nicht möglich gewesen.
Hierzu erklärte der Kläger unter dem 13.03.2001, dass er seinen Wunsch geäußert habe, durch harte Arbeit einmal
3.000,00 DM netto oder mehr zu verdienen. Der Vermittler habe gekontert, dass er einen Ingenieur bei B. kenne, der
nicht so viel verdiene. Zu den Überstunden habe er ausgeführt, dass das Arbeitsamt N. mit der Regierung in Berlin die
Überstunden abbauen wolle und er sich an mehr Beschäftigung beteilige, darum keine Überstunden im monatlichen
Voraus machen wolle, aber wenn beispielsweise ein Kfz-Kunde fünf Minuten vor Feierabend ein Problem mit seinem
Auto habe und er es bis 20.00 Uhr fertigstellen müsse, würde er es sofort machen. Zu der Frage nach der
Schichtarbeit habe er nicht sagen können, ob er diese leisten könne, da er noch nie in Schichten gearbeitet habe. Er
könne sich vorstellen, tagsüber zu arbeiten und so allmählich in die Schichtarbeit hineinzuwachsen, wie es vom
Arbeitsamt und der Regierung für Langzeitarbeitslose bestimmt sei.
Mit Bescheid vom 22.03.2001 stellte die Beklagte fest, dass in der Zeit vom 27.02.2001 bis 21.05.2001 (12 Wochen)
eine Sperrzeit eingetreten sei. Während dieser Zeit ruhe der Alhi-Anspruch. Der Kläger habe trotz Belehrung über die
Rechtsfolgen die angebotene und zumutbare Arbeit nicht angenommen. Die Alhi-Bewilligung werde vom 27.02.2001
an rückwirkend aufgehoben. Zu Unrecht erbrachte Leistungen in Höhe von 72.86 DM seien zu erstatten.
Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17.05.2001). Der Kläger habe ein Verhalten
gezeigt, welches darauf gerichtet gewesen sei, den Abschluss eines Arbeitsvertrages zu vereiteln, denn mit der
Weigerung, Schichtarbeit und Überstunden leisten zu wollen, habe er den Arbeitgeber davon abgehalten, eine
Einstellung in Erwägung zu ziehen. Für sein Verhalten habe der Kläger keinen wichtigen Grund gehabt. Er hätte aus
der angebotenen Beschäftigung ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 2.080,00 DM brutto (1.570,00 DM netto)
erzielt, also deutlich höher als die Alhi von monatlich 1.020,00 DM.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Er habe die Verrichtung von Schichtarbeit
und Überstunden nicht grundsätzlich verweigert. Mit der genannten Gehaltsvorstellung habe er seinen Wunsch zum
Ausdruck gebracht, 3.000,00 DM netto im Monat zu verdienen. Dies habe er jedoch nicht zur Bedingung gemacht.
Über das tatsächlich erzielbare Gehalt sei er nicht informiert worden.
Das SG hat den Zeugen K. H. , Personaldisponent beim bfz, uneidlich einvernommen und mit Urteil vom 19.12.2001
die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die ihm objektiv zumutbare Tätigkeit zwar nicht ausdrücklich, aber durch
schlüssiges Verhalten abgelehnt. Sein Verhalten beim Vorstellungstermin habe gezeigt, dass er nicht bereit gewesen
sei, die ihm angebotene Arbeit anzunehmen. Der Kläger habe die Fragen in einem von ihm auszufüllenden
Fragebogen über seine grundsätzliche Bereitschaft zur Leistung von Überstunden und Schichtarbeit verneint. Der
Zeuge H. habe glaubhaft vorgetragen, dass es anschließend ein Gespräch mit dem Kläger gegeben haben muss, bei
dem diesem die Bedeutung dieser Fragen nochmals erklärt worden sein dürfte. Eine Stellungnahme, wie sie vom
Zeugen H. auf dem Rücklauf des Stellenangebotes vermerkt sei, werde nach dessen Angaben erst dann gefertigt,
wenn der Bewerber bei seinen bereits angekreuzten Antworten bleibe. Gleiches gelte nach den Ausführungen des
Zeugen auch hinsichtlich der Gehaltsvorstellungen des Klägers. Mit seiner Erklärung vom 13.03.2001 habe der Kläger
selbst ausgeführt, wie er auf die Fragen geantwortet habe. Er habe einen Gehaltswunsch von 3.000,00 DM netto
geäußert und hieran festgehalten. Die Angaben zum Gehaltswunsch und auch zu den Überstunden und der
Schichtarbeit könnten von einem potenziellen Arbeitgeber nur so verstanden werden, dass der Kläger zur Aufnahme
der angebotenen Tätigkeit nicht bereit sei. Bei diesen Äußerungen des Klägers habe es sich nicht nur um legitime
Vorstellungen gehandelt, die ein Arbeitsloser einem potenziellen Arbeitgeber vortragen könne, ohne dass er mit dem
Eintritt einer Spezzreit rechnen müsse.
Gegen das Urteil vom 19.12.2001 richtet sich die Berufung des Klägers. Er habe zu keinem Zeitpunkt die angebotene
Tätigkeit abgelehnt. Beim Vorstellungstermin habe er sich dahin geäußert, dass er sich vorstellen könne, nach kurzer
Zeit der Einarbeitung Nachtschichten zu verrichten. Zur Frage der Überstunden habe er ein Beispiel aus seiner
Erfahrung als Kfz-Meister genannt. Hieraus werde deutlich, dass er zur Leistung von Überstunden bereit gewesen sei.
Die Angabe des Nettoverdienstes habe sich auf die Frage nach dem Gehaltswunsch bezogen. Er habe geäußert,
dass er schon 3.000,00 DM netto verdient habe und irgendwann auch wieder verdienen wolle. Von einer
Arbeitsablehnung könne keine Rede sein, da ihm nicht ein konkretes Stellenangebot unterbreitet worden sei. Er sei
nicht über die Rechtsfolgen seiner Äußerungen belehrt worden. Bereits in der Vergangenheit sei ihm von der
Beklagten unberechtigt eine Arbeitsverweigerung vorgeworfen worden. Schließlich sei fraglich, auf welcher Grundlage
überhaupt eine Sperrzeit festgestellt werden könne, da nach Aussage des Zeugen H. die Unterlagen über das
Vorstellungsgespräch beim bfz nicht mehr vorhanden seien.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.12.2001 und den Bescheid der Beklagten vom
22.03.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.05.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe damit rechnen müssen, dass der Arbeitgeber das
Stellenangebot auf Grund der überzogenen Gehaltsforderung zurückziehen werde.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG
-), jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, denn die Beklagte hat zutreffend den Eintritt
einer Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung vom 27.02.2001 bis 21.05.2001 festgestellt, die Bewilligungsentscheidung
über Alhi für diesen Zeitraum aufgehoben sowie die Erstattung überzahlter Leistungen gefordert.
Der Kläger wendet sich mit der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 22.03.2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17.05.2001. Daneben ist ein Leistungsantrag nicht erforderlich, da der Kläger im Fall
der Aufhebung des angefochtenen Bescheides Alhi für den streitigen Zeitraum auf Grund der ab 01.07.2000 erfolgten
Weiterbewilligung beanspruchen kann. Allerdings ist der angefochtene Bescheid vom 22.03.2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17.05.2001 nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 144 Abs 1 Nr 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) idF vom 24.03.1997 iVm § 198 Satz 2 Nr 6 SGB III,
gültig bis 31.12.2004, tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die
Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Arbeit
nicht angenommen oder nicht angetreten hat (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung), ohne für sein Verhalten einen
wichtigen Grund zu haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Senat hält die diesbezüglichen und
auch im Übrigen die Ausführungen des SG für überzeugend und macht sich diese zu eigen (§ 153 Abs 2 SGG).
Auch aus dem Berufungsvorbringen ergibt sich keine andere Betrachtung. Dem Kläger ist mit der Tätigkeit als
Mitarbeiter in der Holzverarbeitung beim bfz zum Einsatz im Rahmen einer gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung
ein hinreichend bezeichnetes Beschäftigungsangebot unterbreitet worden. Das Arbeitsangebot enthält die im Gesetz
genannten Mindestangaben zum Arbeitgeber und der Art der Tätigkeit. Entsprechend den Gegebenheiten der
Arbeitnehmerüberlassung fehlt es jedoch an der Bezeichnung des konkret zu vermittelnden Arbeitsplatzes. Allerdings
muss ein Vermittlungsangebot nicht alle Arbeitsbedingungen enthalten. Es genügt vielmehr, dass dem
Arbeitsuchenden eine eigene Prüfungsmöglichkeit beim Arbeitgeber eröffnet wird. Fehlende Informationen muss er
selbst beim Arbeitgeber oder der Agentur für Arbeit erfragen. Insofern hat sich der Kläger im Rahmen des
Vorstellungsgespräches am 26.02.2001 Kenntnis von den konkreten Arbeitsbedingungen der im Rahmen der
Arbeitnehmerüberlassung in Betracht kommenden Arbeitsstellen verschafft. Im Nachhinhein kann sich der Kläger aber
nicht mehr auf eine mangelnde Bestimmtheit des Arbeitsangebotes berufen, wenn er von seinem vermeintlichen
Recht zur Ablehnung des Arbeitsangebots zunächst keinen Gebrauch macht, sondern sich durch das
Vorstellungsgespräch die Gelegenheit verschafft, die seiner Meinung nach fehlenden Informationen zum Inhalt des
Arbeitsangebotes nachzuholen (vgl BSG SozR 4100 § 119 Nr 15 S 77). Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit der
angebotenen Beschäftigung, etwa im Hinblick auf das Leistungsvermögen des Klägers, sind nicht ersichtlich und
wurden auch nicht vorgetragen. Eine vorhergehende ordnungsgemäße Belehrung über die Rechtsfolgen einer
Arbeitsablehnung wurde erteilt.
Zwar hat der Kläger das Arbeitsangebot nicht ausdrücklich gegenüber dem bfz oder der Beklagten abgelehnt, jedoch
kann eine Arbeitsablehnung auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen (BSG SozR 4-4100 § 119 Nr 3 S 8). Dabei
sind an die Annahme einer Arbeitsablehnung durch schlüssiges Verhalten des Arbeitslosen strenge Anforderungen zu
stellen. Es muss dem gesamten Verhalten der eindeutige Wille entnommen werden können, dass der Arbeitslose
nicht bereit ist, die ihm angebotene Arbeit aufzunehmen (Niesel, SGB III, 3.Aufl, § 144 RdNr 57).
Zutreffend geht das SG davon aus, dass das Verhalten des Klägers beim Vorstellungsgespräch am 26.02.2001 einer
Arbeitsablehnung gleich steht, denn die Äußerungen des Klägers zu seinem Gehaltswunsch und zu den Fragen nach
Überstunden sowie zur Schichtarbeit können nur als Ausdruck fehlenden Interesses an einer Arbeitsstelle verstanden
werden. Nach der Erklärung des Klägers über das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses vom
13.03.2001 und den vom Zeugen H. getroffenen Feststellungen auf dem Rücklauf des Vermittlungsvorschlages hat
der Kläger im Rahmen des Vorstellungsgespräches einen Gehaltswunsch von monatlich 3.000,00 DM netto geäußert
und hieran festgehalten. Zwar fehlen weitere Erkenntnismöglichkeiten über den Hergang des Vorstellungsgespräches,
da nach der Aussage des Zeugen Unterlagen hierüber beim bfz nicht mehr vorhanden seien und er selbst eine
konkrete Erinnerung an das Vorstellungsgespräch nicht mehr habe. Jedoch ist bereits dem geäußerten
Gehaltswunsch der eindeutige Wille des Klägers zu entnehmen, dass er nicht bereit gewesen ist, die angebotene
Arbeit anzunehmen. Der Zeuge H. hat zum Vermittlungsvorschlag angegeben, dass für eine Tätigkeit im Helferbereich
ein solcher Gehaltswunsch völlig utopisch wäre. Normalerweise würde ein Nettogehalt von ca. 1.500,00 DM gezahlt.
Selbst ein Facharbeiter würde beim bfz nicht 3.000,00 DM netto verdienen. Aus der Angabe eines solchen, weit
überdurchschnittlichen Gehaltswunsches kann ein potenzieller Arbeitgeber nur folgern, dass ein Interesse an einer
Einstellung nicht besteht. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinen Angaben - ohne dass es irgendeine Bedeutung
für die angebotene Arbeit hatte - im Vorstellungsgespräch auf einen früher erzielten Verdienst von 3.000,00 DM netto
verwiesen hat. Diese Äußerung konnte nur dahingehend verstanden werden, dass es sich bei dem Gehaltswunsch
nicht nur um Angaben "ins Blaue hinein", sondern um eine konkrete Gehaltsvorstellung gehandelt hat, nämlich ein
Gehalt in Höhe des früheren Gehaltes zu erhalten. Dem Kläger war es auch bekannt, dass ein Monatsgehalt von
3.000,00 DM netto außerhalb seiner realistischen Möglichkeiten steht. Angesichts seiner seit Jahren bestehenden und
nur von kurzfristigen Beschäftigungen unterbrochenen Arbeitslosigkeit, des zuletzt vor mehr als fünf Jahren erzielten
Gehalts von monatlich 1.508,51 DM brutto und des der Alhi-Bemessung zugrunde liegenden fiktiven Arbeitsentgelts
von monatlich 2.951,02 DM brutto konnte er nicht erwarten, ein Gehalt in der gewünschten Höhe zu verdienen. Mithin
kann aus dem Verhalten des Klägers nur der Schluss gezogen werden, dass er kein Interesse an der angebotenen
Arbeit hatte und das Arbeitsangebot nicht annehmen wollte.
Das SG hat auch zutreffend herausgestellt, dass der Kläger sich nicht so verhalten hat, wie dies üblicherweise von
einem an der Arbeitsaufnahme interessierten Arbeitslosen erwartet werden kann. Dem Arbeitslosen trifft die
Obliegenheit, jede zumutbare Maßnahme zu ergreifen, um die Arbeitslosigkeit so schnell wie möglich zu beenden und
alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, eine ihm von der Beklagten angebotene zumutbare
Arbeitsgelegenheit zu nutzen (BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 3 S 9). Dies ergibt sich aus dem Zweck der
Sperrzeitregelung, die Solidargemeinschaft vor der Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte zu schützen, die den
Eintritt des versicherten Risikos der Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt haben bzw. an deren Behebung sie
unbegründet nicht mithelfen. Der Arbeitslose muss sich daher als interessierter Stellenbewerber zeigen und sich so
verhalten, wie es das Eigeninteresse einem vernünftigen Arbeitslosen, dem die Beklagte die Arbeitslosigkeit nicht
durch finanzielle Zuwendungen erleichtert, gebieten würde (BayLSG NJW 1988, 3230). Diese Obliegenheit wird nicht
schon dann verletzt, wenn der Arbeitslose dem potenziellen Arbeitgeber gegenüber lediglich unbefangen seine
Wünsche, etwa Gehaltsvorstellungen, äußert. Dies gilt jedoch nicht, wenn er durch übertriebene Gehaltsvorstellungen
den Arbeitgeber dazu veranlasst, ihn nicht einzustellen. Von einem an der Beschäftigungsaufnahme interessierten
Bewerber, der sich nicht aus einer ungekündigten Stellung heraus sondern - wie der Kläger - als Wiedereinsteiger
bewirbt, kann erwartet werden, dass er seine Vorstellungen an seine realistischen Möglichkeiten und an das
vorherrschende Gehaltsgefüge beim potenziellen Arbeitgeber anpasst. Hingegen führt eine weit übertriebene
Gehaltsvorstellung dazu, dass kein vernünftiger Arbeitgeber dazu bereit sein wird, einer Einstellung des Bewerbers
näherzutreten.
Dies gilt auch für die Ausführungen des Klägers hinsichtlich der Fragen zu den Überstunden und zur Schichtarbeit.
Berechtigte Wünsche an die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses, die ein interessierter Bewerber vortragen kann,
sind hierin nicht zu sehen. Die Ausführungen des Klägers, dass das Arbeitsamt Nürnberg mit der Regierung in Berlin
die Überstunden abbauen wolle, er sich an mehr Beschäftigung beteilige und darum keine Überstunden im
monatlichen Voraus machen wolle, kann ein potenzieller Arbeitgeber nur so verstehen, dass der Kläger grundsätzlich
nicht bereit ist, Überstunden zu leisten. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Anfügung, dass er zu Überstunden
bereit wäre, falls ein Kfz-Kunde fünf Minuten vor Feierabend ein Problem mit seinem Auto habe. Dies zeigt nur die
Bereitschaft des Klägers, im Ausnahmefall unvermeidbare Überstunden zu leisten. Ein Abweichen von der
grundsätzlichen Einstellung, aus allgemein-politischen Erwägungen Überstunden abzulehnen, wird hieraus nicht
deutlich. Berechtigte Gründe zur Nichtleistung von Schichtarbeit hat der Kläger ebenfalls nicht vorgetragen. Allein der
Umstand, dass er bisher noch nicht in Schichtarbeit gearbeitet habe, rechtfertigt nicht die Ablehnung von
Schichtarbeit. Von einem interessierten Bewerber kann aber verlangt werden, dass er nicht gerechtfertigte Wünsche
hintanstellt, um dem potenziellen Arbeitgeber nicht Gründe an die Hand zu geben, von einer Einstellung abzusehen.
Dass das Vermittlungsangebot vom 26.02.2001 nicht zu einer Beschäftigung geführt hat, war auch ursächlich für die
fortbestehende Arbeitslosigkeit des Klägers. Die Beklagte muss nicht den Nachweis erbringen, dass der Kläger ohne
sein Verhalten eingestellt worden wäre.
Nachdem sich der Kläger nicht auf einen wichtigen Grund für die Ablehnung des Angebots berufen kann und eine
Verkürzung der Sperrzeit wegen Vorliegens einer besonderen Härte nicht in Betracht kommt (§ 144 Abs 3 SGB III idF
vom 24.03.1997), ist eine Sperrzeit von 12 Wochen beginnend ab dem 27.02.2001, dem Tag nach dem erfolglosen
Vorstellungsgespräch, bis zum 21.05.2001 eingetreten (§ 144 Abs 2 Satz 1 SGB III). Während dieser Zeit ruhte der
Anspruch auf Alhi. Somit ist gegenüber der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe in den tatsächlichen und rechtlichen
Verhältnissen, die bei Erlass dieses Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche
Änderung eingetreten. Gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), der hier allein
heranzuziehen ist, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben
werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem
Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen
gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Der Kläger wusste auf Grund des ausgehändigten Merkblattes, dessen Erhalt er in seinem Fortzahlungsantrag vom
02.05.2000 unterschriftlich bestätigt hat, dass eine Sperrzeit eintritt, wenn er eine zumutbare Beschäftigung ohne
wichtigen Grund nicht annimmt (Seite 43 des Merkblattes 1 für Arbeitslose "Ihre Rechte - Ihre Pflichten", Stand April
2000). Sollte der Kläger weder das Merkblatt noch die Rechtsfolgenbelehrung des Vermittlungsangebotes gelesen
haben, so hat er dann zumindest grob fahrlässig gehandelt. Die Nichtbeachtung eines nachweislich ausgehändigten
Merkblattes zu einem konkreten Leistungstatbestand wird im Allgemeinen grobe Fahrlässigkeit begründen (vgl. hierzu:
von Wulffen/Wiesner SGB X, 5.Aufl, § 45 RdNr 24). Es musste dem Kläger ohne Weiteres einleuchten, dass er durch
seine Angaben bzw. Äußerungen das Arbeitsangebot durch schlüssiges Verhalten ablehnt und damit den Anspruch
auf Alhi verliert. Anhaltspunkte dafür, dass er persönlich nicht dazu in der Lage gewesen wäre, dies zu erkennen,
fehlen.
Die weiteren Voraussetzungen zur Aufhebung der Bewilligung von Alhi für die Vergangenheit (Anhörung, Einjahresfrist
gemäß § 48 Abs 4 Satz 1 iVm § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X) liegen ebenfalls vor. Ermessen hat die Beklagte nicht
auszuüben (§ 330 Abs 3 SGB III). Die Aufhebung der bewilligten Leistung ist daher rechtmäßig. Rechtsgrundlage der
Erstattungsforderung ist § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X. Hinsichtlich der Höhe der Rückforderung bestehen keine Zweifel.
Nach alledem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).