Urteil des LSG Bayern vom 20.01.2011

LSG Bayern: wird zurück- gewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten., verfahrensmangel, akte, rechtseinheit, ergänzung, geburt, arbeitslosigkeit, beendigung, unverzüglich

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 20.01.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 7 AL 131/08
Bayerisches Landessozialgericht L 10 AL 311/10 NZB
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 06.10.2010 - S
7 AL 131/08 - wird zurück- gewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld und die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe
von 423,64 EUR sowie überzahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe 85,39 EUR. Der Kläger bezog
unter Berücksichtigung einer Sperrzeit seit 22.01.2007 Arbeitslosengeld. Ab 24.04.2007 übte er eine selbstständige
Tätigkeit aus. Aufgrund einer Überschneidungsmitteilung erfuhr die Beklagte von einer abhängigen Beschäftigung des
Klägers vom 10.04.2007 bis 14.04.2007. Der Arbeitgeber des Klägers teilte mit, der Kläger sei vom 11.04.2007 bis
14.04.2007 krank gewesen. Auf Anhörung erklärte der Kläger, er habe in einem Arbeitsverhältnis vom 10.04. bis
14.04.2007 gestanden, vom 15.04.2007 bis 23.04.2007 habe er jedoch keine Beschäftigung ausgeübt. Die Beklagte
hob mit Bescheid vom 14.01.2008 die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 10.04.2007 auf und forderte mit
Bescheid vom 07.01.2008 die Erstattung überzahlter Leistungen für die Zeit vom 10.04.2007 bis 23.04.2007 in Höhe
von 423,64 EUR. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe lediglich am 10.04.2007 7,22 Stunden gearbeitet
und vom 15.04.2007 bis 23.04.2007 in keinem Arbeitsverhältnis gestanden. Den vom Arbeitgeber vorgelegten
Arbeitsvertrag habe nicht er unterschrieben. Mit weiterem, von der Beklagten zum Gegenstand des
Widerspruchsverfahrens gemachten Bescheid vom 12.03.2008 forderte sie die Erstattung überzahlter Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 10.04.2007 bis 23.04.2007 in Höhe von 85,39 EUR. Den Widerspruch
wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2008 zurück. Der Kläger habe am 10.04.2007 eine
mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Tätigkeit ausgeübt. Die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung
sei damit auch für die Zeit ab 15.04.2007 erloschen. Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG)
erhoben. Er habe keinen Arbeitsvertrag unterschrieben. Selbst wenn er vom 10.04.2007 bis 14.04.2007 beschäftigt
gewesen sei, sei darin eine lediglich gelegentliche Abweichung von geringer Dauer zu sehen. Das SG hat die Klage
mit Urteil vom 06.10.2010 abgewiesen. Der Kläger sei vom 10.04. bis 23.04.2007 nicht arbeitslos gewesen. Er habe
vom 10.04.2007 bis 14.04.2007 nach eigenen Angaben in einem Arbeitsverhältnis gestanden, wobei er tatsächlich nur
einen Tag gearbeitet habe. Dies habe zu einem Wegfall des Merkmals der Arbeitslosigkeit geführt. Ob er den
Arbeitsvertrag unterschrieben habe, könne daher dahingestellt bleiben. Die vorzeitige Beendigung des
Arbeitsverhältnisses führe mangels erneuter persönlicher Arbeitslosmeldung nicht zu einem Weiterbestehen des
Anspruches auf Arbeitslosengeld. Der Kläger habe aufgrund des ihm ausgehändigten Merkblattes zumindest grob
fahrlässig die Arbeitsaufnahme der Beklagten nicht unverzüglich mitgeteilt. Die Berufung hat das SG nicht
zugelassen. Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Er habe
nur einen Tag gearbeitet und sei dann wegen der Geburt seines Sohnes zuhause geblieben. Das SG habe § 119 Abs
3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht berücksichtigt. Er sei lediglich zeitlich geringfügig tatsächlich
beschäftigt gewesen (7,22 Stunden), wobei auf die Beschäftigungswoche und nicht auf die Kalenderwoche
abzustellen sei. Das SG habe jedoch lediglich auf die Vereinbarungen des Arbeitsvertrages abgestellt. Zur Ergänzung
des Tatbestandes wird auf die Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug
genommen. II. Die vom Kläger fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs 1 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs 1
Satz 1 Nr 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der
Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr
betroffen (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG).
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das
Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der
obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgericht abweicht und auf dieser Abweichung beruht
(Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und
vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3).
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte
Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten
und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-
Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 144 RdNr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der
Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne Weiteres beantworten lässt. Nicht
klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr
17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4). Der Kläger trägt vor, das SG
habe in seiner Entscheidung auf den schriftlichen Arbeitsvertrag abgestellt und nicht auf die tatsächliche
Beschäftigungszeit sowie auf die Beschäftigungswoche. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wird von
ihm damit nicht geltend gemacht. Sie liegt auch nicht vor, denn das SG hat allein auf die vom Kläger selbst
bestätigte, tatsächliche Beschäftigung für die Zeit vom 10.04. bis 14.04.2007 abgestellt. Dass er davon 4 Tage krankt
war oder aus anderen Gründen nicht zur Arbeit erschien, ändert am Vorliegen einer tatsächlichen Beschäftigung und
damit am Vorliegen zumindest eines faktischen Beschäftigungsverhältnisses nichts. Im Übrigen ist auch bislang nicht
ersichtlich, weshalb der Arbeitgeber eine Unterschrift des Klägers unter den Arbeitsvertrag fälschen sollte. Ein
Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung ist ebenfalls nicht zu erkennen. Der Kläger führt zwar
aus, das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 13.07.2006 - B 7a AL 16/05 R - auf die Beschäftigungswoche und
nicht auf die Kalenderwoche abgestellt. Hiervon weicht das SG in seiner Entscheidung jedoch nicht ab, denn es hat
allein auf die Beschäftigung in der Zeit vom 10.04.2007 (Dienstag) bis 14.04.2007 (Samstag) und somit auf ein
Arbeitsverhältnis, das sowohl die Kalender- als auch die Beschäftigungswoche umfasst, abgestellt. Einen
Verfahrensmangel macht der Kläger nicht geltend. Nachdem eine inhaltliche Überprüfung des Urteils des SG im
Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht stattfindet, vielmehr allein zu prüfen ist, ob Zulassungsgründe nach §
144 Abs 2 SGG vorliegen, war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG gemäß § 145
Abs 4 Satz 4 SGG rechtskräftig ist. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193
SGG. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).