Urteil des LSG Bayern vom 03.02.2009

LSG Bayern: verrechnung, stadt, akte, ergänzung, form, ermessen, unverzüglich, nachzahlung, altersrente, arbeitslosigkeit

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 03.02.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bayreuth S 6 R 4386/05
Bayerisches Landessozialgericht L 20 B 201/08 R
Der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 24.01.2008 wird aufgehoben. Die Beklagte hat die außergerichtlichen
Kosten des Verfahrens S 6 R 4386/05 zu tragen.
Gründe:
I. Streitig war die Ausführung eines Verrechnungsersuchens der AOK A-Stadt durch die Beklagte. Auf Antrag sollte
dem Kläger eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit rückwirkend zuerkannt werden. Aufgrund eines
Verrechnungsersuchens der AOK A-Stadt hörte die Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Verrechnung auch mit
der beabsichtigten Rentennachzahlung an. Hinsichtlich der Nachzahlung sei bei einer Verrechnung nicht zu prüfen, ob
der Kläger durch die Verrechnung sozialhilfebedürftig würde. Mit Bescheid vom 10.01.2005 verrechnete die Beklagte
den Anspruch der AOK A-Stadt mit der Rentennachzahlung. Auf die Frage der hierdurch entstehenden
Hilfebedürftigkeit des Klägers käme es nicht an. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, der mit
Widerspruchsbescheid vom 19.09.2005 zurückgewiesen wurde. Darin wird ausgeführt, dass auch hinsichtlich der
Rentennachzahlung eine Verrechnung dann nicht erfolgen könne, wenn der Kläger hierdurch entstehende
Hilfebedürftigkeit nachweise. Dies habe er jedoch nicht getan. Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht
Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat der Kläger Nachweise für seine Hilfebedürftigkeit vorgelegt. Nach weiteren
rechtlichen Erwägungen hat die Beklagte ein Anerkenntnis dahingehend abgegeben, dass der Bescheid vom
10.01.2005 aufgehoben werde. Sie sei bereit, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Kläger hat
nach Auffassung des SG das Anerkenntnis in der Hauptsache angenommen, zugleich aber eine Entscheidung über
die Kostentragung durch das SG begehrt. Die Beklagte habe die außergerichtlichen Kosten in vollem Umfange zu
übernehmen. Mit Beschluss vom 24.01.2008 hat das SG den Antrag des Klägers, der Beklagten die ihm
entstandenen außergerichtlichen Kosten in voller Höhe aufzuerlegen, abgelehnt. Der Kläger habe den Nachweis der
Hilfebedürftigkeit erst im Laufe des Klageverfahrens geführt. Die Beklagte habe zunächst keine Veranlassung für die
Klage gegeben, allerdings habe sie dann nicht unverzüglich anerkannt, so dass unter Berücksichtigung des
Veranlassungsprinzips die Beklagte die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu übernehmen habe. Hierzu habe sie
sich bereit erklärt. Eine darüber hinausgehende Kostenerstattung komme aber nicht in Betracht. Dagegen hat der
Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Beklagte habe die außergerichtlichen Kosten in
voller Höhe zu tragen. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage habe sich durch Vorlage des Nachweises zur
Hilfebedürftigkeit nicht ergeben. Zudem habe die Beklagte nicht umgehend, vielmehr erst nach mehreren Schreiben
und Stellungnahmen, den Anspruch anerkannt. Zu Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogen Akte der
Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz SGG- in der bis
31.03.2008 geltenden Fassung). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG in der bis 31.03.2008 geltenden
Fassung). Die Beschwerde ist auch begründet. Der Beschluss des SG ist aufzuheben. Die Beklagte hat die
außergerichtlichen Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens in vollem Umfange zu tragen. Gemäß § 193 Abs 1 SGG
hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach
billigem Ermessen zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben,
wenn das gerichtliche Verfahren - wie hier nach Auffassung des SG - anders als durch Urteil endet. Für die
Kostenentscheidung sind insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Weiter sind die Gründe
für die Klageerhebung und die Erledigung zu prüfen (vgl. hierzu: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG,
9.Aufl, § 193 Rdnr 13). Vorliegend hat zwar der Kläger durch Vorlage des Schuldscheines an das SG erstmals den
Nachweis für den Eintritt von Hilfebedürftigkeit nach Auffassung der Beteiligten geführt. Es ist jedoch zu
berücksichtigen, dass tatsächlich allein mit der Rentennachzahlung verrechnet wurde und der Kläger weder im
Anhörungsverfahren noch im Rahmen des Bescheides vom 10.01.2005 auf die Notwendigkeit des Nachweises der
Hilfebedürftigkeit für die diesbzgl erfolgte Verrechnung hingewiesen worden ist. Erst im Rahmen des
Widerspruchsbescheides vom 19.09.2005 konnte er erkennen, dass der Nachweis der Hilfebedürftigkeit auch
hinsichtlich der Verrechnung mit dem Rentennachzahlungsbetrag von Bedeutung ist. Es ist ihm somit nichts anderes
übrig geblieben, als gegen den Bescheid vom 10.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2005
Klage zu erheben und im Rahmen des Klageverfahrens entsprechende Nachweise vorzulegen. Auch hat die Beklagte
Klage zu erheben und im Rahmen des Klageverfahrens entsprechende Nachweise vorzulegen. Auch hat die Beklagte
im Rahmen des Klageverfahrens nicht unmittelbar nach Vorlage entsprechender Unterlagen ein Anerkenntnis
abgegeben. Erforderlich waren vielmehr weitere Ausführungen zur Sach- und Rechtslage durch den Kläger. Unter
Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips und der Erfolgsaussichten der Klage hat die Beklagte vorliegend die
außergerichtlichen Kosten in voller Höhe zu tragen. Nach alledem war auf die Beschwerde hin der Beschluss des SG
aufzuheben. Die Beklagte hat die gesamten außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Ob das SG noch über
einen Antrag auf PKH zu entscheiden hat, ist vom Senat nicht zu prüfen. Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist
unanfechtbar (§ 177 SGG).