Urteil des LSG Bayern vom 12.02.2003

LSG Bayern: unfallversicherung, bwk, wahrscheinlichkeit, gewissheit, sonntag, arbeitsunfall, befund, entschädigung, sicherheit, unfallfolgen

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 12.02.2003 (rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 4 U 199/99
Bayerisches Landessozialgericht L 2 U 16/01
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 30.11.2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darum, ob der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat, für dessen Folgen ihn die Beklagte zu
entschädigen hat.
Der 1946 geborene Kläger begab sich am 23.04.1996 zu dem Orthopäden Dr.R. , H-Arzt, und klagte über
Beschwerden an der Halswirbelsäule. Am 15.10.1995 sei er in seiner Tätigkeit als Kraftfahrer beim Aussteigen vom
Lkw ausgerutscht, dabei auf die Füße geprallt und habe einen Stich in der Halswirbelsäule verspürt. Er habe
weitergearbeitet und erstmals am 18.04.1996 einen Arzt aufgesucht. Auf den Röntgenaufnahmen konstatierte der H-
Arzt eine Höhenminderung TH 1, unruhige Konturierung der Deckplatte und eine kurzbogige linkskonvexe
Seitverbiegung. Er diagnostizierte u.a. einen älteren Deckplatteneinbruch TH 1. Ein Kernspintomogramm vom
17.05.1996 ergab keinen Nachweis einer relevanten Bandscheibenprotrusion oder eines Bandscheibenprolapses,
ferner keinen Nachweis einer älteren knöchernen Verletzung. Auf den Rekonstruktionen sei eine diskrete
Ventrolisthesis von C5 gegen C6 erkennbar (Gefügelockerung?). Dr.R. äußerte dann gegenüber der Beklagten, die
Diagnose über einen Deckplatteneinbruch lasse sich somit nicht halten. Bei der Gefügelockerung könne es sich um
Unfallfolgen handeln. Die Thoracolumbalskoliose sei jedoch unfallunabhängig.
Auf Anfrage der Beklagten gab der Kläger an, er habe den Unfall am 15.10.1995 auf Tour in Thüringen erlitten. An
diesem Tag sei er von D. Richtung Thüringen gefahren und nach seiner Ankunft in P. zum Abladen aus dem Lkw
ausgestiegen. Der damalige Arbeitgeber gab daraufhin gegenüber der Beklagten an, er habe von dem genannten
Unfall keine Kenntnis.
Nachdem der beratende Arzt der Beklagten geäußert hatte, das Ereignis mit Abrutschen vom Lkw beim Aussteigen
und Aufkommen mit den Füßen erscheine nicht ausreichend, eine mögliche Gefügelockerung im HWS-Bereich
auszulösen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.05.1998 die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen
Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 15.10.1995 ab, weil die Beschwerden im Bereich der
Halswirbelsäule nicht Folge des Vorfalles seien.
Mit seinem Widerspruch führte der Kläger aus, diese Ausführungen seien nicht zutreffend. Am 15.10.1995 sei er beim
Aussteigen aus dem Lkw ausgerutscht und hingefallen. Dabei habe er sich die Verletzungen an der Halswirbelsäule
zugezogen. Die Beklagte erbat daraufhin eine genauere Unfallschilderung. Der Kläger legte dar, er sei am 15.10.1995
mit dem Lkw von D. nach P. gefahren und habe dort zum Abladen aussteigen müssen. Dabei sei er aus einer Höhe
von 1,50 m rückwärts vom Fahrerhaus abgerutscht und mit seinem Hintern auf den Boden aufgeschlagen. Beim
Aufprall habe er einen starken Stich im oberen Bereich der Wirbelsäule gespürt. Auf eine weitere Anfrage der
Beklagten erklärte der Kläger, es lägen ihm keine Adressen von Personen vor, die seinen Unfall beobachtet hätten.
Seinen damaligen Arbeitgeber habe er von dem Vorfall unterrichtet, als er von der Tour zurückgekommen sei. Bei
dem Aufprall seien sowohl Beine als auch Hintern in Mitleidenschaft gezogen worden. Aus einer von der Beklagten
beigezogenen Auskunft der AOK Bayern ergibt sich, dass der Kläger vom 09. bis 18.05.1990 wegen eines
Bandscheibenprolaps und Lumbago arbeitsunfähig war.
Die Beklagte holte ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.M. vom 18.02.1999 ein. Dort gab der Kläger an, an
Rückenbeschwerden habe er nie gelitten. An das genaue Unfalldatum im Oktober 1995 konnte der Kläger sich nicht
erinnern. Er sei aus seinem Lkw rückwärts ausgestiegen, abgeglitten und auf den Rücken gefallen. Einzelheiten des
Ereignisses wisse er nicht mehr so genau. Er sei möglicherweise auf das Gesäß gestürzt, auf jeden Fall aber auf die
Brustwirbelsäule und den Kopf, denn er habe an jenem Tag den ganzen Tag Kopfschmerzen verspürt. Am gleichen
Tag und gleichen Ort sei er abermals in gleicher Weise gestürzt. Er habe nicht viel auf die Sache gegeben und sei
nach Hause gekommen und habe Schmerzen verspürt in der Nackenregion. Der Sachverständige stellte die Diagnose
der Gefügelockerung C5/C6 bzw. einer Instabilität der Halswirbelsäule allein aufgrund der radiologischen Diagnostik
und ohne klinisch funktionellen Befund in Frage. Selbst wenn man den Befund so gelten lasse, sei jedoch zu sagen,
dass er in aller Regel als Ausdruck eines alterungsbedingten Verschleißleidens in einem Bewegungssegment zweier
benachbarter Wirbel zu sehen sei, dem ursächlich ein alterungsbedingtes so genanntes Verschleißleiden der
Bandscheibe zugrunde liege. Nur am Rande sei darauf hinzuweisen, dass auch ein geeignetes Unfallereignis eine
isolierte Schädigung einer Bandscheibe nicht bewirken könne, wenn diese nicht erheblich vorgeschädigt sei.
Außerdem werde medizinisch-wissenschaftlich gefordert, dass im unmittelbaren Umfeld einer solchen unfallbedingten
isolierten Bandscheibenschädigung dadurch bewirkte ärztlicherseits dokumentierte Nervenwurzel- und
Muskelreizerscheinungen festgestellt würden. Diese Voraussetzungen seien beim Versicherten nicht gegeben. Zum
einen handle es sich bei dem Unfallereignis nicht um ein Unfallereignis, das als geeignet bezeichnet werden könne,
auch eine vorgeschädigte Bandscheibe weiter zu schädigen. Zum anderen seien im unmittelbaren Umfeld des
Unfallereignisses durch eine solche Schädigung bedingte Nervenwurzel- und Muskelreizerscheinungen der oberen
Gliedmaßen nicht dokumentiert, sie seien auch nicht später dokumentiert. Wesentlich sei auch, dass bislang lediglich
ein Verdacht auf eine Gefügelockerung bestehe, dass also ein entsprechender körperlicher Schaden nicht mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sei. Die Art der Verletzung im Oktober 1995 sei nicht mehr
feststellbar und müsse dem Grunde nach ganz offengelassen werden.
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.1999 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und die Entschädigung wegen der Folgen des am 15.10.1995 erlittenen
Unfalles beantragt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.S. vom
29.12.1999 eingeholt. Auch dort hat der Kläger angegeben, er habe nie an Rückenschmerzen oder HWS-Beschwerden
gelitten. Wegen des Wechsels auf einen Lkw neuen Fabrikates habe er den damit verbundenen Wechsel des
Aussteigevorgangs noch nicht verinnerlicht und sei aus einer Höhe von ca. 2 m bis 1,50 m ungebremst zuerst auf das
Gesäß und dann anschließend mit Kippung auf den Oberkörper und den Hinterkopf gestürzt. Der Unfall habe sich am
15.10.1995 um 7.00 Uhr morgens ereignet. Direkt nach dem Unfall habe er den ganzen Tag Kopfschmerzen verspürt.
Am gleichen Tag sei er erneut vom gleichen Lkw-Typ in derselben Weise auf den Boden gestürzt. Er habe den
ganzen Tag Nackenschmerzen verspürt. Zusammenfassend führt der Sachverständige aus, der zweimalige Sturz
vom Lkw könne im Sinne der haftungsausfüllenden Kausalität als relevantes Schädigungsereignis im Sinne einer
Conditio sine qua non angesehen werden. Der Kläger habe vor diesem Ereignis keine Probleme mit der Wirbelsäule
gehabt, es lägen keine Röntgenaufnahmen oder andere Aufnahmen der Halswirbelsäule vor, die einen Beweis von
degenerativen Veränderungen oder anderen Veränderungen antreten könnten. Zum jetzigen Zeitpunkt könne im
Kernspintomogramm einerseits eine segmentale Instabilität in den Segmenten C5/6 und C6/7 festgestellt werden.
Ferner bestünden Protrusionen der Bandscheibe auf den Etagen HWK 5/6 und 6/7. Andererseits habe deutlich ein
älterer Deckplatteneinbruch des BWK 1 linksseitig festgestellt werden können. Es sei durchaus möglich, dass die
Reparaturvorgänge ein halbes Jahr nach einem traumatischen Ereignis bereits soweit fortgeschritten seien, dass im
CT oder Kernspin ein Deckplatteneinbruch als älterer Deckplatteneinbruch von BWK 1 genannt werde. Die lange
Latenzzeit zwischen Ereignis und erster ärztlicher Inanspruchnahme erkläre sich auch durch die gute muskuläre
Ausstattung des Klägers, der durch diese muskuläre Stabilität sehr viel habe kompensieren können. Durch den Unfall
sei ein Dauerschaden in Gestalt einer Impressionsfraktur des BWK 1 linke Seite sowie eine Instabilität in den
Segmenten HWK 5/6 und 6/7 linksbetont mit konsekutiv resultierender Sensibilitätsminderung entstanden, so dass
eine MdE von 20 % resultiere.
Die Beklagte hat hierzu eine gutachterliche Stellungnahme ihres Beratungsarztes, des Chirurgen Dr.N. vom
02.02.2000 vorgelegt. Darin weist der Arzt zunächst auf die widersprüchlichen Sachverhaltsangaben des Klägers hin
und darauf, dass Rückenbeschwerden im Jahre 1990 dokumentiert seien. Der Beratungsarzt schließt sich dem
Sachverständigen Dr.M. an. Dr.S. gehe von neuen Schilderungen des Klägers aus. Seinen Schlussfolgerungen könne
in keiner Weise zugestimmt werden, u.a. würden im Vorfeld degenerative Veränderungen beschrieben, die dann
wieder als Unfallfolgen aufgelistet würden.
Mit Urteil vom 30.11.2000 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Für die Annahme eines
Arbeitsunfalles sei zunächst Voraussetzung, dass das Unfallereignis mit Gewissheit bewiesen sei, d.h. dass kein
vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch Zweifel habe. An den gegenüber Dr.S. vom
Kläger gemachten Angaben zum Unfallhergang verblieben dem Gericht angesichts der früheren, unbeeinflussten
Angaben des Klägers noch Zweifel, so dass der Hergang mit einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit
nicht erwiesen sei. Selbst unter Zugrundelegung der gegenüber Dr.S. gegebenen Unfallschilderung wäre der Klage der
Erfolg versagt geblieben. Insoweit stützt sich das Gericht auf das Gutachten des Dr.M. und sieht die Einwendungen
der Beklagten gegen das Gutachten des Dr.S. als stichhaltig an.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er hat zunächst ausgeführt, er sei nunmehr
verständlicherweise nach über vier Jahren nicht mehr in der Lage, sein Ausgleiten und Abstürzen aus dem Fahrerhaus
des Lkw minutiös zu schildern. Er könne jedoch mit Gewissheit sagen, dass sowohl Beine, Gesäß als auch
Hinterkopf bei dem Sturz in Mitleidenschaft gezogen worden seien. Im Übrigen stützt er sich auf das Gutachten des
Sachverständigen Dr.S ... Er legt eine Bestätigung des behandelnden Orthopäden Dr.R. vor, wonach aus einer
beigefügten Literaturstelle ersichtlich sei, dass eine Verschiebung von Halswirbeln als Unfallfolge anzusehen sei. Eine
derartige Ventralverschiebung von C5 gegenüber C6 sei im Befundbericht vom 20.05.1996 beschrieben. Aus der
beigefügten Literaturstelle ergibt sich, dass bei HWS-Verletzungen jeglicher Genese u.a. Subluxationen entstehen
könnten.
Auf einen Hinweis des Senats, in dem u.a. auch Zweifel am Nachweis des Unfallhergangs geäußert sind, hat der
Kläger eine erneute Schilderung gegeben. Danach sei er am Sonntagabend losgefahren, um Baumärkte im Osten zu
beliefern. Der Unfall habe sich früh morgens gegen 7.00 Uhr bis 7.30 Uhr ereignet. Die Unfallschilderung deckt sich
mit der zuvor gegenüber Dr.S. gegebenen mit einer Ausnahme, nämlich dass der Kläger rückwärts im Bereich
zwischen Gesäß und unterem Rückenbereich auf der Straße aufgeschlagen sei. Er habe sofort beim Aufprall einen
starken Stich im oberen Bereich der Wirbelsäule gespürt. Er schließe aus, dass auch noch sein Kopf beim Sturz auf
die Straße aufgeprallt sei. Er sei damals froh gewesen, dass er nicht mit dem Kopf auf die Bordsteine gefallen sei. Im
weiteren Verlauf des Sturzes habe er sich nach hinten abgerollt und sei noch mit circa der Schulterpartie auf den
Boden aufgekommen. Am Nachmittag des gleichen Tages habe sich in der Hektik der Liefertermine der gleiche Vorfall
erneut ereignet. Der Kläger habe weitergearbeitet, um seinem Arbeitgeber keine Lohnfortzahlungen zu bescheren und
unter Umständen sogar die Ausstellung bzw. Kündigung zu riskieren. Die Bevollmächtigte hat im Schreiben vom
05.07.2002 hinzugefügt, sie sei am Freitag Abend nach dem Unfall im Hause des Berufungsklägers zum Abendessen
gewesen und könne sich noch an Stimmung und Gesprächsausschnitte erinnern, vor allem an die Betroffenheit der
Ehefrau des Klägers.
Beim 15.10.1995 handelt es sich um einen Sonntag (Kirchweih-Sonntag).
Die Bevollmächtigte bietet sich als Zeugin dafür an, dass der Kläger am 15.10.1995 tatsächlich einen Unfall erlitten
hat, wie es sich aus dem Schriftsatz vom 05.07.2002 ergebe.
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Regensburg vom 30.11.2000 und den Bescheid der Beklagten vom
26.05.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
ihm wegen des Unfalls vom 15.10.1995 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu bezahlen, hilfsweise
ein Gutachten nach § 106 SGG einzuholen, welches klären soll, dass das Geschehen vom 15.10.1995 wesentliche
Bedingung für die Veränderungen der Halswirbelsäule des Klägers sind, insbesondere weil zu dieser Frage
kontroverse Gutachten vorlägen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sind die Akten der Beklagten und die Akte
des Sozialgerichts Regensburg in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der
Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen. -
Entscheidungsgründe:
Entscheidungsgründe:
Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144
SGG besteht nicht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, denn dem Kläger steht keine Entschädigung aus der gesetzlichen
Unfallversicherung wegen Folgen des geltend gemachten Vorfalles vom 15.10.1995 zu.
Die Entscheidung des Rechtsstreits richtet sich auch im Berufungsverfahren nach den bis 31.12.1996 geltenden
Vorschriften der RVO, da ein Unfall vor dem 01.01.1997 geltend gemacht wird (§ 212 SGB VII).
Arbeitsunfall war nach § 548 Abs.1 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543-545
RVO genannten Tätigkeiten erlitt.
Für die Annahme, dass sich der Unfall bei der versicherten Tätigkeit ereignet hat, ist in der Regel erforderlich, dass
das Verhalten beim Unfall einerseits zur versicherten Tätigkeit zu rechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits
den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der Betriebstätigkeit bestehen, die es
rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr.21).
Zusätzlich erfordert die Annahme eines Arbeitsunfalles, dass die als schädigend geltend gemachte Arbeitsverrichtung
wesentlich ursächlich oder wenigstens mitursächlich für eine Gesundheitsstörung gewesen ist. Die Annahme einer
Conditio sine qua non, bei der jede Ursache im naturwissenschaftlichen Sinne als ausreichend zu berücksichtigen ist,
reicht hierfür nicht aus (vgl. Ricke KassKomm Stand März 1995 vor § 548 RVO Rdnr.2 mwN).
Hierbei bedürfen alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises dergestalt, dass sie mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben (vgl. BSGE 45, 285, 286). Dies betrifft in erster Linie den
Unfallvorgang selbst und zwar sowohl bezüglich der Frage, ob er überhaupt stattgefunden hat als auch bezüglich jener
Abläufe, die als Ursache für eine Gesundheitsstörung in Betracht gezogen werden müssen.
Das Ergebnis der Beweisaufnahme ist im vorliegenden Fall - wie bereits das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat -
nicht geeignet, den notwendigen Nachweis für den Unfall und dessen Ablauf zu führen. Für den Nachweis des
Unfallgeschehens stehen lediglich die Angaben des Klägers zur Verfügung, nachdem der Unfall bzw. die Unfälle
selbst angeblich ohne benennbare Zeugen geschehen sind. Auf die Angaben des Klägers selbst kann jedoch keine
Überzeugung des Gerichts zu seinen Gunsten gegründet werden. Der Kläger hat zum Unfallgeschehen
unterschiedliche, einander widersprechende Angaben gemacht. Die Erklärungen zu diesen unterschiedlichen Angaben
sind nicht so überzeugend, dass der Senat eine der Schilderungen des Klägers als beweiskräftig zugrunde legen
könnte. Zunächst ist unklar, wann der Unfall geschehen sein soll. Der Kläger hat zum Teil angegeben, dass er den
Unfalltag nicht mehr genau wisse, im Übrigen hat er sich auf den 15.10.1995 festgelegt. Nach einer ersten Version ist
er an diesem Tag von D. nach P. gefahren und dort zum Abladen ausgestiegen. Nach der Version im
Berufungsverfahren ist er am Sonntagabend von zu Hause losgefahren und der Unfall wäre am nächsten Morgen
geschehen. Beide Versionen können bezüglich des Datums nicht stimmen, da es sich beim 15.10.1995 um einen
Sonntag gehandelt hat. Dass der Kläger den Unfall seinem Arbeitgeber mitgeteilt habe, ist von diesem bestritten
worden und dementsprechend keine Unfallmeldung erstattet worden. Auch bezüglich der Meldung an seinen
Arbeitgeber hat der Kläger unterschiedliche Angaben gemacht. Zunächst will er die entsprechende Meldung nach
Abschluss der Tour gemacht haben, dann hat er angegeben, die Meldung des Unfalls unterlassen zu haben, um dem
Arbeitgeber keine Probleme zu machen und seinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden.
Auch bezüglich des Ablaufs des Unfallgeschehens, insbesondere mit welchen Körperteilen er auf welche Weise auf
den Boden angekommen sei, hat der Kläger unterschiedliche Angaben gemacht. Dieser Ablauf ist jedoch ausweislich
der Gutachten des Dr.M. und des Dr.S. beweiserheblich für die Frage, ob das geltend gemachte Unfallgeschehen
ursächlich für die geltend gemachten Gesundheitsstörungen war.
Der Senat sieht keinerlei überzeugende Gesichtspunkte, die es rechtfertigen würden, eine der vom Kläger gegebenen
Schilderungen auszuwählen und daraus die Überzeugung vom Nachweis eines bestimmten Unfallherganges zu
begründen. Da keine der vom Kläger gegebenen Schilderungen als hinreichend bewiesen angesehen werden kann,
liegt auch kein Sachverhalt vor, der einer gutachterlichen Beurteilung des Zusammenhanges zwischen dem geltend
gemachten Unfall und den später geltend gemachten Gesundheitsstörungen zugrunde gelegt werden könnte.
Der Einvernahme der Bevollmächtigten des Klägers als Zeugin bedarf es nicht mehr. Von ihr ist keine
entscheidungserhebliche Information zu erwarten. Der Beweisantrag bezieht sich ausdrücklich auf die mit Schriftsatz
vom 05.07.2002 wiedergegebene Wahrnehmung, wonach sich die Bevollmächtigte noch an Stimmung und
Gesprächsausschnitte am Freitag nach dem Unfall erinnern könne, vor allem an die Betroffenheit der Ehefrau des
Klägers. Die Bevollmächtigte war damit nicht Zeugin des Unfalls und dessen Hergang und kann damit lediglich, soweit
es entscheidungserheblich ist, Darstellungen des Klägers wiedergeben, was sie als Bevollmächtigte im
Berufungsverfahren ausführlich schriftlich getan hat.
Angesichts des nicht hinreichend bewiesenen Unfalles und dessen Hergangs ist eine weitere Beweiserhebung auf
medizinischem Fachgebiet nach § 106 SGG nicht mehr durchzuführen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass der Kläger in beiden
Rechtszügen nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.