Urteil des LSG Bayern vom 27.07.2005

LSG Bayern: ärztliche behandlung, mitgliedschaft, kaufmännischer angestellter, freiwillige versicherung, aufschiebende wirkung, krankenversicherung, versichertenkarte, nebenkosten, aufrechnung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 27.07.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 44 KR 624/00
Bayerisches Landessozialgericht L 2 P 20/05
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 02.08.2002 wird verworfen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Beiträgen zur Pflegeversicherung für zwei Monate in Höhe
von 387,28 DM = 197,51 Euro.
Der 1944 geborene Kläger (kaufmännischer Angestellter) ließ sich nach der Beendigung seines
Beschäftigungsverhältnisses zum 30.09.1999 bei der Beklagten freiwillig weiterversichern. Sie forderte mit
Beitragsbescheid vom 17.01.2000 einen Gesamtbetrag ab 01.10.1999 von monatlich 943,50 DM
(Krankenversicherung 835,12 DM, Pflegeversicherung 108,38 DM) und mit dem weiteren Bescheid vom gleichen Tage
einen monatlichen Gesamtbeitrag in Höhe von 954,62 DM (Krankenversicherung 844,96 DM, Pflegeversicherung
109,66 DM).
Sie erinnerte ihn mit Bescheid vom 17.02.2000 an die Zahlung der Beitragsrückstände in der Krankenversicherung
und sozialen Pflegeversicherung (Gesamtforderung: 3.841,62 DM, hiervon Beiträge 3.785,12 DM), setzte ihm zur
Zahlung eine Frist von einer Woche und wies ihn auf die zwangsweise Beitreibung hin sowie darauf, dass die
Mitgliedschaft mit Ablauf des nächsten Zahltages endet, wenn für zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises
auf die Folgen nicht entrichtet werden. Mit Bescheid vom 11.04.2000 wies die Beklagte den Kläger ein weiteres Mal
auf das Ende der Mitgliedschaft (17.04.2000) hin, da für zwei Monate die Beiträge nicht entrichtet wurden. Ferner
erinnerte sie ihn an die Zahlung der Beiträge einschließlich Nebenkosten in der Kranken und Pflegeversicherung in
Höhe von 6.639,50 DM (Beiträge zur Krankenversicherung: 5.519,04 DM, Beiträge zur Pflegeversicherung: 716,26
DM, jeweils bis 17.04.2000.)
Der Kläger legte hiergegen am 10.05.2000 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 15.05.2000 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und nahm den Bescheid vom
11.04.2000 zurück. Beiträge seien jedoch bis 17.01.2000 zu zahlen. Der Kläger habe am 15.12.1999 für zwei Monate
keine Beiträge entrichtet. Wenn der Beitragsrückstand nicht binnen einer Woche beglichen werde, werde die Kasse
das gerichtliche Beitreibungsverfahren beantragen. Mit dem weiteren Bescheid vom 15.05.2000 forderte die Beklagte
die Zahlung des Beitragsrückstandes bis 17.01.2000 einschließlich Nebenkosten in Höhe von 3.555,74 DM (Beiträge
zur Krankenversicherung 2.984,16 DM, Beiträge zur Pflegeversicherung 387,28 DM) und bat um Ausgleich binnen
einer Woche. Sie beauftragte am 04.07.2000 das Hauptzollamt R. , wegen der Beitragsforderung von nunmehr
insgesamt 3.609,04 DM die Zwangs-vollstreckung durchzuführen.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 29.09.2000 Widerspruch ein. Er forderte die Bearbeitung des
Widerspruchs gegen den Bescheid vom 11.04.2000. Die Beklagte gab dem Kläger mit Schreiben vom 13.10.2001
Zwischennachricht und wies ihn darauf hin, dass der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe. Die
rückständigen Beiträge seien zu entrichten.
Am 10.10.2000 hat der Kläger beim Sozialgericht München (SG) Untätigkeitsklage erhoben. Die Beklagte hat mit den
Schriftsätzen vom 08.01.2001 und 27.04.2001 darauf hingewiesen, dass der Kläger für die Zeit der freiwilligen
Mitgliedschaft vom 01.10. 999 bis 17.01.2000 Beiträge zu entrichten habe in Höhe von insgesamt 3.371,44 DM für
Kranken- und Pflegeversicherung, zuzüglich Säumniszuschlägen und Mahngebühren. Die Beiträge zur Kranken- und
Pflegeversicherung seien für freiwillig Versicherte nach der Satzung der Kranken- bzw. Pflegekasse bis zum 15. des
Folgemonats zu zahlen. So waren bis 15.11. die Beiträge für Oktober und bis 15.12. die Beiträge für November zu
entrichten. Dies sei nicht geschehen. Das Ende der Mitgliedschaft sei somit der Ablauf des nächsten Zahltages. Da
der 15. des Folgemonats, der 15.01.2000, auf einen Samstag gefallen sei, habe sich als Zahltag der 17.01.2000
ergeben. Damit habe die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers am 17.01.2000 geendet.
Der Kläger ist zum 03.04.2001 vom Arbeitsamt bei der Beklagten angemeldet worden. Das SG hat im
Erörterungstermin vom 09.05. 2001 einen Beschluss erlassen, mit dem es den Rechtsstreit bis zum Abschluss des
Widerspruchsverfahrens ausgesetzt hat. Die Beklagte hat den Kläger am 29.06.2001 erneut wegen der Zahlung der
rückständigen Beiträge einschließlich Nebenkosten (Gesamtforderung 4.048,44 DM) gemahnt.
Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2001 den Widerspruch zurückgewiesen. Die freiwillige
Mitgliedschaft des Klägers habe am 17.01.2001 wegen der fehlenden Beitragszahlung für zwei Monate geendet. Der
gesamte Beitragsrückstand einschließlich Nebenkosten betrage nunmehr 4.048,44 DM.
Mit Schreiben vom 08.08. und 17.08.2001 hat der Kläger gegen die Beklagte Forderung aus ungerechtfertigter
Bereicherung und Schmerzensgeld erhoben und geltend gemacht, er habe die Versichertenkarte noch nicht erhalten.
Die Beklagte hat am 19.09. 2001 dem SG mitgeteilt, obwohl der Kläger die ihm seit November 1999 vorliegende
Krankenversicherungskarte nie zurückgegeben habe, habe sie ihm am 16.07.2001 eine neue Karte ausgestellt und an
ihn versandt. Der Kläger hat am 20.11.2001 erklärt, dass er die Karte am 20.10.2001 erhalten habe. Die Beklagte sei
ab Oktober 2001 ungerechtfertigt bereichert, und er rechne gegen eine eventuellen Anspruch aus der streitbefangenen
Zeit seit 1999 auf.
Das SG hat mit Urteil vom 02.08.2002 die Klage abgewiesen. Da der Kläger keine Beitragszahlungen für die freiwillige
Versicherung geleistet habe, habe die Beklagte die Versicherung wirksam zum 17.01.2000 beendet. Wegen der
Teilabhilfe sei die Untätigkeitsklage im Umfang der Abhilfe unzulässig gewesen und mit der Erteilung des
Widerspruchsbescheides erledigt. Es habe jedoch für die Fortführung des Verfahrens durch den Kläger eine
sachdienliche Klageänderung vorgelegen. Dem weiteren Begehren, eine Aufrechnung mit den Beiträgen vom April
2001 bis Oktober 2001 im Hinblick auf die nicht erhaltene Versichertenkarte zu erreichen, sei nicht stattzugeben. Eine
wirksame Aufrechnung scheitere am Fehlen einer Forderung des Klägers. Für das Vorliegen von
Schadensersatzansprüchen bzw. ein Zurückbehaltungsrecht gegen die Beklagte bezüglich der nicht erhaltenen
Krankenversicherungskarte gebe es keine Anhaltspunkte. Ein Schadensersatzanspruch sei wegen des fehlenden
Nachweises eines Schadens nicht gegeben. Das Fehlen der Versichertenkarte sei kein Hinderungsgrund für eine
ärztliche Behandlung gewesen, da die Mitgliedschaft durch einen Anruf bei der Versicherung hätte bestätigt werden
können. Auch ein Zurückbehaltungsrecht habe der Kläger nicht ausüben können. Er sei aufgrund der neuen
Mitgliedschaft bei der Beklagten auch seit dem 03.04.2001 zur Beitragszahlung verpflichtet gewesen. Das Fehlen der
Versichertenkarte, die diese Mitgliedschaft gegenüber den Leistungserbringern nach außen dokumentiert, habe auf
diese Beitragspflicht keinen Einfluss.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 16.08.2002. Die Beitragsschuld bestehe nur in Höhe von
2.408,17 DM anstelle der von der Beklagten angegebenen Summe von 3.371,44 DM. Ferner habe er gegen die
Beklagte Ansprüche auf Schadensersatz bzw. ungerechtfertigter Bereicherung für die Zeit von April bis Oktober 2001
in Höhe der Beiträge, da er wegen Fehlens der Krankenversicherungskarte ärztliche Behandlung oder Arzneimittel
nicht habe in Anspruch nehmen können. Er habe mit diesen Ansprüchen gegen den Anspruch der Beklagte in Höhe
von 2.408,17 DM aufgerechnet.
Der 4. Senat des BayLSG trennte in der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2005 durch Beschluss das Verfahren ab,
soweit es die Beiträge zur Pflegeversicherung betreffe, und gab es an den hierfür zuständigen 2. Senat ab. Der 4.
Senat wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 02.08.2002 zurück.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts München vom 02.08.2002 sowie den Bescheid vom
15.05.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Klage und
Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist nicht zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes erreicht
nicht 500,00 Euro (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG).
Der Kläger streitet im vorliegenden Verfahren lediglich um die von der Beklagten mit Bescheid vom 15.05.2000
geforderten Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von 387,28 DM = 197,51 Euro.
Die Forderung des Klägers auf Beitragserstattung für die Monate April bis Mai 2001 und die gegen die Beklagte
geltend gemachte Aufrechnung in Höhe der gesamten Beitragsforderung betreffen lediglich die streitigen
Krankenversicherungsbeiträge. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger diese Forderungen mit dem angeblichen
Nichterhalten der Krankenversicherungskarte begründet; die Beitragszahlung zur Pflegeversicherung ist davon nicht
berührt.
Die Berufung wurde auch nicht vom Sozialgericht im Urteil vom 02.08.2002 zugelassen. Zwar enthält die
Rechtsmittelbelehrung den Satz, das Urteil könne mit der Berufung angefochten werden. Für die Zulassung der
Berufung genügt aber nicht die Erwähnung in der Rechtsmittelbelehrung, erforderlich ist eine eindeutige Entscheidung
über die Zulassung der Berufung in den Entscheidungsgründen. Im Übrigen betraf die Entscheidung des
Sozialgerichts einen höheren Streitwert, nämlich sowohl die streitigen Forderungen bezüglich der
Krankenversicherungs- als auch der Pflegeversicherungsbeiträge.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.