Urteil des LSG Bayern vom 06.09.2010
LSG Bayern: aufschiebende wirkung, darstellung des sachverhaltes, privates interesse, öffentliches interesse, überwiegendes interesse, hauptsache, wohnung, verwertung, zuschuss, leistungsanspruch
Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 06.09.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bayreuth S 13 AS 137/10 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 11 AS 397/10 B ER
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Bayreuth vom 14.05.2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller (ASt) begehren laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg
II) nach dem Zweiten Buch Sozilagesetzbuch (SGB II) als Zuschuss.
Die ASt sind Eigentümer eines Hauses mit einer Geschossfläche von 250 m². Im Erdgeschoss des Hauses befindet
sich ein Ladenlokal, das - nach Angaben der ASt - wegen eines nicht sanierten Wasserschadens seit mehr als einem
Jahr nicht vermietet ist. Aus der im 1. Obergeschoss liegenden Wohnung werde ein Mietzins von 240.- EUR
monatlich erzielt. Die Wohnung im 2. Obergeschoss bewohnen die ASt selbst. Der Verkehrswert des gesamten
Gebäudes liege einer Schätzung in einem Zwangsversteigerungsverfahren zufolge bei 151.000.- EUR. Mit Ausnahme
einer Zwangssicherungshypothek am Miteigentumsanteil des ASt zu 1 in Höhe von 9.510,60 EUR sind keine
dinglichen Belastungen im Grundbuch eingetragen. Ein im Jahr 2005 eingetragenes Zwangsversteigerungsverfahren
wurde am 21.06.2007 aus dem Grundbuch gelöscht.
Der ASt zu 1 und seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau, die ASt zu 2, bezogen zuletzt bis
November 2008 laufende Leistungen nach dem SGB II. Klageverfahren wegen der Höhe der Leistungen sind beim
Sozialgericht Bayreuth (SG) noch anhängig. In der Folgezeit lehnte die Antragsgegnerin (Ag) die Fortzahlung von
Leistungen mangels Nachweises der Bedürftigkeit der ASt mit Bescheid vom 20.01.2009 in der Ge-stalt des
Widerspruchsbescheides vom 25.03.2009 ab. Auch über die hiergegen erhobene Klage (S 13 AS 335/09) hat das SG
bislang nicht entschieden. Die in diesem Zusammenhang eingeleiteten Eilverfahren blieben erfolglos (Beschlüsse des
Senates vom 04.06.2009 und 19.01.2010 - L 11 AS 249/09 B ER und L 11 AS 830/09 B ER).
Am 31.12.2009 teilte der ASt zu 1 der Ag die Geburt seiner Tochter (K.; geb. 2009) mit und forderte die Nachzahlung
der Leistungen für die Jahre 2007 und 2008 sowie einen Vorschuss auf die zu erwartenden Leistungen für das Jahr
2009. Zudem beantragte er die Anmeldung bei der gesetzlichen Krankenversicherung und die Zahlung laufender
Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 in Höhe von 300.- EUR monatlich.
Zwischenzeitlich versagte die Ag mit Bescheid vom 08.01.2010 den ASt die Bewilligung von Alg II wegen fehlender
Mitwirkung für die Zeit ab dem 04.12.2009. Über die gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom
12.04.2010 zum SG erhobenen Klage (S 13 AS 456/10) ist bislang nicht entschieden.
In Bezug auf den Fortzahlungsantrag für die Zeit ab dem 01.01.2010 forderte die Ag den ASt zu 1 mit Schreiben vom
14.01.2010 auf, vollständige umfängliche Nachweise zum Einkommen und Vermögen einschließlich der dazu
gehörenden Anträge bis spätestens 31.01.2010 vorzulegen. Zudem lud sie den ASt zu 1 zur Besprechung der
Leistungsangelegenheiten für den 21.01.2010 ein. Zu diesem Termin war ihm aufgegeben u.a. Nachweise über die
Verwertungsbemühungen in Bezug auf die Wohnung im 1. Obergeschoss sowie des Ladenlokales vorzulegen. Die Ag
wies den ASt zu 1 auch darauf hin, dass im Falle fehlender Mitwirkung die Leistungen nach §§ 60, 66
Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) vollständig versagt werden können. Zu dem Termin am 21.01.2010 erschien
der ASt zu 1 nicht, nachdem er bereits mit Schreiben vom 12.01.2010 angekündigt hatte, keinerlei Unterlagen
vorzulegen, solange über seine Ansprüche aus den Jahren 2007 und 2008 nicht entschieden sei. Mit Bescheid vom
10.02.2010 versagte die Ag die Zahlung von Alg II für die Zeit ab dem 01.01.2010, weil die ASt die im Schreiben und
der Einladung vom 14.01.2010 genannten Unterlagen nicht vorgelegt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhaltes
erschwert hätten. Im Rahmen der Ermessensausübung sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Möglichkeiten der
Amtsermittlung erschöpft seien. Zudem sei der ASt zu 1 uneinsichtig und verweigere hartnäckig die Vorlage von
Unterlagen, so dass nicht auszuschließen sei, es lägen Einkommens- und Vermögensverhältnisse vor, die einem
Leistungsanspruch entgegenstünden. Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 10.05.2010 haben die
ASt Klage zum SG erhoben (S 13 AS 622/10), über die bislang nicht entschieden ist.
Am 11.02.2010 beantragte der ASt die Bewilligung von Alg II als Darlehen. In diesem Zusammenhang lud die Ag den
ASt zu 1 erneut zur Besprechung der Leistungsangelegenheiten für den 24.02.2010 ein. Zu diesem Termin war ihm -
wie bereits mit der Einladung zum 21.01.2010 - aufgegeben, u.a. Nachweise über die Verwertungsbemühungen in
Bezug auf die Wohnung im 1. Obergeschoss sowie des Ladenlokales vorzulegen. Die Ag wies den ASt zu 1 auch
darauf hin, dass im Falle fehlender Mitwirkung die Leistungen nach §§ 60, 66 SGB I vollständig versagt werden
können. Zu dem Termin erschien der ASt zu 1 nicht, worauf die Ag auch den Antrag auf darlehensweise Bewilligung
der Leistungen wegen fehlender Mitwirkung mit Bescheid vom 24.02.2010 ablehnte. Über den hiergegen erhobenen
Widerspruch hat die Ag bisher nicht entschieden.
Bereits am 05.02.2010 haben die ASt beim SG beantragt, die Ag im Wege einer einstweiligen Anordnung zu
verpflichten die ASt rückwirkend zum 01.12.2008 zur Krankenversicherung anzumelden. Die Ag habe auf ihren Antrag
vom 29.12.2009 nicht reagiert, mit dem auch Leistungen für die Tochter K. beantragt worden seien. Auf Hinweis des
Gerichtes haben die ASt u.a. vorgetragen, die Verwertung von Teilen des Hauses sei laut Auskunft des
Immobilienmaklers O. und des Notars nicht möglich und uninteressant. Das Haus könne nur insgesamt verkauft
werden. Diese Informationen könne die Ag selbst durch einfache telefonische Anfragen ermitteln.
Im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem SG am 25.03.2010 hat der ASt zu 1 angegeben, aus seiner
selbständigen Tätigkeit monatliche Einnahmen in Höhe von 300.- EUR zu erwarten. Darüber hinaus beziehe er
Kindergeld und Elterngeld. Weitere Einkünfte beziehe weder er noch seine Ehefrau. Die Beteiligten erklärten sich in
diesem Termin damit einverstanden, dass in der Sache vorerst noch keine Entscheidung ergehe, weil sich der ASt zu
1 um eine Beleihung des Hausgrundstückes bemühe wolle. Darüber hinaus werde er sich um weitere
Verwertungsmöglichkeiten bemühen und seine Bemühungen belegen. Die Ag erklärte in diesem Zusammenhang ihre
Bereitschaft zunächst darlehensweise Leistungen zu erbringen, soweit die ASt belegen könnten, dass die Beleihung
des Hausgrundstückes durch eine Bank nicht möglich sei.
Am 09.04.2010 haben die ASt gegenüber dem SG erklärt, die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II auf
Darlehensbasis sei in ihrem Fall rechtswidrig, weil auch in der Vergangenheit Leistungen als Zuschuss erbracht
worden seien. Zudem sei fraglich, ob das Haus zu verwerten sei.
Das SG hat mit Beschluss vom 14.05.2010 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Für die
bereits abgelaufenen Leistungszeiträume sei mangels Dringlichkeit ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Im
Übrigen bestehe kein Anordnungsanspruch. Zwar sei Gegenstand des Hauptsacheverfahrens allein die Anfechtung
eines Versagungsbescheides, so dass eine Verpflichtung der Ag zur Erbringung von Leistungen in diesem
Zusammenhang nicht erreicht werden könne. Unter Beachtung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes sei das
Begehren der ASt jedoch am Maßstab des § 86b Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu prüfen, denn allein die
Aussetzung der Vollziehung des Versagungsbescheides führe zu keinem Leistungsanspruch. Ein solcher
Versagungsbescheid stehe einer Regelungsanordnung nur entgegen, soweit er rechtmäßig wäre. Es erscheine
insoweit fraglich, ob die Ag mit dem Bescheid vom 10.02.2010 ihr Ermessen in zutreffender Weise ausgeübt habe.
Zudem hätten die ASt Teile der Mitwirkung nachgeholt, so dass die ASt einen Anspruch auf eine Entscheidung
hätten, ob Leistungen nachträglich erbracht werden. Dies könne jedoch offen bleiben, denn die ASt seien nicht
hilfebedürftig iSd § 9 SGB II. Das Hausgrundstück der ASt sei berücksichtigungsfähiges Vermögen, und der Wert
dieses Vermögens überschreite die Freibeträge. Die Wohnfläche des Hauses liege mit 250 m² weit über dem Maß,
das für einen Drei- Personen- Haushalt als angemessen anzusehen sei. Die Verwertung sei auch nicht rechtlich
ausgeschlossen, denn das Zwangsversteigerungsverfahren sei beendet worden. Einen Anspruch auf darlehensweise
Bewilligung hätten die ASt allenfalls, wenn die sofortige Verwertung eine unbillige Härte darstellen würde. Für diese
Überbrückungsregelung bestehe jedoch kein Raum, wenn wie vorliegend, keinerlei Verwertungsbemühungen
unternommen würden. Zudem lehnten die ASt eine darlehensweise Bewilligung der Leistungen ab.
Gegen diesen Beschluss haben die ASt Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Es sei
nunmehr grundsätzlich zu klären, ob das Haus zu verwerten sei.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten der Ag sowie die Gerichtsakten erster
und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch
unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist hierbei zum einen der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 14.05.2010
(S 13 AS 622/10) anzuordnen, und im Weiteren die Verpflichtung der Ag, vorläufig Leistungen zu erbringen.
Nachdem die Ag den ASt im Anschluss an den Antrag vom 12.01.2010 mit Bescheid vom 10.02.2010 in der Gestalt
Nachdem die Ag den ASt im Anschluss an den Antrag vom 12.01.2010 mit Bescheid vom 10.02.2010 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2010 Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss wegen fehlender
Mitwirkung nach §§ 60,66 SGB I verweigert hat, ist vor der Frage einer Regelungsanordnung i.S.d. § 86b Abs 2 Satz 2
SGG zu klären, ob im Rahmen des Eilverfahrens die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels anzuordnen ist,
denn solange der Versagungsbescheid (i.S.d. §§ 60,66 SGB I) wirksam und gemäß § 39 Nr.1 SGB II sofort
vollziehbar ist, steht er einer Leistungsbewilligung entgegen. Auch wenn allein mit einer Anfechtung eines
Versagungsbescheides kein Leistungsbegehren verbunden werden kann, sondern allenfalls die Aufhebung des
ablehnenden Bescheides zu erreichen ist, hat die Existenz eines solchen Bescheides Auswirkung auf einen Anspruch
des Leistungsempfängers dergestalt, dass - Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des Versagungsbescheides
vorausgesetzt - ein Leistungsanspruch für die Dauer der fehlenden Mitwirkung nicht besteht (vgl. hierzu auch
Beschluss des Senates vom 18.04.2007 - L 11 B 878/06 AS ER).
Die Klage gegen den Bescheid vom 10.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2010 hat
keine aufschiebende Wirkung, denn mit diesem Bescheid hat die Ag über eine Leistung der Grundsicherung für
Arbeitssuchende entschieden und die Klage hiergegen hat keine aufschiebende Wirkung, § 86a Absatz 2 Nr. 4 SGG
i.V.m. § 39 Nr.1 SGB II.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen ein Widerspruch oder eine Anfechtungsklage -
wie vorliegend - keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, § 86b
Abs 1 Nr. 2 SGG. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage ist nur möglich, wenn das besondere
Interesse der ASt an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung das vom Gesetz vorausgesetzte Interesse an der
sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt, wobei bei der Prüfung der Interessen zuerst auf die
Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen ist. Ebenso wenig wie ein offensichtlich rechtswidriger
Verwaltungsakt ein öffentliches Interesse an der Vollziehbarkeit begründen kann, so dass in diesen Fällen die
Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu erfolgen hat, kann eine Klage, die offensichtlich keinen Erfolg haben kann,
ein überwiegendes privates Interesse begründen, das die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage
rechtfertigen würde (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rn.12c).
Unter Beachtung dieser Gesichtspunkte ist das Rechtschutzbegehren der ASt nicht begründet, denn der Bescheid der
Ag vom 10.02.2010 ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rechtsmäßig.
Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf
Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§
60 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I). Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen
Mitwirkungspflichten nach den §§ 60ff SGB I nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich
erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz
oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind (§ 66 Abs
1 Satz 1 SGB I). Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der
Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb
einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs 3 SGB I).
Unter Beachtung dieser rechtlichen Vorgaben ist nicht zu erkennen, dass sich der Bescheid der Ag vom 10.02.2010
als rechtswidrig erweisen könnte. Das SG hat bereits zutreffend ausgeführt, dass das Hausgrundstück der ASt als
berücksichtigungsfähiges Vermögen anzusehen ist. Die ASt bewohnen in einem Mehrfamilienhaus lediglich eine
Wohnung, das Ladenlokal steht leer und die Angaben der ASt zu den Mieteinnahmen für das 1. Obergeschoss sind
unklar, insbesondere ob Mietrückstände des Mieters tatsächlich bestehen und ob diese beigetrieben werden. Insofern
besteht Klärungsbedarf, ob und in welcher Weise die ASt sich bemühen, durch Verwertung (Vermietung oder Verkauf)
ihres Vermögens ihre Bedürftigkeit zu vermindern. Angaben hierzu haben die ASt bis heute nur in völlig
unzureichendem Umfang gemacht. Sie haben lediglich darauf verwiesen, ein Bankdarlehen sei nicht zu erhalten und
ein von ihnen beauftragter Makler habe geäußert, das Haus ließe sich nur insgesamt verkaufen. Insbesondere zu den
zuletzt genannten Bemühungen haben die ASt keinerlei Belege beigebracht, die den geforderten
Mitwirkungshandlungen gerecht werden könnten. Zudem haben die ASt keine Angaben dazu gemacht, ob und welcher
Weise die nach eigenen Angaben bestehenden Mietrückstände (Schreiben vom 25.01.2010) gegenüber ihrem Mieter
durchgesetzt würden. Die Ag kann diese Angaben nicht ohne die Mitwirkung der ASt erheben, so dass sich dieser
Sachverhalt in Bezug auf die Verwertungsbemühungen auch nicht im Wege der Amtsermittlung klären lässt. Die
Frage der Verwertungsbemühungen ist jedoch klärungsbedürftig, denn hiervon wird abhängen, ob den ASt Leistungen
als Zuschuss, Darlehen oder - mangels Verwertungsbemühungen - eventuell gar nicht zu erbringen sind. Die ASt sind
mit dem Schreiben und der Einladung vom 14.01.2010 schriftlich darauf hingewiesen worden, dass Nachweise über
die Verwertungsbemühungen benötigt würden, und dass im Falle fehlender Mitwirkung die Leistungen vollständig
versagt werden könnten. Die Frist die den ASt in diesem Zusammenhang zur Beibringung der Nachweise gesetzt
worden ist, erscheint vor dem Hintergrund, dass insbesondere der Nachweis der Verwertungsbemühungen in
verschiedenen Verfahren bereits seit mehr als einem Jahr gefordert wird, nicht unangemessen. Der Bescheid vom
10.02.2010 erfüllt die formalen Kriterien, die an einen Versagungsbescheid zu stellen sind, insbesondere hat die Ag ihr
Ermessen ausgeübt. In diesem Zusammenhang erscheinen zuletzt auch die Ermessenserwägungen nicht fehlerhaft,
Leistungen im Hinblick auf die hartnäckige und uneinsichtige Verweigerungshaltung des ASt zu 1 nicht nur teilweise,
sondern vollständig zu versagen.
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 10.02.2010 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 10.05.2010 ist daher mangels hinreichender Erfolgsaussichten nicht anzuordnen.
Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheides, die ein überwiegendes Interesse der ASt an
der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage begründen könnten, bestehen nicht, so dass dieser wirksame
Bescheid einer Regelungsanordnung in der Sache grundsätzlich entgegensteht.
Vorliegend haben die ASt jedoch zumindest einen Teil der geforderten Mitwirkung nachgeholt, womit die Ag
hinreichend Anlass hat, eine Entscheidung nach § 67 SGB I zu treffen, denn soweit die Mitwirkung nachgeholt wird
und die Leistungsvoraussetzungen vorliegen, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 SGB I
versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen (§ 67 SGB I).
Ein Leistungsbegehren auf der Grundlage der nachgeholten Mitwirkung haben die ASt im Wege einer Anfechtungs-
und Verpflichtungsklage geltend zu machen, so dass insoweit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG die maßgebliche
Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes darstellt.
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und
das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die ASt ihr Begehren
stützen - voraus. Die Angaben hierzu haben die Ast glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. §
920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des
Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und
Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927,
NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache
erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der
Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem
Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die
Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist
ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Ast zu entscheiden
(vgl. BVerfG vom 12.05.2005 aaO und vom 22.11.2002 aaO; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -).
Aber auch in diesem Zusammenhang ist dem Antrag, laufende Leistungen für die Zeit ab dem 01.01.2010 im Wege
des einstweiligen Rechtsschutzes zu bewilligen, nicht zu entsprechen.
Vorliegend erscheint es - unabhängig von den bereits erbrachten Mitwirkungshandlungen - ausgeschlossen, ohne die
noch fehlenden Angaben zu den Verwertungsbemühungen qualifiziert über den Leistungsanspruch der ASt zu
entscheiden, denn das Hausgrundstück ist als berücksichtigungsfähiges Vermögen anzusehen und der Umfang der
Verwertungsbemühungen wird ausschlaggebend sein, ob und in welchem Umfang den ASt Leistungen beziehen
können (vgl. hierzu bereits oben). Insoweit sind die Mitwirkungshandlungen der ASt als nicht hinreichend zu erachten,
sodass weiterhin die Voraussetzungen vorliegen, die die Ag berechtigen, selbst Teilleistungen zu verweigern. Für die
nachträgliche Erbringung von Leistungen bei Nachholung von Mitwirkungshandlungen käme erschwerend hinzu, dass
unabhängig davon, ob die Mitwirkung als ausreichend anzusehen ist, die nachträgliche Erbringung von Leistungen im
Ermessen der Ag steht. Um unter diesen Voraussetzungen in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
einen Anordnungsanspruch annehmen und Leistungen zusprechen zu können, müssen die Voraussetzungen für die
Reduzierung dieses Ermessens in der Weise vorliegen, dass jede andere Entscheidung als eine Bewilligung der
konkret beantragten Leistung rechtlich fehlerhaft erscheinen muss (vgl. Beschluss des Senates vom 20.06.2007 - L
11 B 116/07 SO ER; zur sog. "Ermessensreduzierung auf Null"; Keller aaO § 86b Rn. 30a). Hierfür gibt es nach Lage
der Akten jedoch keine Anhaltspunkte.
Im Ergebnis ist daher - mangels noch immer nicht hinreichender Mitwirkung der ASt - ein Anordnungsanspruch nicht
glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und ergibt sich aus dem
Unterliegen der ASt.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.