Urteil des LSG Bayern vom 14.02.2002

LSG Bayern: psychovegetatives syndrom, belastung, erwerbstätigkeit, rentenanspruch, heimat, erwerbsfähigkeit, erwerbsunfähigkeit, berufsunfähigkeit, ergänzung, arbeitsbedingungen

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 14.02.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 3 RJ 1425/97 A
Bayerisches Landessozialgericht L 6 RJ 286/99
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11. November 1998 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung.
Die am 1941 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Nach ihren Angaben war sie in ihrer Heimat zunächst von
1962 bis 1968 als Fabrikarbeiterin beschäftigt. Am 12.01.1969 nahm sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung in
Deutschland auf und war hier zunächst bis 06.04.1979 als Fabrikarbeiterin tätig. Anschließend kehrte sie in ihre
Heimat zurück. Und hielt sich dort nach ihren eigenen Angaben ohne versicherungspflichtige Beschäftigung bis
August 1992 auf. Wegen der in ihrer Heimat ausgebrochenen Kriegshandlungen war sie in der Zeit vom 01.09.1992 bis
11.12.1996 erneut in Deutschland versicherungspflichtig als Küchenhilfe und Zimmermädchen tätig. Im Mai 1996 trat
Arbeitsunfähigkeit ein.
Am 04.09.1996 beantragt die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Im
Verwaltungsverfahren wurde sie durch Dr.K. orthopädisch begutachtet, der insbesondere Verschleißerscheinungen der
Hals- und Lendenwirbelsäule, leichten Verschleiß der Kniegelenke beidseits, beginnenden Hüftgelenksverschleiß
beidseits und statische Fußbeschwerden feststellte. Die Klägerin sei noch zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit
mit körperlich leichten Arbeiten in der Lage.
Mit Bescheid vom 03.02.1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag darauf ab.
Die LVA-Hessen gewährte der Klägerin in der Zeit vom 10.04.1997 bis 08.05.1997 ein stationäres Heilverfahren in der
Klinik am Park B ... Nach dem Entlassungsbericht vom 22.05.1997 wurde sie als arbeitsunfähig für eine Tätigkeit als
Zimmermädchen entlassen. Als Gesundheitsstörungen sind im Entlassungsbericht fortdauernde Lumbalgien links bei
Prolaps L4/L5 und ausgeprägte Degeneration L5/S1 mit Wurzelkompression, depressive Entwicklung bei
Migrationskonflikt und chronischem rezidivierendem Halswirbelsäulensyndrom bei Protrusionen C4 bis C7, beginnende
Cox- und Gonathrose beidseits und Varikosis links aufgeführt.
Den Widerspruch der Klägerin gegen den ablehnenden Rentenbescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 18.09. 1997 aufgrund der Feststellungen des Entlassungsberichts aus dem Heilverfahren zurück.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat Gutachten zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin von Dr.S. vom 10.11.1998 und
Dr.R. vom 09.11.1998 eingeholt.
In seinem nervenärztlichen Gutachten stellte Dr.R. eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und
Muskelreizerscheinungen sowie ein psychovegetatives Syndrom mit depressiver Komponente fest. Mit Rücksicht
darauf seien der Klägerin noch leichte Arbeiten ohne besondere Belastung der Wirbelsäule vollschichtig zumutbar.
Dr.S. stellte in seinem Gutachten Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule, den Hüft- und Kniegelenken fest. Im
Übrigen bestehe eine deutliche Aggravationstendenz. Von Seiten des inneren Fachgebietes würden keine
wesentlichen Gesundheitsstörungen vorliegen. Der Klägerin könne noch leichte Arbeiten vollschichtig ohne besondere
Belastungen der Wirbelsäule durch Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten oder Heben und Tragen schwerer Lasten
verrichten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Zimmermädchen oder als Küchenhilfe könne demnach nicht mehr
verrichtet werden, da diese Tätigkeiten unter erheblicher Belastung der Wirbelsäule ausgeführt werden müssten.
Mit Urteil vom 11.11.1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die auf Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarkts verweisbare Klägerin sei in Anbetracht ihrer Fähigkeit vollschichtig erwerbstätig zu sein, weder berufs-
noch erwerbsunfähig und habe keinen Rentenanspruch.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.
Der Senat hat ärztliche Sachverständigengutachten zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin auf
nervenärztlichem, orthopädischem und innerem Fachgebiet eingeholt.
Dr.K. beschreibt in seinem Gutachten vom 13.11.2001 von Seiten des nervenärztlichen Fachgebietes ein chronisch-
rezidivierendes Lumbalsyndrom ohne neurologische Ausfälle und eine gering ausgeprägte depressive Verstimmung,
entsprechend dem Krankheitsbegriff einer Neurasthenie. Von Seiten seines Fachgebietes seien noch körperlich
leichte Arbeiten vollschichtig zumutbar. Es seien lediglich besondere Belastungen der Wirbelsäule zu vermeiden.
Dr.F. stellt in seinem Gutachten vom 16.11.2001 von Seiten des orthopädischen Fachgebietes
Verschleißerscheinungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, beginnende Verschleißerscheinungen an den Hüft- und
Schultereckgelenken, eine leichte Polyarthrose der Fingergelenke und Großzehengrundgelenksarthrose beidseits fest.
Mit Rücksicht darauf seien der Klägerin noch leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten ohne besondere
Belastung der Wirbelsäule durch ungeschützte Einflüsse von Kälte, Nässe oder Zugluft ohne Heben und Tragen
schwerer Lasten möglich.
Dr.E. führt in seinem internistischen Gutachten vom 05.12. 2001 aus, dass von Seiten seines Fachgebietes keine
Gesundheitsstörungen zu erheben seien, die das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin wesentlich
beeinträchtigten. Es sei lediglich eine leichte Varikosis am linken Bein und eine chronische Obstipation zu erwähnen.
Dementsprechend seien jedenfalls noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig möglich. Mit
Rücksicht auf die Erhebungen des nervenärztlichen und orthopädischen Fachgebiets seien körperliche
Schwerarbeiten und solche die mit besonderer Belastung der Wirbelsäule einhergingen nicht mehr zumutbar.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11.11.1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03.02.1997 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen Erwerbsminderung aufgrund ihres Antrages
vom 04.09.1996 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Landshut auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt
der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sachlich ist sie jedoch nicht begründet, weil
die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gemäß §§ 43, 44 Sechstes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 - a.F. - oder - ab 01.01.2001 -
wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - n.F. - hat.
Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) voll inhaltlich den
Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts an und sieht deshalb insoweit von einer
erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit entsprechend dem
Ergebnis der Beweisaufnahme und der geltenden Rechtslage entschieden. Danach hat die Klägerin angesichts ihres
verbliebenen Leistungsvermögens mit der Fähigkeit, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zu den üblichen Bedingungen
des Arbeitsmarktes auszuüben und angesichts der Qualifikation ihrer in Deutschland verrichteten Tätigkeit als
ungelernte Arbeitnehmerin, mit der sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar ist, keinen
Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähgkeit oder - ab 01.01.2001 - wegen Erwerbsminderung, da gemäß
§§ 43 n.F. SGB VI ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn ein Versicherter, wie im Fall der
Klägerin, vollschichtig bzw. 6 Stunden einer Erwerbstätigkeit nachzugehen in der Lage ist.
Diese Sach- und Rechtslage besteht nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Senats weiter. Die im
Berufungsverfahren zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachten auf
nervenärztlichem, orthopädischem und innerem Fachgebiet bestätigen überzeugend die Beurteilungen der
Vorgutachter der ersten Instanz. Danach ist die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht an einer körperlich
leichten vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert. Die ärztlicherseits geforderten Einschränkungen der
Arbeitsbedingungen erscheinen nicht so schwerwiegend, dass darin eine besondere Summierung oder auch nur eine
ungewöhnliche Leistungseinschränkung gesehen werden könnte. Die Klägerin hat daher keine Rentenanspruch.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.