Urteil des LSG Bayern vom 24.01.2008

LSG Bayern: therapie, vorläufiger rechtsschutz, körperliche unversehrtheit, ärztliche behandlung, angina pectoris, befristung, sachleistung, hauptsache, krankenversicherung, arteriosklerose

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 24.01.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 1 KR 172/07 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 5 B 1074/07 KR ER
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 14.08.2007
aufgehoben und die Antragsgegnerin einstweilen verpflichtet, dem Antragsteller eine regelmäßige ärztliche
extrakorporale Lipid(a)-Apherese zur Behandlung seiner Lipoprotein(a)-Erhöhung als Sachleistung zu gewähren,
befristet bis 31.07.2008, längstens bis zur Beendigung des Verwaltungsverfahrens. II. Die Antragsgegnerin hat dem
Antragsteller dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes eine Apheresebehandlung einer
lebensbedrohlichen koronaren Herzerkrankung.
Der 1960 geborene und bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversicherte Antragsteller leidet insbesondere an
einer schweren generalisierten Arteriosklerose sowie an einer kombinierten Hyperlipoproteinämie mit schwerer
Hyperlipoproteinämie (a). Seit 1995 waren eine Ballondilatation der arteria femoralis und eine Aufdehnung der linken
Hauptschlagader des Beines durchgeführt worden. Wegen immer wiederkehrender angina pectoris erhielt der
Antragsteller in der Folge weitere Dilatationen sowie ein Dreifachbypass. In den Jahren 2003/2004 wurde nach
Genehmigung der KVB Bayern eine einjährige extrakorporale Apherese zur Behandlung der Lipid(a)-Erhöhung
durchgeführt.
Der Antragsteller hat mit einem an das Sozialgericht Landshut gerichteten Antrag vom 11.07.2007 eine regelmäßige
extrakorporale Lipid(a)-Apherese als ärztliche Behandlung begehrt und geltend gemacht, die koronare Herzerkrankung
sei trotz Behandlung der anderweitigen Lipidstörung fortgeschritten und habe ein lebensbedrohliches Ausmaß erreicht.
Grund sei die Verschlechterung des Lipid(a)-Wertes. Diese Erkrankung könne nur durch die begehrte ärztlich
durchgeführte Blutwäsche behandelt werden. Anderweitige Methoden zur Senkung des Lipid(a)-Wertes bestünden
nicht, wie eine Stellungnahme des behandelnden Arztes Prof. Dr. W. (Klinikum P.) zeige. Bereits in mehreren Fällen
hätten Gerichte zur Behandlung ähnlich gelagerter Erkrankungen die begehrte Behandlung zugesprochen,
insbesondere das LSG Sachsen-Anhalt, das LSG Brandenburg sowie das Bundesverfassungsgericht im Beschluss
vom 06.02.2007.
Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für einen einstweiligen
Rechtsschutz, weil der Antragsteller bei ihr noch keinen Antrag gestellt habe, also noch kein Verwaltungsverfahren
durchgeführt worden sei. Darüber hinaus handele es sich bei der begehrten Apherese um eine neue, nicht
zugelassene Therapie, die die gesetzlichen Krankenkassen nicht erbringen dürften und deren medizinische
Wirksamkeit nicht nachgewiesen sei.
Mit Beschluss vom 14.08.2007 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes
zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, vor Durchführung eines Verwaltungsverfahrens und
- im Falle des Antragstellers - vor Durchführung eines speziellen, im Einzelfall erforderlichen Genehmigungsverfahrens
für die Lipid(a)-Apherese könne gerichtlicher vorläufiger Rechtsschutz nicht begehrt werden.
Ein Nachweis der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsteller findet sich erst am 05.11.2007.
Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, unter dem 30.11.2007 bei der Antragsgegnerin im
Verwaltungswege die streitige Lipid(a)-Apherese beantragt und im Übrigen geltend gemacht, er sei lebensbedrohlich
erkrankt und von schwerer irreversibler Schädigung bedroht, falls die streitige Therapie nicht durchgeführt werde.
Die Antragsgegnerin hat das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs verneint und darauf hingewiesen, dass die
streitige isolierte Apherese des Lipid(a) keine zugelassene Behandlungsmethode im Sinne des Gesetzes darstelle.
Nach Festlegung des Gemeinsamen Bundesausschusses dürfe die Therapie nur im Rahmen eines speziellen
Genehmigungsverfahrens im Einzelfall durch Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung bewilligt werden. Im
Übrigen leide der Antragsteller zwar an einer progredienten schweren koronaren Herzerkrankung, jedoch sei die
Erhöhung der Blutwerte medikamentös eingestellt und nur das Lipoprotein(a) sei deutlich erhöht. Bei einer solchen
isolierten Lipid(a)-Erhöhung sei das begehrte Behandlungsverfahren nach den Richtlinien des Gemeinsamen
Bundesausschusses jedoch nicht möglich. Unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des MDK vom 11.12.2007 hat
die Antragsgegnerin erklärt, selbst wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die strittige Lipid(a)-Apherese am
24.05.2006 erneut in die Liste der zu beratenden Methoden aufgenommen habe, sei mangels konkreter Progredienz
seit 2004 keine konkrete Gesundheitsgefährdung zu erkennen. Die begehrte Methode sei eine experimentelle
Anwendung, die selbst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu gewähren sei.
Darauf hat der Antragsteller eine weitere fachärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. W. vom 14.01.2008 vorgelegt,
wonach eine Duplex-Untersuchung vom 11.01.2008 eine schwere diffuse Arteriosklerose gezeigt habe. Im Bereich der
drei Koronarien habe eine kardiologische CT-Untersuchung vom 10.01.2008 massive Kalzifikationen einschließlich der
arteriokoronaren Venenbypässe erwiesen. Hierzu hat die Antragsgegnerin aufgrund einer Stellungnahme des MDK
vom 17.01.2008 eingewandt, zwar bestehe zweifelsfrei eine Progression der koronaren Herzerkrankung, jedoch sei die
kausale Beziehung zur Lipid(a)-Erhöhung spekulativ. Es sei noch immer erst Gegenstand der wissenschaftlichen
Forschung, ob die erhöhte Lipid(a)-Konzentration tatsächlich zur lebensbedrohenden Herzerkrankung beitrage.
Zu seiner wirtschaftlichen Lage hat der Antragsteller anwaltlich versichert, monatlich über Renteneinkommen von
940,66 Euro zu verfügen, so dass er mangels Vermögens die Kosten der Apherese von wöchentlich ca. 1.200 Euro
bis 1.300 Euro nicht tragen könne.
II.
Die statthafte Beschwerde des Antragstellers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig, §§
172, 173 SGG. Der angegriffene Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 14.08.2007 ist dem Antragsteller
nachweisbar erst am 05.11.2007 zugestellt worden, so dass die Beschwerde vom 07.11.2007 fristgerecht eingelegt
wurde. Auch im Übrigen ist das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz zulässig, denn jedenfalls seit dem Antrag
vom 30.11.2007 ist zwischen den Beteiligten ein Verwaltungsverfahren anhängig, so dass bereits vor dessen
Abschluss ein Antrag zur vorläufigen Gewährung der begehrten medizinischen Behandlung werden darf, § 86b Abs.2
SGG. Dem Antragsteller kann auch ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden, weil die Antragsgegnerin
während des gesamten Verfahrens zu erkennen gegeben hat, dass sie zur Gewährung der Lipid(a)-Apherese nicht
bereit ist.
Besteht die Gefahr, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert
werden könnte, ist das Gericht der Hauptsache auf Antrag berechtigt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den
Streitgegenstand zu treffen, § 86b Abs.2, Abs.3 SGG. In gerichtlichen Eilverfahren ist es grundsätzlich möglich, die
Entscheidung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu orientieren und dabei eine summarische Prüfung der
Sachlage durchzuführen. Handelt es sich aber um existentiell bedeutsame Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung ist die Sach- und Rechtslage auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
abschließend zu prüfen. Sollte diese gebotene vollständige Aufklärung im Eilverfahren jedoch nicht möglich sein,
bilden die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht mehr den Entscheidungsmaßstab. Vielmehr ist eine
Folgenabwägung vorzunehmen, bei welcher die grundrechtlichen Belange des Betroffenen mit den Belangen der
Versichertengemeinschaft abzuwägen sind (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom
06.02.2007 - 1 BvR 3101/06 mwN).
Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt nach dem weiteren Vorbringen in der Beschwerde, welches der Senat als
weitere Tatsacheninstanz zu berücksichtigen hat, dass der Antragsteller an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidet,
die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht vollständig abklärbar sind und deshalb eine Güterabwägung vorzunehmen
ist, die zu Gunsten des Antragstellers ausgeht. Weil der Antragsteller die Kosten der Therapie aus eigenen Mitteln
nicht tragen kann wird die Antragsgegnerin zur vorläufigen Leistungsgewährung verpflichtet.
1.
Der Antragsteller hat durch Vorlage von Attesten, Stellungnahmen und fachärztlichen Gutachten der behandelnden
Ärzte, insbesondere durch das Gutachten des Dr. L. vom 27.12.2007 und die Stellungnahme des Prof. Dr. W. vom
14.01.2008 mit Bezugnahme auf das Cardio-CT des Prof. T. vom 10.01.2008 glaubhaft gemacht, dass er an einer
lebensbedrohlichen Erkrankung leidet. Es handelt sich um eine schwere fortschreitende generalisierte Arteriosklerose
mit Lipoproteinstörung, die bereits seit 1995 mehrfach behandelt wurde durch schwere Eingriffe in Gestalt von
Dilatationen der zentralen Aderversorgung des Herzens, von Stentimplantationen sowie von einer dreifachen Bypass-
Operation. Trotz ausreichender Einstellung der generellen Hypolipoproteinämie (mit Ausnahme der
Hyperlipoproteinämie (a)) hat sich sein Zustand zuletzt deutlich verschlechtert. Aktuell ist bei ihm eine weitere
Verkalkung der lebenswichtigen Blutgefäße der Herzperipherie nachgewiesen. Dies bestreitet auch der MDK in der
letzten Stellungnahme vom 11.01.2008 nicht mehr, der ausgeführt hat, dass zweifelsfrei eine Progression der
Erkrankungen bestehe. Damit ist auch gleichzeitig ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Nichtbehandlung der
koronaren Herzerkrankung innerhalb absehbarer Zeit mit Sicherheit eine nicht ausreichende Versorgung des Herzens
verursachen kann und mit einem eine akute Lebensgefahr begründenden Herzgefäßverschluss binnen Kürze zu
rechnen ist.
Insoweit ist in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 06.02.2007 - 1 BvR
3101/06) die Erkrankung des Antragstellers als regelmäßig tödlich zu qualifizieren ist. Denn diese Voraussetzung
wäre bereits erfüllt, wenn sie erst in einigen Jahren zum Tod des Betroffenen führte. Der Antragsteller muss sich
insoweit nicht darauf verweisen lassen, dass er bei akuter Lebensgefahr die zur Verfügung stehenden Therapien der
Notfallmedizin erhalten werde.
Entgegen der Auffassung des MDK, welcher sich die Antragsgegnerin angeschlossen hat, steht der Annahme eines
lebensbedrohlichen Zustandes nicht entgegen, dass die gegenständliche Therapie nicht unmittelbar auf die koronare
Herzerkrankung einwirkt. Denn noch immer ist nach dem aktuellen Stand in der Medizin davon auszugehen, dass die
Hypercholesterinämie einen bedeutsamen Faktor im Gesamtrisikoprofil einer cardiovaskulären Erkrankung
repräsentiert (vgl. Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Empfehlungen zur Therapie von
Fettwechselstoffstörungen, 2. Auflage 1999, S.6 f, zitiert nach BVerfG a.a.O.). Bereits die Tatsache, dass sich der
Gemeinsame Bundesausschuss mit der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Apherese bei isoliertem erhöhtem
Lipid(a)-Wert befasst und dessen Bewertung - trotz Mitteilung im Newsletter vom August 2007, der Abschluss stehe
kurz bevor (www.g-ba.de/institution/sys/newsletter/69) - nach langwieriger Beratung noch immer nicht zu einem
Schluss gekommen ist, lässt es ausreichend glaubhaft erscheinen, dass die Erhöhung des Lipid(a)-Wertes in engem
Kausalzusammenhang mit der lebensbedrohlichen Erkrankung des Antragstellers steht.
2.
Ob die isolierte Apherese der Lipid(a)-Erhöhung tatsächlich geeignet ist, die lebensbedrohliche Erkrankung des
Antragstellers erfolgreich zu behandeln, lässt sich vor allem nach den Stellungnahmen des MDK zum Stand der
medizinischen Wissenschaft in der für das einstweilige Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung
nicht ausreichend beurteilen. Somit ist für den Anspruch auf die begehrte Behandlung eine Interessenabwägung
maßgeblich.
Die Interessenabwägung hat zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger eine neue medizinische Behandlung als
Sachleistung begehrt, die gem. § 135 Abs.1 Satz 1 SGB V nicht zu den Methoden zählt, welche der Gesetzgeber als
Therapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zulässt. Zwar ist diese Apherese als Leistung im EBM
aufgeführt, so dass streng genommen keine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs.1 Satz 1 SGB V
vorliegt, deren Anwendung einem Verbot mit dem Vorbehalt einer - nicht erteilten - Erlaubnis durch den Gemeinsamen
Bundesausschuss belegt ist. Jedoch ist die hier strittige Indikation "isolierte Lipid(a)-Erhöhung" in der Nr.1 zur Anlage
a der BUB-Richtlinien (ambulante Durchführung der Apheresen als extrakoporales Hämotherapieverfahren) nicht
enthalten, so dass eine Therapie begehrt wird, die über die bestehenden Anwendungsgebiete hinaus eine neue,
wesentliche Erweiterung erfahren soll. Weil der Gemeinsame Bundesausschuss mit Beschluss vom 24.05.2006 diese
neue erweiterte Indikation in seine Beratungsliste aufgenommen hat, ist das streitgegenständliche Apherese-
Verfahren als neue Behandlungsmethode iSd § 135 SGB V zu qualifizieren, die grundsätzlich nicht zu Lasten der
Antragsgegnerin erbracht werden darf.
Auch wenn somit grundsätzlich kein Anspruch auf Gewährung der nicht zugelassenen neuen Behandlungsmethode
besteht, ergibt die grundrechtskonforme Auslegung der Leistungsvorschriften des SGB V im hier bestehenden
Ausnahmefall einen Anspruch des Antragstellers aus Art. 2 Abs.2 Satz Grundgesetz (BVerfG Beschluss vom
06.12.2005 - 1 BvR 347/98).
- Der Antragsteller ist als austherapiert anzusehen, weil be reits mehrere Ballondilatationen, Stentimplantationen und
eine Bypass-Operation durchgeführt wurden, die entscheiden den Herzkranzgefäße und auch die gelegten Bypässe
jedoch ak tuell wieder bedrohliche Verengungen aufweisen. Die durchge führte medikamentöse Stabilisierung der
übrigen gestörten Blutwerte hat diese weiteren Verengungen nicht verhindern können. - Es besteht ausreichender
Grund für die Annahme, die isolierte Lipid(a)-Apherese könnte die fortschreitende Blutgefäßveren gung zumindest zum
Stillstand bringen. Dies zeigen die vorge legten Stellungnahmen der behandelnden Ärzte. Zudem hat sich der
Gemeinsame Bundesausschuss veranlasst gesehen, diese Me thode in die Beratungsliste aufzunehmen, wobei die
Beratun gen auch nach rund eineinhalb Jahren noch immer nicht abge- schlossen sind. - Die Behandlung erfolgt durch
einen Arzt.
Der Antragsteller kann sich somit auf einen aus den Grundrechten herzuleitenden Anspruch auf die streitige
Behandlung berufen.
Die nunmehr durchzuführende Güterabwägung hat zum Ergebnis, dass die Beklagte dem Antragsteller vorläufig die
begehrte Therapie als Sachleistung zu gewähren hat. Die Vorenthaltung der begehrten Behandlung hätte im Falle
eines positiven Ausganges des Verwaltungsverfahrens zur Folge, dass die Chance auf eine Lebensverlängerung
möglicherweise zu spät käme. Demgegenüber stehen die Interessen der Versichertengemeinschaft, unwirksame
Behandlungsmethoden nicht erbringen zu müssen. Im Falle der Lipid(a)-Apherese (a)-Behandlung und dem negativen
Ausgang des Verwaltungsverfahrens wären daher die wirtschaftlichen Interessen der gesetzlichen
Krankenversicherung in erheblichem Umfang verletzt, denn die strittige Lipid(a)-Apherese kostet rund 1.200 Euro bis
1.300 Euro in der Woche. Das Grundrecht des Antragstellers auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art.2
Abs.2 Satz 1 GG wiegt aber deutlich schwerer als die finanziell-wirtschaftlichen Belange der
Versichertengemeinschaft.
3.
Im Rahmen des Ermessens, welches gem. § 87b Abs.2 SGG auszuüben ist, findet Berücksichtigung, dass der
Antragsteller nach ausreichender Glaubhaftmachung mangels eigenen Vermögens bei einem monatlichen
Rentenbezug wegen Erwerbsminderung einschließlich Firmenrente von 940,66 Euro die begehrte Sachleistung auch
vorübergehend nicht selbst tragen kann.
In weiterer Ausübung des Ermessens wird die zu gewährende Lipid(a)-Apherese in zweierlei Hinsicht befristet. Zum
einen findet eine Befristung auf ein halbes Jahr statt, weil es bis dahin voraussichtlich möglich sein wird, das
Verwaltungsverfahren abzuschließen und dabei eventuell notwendige Informationen des Gemeinsamen
Bundesausschusses einzuholen. Zum anderen erfolgte die Befristung längstens auf die Dauer des
Verwaltungsverfahrens, falls dieses in kürzerer Frist abgeschlossen werden kann.
Auf die Beschwerde des Antragstellers war deshalb der gegenteilige Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom
14.08.2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin zur Erbringung der begehrten ärztlichen Behandlung zu verpflichten.
4.
Die vorliegende Entscheidung ergeht im Zusammenhang mit einer Vielzahl gleichgerichteter Entscheidungen (Bayer.
LSG Beschluss vom 23.08.2007 - L 5 B 702/07 KR ER; LSG Bran-denburg - L 5 B 63/06 KR ER sowie BVerfG,
Beschluss vom 06.02.2007 - 1 BvR 3101/06), so dass von gefestigter Rechtsprechung gesprochen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Mit der ausgesprochenen Befristung bleibt der Senat zwar hinter dem
unbefristeten Antrag des Antragstellers zurück. Jedoch ergibt sich insoweit keine Kostenfolge, weil die Befristung
dem einstweiligen Charakter des Anordnungsverfahrens entspricht und der Antragsteller nur eine solche Regelung
begehrt hat.
Dieser Beschluss ist mit Rechtsmitteln nicht anfechtbar (§ 177 SGG).