Urteil des LSG Bayern vom 06.12.2000

LSG Bayern: missverhältnis, anteil, behandlung, wirtschaftlichkeit, verordnung, onkologie, ausstattung, röntgen, verwaltungsverfahren, abrechnung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 06.12.2000 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 42 KA 494/96
Bayerisches Landessozialgericht L 12 KA 172/98
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. Juni 1998, das 4. Quartal 1994
betreffend, wird zurückgewiesen. II. Der Kläger hat dem Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der vom Beklagten gegen den Kläger wegen unwirtschaftlicher
Behandlungsweise festgesetzten Kürzungen seines für das 4. Quartal 1994 angeforderten Honorars bei den
Sonderleistungen um 40 %. Der Kürzungsbetrag beläuft sich nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) auf DM
20.348,47.
Der Kläger nahm im streitigen Zeitraum als Internist in B ... an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Laut
Gesamtübersicht behandelte er im 4. Quartal 1994 370 Patienten, die bei den gesetzlichen Krankenkassen versichert
waren. Mit dieser Fallzahl lag er um 56,6 % unter der Fallzahl der Vergleichsgruppe 19/2 (Internisten mit einem
Überweisungsanteil von über 10 % bis zu 40 %) von 853 Fällen. Sein Rentneranteil von 62,7% überstieg den
Rentneranteil der Arztgruppe von 43,1 % um 45,5 %. Für die Sonderleistungen (Leistungsgruppe 08) rechnete der
Kläger ein Honorar von 564.395 Punkten ab. Mit einem Fallwert von 1.525,4 Punkten lag er um 155,3 % über dem
gewichteten Fallwert der Vergleichsgruppe von 597,4 Punkten. In den übrigen Leistungsgruppen waren folgende Über-
und Unterschreitungen des Arztgruppendurchschnitts festzustellen: - Beratungen/Visiten + 30,4 % - Besuche - 38,3 %
- eingehende Untersuchungen + 43,0 % - allgemeine Leistungen - 44,3 % - Basis/allgemeine Laboruntersuchungen -
29,6 % Insgesamt machte der Kläger für sämtliche kurativen Leistungen einen Leistungsbedarf von 842.530 Punkten
geltend, was einem Fallwert von 2.277,1 Punkten entsprach. Damit lag er um 63,4 % über dem gewichteten
ARztgruppendurchschnitt von 1.393,6 Punkten.
Die Verordnungsstatistik für das 4. Quartal 1994 wies folgende Werte auf:
- Arzneikosten ohne Sprechstundenbedarf Arzt DM 158,84 Arztgruppe DM 160,71 Überschreitung gewichtet - 1,2 % -
Sprechstundenbedarf Arzt DM 1,70 Arztgruppe DM 4,74 Unterschreitung: - 64,1 % - verordnete phsysikalisch-
medizinische Leistungen Arzt DM 4,88 Arztgruppe DM 12,09 Unterschreitung: - 59,6 % - Krankenhauseinweisungen
(Häufigkeit auf 100 Behandlungsfälle) Arzt 4,1 Arztgruppe 2,6 - abgeschlossene AU-Fälle Arzt 13,5 Arztgruppe 19,5 -
Arbeitsunfähigkeitstage Arzt 30,6 Arztgruppe 11,4.
Mit Schriftsatz vom 21. Februar 1995 nahmen die damaligen Bevollmächtigten des Klägers zu den
Praxisbesonderheiten ihres Mandanten Stellung. Sie trugen vor, dass dieser über ein besonders großes
Leistungsspektrum mit Herz-Kreislaufdiagnostik, Pulmologie, Schilddrüsendiagnostik, Gastroenterologie, Onkologie
und Nephrologie verfüge. Zudem weise die Praxis eine kleine Fallzahl auf. Die Sonderleistungen (Sonographie) würden
durch weniger Röntgen ausgeglichen. Des Weiteren sei die Praxisbesonderheit Kardiologie zu berücksichtigen, die in
den vergangenen Quartalsabrechnungen als Praxisbesonderheit anerkannt worden sei. Außerdem sei die Sonographie
und die Proktologie als Praxisbesonderheit anerkannt worden. Ergänzend legten sie eine Liste von 36 Beispielsfällen
vor.
Auf Antrag der Beigeladenen setzte der Prüfungsausschuss Ärzte Oberfranken mit Bescheid vom 20. April 1995 eine
Kürzung des angeforderten Honorars für Sonderleistungen um 40 % fest.
Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs trugen die damaligen Bevollmächtigten zunächst mit
Schriftsatz vom 18. Juli 1995 nochmals vor, dass ihr Mandant über ein besonders großes Leistungsspektrum verfüge.
Die Praxis entspreche vom Patientengut her der Gruppe 3 der Internisten. Aufgrund des Überweisungsverhaltens der
niedergelassenen Kollegen erhielt ihr Mandant wenig Überweisungen. Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 30.
Oktober 1995 mitgeteilt hatte, dass er nunmehr von der Kanzlei Dr.E ..., M ..., vertreten werde, beantragten er und die
neuen Bevollmächtigten eine Verlegung des Termins, da der Kläger wegen beruflicher Veränderungen, verbunden mit
einem Wohnortswechsel, diesen Termin nicht wahrnehmen könne. Mit Schriftsatz vom 16. Januar 1996 legten die
neuen Bevollmächtigten eine weitere Widerspruchsbegründung vor. Darin trugen sie, was das Quartal 4/94 anbelangt,
keine neuen Gesichtspunkte vor. Die Ausführungen zu den Praxisbesonderheiten "Rentneranteil" und
"Kardiologie/Angiologie" wie "schwere Fälle" betreffen das Quartal 1/95.
Mit Bescheid vom 11. März 1996 lehnte der Beklagte die Anträge des Arztes und des bevollmächtigten
Rechtsanwalts auf Absetzung des Verfahrens ab und wies den Widerspruch zurück. Es lägen keine Gründe für eine
Terminsverschiebung vor. Über die berufliche Veränderung werde vom Zulassungsausschuss erst am 31. Januar
1996 entschieden. Zudem sei seine bevollmächtigte Rechtsanwältin zum Verhandlungstermin erschienen. Der
Beklagte führte eine eingehende Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten mit der Fachgruppe der
Internisten der Untergruppe 2 in Oberfranken (Überweisungsanteil von 10,01 % bis 40,0 %) durch. Die
Zusammensetzung des Patientenguts nach Mitgliedern, Familienangehörigen und Rentnern werde durch die
Gewichtung berücksichtigt. Bei der Prüfung hätte sich in der Leistungsgruppe der Sonderleistungen eine Abweichung
des Vergleichsgruppendurchschnitts um + 155,33 % gezeigt. Diese Überschreitung stelle ein offensichtliches
Missverhältnis dar und begründe die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit. Aus den vorliegenden statistischen
Prüfungsunterlagen seien keine Praxisbesonderheiten offenkundig. Dem gegenüber der Arztgruppe erhöhten
Rentneranteil (+ 45,5 %) sei durch die Gewichtung der Vergleichswerte bereits Rechnung getragen worden. Der
gewichtete Arztgruppenwert berücksichtige unterschiedliche Versichertengruppenanteile bei der jeweiligen Praxis im
Vergleich zum Durchschnitt der Arztgruppe. Um diesen Wert zu erhalten, würden die jeweiligen Versichertengruppen-
Durchschnittswerte der Arztgruppe mit den entsprechenden Fallzahlen der Praxis multipliziert und durch deren
Gesamtfallzahl dividiert. Auch die unterdurchschnittliche Fallzahl sei keine Mehrkosten verursachende
Praxisbesonderheit, da bei einer niedrigen Fallzahl der Aufwand pro Patient medizinisch nicht notwendigerweise höher
sei als bei einer hohen Fallzahl. Wegen niedriger Fallzahl trete eine Überschreitung des Arztgruppendurchschnitts nur
dann notwendigerweise hervor, wenn der Anteil aus sogenannten "schweren Fällen" wesentlich höher liege als bei der
Vergleichsgruppe. Dies sei nicht substantiiert dargelegt worden bzw. aus den Abrechnungsunterlagen ersichtlich. Aus
den vom Widerspruchsführer im Schriftsatz vom 21. Februar 1995 namentlich angeführten Behandlungsfällen mit
Diagnosen sei kein für eine internistische Praxis außergewöhnliches Patientengut bzw. eine besondere Häufung
sogenannter "schwerer Fälle" oder ein spezielles kardiologisches Patientengut erkennbar. Es würden Quartal für
Quartal bei den gleichen Patienten immer wieder die gleichen Untersuchungen durchgeführt, die sicher nicht jedes
Quartal notwendig seien. Die erbrachten Leistungen seien oftmals durch die auf den Behandlungsunterlagen
eingetragenen Diagnosen nicht begründet. Schwere Fälle stellten ebenso wie das Leistungsspektrum als solches
noch keine Mehrkosten verursachende Besonderheit dar. Kompensationsfähige Einsparungen seien ebenfalls nicht
erkennbar. Es lägen zwar Einsparungen bei der Verordnung von Sprechstundenbedarf und der Verordnung
physikalisch-medizinischer Leistungen vor. Ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Mehraufwand bei den
Sonderleistungen sei jedoch nicht erkennbar. Der Arzt habe auch einen entsprechenden Kausalzusammenhang nicht
hinreichend dargelegt. Der Beklagte errechnete sodann eine mögliche Kürzung von 53 %. Diese Kürzung wäre
erforderlich gewesen. Aufgrund des Verböserungsverbots könne der Beschwerdeausschuss diese jedoch nicht
festsetzen. Der Beklagte ging davon aus, dass nach Kürzung bei den Sonderleistungen eine Überschreitung des
Vergleichsgruppendurchschnitts um + 53,20 % belassen wird.
Gegen den am 12. März 1996 zugestellten Bescheid ließ der Kläger durch seine damaligen Bevollmächtigten am 12.
April 1996 Klage zum Sozialgericht München erheben (Az.: S 42 Ka 494/96). Die Bevollmächtigten legten mit
Schriftsatz vom 29. April 1996 das Mandat nieder. Der Kläger begründete die Klage nicht näher.
In der mündlichen Verhandlung, zu der er persönlich erschien, beantragte er, den Bescheid des Beklagten vom 11.
März 1996 aufzuheben und diesen zur Neuentscheidung über seinen Widerspruch zu verpflichten. Die Beigeladenen
zu 1) und 5) beantragten u.a., die Klage, das 4. Quartal 1994 betreffend, abzuweisen. In ihrer Klageerwiderung vom
16. Juli 1996 nahm die Beigeladene zu 1) insoweit auf die Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug. Sie nannte
einen Streitwert von DM 20.348,47.
Mit Urteil vom 23. Juni 1998 wies das Sozialgericht u.a. die Klage, das 4. Quartal 1994 betreffend, ab. Die
Entscheidungsgründe decken sich im Wesentlichen mit denen der Vorquartale.
Gegen das mit Einschreiben am 12. November 1998 zur Post gegebene Urteil hat der Kläger mit einem am 8.
Dezember 1998 beim Sozialgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die trotz mehrmaliger
Erinnerung nicht begründet worden ist.
Mit Beschluss vom 14. September 1999 hat der Senat die vom Sozialgericht verbundenen Verfahren für das
Berufungsverfahren wieder getrennt.
Den Verlegungsgesuchen des Klägers vom 16. und 22. November 2000, die im Wesentlichen mit einer
Terminskollision mit einer Sitzung des Zulassungsausschusses Ärzte Oberbayern begründet worden sind, hat der
Vorsitzende des Senats vor allem deswegen nicht entsprochen, weil die Ladung des Senats dem Kläger bereits vor
der Ladung des Zulassungsausschusses zugegangen ist.
Der Kläger, der zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. Juni 1998 bezüglich der Klage mit dem Aktenzeichen S 42 Ka 494/96
und den Beklagten zu verpflichten, über seinen Widerspruch gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses Ärzte
Oberfranken vom 20. April 1995 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakte (Wirtschaftlichkeitsprüfung der Honorarabrechnung 4/94 GKV), die Klageakte
(Az.: S 42 Ka 494/96) sowie die Berufungsakte (Az.: L 12 KA 172/98) vor, die zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz des Nichterscheinens des Klägers verhandeln und entscheiden, denn der Kläger ist
ordnungsgemäß geladen worden. In der Ladung ist er darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle seines
Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (§§ 110, 202 SGG i.V.m. §§ 214 ff ZPO). Der Vorsitzende des
Senats war nicht verpflichtet, den Verhandlungstermin zu verlegen (§ 202 SGG i.V.m. § 227 Abs.1 Satz 1 ZPO). Der
Kläger hat in seinen Schreiben vom 16. und 22. November 2000 keinen "erheblichen Grund" für eine Verlegung
vorgetragen. Hinsichtlich der Terminskollission mit der Sitzung des Zulassungsausschusses Ärzte Oberbayern ist
darauf hinzuweisen, dass die Ladung durch den Senat erheblich früher erfolgte und daher als vorrangig anzusehen ist.
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht
eingelegte Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage vom 12. April 1996 (Az.: S 42 Ka 494/96) gegen den Bescheid des Beklagten vom
11. März 1996, betreffend die Behandlungsweise des Klägers im Quartal 4/94 GKV, mit Urteil vom 23. Juni 1998 zu
Recht abgewiesen.
Der vorgenannte Bescheid, der allein Gegenstand des Klage- und damit auch des Berufungsverfahrens ist, ist auch
unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nrn.23,
27, 31, 36, 41) rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Bescheid des Beklagten vom 11. März 1996 genügt den Anforderungen, die das Bundessozialgericht in den o.g.
Entscheidungen an die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise eines Arztes stellt. Die statistische
Betrachtung muss danach bereits auf der ersten Prüfungsstufe durch eine intellektuelle Prüfung und Entscheidung
ergänzt werden, bei der die für die Frage der Wirtschaftlichkeit relevanten medizinisch-ärztlichen Gesichtspunkte wie
das Behandlungsverhalten und die unterschiedlichen Behandlungsweisen innerhalb der Arztgruppe und die bei dem
geprüften Arzt vorhandenen Praxisbesonderheiten in Rechnung zu stellen sind.
Der Beklagte ist bei seiner Prüfung in der Leistungsgruppe 08 (Sonderleistungen) zu Recht davon ausgegangen, dass
der Kläger sich mit einem gewichteten Überschreitungswert von + 155,33 % gegenüber der Vergleichsgruppe im sog.
offensichtlichen Missverhältnis befindet. Er hat sich aber nicht mit dieser statistischen Feststellung begnügt, sondern
im Sinne einer intellektuellen Prüfung untersucht, ob Praxisbesonderheiten bzw. kausale Einsparungen für diese
Überschreitung verantwortlich sind. Dies hat der Beklagte zu Recht verneint. Er hat nach Durchsicht der vom Kläger
im Schriftsatz vom 21. Februar 1995 namentlich aufgeführten Behandlungsfälle mit Diagnosen für das Quartal 4/94,
die fast identisch sind mit in den Vorquartalen vorgelegten Listen, festgestellt, dass kein für eine internistische Praxis
außergewöhnliches Patientengut bzw. eine besondere Häufung sog. "schwerer Fälle" beim Kläger vorliegt. Für das
Vorliegen von Praxisbesonderheiten ergeben sich weder aus den statistischen Unterlagen hinreichende Anhaltspunkte
noch hat der Kläger hierzu substantiiert vorgetragen.
Dem um 45,5 % erhöhten Rentneranteil ist bereits durch die Gewichtung der Vergleichswerte hinreichend Rechnung
getragen. Einen über den durch die Gewichtung bereits berücksichtigten Mehraufwand hinausgehenden Mehraufwand
durch die Behandlung von mehr Rentnern hat der Kläger weder behauptet noch dargelegt. Gleiches gilt für den
Einwand der Behandlung vieler neuer Patienten. Der Kläger hat keinerlei Hinweise dazu geliefert, wie hoch der Anteil
neuer Patienten im Quartal 4/94 in seiner Praxis war und welcher Mehraufwand ggfs. dadurch hervorgerufen wurde.
Auch der Hinweis auf die niedrige Fallzahl (370 Patienten, 56,6 % unter der Fallzahl der Vergleichsgruppe) begründet
für sich alleine noch keine Praxisbesonderheit. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BSG SozR 3-2500
§ 106 Nr.45 S.244 ff.) rechtfertigt die Tatsache einer niedrigen Fallzahl grundsätzlich noch keine Leistungsausweitung,
weil bei kleinen Praxen die Relation von behandlungsintensiven und weniger aufwendigen Behandlungsfällen nicht
notwendig anders sein muss als bei großen Praxen. Das Vorliegen einer besonderen Häufung sog. "schwerer Fälle",
die den Fallwert des Klägers überproportional in die Höhe treiben könnten, hat der Beklagte in nicht zu
beanstandender Weise verneint. Das Verhältnis der Fallzahl des Klägers zur Durchschnittsfallzahl der
Vergleichsgruppe liegt mit 43,4 % (370: 853 Fälle) jedenfalls deutlich über der von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung (BSG, a.a.O., S.244/245) geforderten Mindestquote von 20 %.
Soweit sich seine damaligen Bevollmächtigten in ihren Stellungnahmen vom 21. Februar 1995 und 18. Juli 1995 auf
ein besonders großes Leistungsspektrum und eine umfangreiche apparative Ausstattung mit Herz-Kreislaufdiagnostik,
Pulmologie, Schilddrüsendiagnostik, Gastroenterologie, Onkologie und Nephrologie berufen, hat der Beklagte
ebenfalls zu Recht keinen berechtigten Mehraufwand zugestanden. Es ist zunächst davon auszugehen, dass die
Vergleichsgruppe der Internisten mit einem Überweisungsanteil von über 10 % bis unter 40 % ebenso wie der Kläger
ein breites Leistungsspektrum aufweist. Ein breites Leistungsspektrum als solches ist deshalb bei dieser Arztgruppe
keine Besonderheit. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Praxisbesonderheiten solche Umstände, die
sich auf das Behandlungs- und Verordnungsverhalten des Arztes auswirken und in der Praxis der Vergleichsgruppe
typischerweise nicht oder nicht in derselben Häufigkeit anzutreffen sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.27 S.153).
Eine Praxisbesonderheit kann deshalb allenfalls die schwerpunktmäßige Praxisausrichtung auf ein spezielles
Leistungsspektrum, das sich in einem besonderen Patientengut niederschlägt, sein (vgl. Urteil des Senats vom 19.
Juli 2000, Az.: L 12 KA 12/99). Hierfür ergeben sich jedoch aus dem Vorbringen des Klägers im Verwaltungsverfahren
sowie aus den statistischen Unterlagen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Aus der Häufigkeitsstatistik ergibt sich
zwar, dass von den in der Leistungsgruppe 08 insgesamt angeforderten 564.395 Punkten mehr als 1/4 (151.200
Punkte) auf die Nr.617 EBM (eindimensionale doppler-echokardiographische Untersuchung) entfällt, die nur von 20,59
% der Ärzte der Vergleichsgruppe abgerechnet wird. Auch die Nrn.686 EBM (sonographische Untersuchung der
extrakraniellen und/oder intrakraniellen Hirngefäße mittels Duplex-Verfahren) mit 78.000 Punkten und die Nr.687 EBM
(sonographische Untersuchung der Arterien und/oder Venen des Körperstamms und/oder der Extremitäten mittels
Duplex-Verfahren) mit 50.850 Punkten werden nur von jeweils 26,47 % der Ärzte der Vergleichsgruppe abgerechnet.
Damit beruht die Leistungsanforderung des Klägers in der Leistungsgruppe 08 fast zur Hälfte auf der Abrechnung von
nicht fachgruppentypischen Leistungen, wobei für diese zusätzlich teilweise auch noch eine besondere Genehmigung
erforderlich ist. Andererseits beruht die Überschreitung in der Leistungsgruppe 08 aber auch auf ganz
fachgruppentypischen Leistungen (Nr.380 EBM mit 62.480 Punkten und einer Abrechnungshäufigkeit in der
Vergleichsgruppe in Höhe von 97,06 % und Leistungsziffer Nr.603 EBM mit 34.500 Punkten und einer
Abrechnungshäufigkeit von 100 %). Insgesamt ist dem Hinweis des Sozialgerichts zuzustimmen, dass ein typisches
Merkmal der Internistenuntergruppe 19/2 gerade darin besteht, dass verschiedene internistische Schwerpunkte in
einer Gruppe zusammengefasst sind und die im Wesentlichen einem internistischen Schwerpunkt zuzurechnenden
Leistungen naturgemäß nur von einem Teil der weitergebildeten Internisten erbracht werden. Dieser Umstand
rechtfertigt aber für sich allein gesehen nicht die Anerkennung einer Praxisbesonderheit. Die gegenüber der
Vergleichsgruppe deutlich erhöhte Ansatzhäufigkeit einzelner Leistungsnummern (Nr.617 EBM: + 512,13 %; Nr.686
EBM: + 552,97 %; Nr.687 EBM: + 648,52 %) kann entweder Ausdruck eines zu häufigen und damit unwirtschaftlichen
Ansatzes der Leistungen oder Ausdruck einer speziellen Praxisausrichtung, die sich in einem besonderen
Patientengut niederschlägt, sein. Dass diese Überschreitungen auf ein spezielles Patientengut in Verbindung mit einer
speziellen Praxisausrichtung zurückzuführen sind, hat der Kläger bzw. seine früheren Bevollmächtigten aber gerade
im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nicht hinreichend substantiiert dargelegt, so dass der Beklagte auch nicht
gemäß § 20 Abs.1 SGB X gehalten und in der Lage war, einem solchen Einwand im Rahmen einer weitergehenden
intellektuellen Prüfung (Durchsicht der Behandlungsscheine in den Fällen, in denen die genannten Leistungsnummern
abgerechnet wurden) nachzugehen. Soweit der Kläger Beispielsfälle genannt hat, hat der Beklagte die
Behandlungsscheine durchgesehen und kein für eine internistische Praxis außergewöhnliches Patientengut erkennen
können.
Auch das Vorliegen kompensierender Einsparungen hat der Kläger im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nicht
substantiiert dargelegt. Die früheren Bevollmächtigten haben in ihren Stellungnahmen vom 21. Februar 1995, 18. Juli
1995 und 16. Januar 1996 lediglich darauf verwiesen, dass durch den Mehraufwand bei den Sonographien weniger
Röntgenaufnahmen anfielen. Zu den unterdurchschnittlichen Werten bei den Arzneikosten (- 1,2 %), beim
Sprechstundenbedarf (- 64,1 %) und bei den verordneten physikalisch-medizinischen Leistungen (- 59,6 %) hat sich
der Kläger überhaupt nicht geäußert. Der Kläger hat insbesondere den Nachweis versäumt, dass es gerade durch den
Mehraufwand bei den Sonderleistungen zu den Einsparungen gekommen ist. Dazu wäre zumindest die strukturelle
Darlegung der methodischen Zusammenhänge und der medizinischen Gleichwertigkeit erforderlich gewesen (vgl. BSG
SozR 3-2500 § 106 Nr.42 S.233 f).
Auch die Festsetzung der Höhe der Kürzung mit 40 % ist nicht zu beanstanden. Insbesondere wurde dem Kläger
auch nach Kürzung noch ein Überschreitungswert belassen, der sich weiterhin im Bereich des offensichtlichen
Missverhältnisses bewegt (+ 53,2 %). Begnügen sich die Prüfgremien mit einer Kürzung, die sich noch im Bereich
des offensichtlichen Missverhältnis bewegt, so braucht die Höhe der Kürzung aber nicht besonders begründet zu
werden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 106 Nr.36 S.207).
Aus diesen Gründen ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. Juni 1998,
das 4. Quartal 1994 betreffend, zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 193 Abs.1 und Abs.4 Satz 2 SGG i.d.F. des
Gesundheitsstrukturgesetzes und beruht auf der Erwägung, dass der Beklagte auch im Berufungsverfahren obsiegt
hat. Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.