Urteil des LSG Bayern vom 14.09.2007

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Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 14.09.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 6 AS 1003/06
Bayerisches Landessozialgericht L 7 AS 79/07
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27. Februar 2007 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung der Kosten für die Beschaffung eines Bettes in Höhe von 554,95 Euro und
eines Schrankes in Höhe von 618,95 Euro streitig.
Der 1975 geborene Kläger erhält von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form von Arbeitslosengeld (Alg) II. Er bewohnte zunächst eine eigene
Wohnung und zog später in die Wohnung seiner Mutter, ohne Miete zu zahlen. Nachdem seine Mutter eine neue
Wohnung angemietet hatte, legte er einen Untermietvertrag vor, wonach er eine Untermiete zu zahlen habe. Mit
Bewilligungsbescheid vom 14.07.2006 erstattete die Beklagte auch Kosten der Unterkunft und Heizung ab 01.09.2006
in Höhe von monatlich 222,00 Euro.
Zuvor hatte der Kläger mit Schreiben vom 05.07.2006 einen Zuschuss für die Beschaffung eines Bettes und eines
Schrankes beantragt und angegeben, er schlafe seit Jahren auf einer alten Matratze, seine Kleidung lagere auf dem
Boden.
Mit Schreiben vom 11.07.2006 teilte die Beklagte mit, die Kosten für Einrichtungsgegenstände könnten nicht
übernommen werden, da diese aus dem Regelsatz zu bestreiten seien. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein
und verwies auf eine Broschüre zum SGB II, wonach einmalige Beihilfen für die Wohnungsausstattung gewährt
werden könnten.
Bei einem Hausbesuch am 04.12.2006 wurden von Außendienstmitarbeitern der Beklagten festgestellt, dass die
beantragten Möbel in der Zwischenzeit angeschafft worden seien. Das Geld habe sich der Kläger von seiner Oma
geliehen. Er zahle 600,00 Euro in monatlichen Raten von 50,00 zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger
habe in seiner eigenen Wohnung in der F.straße vom 15.09.2002 bis mindestens 30.06.2005 gelebt. Da er bereits
einen eigenen Hausstand gehabt und in diesem wohl über ein Bett und einen Schrank verfügt habe, erscheine es
wenig glaubhaft, dass er im Juni 2006 weder ein Bett noch einen Schrank gehabt habe. Aus der Tatsache, dass er
vorher keinen Antrag auf einen Zuschuss zur Beschaffung von Möbeln gestellt habe, werde geschlossen, dass er
über diese in seiner Wohnung verfügt habe. Im Übrigen sei die Lieferadresse der Möbel auf dem Lieferschein die
Anschrift seiner Tante.
Mit seiner zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, Bett und Schrank
seien mittels einer Ratenzahlungsvereinbarung von seiner Tante bestellt und an seine Anschrift geliefert worden.
Seine Oma und seine Tante hätten es nicht mehr mit ansehen können, dass er am Boden gelegen sei, und hätten
sich für den Kauf der Möbel bei der Q. AG entschieden. In seiner früheren Wohnung in der F.straße habe er die Möbel
aus seinem früheren Kinderzimmer gehabt. Diese seien im Jahre 2002, nachdem sie 30 Jahre alt gewesen seien,
entsorgt worden. Anschließend habe er auf einer auf dem Boden liegenden Matratze geschlafen, die Kleider habe er
an eine Gardinenstange gehängt. Die Möbel seien an ihn persönlich geliefert worden; zwar sei auf dem Lieferschein
die Anschrift der Tante angegeben, jedoch sei die Spedition vorher verständigt worden, dass die Lieferung an seine
Adresse zu erfolgen habe. Er zahle 50,00 Euro monatlich an das Versandhaus Q. zurück, das den Betrag auf das
Kundenkonto seiner Tante einzahle. Das Geld hierfür wiederum erhalte er von seiner Oma. Er habe vor, es dieser
irgendwann zurückerstatten.
Mit Urteil vom 27.02.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Bei der vom Kläger behaupteten Anschaffung handle es
sich nicht um eine Erstausstattung. Vielmehr habe der Kläger selbst eingeräumt, in seiner früheren Wohnung in der
F.straße über ein eigenes Bett und einen eigenen Schrank verfügt zu haben. Insoweit habe er mit diesen
Gegenständen nicht erstmalig ausgestattet werden müssen. Daran ändere auch nichts, dass diese Möbelstücke nach
30 Jahren Gebrauch entsorgt worden seien. Dies stelle einen gewöhnlichen Umstand dar, der eintrete, wenn
Gegenstände abgenutzt oder verschlissen seien. Für solche Ersatzbeschaffungen seien die notwendigen Geldmittel
aus der Regelleistung anzusparen. Zudem sei durch den Außendienst der Beklagten am 04.12.2006 festgestellt
worden, dass bezüglich der begehrten Ausstattung kein aktueller Bedarf mehr vorhanden sei. Vielmehr sei der Kläger
in der Lage gewesen, im Rahmen ihm zumutbarer Selbsthilfemöglichkeiten, nämlich durch Verwandtenunterhalt
gemäß § 1601 BGB, sich ein Bett und einen Schrank zu beschaffen, indem ihm seine Oma hierfür Geld zur
Verfügung gestellt habe. Dies müsse er auch aktuell nicht zurückzahlen. Auch habe das Gericht erhebliche Zweifel an
dem vom Kläger geschilderten Sachverhalt eines Ratenzahlungskaufes bei dem Versandhaus Q. AG über seine
Tante. Es stehe nämlich nicht mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit fest, dass die vorgelegten
Lieferscheine und Rechnungen sich auf die beim Kläger vorgefundenen Haushaltsgegenstände bezögen. Zudem habe
der Kläger bei dem Hausbesuch nur einen Betrag von 600,00 Euro genannt, obwohl der Gesamtwert der gelieferten
Gegenstände sich auf 1.173,90 Euro belaufe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er einen Lieferschein vorlegt, auf dem die zunächst
angegebene Adresse der Tante in M. ausgestrichen und stattdessen handschriftlich seine Adresse bzw. die seiner
Mutter eingetragen ist.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 27.02.2007 und den Bescheides vom
11.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2006 zu verurteilen, ihm die Kosten für die
Anschaffung eines Schrankes und eines Bettes im Jahr 2006 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der
Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein
Auschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der
Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung eines Schrankes und eines Bettes hat.
Der Kläger erhält von der Beklagten die Regelleistung und die der Kosten der Unterkunft und Heizung erstattet. So
wurde ihm mit Bescheid vom 14.07.2006 die Regelleistung in Höhe von monatlich 345,00 Euro ab 01.08. für die Zeit
bis 31.10.2006 zusätzlich zu den Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt. Gemäß § 20 Abs.1 Satz 1 SGB II
umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere die Aufwendungen für Ernährung,
Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch für die
Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben. Das vom Kläger nach seinen Angaben
angeschaffte Bett und der Schrank zählen zu dem Hausrat im Sinne dieser Bestimmung und sind deshalb aus der
Regelleistung zu bestreiten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 23 Abs.3 Satz 1 Nr.1 SGB II, wonach Leistungen für Erstausstattungen
für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst sind. Schon nach dem eigenen
Vortrag des Klägers hat es sich bei der Anschaffung des Schrankes und des Bettes nicht um eine Erstausstattung
gehandelt. Der Kläger verfügte bereits vorher über entsprechende Möbelstücke. Zu Recht weist das SG darauf hin,
dass der Umstand, dass vorhandene Möbelstücke durch langjährigen Gebrauch nicht mehr ausreichend
funktionstüchtig sind, nicht die Annahme einer Erstausstattung im Sinne des § 23 Abs.3 Satz 1 Nr. 1 SGB II
begründet. Vielmehr handelt es sich um den Normalfall einer Ersatzbeschaffung, die aus der Regelleistung zu
bestreiten ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger vorgetragenen Umstand, dass er nach
Entsorgung der alten Möbel längere Zeit ohne Bett und Schrank auskommen musste. Denn eine verzögerte
Ersatzbeschaffung macht diese nicht zu einer Erstausstattung.
Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Notwendigkeit einer Ersatzbeschaffung aufgrund besonderer Ereignisse
wie Wohnungsbrand oder vergleichbarer Umstände, die zur unvorhersehbaren Vernichtung von
Einrichtungsgegenständen führen, erforderlich wird (vgl. Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, Rdnr.95 zu § 23). Solche
Umstände sind hier aber weder vorgetragen noch ersichtlich.
Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ausburg vom 27.02.2007 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.