Urteil des LSG Bayern vom 20.09.2007

LSG Bayern: zuschuss, grundsatz der gleichbehandlung, überwiegendes öffentliches interesse, in ungerechtfertigter weise, nachzahlung von beiträgen, private krankenversicherung, ultra petita, rücknahme

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 20.09.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 11 R 746/06
Bayerisches Landessozialgericht L 14 R 180/07
I. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26. Januar 2007 wird insoweit aufgehoben, als hierdurch die Klage
wegen eines Beitragszuschusses zur Pflegeversicherung abgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Berufung
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind der Klägerin nicht zu erstatten. III. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Frage, ob die Beklagte zu Recht mit Wirkung ab 01.09.2005 die Bewilligung
eines Zuschusses zur Krankenversicherung aufgehoben hat.
Die 1942 geborene Klägerin stellte im Juni 2002 Antrag auf Altersrente für Frauen wegen Vollendung des 60.
Lebensjahrs, den die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 09.08.2002 wegen fehlender 121 Beitragsmonate nach
dem 40. Lebensjahr ablehnte. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch begehrte die Klägerin auch die Zahlung der
möglichen Zuschüsse für die Kranken- und Pflegeversicherung, weil sie für die Fälle von Erkrankungen und
medizinischen Behandlungen bei ihrem Ehemann privat versichert sei. Im Rahmen einer geplanten
Abhilfeentscheidung zur Rente bei Nachzahlung von Beiträgen bat die Beklagte die Klägerin um Ausfüllung bzw.
Weiterreichung der beigefügten Vordrucke zur Krankenversicherung. Neben einer Meldung zur Krankenversicherung
der Rentner vom 23.09.2003 und einem Meldesatz der B. Ersatzkrankenkasse, dass die Voraussetzungen für die
Krankenversicherung der Rentner nicht erfüllt seien, ging bei der Beklagten ein Antrag der Klägerin auf Zuschuss zur
Krankenversicherung (§ 106 Sozialgesetzbuch Teil VI - SGB VI -) und auf Zuschuss zur Pflegeversicherung (§ 106a
SGB VI) ein, wobei die Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) am 02.09.2003 auf Seite 3 des Antragsbogens den
Abschluss eines Pflegeversicherungsvertrags für die Klägerin mit Beginn am 01.03.1995 bescheinigte; die
Bestätigung der Krankenkasse fehlt aber auf Seite 4 des Vordrucks, auf dem die Klägerin eine (eigene) Mitgliedschaft
in der Krankenversicherung der Bundesbahnbeamten bei der PBeaKK eingetragen hatte. Begleitet wurde der Vordruck
von einer gesonderten "Mitgliedschafts- und Beitragsbescheinigung" der PBeaKK vom 02.09.2003. Hierin wurde für
Herrn K., den Ehemann der Klägerin, eine freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung seit 15.07.1956
bescheinigt und dann als mitversicherte Angehörige die Klägerin genannt. Der monatliche Gesamtbeitrag seit dem
02.09.2003 wurde mit 174,47 EUR beziffert, ohne mitversicherte Angehörige betrage er 125,29 EUR. Weiterhin ist am
Ende der Bescheinigung vermerkt: "Für den mitversicherten Ehegatten besteht kein vertragseigener
Leistungsanspruch. Das Mitglied erhält für sich und seine mitversicherten Angehörigen die in der Satzung der
PBeaKK festgesetzten Leistungen, die der Art nach denen der gesetzlichen Krankenversicherung mit Ausnahme von
Krankengeld entsprechen."
Mit Bescheid vom 07.11.2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersrente für Frauen ab 01.10.2002 (anfänglicher
Zahlbetrag 447,68 EUR) mit Zuschüssen zur freiwilligen Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung ebenfalls ab
01.10.2002 (anfängliche Zahlbeträge 31,34 EUR und 1,91 EUR). Die Bewilligung des Zuschusses (nur) zur
Pflegeversicherung hob die Beklagte wegen Änderung der gesetzlichen Vorschriften zur Pflege (alleinige Beitragslast
der Rentner) mit Wirkung ab 01.04.2004 auf (bestandskräftiger Bescheid vom 08.03.2004). Hinsichtlich des weiterhin
gezahlten Beitragszuschusses zur Krankenversicherung teilte die PBeaKK der Beklagten mit Schreiben vom
20.04.2005 (Eingang bei der Beklagten am 20.05.2005) mit, dass anhand einer Überprüfung des Datenbestands
festgestellt worden sei, dass die Klägerin eine Altersrente beziehe, aber als mitversicherte Familienangehörige die
Voraussetzungen für die Gewährung eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung nicht erfülle, weil sie kein
eigenes Antragsrecht besitze und auch keine Beitragspflicht gegenüber der Krankenkasse bestehe. Einen Anspruch
auf Beitragszuschuss zur Krankenversicherung hätten ihres Wissens lediglich die Mitglieder der PBeaKK und nicht
die mitversicherten Familienangehörigen.
Die Beklagte hörte hierauf die Klägerin mit zwei Schreiben zu den zu Unrecht geleisteten Beitragszuschüssen und zu
einer mit Wirkung ab 01.08.2005 geplanten Rücknahme der Bewilligung gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Teil X (SGB X)
und Zahlung der Rente nur noch in Höhe von 452,35 EUR an. Die Klägerin äußerte sich hierzu sowie zu den
Hinweisen der Beklagten auf eine möglicherweise bestehende und geltend zu machende Härte (zum Beispiel
bestehende Dispositionen wegen der bisherigen Rentenzahlungen) nicht.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 02.08.2005, geändert durch Bescheid vom 09.02.2006, hob die Beklagte
den Bescheid vom 07.11.2003 hinsichtlich der konkreten Rentenhöhe mit Wirkung für die Zukunft, zuerst ab
01.08.2005 und dann berichtigt ab 01.09.2005, gemäß § 45 SGB X auf und setzte den neuen Rentenzahlbetrag ohne
den bisher noch gezahlten Zuschuss zur Krankenversicherung neu fest. Sie verneinte einen Vertrauensschutz der
Klägerin und wies darauf hin, dass bei der Ermessensausübung die bekannten Umstände berücksichtigt worden
seien, aber an der Neufeststellung ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe. Die vom 01.10.2002 bis zum
31.07.2005 errechnete Überzahlung von 1.123,01 EUR forderte die Beklagte ausdrücklich nicht zurück und zahlte der
Klägerin noch für August 2005 den Zuschuss zur Krankenversicherung von damals 30,08 EUR nach.
Mit dem gegen die Rücknahme eingelegten Widerspruch stellte die Klägerin letztlich nur Fragen, warum der Zuschuss
entfalle, obwohl sie und ihr Ehemann erhöhte Beiträge wegen ihrer privaten Krankenversicherung als Familienmitglied
zahlten und sie sicherlich auch früher während ihrer aktiven Arbeitszeit bei der B. Ersatzkasse oder der Allgemeinen
Ortskrankenkasse pflichtversichert gewesen und sicher Anteile für Erkrankungen im Rentenalter mitentrichtet habe.
Es erging dann der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 09.06.2006, mit dem nochmals ausführlich dargelegt
wurde, dass ein Anspruch auf Krankenversicherungszuschuss nicht für mitversicherte Familienangehörige bestehe,
die keinen eigenständigen Versicherungsschutz hätten. Im Übrigen ging die Rechtsbehelfsstelle der Beklagten
nochmals auf die Voraussetzungen des § 45 Abs.1 bis 4 SGB X ein. Zur Zwei-Jahres-Frist des § 45 Abs.3 Satz 1
SGB X für die Rücknahme wies sie darauf hin, dass diese Frist eingehalten worden sei, weil der zurückgenommene
Bescheid vom 07.11.2003 datiere und der Rücknahmebescheid vom 02.08.2005.
Mit der hiergegen beim Sozialgericht Landshut eingelegten Klage machte die Klägerin geltend, sie müsse sich doch
selbst krankenversichern, wenn ihr Ehegatte auf Grund seines Dispositionsrechts sich weigere, den erhöhten Beitrag
zur Krankenversicherung der PBeaKK zu bezahlten; da sei es besser, wenn sie selbst den Unterschiedsbetrag für die
höhere Familienversicherung übernehme. Während ihrer aktiven Zeit habe sie bestimmt auch Anteile für den
Ruhestand in die Pflichtversicherung miteinbezahlt. Den Krankenversicherungszuschuss habe sie im Vertrauen auf
die Rechtmäßigkeit des Bescheids und auf ihre Einstellung zweckentsprechend richtig verwendet und sei darum
schutzwürdig. Ihr erheblich behinderter Ehemann habe ihr für den Umgang mit der Krankenkasse Vollmacht erteilt, so
dass sie alle Vorgänge mit der Kasse, den Ärzten und den Krankenhäusern regeln und disponieren könne. Im Übrigen
frage sie sich, ob die Zwei-Jahres-Frist für die Rücknahme statt am 07.11.2003 nicht bereits am 01.10.2002 mit dem
Beginn der Rentenzahlungen laufe.
Die Beklagte wies darauf hin, dass die Klägerin irre, wenn sie die Nichtweiterzahlung des Zuschusses zur
Krankenversicherung auf ein "gewandeltes Ermessen" zurückführe; vielmehr habe der Klägerin - wie das
Bundessozialgericht im Urteil vom 25.05.1993 - 4 RA 30/92 dargelegt habe - der Zuschuss von Anfang an nicht
zugestanden, wobei vorliegend lediglich die Rücknahme des Bescheids nicht für die Vergangenheit erfolgt sei.
Ermessen zu Gunsten der Klägerin in Hinblick auf die Zukunft könne mangels hinreichender Gesichtspunkte nicht
ausgeübt werden. Die Zwei-Jahres-Frist für die Rücknahme beginne laut Gesetz mit der Bekanntgabe des
rückzunehmenden Bescheides.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat die PBeaKK unter Vorlage ihrer Satzungsbestimmungen mit Schreiben vom
28.09.2006 nochmals dargelegt, dass die Klägerin gemäß § 16 der Satzung als Ehefrau nur mitversichert sei und
weder ein eigenes Antragsrecht noch eine Beitragspflicht gegenüber der PBeaKK habe. Rechte und Pflichten aus dem
Mitgliedschaftsverhältnis gälten ausschließlich für und gegen den als Mitglied versicherten Ehemann.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 26.01.2007 ab. Es ging einmal von dem Begehren und ein andermal
von dem Antrag der Klägerin auf Verurteilung der Beklagten zur Weiterzahlung des Zuschusses zur Kranken- und
Pflegeversicherung aus, erwähnte aber in den Entscheidungsgründen, die Bescheide der Beklagten vom 02.08.2005
und 09.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2006 seien mangels eines Anspruchs der Klägerin
auf Zahlung des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung nicht zu beanstanden; die Zahlung des
Beitragszuschusses zur Pflegeversicherung werde von der Klägerin zwar angesprochen, sei aber nicht Gegenstand
des vorliegenden Klageverfahrens, denn die Beklagte habe die Zahlung des Beitragszuschusses zur
Pflegeversicherung auf Grund einer entsprechenden Gesetzesänderung bereits mit Bescheid vom 08.03.2004 mit
Wirkung ab 01.04.2004 aufgehoben, und dieser Bescheid sei bestandskräftig und für die Klägerin bindend. Gleichwohl
begründete das Sozialgericht sowohl in Hinblick auf den Zuschuss zur Krankenversicherung als auch in Hinblick auf
den Zuschuss zur Pflegeversicherung ausführlich unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts,
dass hierauf materiell-rechtliche Ansprüche der Klägerin von Anfang nicht bestanden hätten. Es führte weiterhin aus,
dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung mit Wirkung für die
Zukunft vorgelegen hätte, also unter anderem kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin vorgelegen habe; deren
Vortrag, die gezahlten Leistungen bereits verbraucht zu haben, sei ohne Belang, weil die Beklagte die bereits
geleisteten Zahlungen nicht zurückgefordert habe. In die Zukunft wirkende Vermögensdispositionen der Klägerin, die
diese nicht oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könnte, seien weder geltend gemacht worden
noch ersichtlich. Gleiches gelte für sonstige Gründe, die einer Rücknahme entgegenstehen könnten. Eine
Ermessenausübung habe stattgefunden und die Ausführungen der Beklagten hierzu seien nicht zu beanstanden.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung rügt die Klägerin, dass sich das Urteil sehr viel mit dem Wegfall des
Pflegeversicherungskassenzuschusses beschäftigt habe, obwohl sie dagegen nicht geklagt habe und sich auch nicht,
weil dieser Zuschuss für alle Rentner weggefallen sei, dagegen wenden wollte. Einen Anspruch auf Zuschuss zur
Krankenversicherung begründet sie damit, dass in einer Ehe alles in eine Kasse fließe, über deren Verwendung jeder
die gleichen Rechte besitze; da spiele es keine Rolle, ob irgendeiner eigenständige Rechte habe oder nicht, Kosten
und Belastungen träfen immer beide. In diesem Rahmen treffe sie Vermögensdispositionen. Es sei nicht ihre Schuld,
dass sich die Satzung der PBeaKK so seltsam und anscheinend nicht zeitgemäß darstelle und es so für sie kein
eigenes Antragsrecht, keine eigenständige Mitgliedschaft und keine Beitragspflicht gebe. Erst bei Tode des
Ehemanns träfen diese Rechte und Pflichten überraschend auf sie zu und der Zuschuss werde dann als gerechtfertigt
erklärt. Die Krankenkasse habe dafür zu sorgen, dass diese rechtlose Stellung der Ehefrau in der Satzung beseitigt
werde.
Gegen rechtliche Hinweise des Senats, dass der Zuschuss zur Krankenversicherung vom Gesetz, das vom Gericht
nicht geändert werden könne, nur zu einer eigenständigen freiwilligen Krankenversicherung vorgesehen sei und nicht
zu einer sehr kostengünstigen Möglichkeit der freiwilligen Mitversicherung beim Ehemann, wendet die Klägerin ein, sie
habe schon vermutet, dass diese Art der Versicherung ihres Ehegatten mit Beihilfe wegen des Beamtenstatus der
entscheidende Punkt sei. Auch diese Versorgung sei aber kostenträchtig (Selbstbehalte) und beinhalte
Schwierigkeiten. Sie habe den Eindruck, dass hier eine Ungleichbehandlung wegen ihrer Stellung als Ehefrau vorliege.
Die antiquierte Ansicht des Gesetzgebers sollte vom Gericht geändert werden.
Die Beklagte bringt im Wesentlichen die gleichen Argumente wie das Sozialgericht in seiner Entscheidung vor und
weist darauf hin, dass das Sozialgericht verpflichtet gewesen sei, Recht und Gesetz zu berücksichtigen und keine
"Bauchentscheidungen" zu treffen. Es handle sich bei den Ausführungen im Urteil nicht - wie die Klägerin dies
formuliert hat - um juristisches Geplänkel, sondern eine Würdigung des Sachverhalts und eine Prüfung des geltend
gemachten Anspruchs anhand der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts vom 26.01.2007 sowie die Bescheide vom
02.08.2005 und 09.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2006 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, ihr einen Zuschuss zur Krankenversicherung ab 01.09.2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die zu Beweiszwecken beigezogene
Versichertenakte der Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte (§§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässige
Berufung ist lediglich teilweise begründet.
1. Zu Recht hat die Klägerin gerügt, dass das Sozialgericht über einen Anspruch auf Zuschuss zur
Pflegeversicherung entschieden habe, obwohl deswegen nicht geklagt worden sei. Dies ist zutreffend; das Urteil
enthält insoweit eine ungerechtfertigte Beschwer und war insoweit aufzuheben. Richtig ist, dass die Klägerin im
Widerspruchsverfahren den Zuschuss zur Pflege- und Krankenversicherung begehrt und in einem aufklärenden
Schreiben der Leistungsabteilung der Beklagten und mit Widerspruchsbescheid klare Hinweise darauf erhalten hat,
dass die Bewilligung des Zuschusses zur Pflegeversicherung bereits mit Bescheid vom 08.03.2004 aufgehoben
worden ist und der Gesetzgeber den Zuschuss für alle Rentner gestrichen hat. Die Klägerin hat dies akzeptiert und mit
ihrer Klage - sowohl ausdrücklich als auch sinngemäß - lediglich noch den Zuschuss zur Krankenversicherung
begehrt. Unzutreffend ist die Feststellung im angefochtenen Urteil, die Klägerin habe (auch) die Zahlung des
Beitragszuschusses zur Pflegeversicherung angesprochen. Dies ist nicht, auch nicht beiläufig, in den Schriftsätzen
der Klägerin vom 06.07.2006, 21.12.2006 und 05.01.2007 erfolgt; vielmehr hat die Klägerin klar und eindeutig sich nur
gegen die "Streichung des Krankenversicherungszuschusses" gewendet und auch nur ausschließlich in diesem
Bezug argumentiert.
Das Sozialgericht hat mit seinem Urteil eine Klage wegen Beitragszuschüssen zur Pflege- und zur
Krankenversicherung abgewiesen. Der Tenor des Urteils ("die Klage wird abgewiesen") ist zu vage und unzweckmäßig
abgefasst. Was abgewiesen worden ist, kann lediglich aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des
Urteils entnommen werden. Insoweit darf der Tenor, soweit möglich, auch ausgelegt werden (Meyer-Ladewig, SGG, 8.
Auflage, Rz.5c zu § 136 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Das Sozialgericht hat im Tatbestand seines Urteils
bereits im ersten vorangestellten Satz - übergreifend - darauf hingewiesen, dass im Klageverfahren die Zahlung eines
Zuschusses zu Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig sei. Ebenso wurde bei Wiedergabe des
maßgebenden Klageantrags die Aufhebung der Bescheide vom 02.08.2005 und 09.02.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 09.06.2006 und die Verurteilung der Beklagten, der Klägerin weiterhin den Zuschuss zu
den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zu zahlen, aufgeführt. Das Sozialgericht hat dann die Klage (also
wegen Beitragszuschüssen zur Pflege- und Krankenversicherung) für zulässig und unbegründet gehalten. Lediglich
ca. eine Seite nach Beginn der Entscheidungsgründe findet sich der Satz, die Zahlung des Beitragszuschusses zur
Pflegeversicherung werde zwar von der Klägerin angesprochen, sei aber nicht Gegenstand des vorliegenden
Klageverfahrens, denn insoweit liege ein bindender Aufhebungsbescheid vom 08.03.2004 für die Zeit ab 01.04.2004
vor. Dieser Satz steht in unlösbarem Widerspruch zu den vorangegangenen zwei Ausführungen über das klägerische
Begehren im Prozess, zumal auch im Nachhinein noch (irrtümlich) vom Sozialgericht erwähnt wurde, die Klägerin
habe im Prozess den Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung angesprochen. Weiterhin findet sich zwar noch die
Ankündigung des Sozialgerichts, das Urteil gehe daher auf den Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung nur am
Rande ein, was aber keineswegs zutreffend ist, denn die Ausführungen über einen fehlenden Anspruch auf Zuschuss
zur Pflegeversicherung sind sehr umfangreich und stehen denjenigen zu einem fehlenden Anspruch auf
Krankenversicherung in nichts nach. Von nur beiläufigen Bemerkungen zu einem nicht streibefangenen Anspruch
kann nicht die Rede sein.
Bereits auf Grund des unlösbaren Widerspruchs in den Ausführungen des streitbefangenen Urteils und dem erweckten
Eindruck eines umfassenden klägerischen Begehrens zur Kranken- und Pflegeversicherung, das abgewiesen worden
ist, sieht sich der Senat gehalten, das Urteil - sei es teilweise tatsächlich unrichtig oder nur dem äußeren Anschein
nach - auch teilweise aufzuheben. Dies erfordern Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.
Eine Beschwer der Klägerin und die (teilweise) Rechtswidrigkeit des Urteils sind im Übrigen zu bejahen, auch wenn
die Ausführungen des Sozialgerichts zu einem fehlenden Anspruch der Klägerin auf Beitragszuschuss zur
Pflegeversicherung zutreffen. Das Sozialgericht darf nur über das klägerische Begehren entscheiden und nicht über
sonstige Punkte, die vom Klageantrag nicht umfasst sind ("ne ultra petita").
Der Senat hat sich zu diesem Schritt auch entschlossen, weil nicht nur die Ausführungen des Sozialgerichts
zueinander in einem unlösbaren Widerspruch stehen, sondern möglicherweise auch auf einem nicht zutreffenden
Verständnis vom "Gegenstand des Klageverfahrens" beruhen. Der "Streitgegenstand" ist einmal als technisch-
juristischer Begriff bekannt und nach wohl herrschender Meinung als der im Rechtsstreit erhobene prozessuale
Anspruch zu verstehen, wobei wesentlich ist, dass der Streitgegenstand durch Antrag des Klägers umrissen wird
(Dispositionsbefugnis, vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Rz.4 zu § 92 und Rz.4 f. zu § 95). "Streitgegenstand" gemäß § 92
Satz 1 SGG im nicht-technischen Sinne ist auch das, was diese Vorschrift als Angabe des Klagebegehrens versteht.
Als "Gegenstand einer (Anfechtungs-)Klage" bezeichnet § 95 SGG hingegen den ursprünglichen Verwaltungsakt in der
Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Unter der nicht amtlichen Überschrift "Gegenstand der
Klage" führt § 54 SGG im Übrigen aus, dass es mehrere Arten von Klagen (mit zulässigen Inhalten) gibt
(Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen, teils mit, teils ohne vorausgehende Verwaltungsakte).
Unabhängig von den verschiedenen Begriffen ist aber stets darauf hinzuweisen, dass ein behaupteter materiell-
rechtlicher Anspruch Gegenstand des Klageverfahrens bzw. Streitgegenstand auch dann sein kann, wenn ein
diesbezüglicher bestandskräftiger Ablehnung- oder Aufhebungsbescheid (hier Aufhebungsbescheid vom 08.03.2004)
vorliegen sollte und nicht oder nicht ausdrücklich mit Klage angefochten wird. Wenn ein Gericht dann "nicht mehr
hierüber zu entscheiden hat", kann sich das lediglich auf die sachliche Entscheidung bzw. Entscheidung in der
Hauptsache, nicht aber auf die Entscheidung über die Unzulässigkeit der Klage (wegen Fehlens eines anfechtbaren
Verwaltungsakts) beziehen. Mit anderen Worten: Zum Gegenstand des Klageverfahrens und zum Streitgegenstand
wird das, was der Kläger als Gegenstand mit seinem Begehren bestimmt, und nicht das, worüber die Beklagte mit -
bestandskräftigen oder noch anfechtbaren - Verwaltungsakten entschieden oder nicht entschieden hat; weiterhin hat
das Gericht über die "Klage" zu entscheiden (so § 125 SGG) und nicht nur über das, was die Beklagte mit einem
Verwaltungsakt vorgibt oder was (zulässiger) Inhalt einer Anfechtungsklage sein kann; eine andere Frage ist
wiederum, was bei der gebotenen Entscheidung über die "Klage" im Sinne von § 125 SGG als unzulässig (damit keine
Sachentscheidung) oder zulässig oder als begründet oder unbegründet angesehen wird.
Die vorliegenden Ausführungen des Sozialgerichts deuten mit der nicht sicher zum Ausdruck kommenden
Begründung "kein Gegenstand des Klageverfahrens, weil ein bestandskräftiger und für die Klägerin bindender
Bescheid vorliegt" auf ein mögliches Missverständnis hin. Unbeschadet hiervon hat aber das Sozialgericht zweimal
den Gegenstand des klägerischen Begehrens mit Pflegeversicherung und Krankenversicherung eindeutig bestimmt
und im Tenor die Klage abgewiesen, wobei sich Letzteres nur auf Ersteres beziehen kann und beziehen darf.
2. Die Klage hinsichtlich des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung war zulässig und unbegründet. Insoweit
verweist der Senat auf die ausreichenden und schlüssigen Ausführungen des Sozialgerichts (§ 153 Abs.2 SGG) und
in den Bescheiden der Beklagten mit Widerspruchsbescheid (§§ 136 Abs.3, 153 Abs.1 SGG). Diesbezüglich ist
lediglich eine Ergänzung nachzutragen und geht der Senat im Übrigen nur noch auf das Vorbringen der Klägerin zu
Art.3 des Grundgesetzes (GG) im Berufungsverfahren ein.
Soweit sich die Klägerin darauf berufen hat, dass sie mit Vollmacht für ihren Ehemann in Hinblick auf die
Krankenversicherung und Krankenbehandlungen gehandelt hat und noch handelt, ist dem entgegenzusetzen, dass §
106 Abs.1 SGB VI mit gutem Grund - wie auch das Bundessozialgericht dargelegt hat - eine eigene Mitgliedschaft
des Rentners in der Krankenversicherung fordert, wie sie unter anderem mit eigener Pflicht zur Beitragszahlung und
eigenem Anspruch auf Leistungen umschrieben wird. Der Umstand, dass jemand kraft Vollmacht in Rechtsgeschäften
erkennbar im Namen des Vollmachtgebers mit Wirkung für und gegen den Vertretenen handeln kann (§ 164 Abs.1 und
Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch), kann aber nicht bewirken, dass der Bevollmächtigte eigene Rechte und Pflichten
aus einem Rechtsverhältnis erwirbt, das nach wie vor nur zwischen dem Vertretenen und einem Dritten besteht oder
begründet wird; gerade dies ist Inhalt der Vorschriften der §§ 164 f. Bürgerliches Gesetzbuch, den die Klägerin nicht
ins Gegenteil verkehren kann. Sie "verfügt" auch nicht selbst, wie sie meinte, über das
Krankenversicherungsverhältnis des Ehemanns. Insoweit hat sie die Beklagte und das Sozialgericht missverstanden,
als diese ausgeführt haben, dass die Klägerin keine Verfügungen in Hinblick auf die Gewährung des
Beitragszuschusses getroffen habe, die aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht mehr rückgängig gemacht werden
könne. Richtig ist insoweit, dass die Klägerin bereits vor Bewilligung des Beitragszuschusses sich entschieden hat,
keine eigene private Krankenversicherung abzuschließen, sondern den kostengünstigen Weg über die
Beihilfeberechtigung ihres Ehemanns und die Familienmitversicherung zu wählen. Hieran hat sich mit der (zu Unrecht
erfolgten) Bewilligung des Beitragszuschusses nichts geändert. Die Klägerin hat darüber hinaus nicht "Verfügungen"
oder Vermögensdispositionen dargelegt, die nicht oder nicht mehr in unzumutbarer Weise rückgängig gemacht werden
könnten und von solcher Tragweite wären, dass ein Vertrauensschutz die Fortzahlung des Beitragszuschusses
gebieten würde. Die bloße Erwartung, die einmal gewährte Leistung werde zukünftig in jedem Falle ungeschmälert
ausbezahlt, ist im Rahmen des § 45 SGB X nicht schutzwürdig.
Neben der Sache liegt die Argumentation der Klägerin, in einer Ehe würde alles in eine Kasse, über deren Verwendung
jeder Ehegatte die gleichen Rechte besitze, gehen. Die Klägerin verkennt das Ehe- und Güterrecht, das keineswegs
Rechte und Pflichten eines Ehegatten im Verhältnis zu Dritten auch dem anderen Ehegatten zuordnet und keineswegs
gemeinsame Verfügungsrechte der Ehegatten vorsieht.
Die "Gleichberechtigung der Ehefrau" ist vorliegend auch nicht zur Begründung eines Anspruchs der Klägerin auf
Beitragszuschuss geeignet. Der Grundsatz der Gleichbehandlung wird dadurch gewahrt, dass jeder Rentner und jede
Rentnerin einen Anspruch auf Beitragszuschuss zu einer eigenen Krankenversicherung hat (sofern er oder sie nicht
gleichzeitig in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist). Die Klägerin wird insoweit wie alle anderen
Rentner auch gleich behandelt; auf den Umstand, ob ein Rentner oder Rentnerin verheiratet ist oder nicht, kommt es
gar nicht an. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete es aber nicht, dass der Krankenversicherungsschutz, den ein
Ehemann auf Grund seiner Beamtentätigkeit durch einen Beihilfeanspruch und im Übrigen durch einen eigenen
Leistungsanspruch auf Grund der selbständigen, nur für ihn abgeschlossenen privaten Krankenversicherung erworben
hat, als eigene Rechtsposition der Ehefrau anzusehen und zu behandeln ist. Für eine eigene Krankenversicherung hat
jeder Bürger oder Bürgerin, soweit er oder sie darauf Wert legt und ohnehin nicht pflichtversichert ist, selbst zu
sorgen. Es zeugt nur von einem überzogenen Anspruchsdenken, wenn nicht zwangsläufige soziale Vergünstigungen
hinsichtlich der Krankenbehandlung als eigene Mitgliedschaft in einer privaten Krankenversicherung gewertet werden,
damit hierzu ein Anspruch auf weitere hierfür nicht vorgesehene Vergünstigungen wie den Beitragszuschuss erworben
werden kann. Die Klägerin will hier nur in ungerechtfertigter Weise Vorteile aus zwei miteinander nicht vereinbaren
Rechtspositionen kombinieren. Der von ihr weiterhin vorgetragene Gedanke, bei Tode ihres Ehegatten erwerbe sie
selbst "eigene Rechte und Pflichten", trägt nichts zur jetzigen Sachbehandlung bei. Es kommt allein darauf an, dass
sie eine eigene freiwillige Krankenversicherung erwirbt, und nicht darauf, auf welchen Gründen dies beruht und ob dies
erst in der Zukunft erfolgt. Die Klägerin ist nicht gehindert, bereits jetzt eine freiwillige Krankenversicherung
abzuschließen, wenn sie einen Anspruch auf Zuschuss zu dieser Krankenversicherung erwerben will.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. In Hinblick auf einen "formalen" Fehler im angefochtenen Urteil, der
vom Senat zu korrigieren war, ohne dass der Klägerin deshalb zu weiteren Ansprüchen gegen die Beklagte zu
verhelfen war, hat der Senat davon abgesehen, die Beklagte zur Erstattung eines Teils der außergerichtlichen Kosten
der Klägerin zu verpflichten.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.