Urteil des LSG Bayern vom 06.12.2006

LSG Bayern: rente, arthrose, arbeitsunfall, läsion, wahrscheinlichkeit, unfallfolgen, universität, mrt, bayern, diagnose

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 06.12.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 4 U 58/03
Bayerisches Landessozialgericht L 2 U 168/05
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18. März 2005 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Gewährung einer Verletztenrente über den 31. Oktober 1997
hinaus.
Der 1954 geborene Kläger hatte am 24. Februar 1996 eine Schnittverletzung der Finger D 3 bis 5 der linken Hand
erlitten, als sich beim Einbau ein Scheibenwischermotor plötzlich einschaltete. Die Beklagte hatte ein Gutachten des
Chirurgen Dr. M. (Kreiskrankenhaus M.) vom 26. Juni 1996 eingeholt, der als Unfallfolgen eine verheilte
Schnittverletzung der Finger 3 bis 5 der linken Hand mit Strecksehnenteildurchtrennung des 3. und 4. Fingers über
dem Mittelglied, persistierende Sensibilitätsstörung am Endglied der Finger 3 bis 5 links sowie ein Streckdefizit in
allen drei Endgelenken dieser Finger festgestellt hatte. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage ab 22. April
1996 bis zum Ende des ersten Unfalljahres 20 v.H.
Mit Bescheid vom 12. August 1996 hatte die Beklagte den Arbeitsunfall anerkannt und eine vorläufige Rente in Form
einer Gesamtvergütung nach einer MdE um 20 v.H. vom 22. April bis 31. August 1996 gewährt. Nach Einholung eines
Gutachtens des Orthopäden Dr. W. vom 15. Januar 1997 hatte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 1997 für
die Zeit ab 1. September 1996 bis auf Weiteres eine vorläufige Rente nach einer MdE um 20 v.H. weitergewährt.
Dr. M. hatte am 13. Juni 1997 berichtet, es bestehe ferner eine Arthrose im Daumengrund- und -endgelenk links. Die
Beschwerdesymptomatik sei nicht unfallbedingt. Der von der Beklagten beauftragte Chirurg Dr. Ü. hatte in seinem
Gutachten vom 5. August 1997 die MdE um 20 v.H. eingestuft und dabei auch eine sekundäre schmerzhafte
Beugeeinschränkung des Daumenendgelenkes als Unfallfolge berücksichtigt.
Die Beklagte hatte eine Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. B. eingeholt, der die Bewegungseinschränkungen
im Bereich des Daumenendgelenks durch Arthrose und nicht durch Unfallfolgen verursacht sah und unter
Dauerrentengesichtspunkten eine MdE um 10 v.H. für angemessen hielt. Mit Bescheid vom 10. Oktober 1997 entzog
sie die bisherige Rente mit Ablauf des Monats Oktober 1997. Den Widerspruch hatte sie mit Widerspruchsbescheid
vom 26. November 1997 zurückgewiesen.
Im hiergegen gerichteten Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg (Az.: S 3 U 442/97) hatte das
Sozialgericht ein plastisch-chirurgisches Gutachten des Dr. H. vom 22. September 1998 eingeholt. Danach seien
durch den Unfall vor allem die Beweglichkeit der Endglieder, in leichterem Umfang auch der Mittelglieder des Mittel-
und Ringfingers der linken Hand, sowie die Gefühlshaftigkeit des Handrückens betroffen. Die geklagten Schmerzen im
Bereich des Daumens und des Zeigefingers seien nicht unfallbedingt. Seit einem Dreivierteljahr würden bei Belastung
zunehmend Schmerzen im Handgelenk und im Zeigefinger auftreten. Eine Röntgenaufnahme des Handgelenks habe
keinen bedeutsamen Befund ergeben. Die MdE betrage unter Berücksichtigung des neurologischen Zusatzgutachtens
der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Dr. K. , vom 15. September 1998 15 v.H. Der Kläger hatte dieser gegenüber
zum Unfallhergang geschildert, die zwei langen Stangen der Scheibenwischanlage hätten wie eine Schere gewirkt. Die
Gutachterin hatte die MdE auf neurologischem Fachgebiet mit 5 v.H. eingeschätzt.
Auf klägerischen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hatte das Sozialgericht ein orthopädisches
Gutachten des Prof. Dr. P. vom 3. Februar 1999 eingeholt, der den Bewegungs- und Belastungsschmerz im Bereich
des linken Handgelenks als unfallabhängig ansah. Es handele sich um eine Folge einer Handgelenksdistorsion im
Sinne eines Überstreckungstraumas, eventuell auch mit Schädigung der Bandscheibe zwischen Elle und Speiche
(discus triangularis) des Handgelenks. Eine Möglichkeit, diese Beschwerden zu verifizieren oder zu objektivieren,
bestehe allerdings nicht. Die Beschwerden seien geeignet, die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand deutlich
herabzusetzen. Arthrosen, Bewegungseinschränkungen und die Beschwerden im linken Daumen und Zeigefinger
seien hingegen nicht unfallbedingt. Die MdE betrage ab 1. November 1997 20 v.H.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 25. März 1999 hatte das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hatte sich vor allem
auf die Gutachten der Dr. K. und des Dr. H. gestützt.
Am 20. Oktober 2000 beantragte der Kläger eine Neufestsetzung der Verletztenrente, da sich sein
Gesundheitszustand erheblich verschlechtert habe. Er verwies auf einen Bericht der Chirurgischen Klinik der L.-
Universität (L.) M. über eine Handgelenksarthroskopie vom 28. August 2000, bei der ein Riss der Gelenkscheibe
(Discus articularis) links festgestellt worden sei. Zudem machte er geltend, die Verletzung des Handgelenks sei
zunächst übersehen worden, habe aber von Anfang an vorgelegen und hätte schon im Bescheid vom 10. Oktober
1997 mit einer MdE von 20 v.H. berücksichtigt werden müssen.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2001 lehnte die Beklagte die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens zur Überprüfung des
Bescheides vom 10. Oktober 1997 ab. Ein Unfallzusammenhang mit den am 28. August 2000 erhobenen Befunden
sei nicht wahrscheinlich zu machen, zumal andere Ursachen für die Beschwerdeentstehung als der angeschuldigte
Unfall nicht völlig ausgeschlossen werden könnten.
Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) des linken Handgelenks vom 15. Januar 2002 zeigte eine fortgeschrittene
Arthrose im Radiocarpalgelenk sowie Zeichen einer Osteonekrose des distalen Radius, bekannte, glatt berandete
Zysten im distalen Radius und im Kahnbein sowie einen Zustand nach Teilresektion des Discus triangularis. Ärzte
des Klinikums der Universität M. hielten die nekrotischen Veränderungen am ehesten für posttraumatische
Ausziehungen. In einem Gutachten des Klinikums der L. vom 2. September 2002 für die Versicherungskammer
Bayern, das wegen Ansprüchen infolge eines Behandlungsfehlers durch das Krankenhaus M. erstellt wurde, wurde ein
Zusammenhang zwischen dem vom Kläger geschilderten Unfall und der Discusverletzung als "sehr gut möglich und
wahrscheinlich" angesehen.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2003 zurück.
Dagegen erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Regensburg. Er wies insbesondere auf gerichtlich geltend
gemachte Schadensersatzansprüche wegen eines Behandlungsfehlers gegenüber dem Kreiskrankenhaus M. hin. Die
in diesem Verfahren eingeholten Gutachten kämen zu dem Ergebnis, dass der Einriss des Discus triangularis auf das
Unfallereignis zurückzuführen sei.
Mit Urteil vom 18. März 2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Das Sozialgericht habe sich im Urteil vom 25. März
1999 bereits eingehend mit den Verletzungsfolgen und der Frage des ursächlichen Zusammenhangs
auseinandergesetzt. Eine andere Beurteilung komme auch jetzt nicht in Betracht.
Dagegen legte der Kläger Berufung ein und beantragte die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG durch den
Handchirurgen Prof. Dr. S ... Dieser wies in dem Gutachten vom 18. April 2006 darauf hin, der Kläger klage vor allem
über Schmerzen im Bereich des Handgelenkes. Die Beschwerdesymptomatik sei erstmals im Rahmen der
Begutachtung durch Dr. H. am 30. Juli 1998 angegeben worden. Bei einer unfallbedingten Discus-Läsion hätten schon
früher und nicht erst nach Jahren Schmerzen auftreten müssen. Im Übrigen wäre eine Discus-Läsion bei den früheren
gutachterlichen Untersuchung aufgefallen. Der Kläger habe gegenüber Dr. K. den Unfallhergang genau geschildert.
Von einer Rotation des Handgelenks werde ebensowenig gesprochen wie von einer Drehbewegung des Motors. Es
werde vielmehr eine Schnittverletzung beschrieben. Es sei kaum vorstellbar, dass ein Scheibenwischermotor eine
Hand so verdrehen könne, dass später relevante Schäden im Bereich des Handgelenks entstünden. Gegenüber dem
Bescheid vom 10. Oktober 1997 lägen keine neuen Tatsachen vor. Auch die Arthrose sei nicht auf das Unfallereignis
zurückzuführen. Die MdE betrage 5 v.H.
Der Kläger verwies auf das Arthroskopieergebnis vom 28. August 2000, auf das Gutachten des Prof. Dr. P. sowie das
Gutachten des Klinikums der L. vom 2. September 2002.
Der Kläger beantragt mit Schriftsatz vom 3. Mai 2005,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18. März 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des
Bescheides vom 10. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2003 zu verurteilen, den
Bescheid vom 10. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 1997
zurückzunehmen und ihm über den 31. Oktober 1997 hinaus Rente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18. März 2005 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Der Senat konnte in Abwesenheit des Kläger bzw. der Prozessbevollmächtigten entscheiden, da diese
ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens
hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG). Das Nichterscheinen wurde zudem angekündigt und eine Entscheidung
nach Aktenlage beantragt.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von
einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die
Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuch - SGB X). Der Bescheid
der Beklagten vom 10. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 1997 war jedoch
rechtmäßig und deshalb nicht aufzuheben, da ein Anspruch auf Gewährung einer Rente über den 31. Oktober 1997
hinaus nicht besteht.
Unstreitig erlitt der Kläger am 24. Februar 1996 einen Arbeitsunfall im Sinne des § 548 Abs. 1 der
Reichsversicherungsordnung (RVO). Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31. Dezember 1996 geltenden
Vorschriften der RVO, da der streitige Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1997 eingetreten ist. Gemäß § 214 Abs. 3
S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) gelten die Vorschriften des SGB VII über Renten zwar
auch für Versicherungsfälle, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingetreten sind, jedoch nur, wenn
diese Leistung nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erstmals festzusetzen ist. "Erstmals" bezieht sich dabei auf
die Leistungsart, d.h., ist wie hier mit Bescheiden vom 12. August 1996 und 10. Februar 1997 eine vorläufige Rente
nach dem Recht der RVO festgesetzt worden, richtet sich die Festsetzung einer Dauerrente ebenfalls nach altem
Recht (so auch Ricke, Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, § 214 SGB VII, Rdnr. 15).
Ein Anspruch auf Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls setzt nach §§ 580, 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO voraus,
dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge des Arbeitsunfalls um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Die
Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen
beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Bei der Bewertung der MdE sind die
von der Rechtsprechung und von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum
herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung in jedem Einzelfall
bindend sind, aber Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen
Praxis bilden (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22 m.w.N.).
Der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem geltend gemachten Körperschaden muss mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der
Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch-
wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen
ein deutliches Übergewicht zukommt.
Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass diese Voraussetzung, soweit der Kläger eine Handgelenksschädigung
geltend macht, nicht erfüllt ist. Allerdings ist in der Zwischenzeit ein Riss der Gelenkscheibe links nachgewiesen, wie
sich vor allem aus dem Bericht der Chirurgischen Klinik der L. M. über eine Handgelenksarthroskopie am 28. August
2000 sowie aus dem MRT des linken Handgelenks vom 15. Januar 2002 ergibt. Es steht jedoch nicht zur
Überzeugung des Senats fest, dass diese Verletzung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom
24. Februar 1996 zurückzuführen ist.
Dagegen spricht zum einen der Unfallmechanismus. Wie der medizinische Sachverständige Prof. Dr. S. ausführte,
bedarf es einer Rotationsbewegung, um eine derartige Verletzung herbeizuführen. Aus den Schilderungen des Klägers
zum Unfallhergang ist eine derartige Rotationsbewegung, dem das linke Handgelenk ausgesetzt gewesen wäre, nicht
erkennbar. Er berichtete gegenüber der Sachverständigen Dr. K. , dass die zwei langen Stangen der
Scheibenwischanlage wie eine Schere gewirkt hätten. Es kam dadurch ohne Zweifel zu sichtbaren
Schnittverletzungen der letzten drei Finger der linken Hand. Eine Rotationsverletzung ist nicht beschrieben.
Zum anderen spricht das späte Auftreten von Handgelenksschmerzen sowie die späte Diagnose eines Diskusrisses
gegen einen Unfallzusammenhang. Schmerzen im Handgelenk wurden zunächst nicht angegeben. Auch im Rahmen
der ersten Begutachtung vom Juni 1996 sowie der folgenden Begutachtungen im Januar und August 1997 klagte der
Kläger noch nicht über Schmerzen im Handgelenk. Erstmals findet sich im Gutachten des Dr. H. vom 22. September
1998 der Hinweis, der Kläger verspüre seit einem Dreivierteljahr bei Belastung zunehmend Schmerzen im Handgelenk
und im Zeigefinger. Wie sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. S. ergibt, hätten Schmerzen bei einer unfallbedingten
Discus-Läsion schon früher, nicht erst nach Jahren, auftreten müssen. Im Übrigen ging Dr. H. den geklagten
Beschwerden nach; eine Bewegungseinschränkung des Handgelenks fiel ihm nicht auf; der Röntgenbefund des linken
Handgelenks ergab einen altersentsprechenden, achsengerechten Befund. Eine Discus-Läsion wurde nicht
diagnostiziert. Eine solche gesicherte Diagnose findet sich erst im August 2000 bei der durchgeführten
Handgelenksarthroskopie.
Der Ursachenzusammenhang mit dem Unfallereignis vom 24. Februar 1996 ist damit nicht hinreichend wahrscheinlich
gemacht, zumal sich der Kläger in der Folgezeit privat oder beruflich das Handgelenk verletzt haben könnte.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten des Prof. Dr. P. , der den Verdacht einer
Handgelenksdistorsion im Sinne eines Überstrecktraumas, eventuell mit Schädigung des Discus triangularis, äußerte.
Der Kläger gab zwar an, dass es durch das Einklemmen der Hand in den Scheibenwischermotor auch zu einer
gewaltsamen Überstreckung des Handgelenks nach dorsal gekommen ist. Er beklagte sehr starke Schmerzen im
Handgelenk bei Dorsalflexion, die vor dem Unfall nicht bestanden hätten. Prof. Dr. P. konnte die Schmerzen im
Handgelenk jedoch nicht objektivieren. Ein Unfallzusammenhang wurde nur unter der Prämisse bejaht, dass vor dem
erlittenen Unfall die Beschwerden in diesem Handgelenk nicht und seit dem Unfall ständig vorhanden seien. Letzteres
ist jedoch nicht nachgewiesen, da der Kläger im Rahmen der Begutachtung bei Dr. H. im September 1998 angab, die
Schmerzen bestünden erst seit einem Dreivierteljahr. Somit bestand Beschwerdefreiheit bis Ende 1997, was damit
übereinstimmt, dass Handgelenksbeschwerden in den Gutachten der Jahre 1996 und 1997 nicht erwähnt wurden.
Schließlich kann der Ursachenzusammenhang auch nicht aufgrund des Gutachtens des Klinikums der L. vom 2.
September 2002 für die Versicherungskammer Bayern belegt werden. Dem Gutachten liegen zum einen nicht die
engeren Kausalitätsgrundsätze der gesetzlichen Unfallversicherung zugrunde, zum anderen stützt sich das Gutachten
allein auf die Angaben des Klägers über eine Rotation im Handgelenk. Ein Zusammenhang wird im Ergebnis auch nur
als "sehr gut möglich und wahrscheinlich" angesehen. Dies ist für den Nachweis einer hinreichenden
Wahrscheinlichkeit im Sinne der RVO bzw. des SGB VII nicht ausreichend.
Zur Überzeugung des Senats steht damit fest, dass die Handgelenksverletzung ebenso wenig auf den Unfall
zurückzuführen ist wie zunächst geltend gemachte Arthrosen, Bewegungseinschränkungen bzw. Beschwerden am
linken Daumen und Zeigefinger. Nach übereinstimmender Gutachtenslage besteht auch hierfür kein
Unfallzusammenhang. Insbesondere wurden bereits vor dem Unfall Arthrosezeichen am linken Daumen attestiert. Wie
Dr. H. bestätigte, ist gegenüber der Gegenseite ein vermehrter Verschleiß des Daumens oder Zeigefingers nicht zu
erkennen. Der linke Daumen zeigt ähnlich wie der rechte etwas vermehrte Verschleißerscheinungen am Grundgelenk.
Es handelt sich somit um eine altersbedingte Arthrose. Dem hiervon abweichenden Gutachten des Dr. Ü. vom 5.
August 1997 ist aus diesen Gründen nicht zu folgen.
Unfallbedingt sind somit die Verletzungen im Bereich der Langfinger D 3 bis D 5 links mit deutlichen
Bewegungseinschränkungen im Bereich der Endgelenke, in leichterem Umfang auch der Mittelglieder des Mittel- und
Ringfingers bzw. geringfügiger Bewegungseinschränkung des Kleinfingers, sowie eine Gefühlshaftigkeit des
Handrückens. Die von Dr. H. unter Berücksichtigung des neurologischen Zusatzgutachtens angenommene MdE um
15 v.H. entspricht dabei den Einschätzungen in der Fachliteratur. Eine Amputation der entsprechenden Fingerglieder
wird mit einer MdE um 20 v.H. bewertet (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl.,
S. 645 Abb. 3.40), eine stärkere Beuge- oder Streckhemmung aller Gelenke am 3. bis 5. Finger ebenfalls um 20 v.H.
(Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl., S. 167). Durch den Unfall ist vor allem die Beweglichkeit des
Mittel- und Ringfingers und in geringerem Umfang des Kleinfingers mit Einsteifung des Endgelenkes sowie gestörtem
Faustschluss und Minderung des Gefühls über dem Mittel- und Endglied des Mittel- und Ringfingers handrückenwärts
berührt. Ferner bestehen glaubhafte Belastungsschmerzen mit Zeichen des verminderten Einsatzes. Es trat jedoch
kein Funktionsverlust der Finger ein. Aus neurologischer Sicht kam es durch die Schnittverletzungen zwar zur
Durchtrennung der feinen sensiblen Nervenendäste, Schäden der Nervenstämme sind jedoch nicht nachweisbar.
Ferner ist ein schweres Schmerzsyndrom nicht gegeben. Die MdE ist deshalb unter 20 v.H. anzusetzen.
Gegenüber dem Bescheid vom 10. Oktober 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November
1997 liegen somit keine neuen Tatsachen vor, die eine Aufhebung gemäß § 44 SGB X rechtfertigen würden. Die
Berufung ist deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenfolge stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.