Urteil des LSG Bayern vom 24.01.2006

LSG Bayern: freier mitarbeiter, befreiung von der versicherungspflicht, freie mitarbeit, betriebsmittel, vergütung, masseur, arbeitskraft, nebenkosten, leiter, arbeitsort

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 24.01.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 3 RJ 827/99
Bayerisches Landessozialgericht L 5 KR 185/04
Bundessozialgericht B 12 KR 24/06 B
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 5. August 2004
aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 3. Dezember 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 2. Dezember 1999 insoweit abgewiesen, als darin Beitragsnachforderungen bezüglich der Beigeladenen zu 1) und
4) enthalten sind. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind Gesamtsozialversicherungsbeiträge, die die Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung nachfordert.
1.
Die Klägerin führt in O. einen Hotelbetrieb; als registerrechtlicher Unternehmensgegenstand ist eingetragen
"Sporthotels mit Kurbetrieb, Restaurants, physiotherapeutische Reha- und Fitnesscenter, Sportstätten sowie
Beteiligungen" an derartigen Einrichtungen. Die Klägerin ist aus der Verschmelzung mehrerer GmbH hervorgegangen,
die die Apotheker und Eheleute R. und D. V. betrieben hatten; dazu zählten insbesondere die M. GmbH, A. GmbH,
mit dem Gegenstand Entwicklung und Vertrieb von homöopathischen und naturheilkundlichen Kuren, Kurhotel/Hotel
V. GmbH, Sporthotel V. GmbH sowie die A. Pharma GmbH und Pharma V. Forschungs- und Entwicklungs-GmbH.
Der 1948 geborene Beigeladene zu 4) ist Physiotherapeut und medizinischer Bademeister; ihm unterstand die
Bäderabteilung des Hotelbetriebs der Klägerin in O ...
Der 1962 geborene Beigeladene zu 1) ist staatlich geprüfter Masseur. Das im Anschluss an die im Juli 1996 abgelegte
staatliche Prüfung erforderliche Pflichtpraktikum leistete er bis 31. Januar 1997 bei der Klägerin ab. Von Februar bis
Dezember 1997 erbrachte er als freier Mitarbeiter ohne schriftliche Vereinbarung Masseurleistungen für die Klägerin in
deren Hotelbetrieb. Seit 1. Januar 1998 war er als versicherungspflichtiger Masseur beschäftigt.
2.
Aufgrund einer Betriebsprüfung im 1. Halbjahr 1998 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Dezember 1998 für den
Prüfzeitraum vom 1. Januar 1994 bis 31. Dezember 1997 Gesamtsozialversicherungsbeiträge über insgesamt
243.919,90 DM nach. Der Beigeladene zu 4) sowie der Beigeladene zu 1) seien im streitigen Zeitraum - ebenso wie
weitere im vorliegenden Verfahren nicht betroffene Personen - als Selbstständige geführt, tatsächlich jedoch aufgrund
abhängiger Beschäftigung versicherungspflichtig tätig gewesen. Der Beigeladene zu 1) habe eine Vergütung von 25,00
DM pro Stunde ohne Berechnung der für Selbständige charakteristischen Mehrwertsteuer erhalten. Er habe seine
Arbeitskraft ausschließlich der Klägerin bei Unterwerfung unter deren Weisungsbefugnis zur Verfügung gestellt.
Eigenwerbung habe er ebenso wenig betrieben wie eigene Mitarbeiter beschäftigt. Der Beigeladene zu 4) arbeite
nahezu ausschließlich in der Bäderabteilung der Klägerin in deren Auftrag und für deren Rechnung und sei als Leiter
dieser Abteilung in den Betrieb der Klägerin eingebunden. Aufgrund des Vertrages über freie Mitarbeit vom 1. April
1993 bestehe ein Wettbewerbsverbot. Er stelle nahezu vollends seine Dienste der Klägerin zur Verfügung.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, die damaligen Geschäftsführer, die Eheleute V.
verfügten als Pharmazeuten nicht über das notwendige Know-how, um eine Bäderabteilung zu führen. Dieses habe
allein der Beigeladene zu 4), welcher bereits seit 1976 unter den vormaligen Hotelinhabern selbstständig tätig sei.
Dieser behandle auch Patienten, die ihm von niedergelassenen Ärzten überwiesen würden und deren Behandlung er
selbst abrechne. Er bestimme Arbeitsort, Arbeitszeit und Art der Tätigkeit selbst. Er habe weder Anspruch auf Urlaub
noch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle. Er dürfe auch Aufträge für Dritte ausführen und sei Inhaber eines
eigenen Fitnessstudios sowie einer eigenen selbstständigen Massagepraxis. Auch der Beigeladene zu 1) könne
Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsdauer selbst bestimmen. Er trete gegenüber Kunden im eigenen Namen auf und sei
nicht ausschließlich für die Klägerin tätig.
Ein vom Beigeladenen zu 1) unterzeichnetes Schreiben vom 7. Juni 1999 enthielt die Angaben, er bestimme frei seine
Tätigkeit je nach Zeit und Ort der notwendigen Behandlung. Er vertrete den Beigeladenen zu 4) oftmals, mit welchem
er sich Behandlungsplanung und Behandlungsausführung aufteile. Die Hotelverwaltung nehme keinen Einfluss auf die
Tätigkeit der Massagepraxis.
Der Beigeladene zu 4) erklärte, die Hotelgäste stellten nicht den überwiegenden Teil der von ihm behandelten
Personen. Er nutze im Wesentlichen seine eigenen therapeutischen Geräte. Die Hotelbetrieb trage nicht die Kosten
der eingesetzten Betriebsmittel.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil
der Beigeladene zu 4) als Leiter der Bäderabteilung den Betriebsplan bestimme und die dort abhängig beschäftigten
eigenen Mitarbeiter der Klägerin einteile und führe; er sei damit in den vorgegebenen Betrieb der Klägerin eingebunden
und erhalte eine abgesprochene Vergütung für diese Führungstätigkeit. Er müsse Ausfallzeiten mit der Klägerin
abstimmen, wobei eine Obergrenze von 30 Arbeitstagen vereinbart sei. Er erhalte eine fixe monatliche Vergütung
sowie eine zusätzliche Umsatzprämie und setzte weder eigenes Kapital noch wesentliche eigene Betriebsmittel bei
entsprechendem Gewinn - oder Verlustrisiko ein. Der Beigeladene zu 1) unterstütze den Beigeladenen zu 4) und
vertrete diesen auch. Er rechne seine Masseurleistungen nicht mit den Hotelgästen ab, dies erfolge vielmehr über die
Hotelbuchhaltung. Er verfüge weder über eigene Betriebsmittel noch Betriebseinrichtungen, sondern verwende die
jenigen der Klägerin. An den Kosten der Betriebsmittel sei er nicht beteiligt.
3.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg hat die Klägerin in Bezug auf die Nachforderungen
wegen der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) und zu 4) Aufhebung des Bescheides vom 3. Dezember 1998 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1999 beantragt. Sie hat einerseits das bisherige Vorbringen
wiederholt und zudem vorgetragen, die Beigeladene zu 6) habe mit Bescheid vom 12. Februar 2004 eine Befreiung
von der Versicherungspflicht Selbstständiger abgelehnt und sei dabei in der Begründung von einer selbstständigen
Tätigkeit des Beigeladenen zu 4) ausgegangen.
Im Erörterungstermin vom 28. Januar 2003 hat der Beigeladene zu 1) angegeben, er sei 1997 ganztägig von der
Klägerin als Masseur beschäftigt worden. Die Arbeitszeiten habe er sich nicht aussuchen können, diese seien am
Vortag festgelegt worden. Die Patienten seien ihm vom Hotel zugewiesenen worden. Die tatsächliche Ausführung der
Tätigkeit unterscheide sich nicht von der zwischenzeitlich versicherungspflichtig ausgeübten. Sein Entgelt sei über
die Firma A. Pharma GmbH abgerechnet und ausgezahlt worden. Die überwiegende Patientenzahl habe dem
Hotelbetrieb entstammt. Er habe keinerlei Risiko und Unkosten getragen, da jegliche Ausrüstung und jegliches
Material gestellt worden sei. Das Schreiben vom 7. April 1999 habe nicht er verfasst, vielmehr habe es ihm der
Steuerberater des Herrn V. zur Unterschrift vorgelegt. Er habe nicht selbst mit den Patienten abgerechnet. Herr V. sei
öfters in der Abteilung gewesen und habe sich für alles interessiert; diese Abteilung habe wie alle anderen ihm zum
Frühstück einen Tagesbericht faxen müssen. Im fraglichen Zeitraum seien auf den acht Liegen für Massage und
Fango im Wesentlichen Hotelgäste behandelt worden, diese seien das Standbein der Abteilung gewesen. Er habe
keine Möglichkeit gesehen, sich am Abend vorher für den nächsten Tag abzumelden.
Im Verhandlungstermin vom 18. März 2004 hat die Zeugin R. angegeben, sie habe als zuständige Mitarbeiterin der A.
Pharma GmbH auch den Zahlungsverkehr der Massagepraxis im Bäderbetrieb durchgeführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. August 2004 hat das Sozialgericht den Bescheid/Widerspruchsbescheid betreffend der
Beigeladenen zu 1) und zu 4) aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, diese seien nicht abhängig Beschäftigte
gewesen. Der Beigeladene zu 1) habe seine Tätigkeit nicht ausschließlich für die Klägerin ausgeübt, sondern sei seit
Mai 1998 halbtags als Masseur im Facharztzentrum der Bundeswehr tätig und habe deshalb nicht seine ganze
Arbeitskraft der Klägerin geschuldet. Er habe mit dem Beigeladenen zu 4) in freier Vereinbarung seine zeitliche
Beanspruchung jeweils für den Folgetag selbstverantwortlich bestimmt. Er habe ein stundenbezogenes und damit
leistungsbezogenes Entgelt erhalten. Eine persönliche Abhängigkeit von der Klägerin habe nicht bestanden. Dass
seine Leistungen nicht direkt mit den Patienten abgerechnet worden seien, beruhe auf einem Gefallen zu Gunsten der
Hotelgäste und sei für die Frage der abhängigen Beschäftigung nicht entscheidend. Der Beigeladene zu 4) sei in der
Bestimmung von Arbeitszeit und Arbeitsort frei gewesen und habe gemäß schriftlicher Vereinbarung vom 1. April 1993
seine steuerlichen Verpflichtungen und seine soziale Absicherung selbstständig geregelt. Zudem habe er eine
umsatzbezogene Vergütung erhalten. Es sei nicht auszuschließen, dass im vereinbarten Entgelt eine anteilige
pauschale Pacht- und Mietzahlung für die Nutzung der Räumlichkeiten der Klägerin enthalten gewesen sei. Eine
Gesamtschau aller Einzelumstände ergebe deshalb jeweils eine selbstständige Tätigkeit.
4.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt mit der Begründung, die Beigeladenen zu 1) und 4) seien abhängig und
damit versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Dem Beigeladenen zu 4) habe die Bäderabteilung des Hotelbetriebs
unterstanden, er sei deshalb in den Hotelbetrieb aufgrund enger Verzahnung eingegliedert gewesen, so dass er örtlich
und zeitlich der Weisungsbefugnis der Klägerin unterlegen habe. Das Sozialgericht habe die Angaben des
Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin vom 28. Januar 2003 unbeachtet gelassen. Die Unterstellung eines Entgelts
für die Nutzung der Räumlichkeiten und Betriebsmittel im Bäderbetrieb sei unzulässig. Die Kosten von
Verbrauchsmaterialien jedenfalls habe der Beigeladene zu 1) ebenso wenig getragen wie Nebenkosten der
Praxisräume. Letztere habe die Klägerin errichtet, renoviert und zur Verfügung gestellt. Auch die Vergütungswege
über die A. Pharma GmbH sprächen für eine abhängige Beschäftigung. Auffallend sei, dass die vom Beigeladenen zu
4) im Verwaltungsverfahren mit der Beigeladenen zu 6) gemeldeten Arbeitnehmer M. , R. und A. überwiegend unter
der Betriebsnummer der Klägerin gemeldet gewesen seien, die dortigen Meldungen zur Sozialversicherung stimmten
mit den im Verwaltungsverfahren mit der Beigeladenen zu 6) vorgelegten Arbeitsverträgen nicht überein. Der
Beigeladene zu 4) sei in den Betrieb der Klägerin weisungsgebunden eingegliedert gewesen, zudem habe ein
Wettbewerbsverbot bestanden.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 5. August 2004 aufzuheben und die Klage gegen den
Bescheid vom 3. Dezember 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1999 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 5.
August 2004 zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2006 waren die Verwaltungsakten der
Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und
begründet.
1.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 3. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 2. Dezember 1999 ausschließlich insoweit, als dort Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachgefordert werden für
eine versicherungspflichtige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) vom 1. Februar 1997 bis 31. Dezember 1997
sowie des Beigeladenen zu 4) vom 1. Januar 1994 bis 31. Dezember 1997. Diese Beiträge hat die Beklagte zu Recht
geltend gemacht; das Sozialgericht hat diese Entscheidung im Gerichtsbescheid vom 13. August 2004 zu Unrecht
aufgehoben. Denn die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die betroffenen Beigeladenen versicherungs- und
beitragspflichtig beschäftigt waren.
Rechtsgrundlage der streitigen Entscheidung ist zunächst § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV, der die Beklagte zur
Betriebsprüfung und zum Bescheiderlass ermächtigt. In der strittigen Entscheidung hat die Beklagte zu Recht
aufgrund § 7 Abs. 1 SGB IV eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) und 4) im jeweils fraglichen
Zeitraum bejaht und Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB XI, §
1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sowie § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festgestellt.
Beurteilungsmaßstab einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV, der für sämtliche Bereiche der
Sozialversicherung gilt, in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (vor den Änderungen durch das Gesetz
vom 19. Dezember 1998 - BGBl I S. 3834; zur Verfassungsmäßigkeit des § 7 SGB IV a.F. Bundesverfassungsgericht
SozR 3-2400 Nr. 11). Damit ist die erst ab 1. Januar 1999 gültige Vermutungsregel (welche später modifiziert und
zwischenzeitlich gestrichen wurde) in Abs. 4 des § 7 SGB IV nicht anzuwenden. Danach ist die Beschäftigung die
nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung setzt eine
Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit,
Dauer, Art und Ort der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber grenzt
die Rechtsprechung der Sozialgerichte die selbstständige Tätigkeit ab durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das
Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene
Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Insoweit hat sich die sozialgerichtliche
Rechtsprechung der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 (am Ende)
nicht angeschlossen, wonach für den Arbeitnehmerstatus ein unternehmerisches Risiko unerheblich sei. Maßgeblich
für die Abgrenzung ist stets das Gesamtbild der erbrachten Leistung. Weichen die Vereinbarungen von den
tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. BSGE 87, 53, 55; BSGE 85, 214, 216; BSG Urteil
vom 22. Juni 2005 - B 12 28/03 R).
2.
In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und in Würdigung aller relevanten Tatsachen ist der Senat überzeugt, dass
sich aus einer Gesamtschau der entscheidungserheblichen Umstände eine abhängige, versicherungspflichtige
Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) und 4) im fraglichen Zeitraum ergibt.
In Bezug auf den Beigeladenen zu 1) gilt folgendes:
Dieser unterlag hinsichtlich Ort, Zeit und Art seiner Tätigkeit sowie insbesondere bei der Auswahl der Kunden den
Weisungen der Klägerin. Er hatte seine Leistungen in der Bäderabteilung des Hotelbetriebs der Klägerin zu erbringen.
Die Zeit seiner Tätigkeit war ihm vom Hotelbetrieb zugewiesen; nach seinen glaubhaften Angaben im
Erörterungstermin vom 28. Januar 2003 hatte er faktisch keine Möglichkeit, sich frei für oder gegen eine
Arbeitsleistung am Folgetag zu entscheiden. Er war nicht frei in der zu erbringenden Leistung, sondern ihm waren
ausgehend von den Wünschen der Hotelgäste der Klägerin die zu erbringenden Massageleistungen vorgegeben. Es
stand ihm bereits nach der Anzahl der zugewiesenen Kunden/Patienten nicht frei, die Behandlungsdauer nach
eigenem Gutdünken wesentlich zu verkürzen oder zu verlängern. Nach seinen glaubhaften Angaben erbrachte er
seine Leistungen faktisch ausschließlich für die Hotelgäste. Er war auch in den Hotelbetriebsablauf eingegliedert, er
erbrachte seine Leistungen im Sinne einer funktionsteiligen Serviceleistung gegenüber den anwesenden Gästen. Über
die Tätigkeit musste täglich ein Faxbericht für den damaligen Leiter des Hotelbetriebs abgegeben werden. Ergänzend
ist zu beachten, dass der Beigeladene zu 1) im Anschluss an den streitigen Zeitraum ab 1. Januar 1998 von der
Beklagten als versicherungspflichtig Beschäftigter übernommen wurde, ohne dass sich - nach den auch insoweit
glaubhaften Angaben des Beigeladenen zu 1) - an Art und Ort sowie Weisungsgebundenheit der Tätigkeit etwas
geändert hätte.
Im Rahmen der Negativabgrenzung zur selbstständigen Tätigkeit ist festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) über
keine eigenen Betriebsräume verfügte, nach außen nicht etwa durch die Anbringung eines Schildes den Betrieb eines
eigenen Massageunternehmens kenntlich gemacht hatte sowie keine Miete für die Räumlichkeiten zahlte und keine
Ausgaben für Nebenkosten wie Beleuchtung oder Heizung sowie Massageöle zu erbringen hatte. Er trat nicht nach
außen auf dem Markt auf, insbesondere nicht werbend. Er hatte kein eigenes Unternehmerrisiko zu tragen, sondern
erhielt die gleichbleibende Vergütung von 25,00 DM/ Stunde unabhängig davon, ob er seine Leistung gut oder schlecht
erbrachte. Ihm war auch keine echte unternehmerische Chance eröffnet, weil er einen höheren Verdienst nur durch
einen zeitlich ausgeweiteten Einsatz seiner Arbeitskraft hätte erzielen können; damit unterscheidet er sich nicht von
den Möglichkeiten eines abhängig Beschäftigten, durch Erhöhung der täglichen Arbeitszeit oder durch Überstunden
das Entgelt zu erhöhen.
Demgegenüber treten Gesichtspunkte zurück, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Insbesondere ist die
Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Urlaubs - und Krankheitsfalle vorliegend kein Indiz der Selbstständigkeit,
sondern sie bedeutet nur die Versagung von Arbeitnehmerrechten. Zu Unrecht hat das Sozialgericht in der
Möglichkeit, für andere Auftraggeber tätig zu werden, ein entscheidendes Indiz für die Selbstständigkeit gesehen.
Denn zum einen war der Beigeladene zu 1) erst nach dem streitigen Zeitraum als Masseur der Bundeswehr tätig. Zum
anderen ist die nicht vollständige Inanspruchnahme der Arbeitsleistung dann kein entscheidendes Kriterium, wenn
lediglich eine Teilzeitbeschäftigung vorliegt.
In Bezug auf den Beigeladenen zu 4) gilt folgendes:
Dieser war zwar gemäß schriftlicher Vereinbarung vom 1. April 1993 als freier Mitarbeiter geführt geworden. Die
Übereinkunft der Beteiligten ist jedoch nicht maßgeblich, da sich aus einer Gesamtschau der tatsächlichen
Umständen der Leistungserbringung etwas anderes ergibt. Der Beigeladene zu 4) war in den Bäderbetrieb des Hotels
der Klägerin arbeitsteilig und funktionsgerecht so eingebunden, dass eine Eingliederung in den Betrieb vorliegt. Ihm
war als Know-how-Träger, welcher bereits seit 1976 im Bäderbereich tätig war, der gesamte Betrieb unterstellt. Er
nahm damit Leitungsfunktionen wahr, indem er die in der Bäderabteilung Tätigen überwachte, einteilte und anleitete.
Dabei war er allerdings nicht im Hinblick auf Ort, Zeit und Art seiner der Tätigkeit im wesentlichen frei. Er hatte
vielmehr durch seine persönliche Anwesenheit den Bäderbetrieb zu leiten und musste hierüber nach den glaubhaften
Angaben des Beigeladenen zu 1) täglich der Geschäftsleitung einen Faxbericht erstellen. Das gezahlte Entgelt
bestand in einer monatlich gleichbleibenden Grundvergütung, bei welcher der Beigeladene zu 4) nicht die erbrachten
Leistungen gegenüber den Kunden selbst abrechnete. Der gewählte Weg der Abrechnung über die Firma A. Pharma
GmbH, auf welche der Beigeladene zu 4) keinerlei Einfluss hatte, widersprach dabei eindeutig einer freien Tätigkeit,
bei der die erbrachte Leistung selbst und direkt abgerechnet wird. Zwar enthielt das von der Klägerin über die Firma A.
Pharma GmbH abgerechnete und gezahlte Entgelt auch einen leistungsbezogenen Anteil; dieser richtete sich jedoch
nicht nach den erbrachten Einzelleistungen, sondern er war gestuft nach der Anzahl der im Laufe eines bestimmten
Zeitraumes erbrachten tatsächlichen Leistung. Er entsprach damit am ehesten einer leistungsbezogenen Vergütung
eines Arbeitnehmers. Der Beigeladene zu 4) hatte seine Leistung auch in Person zu erbringen; die wesentliche
Leitungsfunktion durfte er in nicht auf andere nach seinem eigenen Gutdünken übertragen.
Auch in Bezug auf den Beigeladenen zu 4) fällt im Rahmen der Negativabgrenzung ins Gewicht, dass er über keine
eigenen Betriebsräume verfügt hatte, sondern seine Leistungen ausschließlich in den Räumlichkeiten der
Bäderabteilung der Klägerin erbrachte. Hierfür hatte er keine Miete zu zahlen und keine Ausgleichszahlungen für
Nebenkosten zu erbringen. Insoweit ist der Berufung der Beklagten Recht zu geben, dass sich für die Annahme eines
konkret vereinbarten Mietzinses oder einer konkret vereinbarten Ausgleichszahlung für Nebenkosten kein Anhalt
finden lässt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, nach welchen Größenordnungen sich eventuelle Zahlungen hätten
richten sollen. Zudem ist der Beigeladene zu 4) im Wesentlichen nicht auf dem Markt unternehmerisch in Erscheinung
getreten, vielmehr waren auch seine Hauptkunden die von der Klägerin zugewiesenen Hotelgäste. Ein
unternehmerisches Risiko wesentlicher Art für den Beigeladenen zu 4) ist nicht zu erkennen, die umsatzbezogenen
Entgeltbestandteile stellen nur eine Chance auf ein erhöhtes Entgelt, jedoch nicht auf einen erhöhten
unternehmerischen Gewinn dar.
Demgegenüber stehen auch hier Gesichtspunkte zurück, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Hierzu zählt
insbesondere, dass der Beigeladene zu 4) als lang erfahrener Masseur im Hotelbetrieb der wesentliche Know-how-
Träger des Bäderbetriebs war, so dass ihm in Details seiner Tätigkeit vom fachfremden Geschäftsführer der Klägerin
kaum konkrete Weisungen erteilt werden konnten. Dies entspricht jedoch einer Führungstätigkeit, bei welcher aus der
Natur der Sache ein nur eingeschränktes Weisungsrecht in Bezug auf die Art der Tätigkeit folgt, wie es bei der
Erbringung von Diensten höherer Art üblich ist. Der Senat berücksichtigt auch, dass der Beigeladene zu 4) über ein
eigenes Fitnessstudio sowie über eine eigene Massagepraxis verfügt hat, welche nicht in den Räumlichkeiten der
Klägerin gelegen war. Es handelt sich jedoch hier um zusätzliche Tätigkeiten, die bei der Beurteilung der Tätigkeit für
die Klägerin, welche streitgegenständlich ist, nicht in Betracht zu ziehen sind. Schließlich hat der Beigeladene zu 4)
nach seinen eigenen glaubhaften Angaben auch für gewisse Betriebsmittel keinen Ersatz durch die Klägerin erhalten.
Dieses fällt jedoch nicht wesentlich ins Gewicht, da es sich hierbei nur um Gegenstände wie Massageöle oder
kleinerer Gerätschaften handelte, welche im Vergleich zur Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten und der
wesentlichen Gerätschaften wie Massageliegen in den Hintergrund treten.
Auf die Berufung der Beklagten war deshalb die Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg aufzuheben und die Klage
im streitgegenständlichen Umfange abzuweisen.
Die Kostenentscheidung bezüglich der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG. Gerichtskosten fallen nicht
an gemäß § 183 SGG alter Fassung, weil das Klageverfahren vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden ist (vgl.
§ 197a SGGi.V.m. Artikel 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 - BGBl I Seite 2144).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).