Urteil des LSG Bayern vom 17.09.1998

LSG Bayern: krankengeld, arbeitsentgelt, mehrarbeit, arbeitsunfähigkeit, krankenkasse, krankenversicherung, rahmenfrist, unterbrechung, beendigung, bemessungsgrundlage

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 17.09.1998 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 7 Kr 70/94
Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 35/96
i. Die Berufung der Klägerin gegen ds Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10. November 1995 wird
zurückgewiesen. ii. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. iii. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des Krankengeldes.
Die Klägerin war bei der BKK Kaufhalle, die sich zum 01.01.1995 mit der Kaufhof-BKK zusammenschloß,
pflichtversichert und war zuletzt bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1992 als Bürogehilfin in der
Verwaltung der Kaufhalle in Nürnberg tätig; anschließend war sie arbeitslos.
In der Zeit vom 28.08.1992 bis 15.11.1992 war die Klägerin wegen eines psychovegetativen Erschöpfungssyndroms,
depressiven Syndroms, Paniksyndroms und psychosomatischer Beschwerden arbeitsunfähig krank und die frühere
Beklagte gewährte hierfür Krankengeld (Bescheid vom 23.10.1992). Am 03.12.1992 erkrankte sie erneut wegen eines
depressiven Syndroms und später wegen eines Zustandes nach einem Halswirbelsäulen-Schleudertrauma und erhielt
hierfür ab 01.01.1993 Krankengeld auf der Grundlage der Lohnabrechnung im Juli 1992, ohne daß Überstunden in die
Berechnung einbezogen wurden. Die BKK Kaufhalle berechnete mit Bescheid vom 11.01.1993 das Krankengeld mit
kalendertäglich 60,05 DM. Nachdem die Gutachterin des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern
(MDK) Dr. zunächst in der Stellungnahme vom 22.02.1993 den Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit über den
08.03.1993 hinaus verneinte, hielten die behandelnden Nervenärzte Dres. im ärztlichen Attest vom 23.02.1993 eine
nochmalige Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit für erforderlich. Daraufhin und in der Folgezeit wurde die Klägerin von
Dr. (MDK) am 09.06.1993, 11.10.1993 und 20.12.1993 begutachtet, der Arbeitsunfähigkeit weiterhin annahm.
Die Klägerin beantragte am 01.09.1993 höheres Krankengeld auf der Grundlage des Abrechnungszeitraums Juli 1992
unter Berücksichtigung der Mehrarbeit von täglich 65,76 DM (insgesamt 1.490,50 DM). Die BKK Kaufhalle teilte hierzu
mit Schreiben vom 13.09.1993 mit, daß nach Beendigung der Entgeltzahlung des Arbeitgebers ab 01.08.1993
Krankengeld in Höhe von 62,72 DM gewährt werde. Mit Bescheid vom 23.09.1993 stellte die Krankenkasse wiederum
fest, daß aufgrund unzutreffender Angaben des Arbeitgebers die Krankengeldberechnung unrichtig gewesen sei; die
Klägerin habe im Mai 1992 Überstunden nicht geleistet, somit fehle es an einer regelmäßigen Verrichtung von
Mehrarbeitsstunden. Mit Schreiben vom gleichen Tage wurde die Klägerin angehört, daß eine Neuberechnung des
Krankengeldes ab 05.12.1992 nicht erfolgen könne. Entsprechend dem Bescheid vom 11.01.1993 sei Krankengeld in
Höhe von 60,05 DM kalendertäglich zu zahlen. Die Klägerin machte mit Schreiben vom 11.10.1993 geltend, sie habe
von Anbeginn des Arbeitsverhältnisses an regelmäßig Mehrarbeitsstunden geleistet. Mit dem weiteren Bescheid vom
22.10.1993 stellte die Krankenkasse fest, die Zahlung des Krankengeldes sei ab 05.12.1992 zu Recht nur in Höhe
von 60,05 DM erfolgt; sie verbleibe bei ihrer früheren Rechtsauffassung.
Hiergegen legte die Klägerin am 22.11.1993 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, aus den vorgelegten
Verdienstabrechnungen der Monate Dezember 1991 und Februar, April und Juli 1992 ergebe sich die Verrichtung von
Überstunden. Die Mehrarbeitsvergütung sei bei der Berechnung des Krankengelds zu berücksichtigen. Mit dem
Anpassungsbescheid vom 01.02.1994 berechnete die Krankenkasse das kalendertägliche Krankengeld ab 01.10.1994
mit 62,12 DM. Sie wies am 18.03.1994 den Widerspruch der Klägerin gegen die Berechnung des Krankengeldes mit
der Begründung zurück, Mehrarbeitsstunden seien mangels einer regelmäßigen Verrichtung nicht zu berücksichtigen.
Sie könnten nur dann zu einem höheren Krankengeld führen, wenn während der letzten abgerechneten drei Monate
bzw. 13 Wochen, d.h. ohne längere Unterbrechung, Mehrarbeitsstunden geleistet worden seien. Nach Angaben des
Arbeitgebers seien im Juni und Juli 1992 Mehrarbeitsstunden geleistet worden, aber nicht im Mai 1992.
Nachdem die Krankenkasse die Klägerin am 25.02.1994 über die Beendigung des Krankengeldanspruchs angehört
und der Klägerbevollmächtigte sich am 24.03.1994 damit einverstanden erklärte, erging am 28.03.1994 ein Bescheid,
mit dem die Krankenkasse in der Rahmenfrist vom 03.12.1992 bis 02.12.1995 die Beendigung des Krankengeldes
zum 03.06.1994 (546 Tage) feststellte. Der Bescheid wurde nicht angefochten.
Die Klägerin hat mit der Klage vom 18.04.1994 beim Sozialgericht (SG) Nürnberg geltend gemacht, sie habe im Mai
1992 Überstunden geleistet, die durch Freistunden im Juni 1992 abgegolten worden seien. So habe die
Abteilungsleiterin sie gebeten, am 27. und 28.05.1992 in der Mittagszeit jeweils eine Dreiviertelstunde
durchzuarbeiten. Diese Mehrarbeit sei bei der früheren Krankengeldzahlung (Bescheid vom 23.10.1992) zutreffend
berücksichtigt worden, aber nicht im jetzt streitigen Zeitraum. Das SG hat die Lohnunterlagen der Kaufhalle AG für die
Monate Februar, April, Mai, Juni und Juli 1992 beigezogen. Die Krankenkasse hat darauf hingewiesen, in die
Berechnung des Krankengeldes ab 01.01.1993 sei die Lohnabrechnung im Juli 1992 mit brutto 3.200,00 DM und netto
2.047,20 DM eingegangen und Überstunden seien hierbei nicht zu berücksichtigen gewesen, da im Mai 1992 eine
Mehrarbeit nicht angefallen sei. Im übrigen habe die Klägerin die Anwesenheitskarte selbst geführt und abgezeichnet.
Hieraus ergebe sich nicht, daß im Mai 1992 Überstunden geleistet worden seien. Das SG hat in der mündlichen
Verhandlung am 10.11.1995 als Zeugen die Leiterin der Filialverwaltung ( ) und den Geschäftsleiter der Kaufhalle ( )
gehört. Die Zeugin hat ausgesagt, daß sie sich an die Ableistung von Mehrarbeit der Klägerin am 26., 27. und
29.05.1992 nicht mehr erinnern könne. Die Mehrarbeit sei jedoch nicht immer in die Anwesenheitskarte eingetragen
worden, wenn ein Arbeitszeitausgleich bereits am nächsten Tage möglich gewesen sei. Der Zeuge ist nach seinen
Angaben für die Entscheidung über den Ausgleich von geringfügigen Mehrarbeitsstunden nicht verantwortlich
gewesen. Mit Urteil vom 10.11.1995 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, Überstunden seien bei der
Berechnung des Krankengeldes nicht zu berücksichtigen gewesen. Das Durcharbeiten am 26., 27. und 29.05.1995
während der Mittagszeit von jeweils 45 Minuten sei in der Anwesenheitskarte nicht vermerkt und auch von Zeugen
nicht belegt worden. Selbst wenn die Behauptung der Klägerin zuträfe, handele es sich nicht um
berücksichtigungsfähige Mehrarbeit, da sie von der Geschäftsleitung nicht angeordnet und intern mit Freizeit
ausgeglichen worden sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 04.03.1996 mit der sie geltend macht, die von ihr im Mai 1992
während der Mittagszeit geleistete Mehrarbeit habe im Interesse der Geschäftsleitung gelegen. Sie habe im übrigen
seit Beginn ihrer Tätigkeit an regelmäßig Überstunden geleistet. Diese seien jedoch nicht vermerkt worden, wenn, wie
im vorliegenden Falle Freizeitausgleich genommen werden konnte. Die Beklagte habe zutreffend den
Lohnabrechnungszeitraum Juli 1992 zugrundegelegt, müsse aber noch die im Mai 1992 geleisteten drei Überstunden
von jeweils 45 Minuten am 26., 27. und 29. dieses Monats berücksichtigen. Dies ergebe einen Mehrbetrag für das
tägliche Krankengeld von 5,71 DM und im streitigen Zeitraum vom 03.12.1992 bis 03.06.1994 eine Nachzahlung von
insgesamt 3.117,66 DM. Der Senat hat die Lohnabrechnungen der Klägerin der Monate Mai, Juni und Juli 1992
beigezogen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.11.1995 sowie der Bescheide vom
23.09.1993, 22.10.1993 und 01.02.1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.1994 zu verurteilen, der
Berechnung des Krankengeldes in der Zeit vom 01.01.1993 bis 03.06.1994 die Mehrarbeit von insgesamt drei
Arbeitsstunden im Monat Mai 1992 zugrundezulegen sowie Krankengeld in Höhe von 3.117,66 DM zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.11.1995 zurückzuweisen.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG.
Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungniederschrift wird im übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig; der Wert des
Beschwerdegegenstandes übersteigt 1.000,00 DM (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Ein Anspruch der Klägerin auf höheres Krankengeld ergibt sich nicht aus dem Bescheid vom 23.10.1992, da dieser
den früheren Krankengeldanspruch betroffen hat. Die Beteiligten gehen aufgrund der ärztlichen Gutachten sowie des
bindend gewordenen Bescheides vom 28.03.1994 davon aus, daß mit der erneuten Erkrankung zum 03.12.1992 ein
neuer Versicherungsfall eingetreten ist, der eine neue Rahmenfrist (03.12.1992 bis 02.12.1995) in Lauf gesetzt hat.
Wegen des Verbots der Verböserung kann dahinstehen, ob die Rahmenfrist für das Krankengeld am 28.08.1992 zu
beginnen hatte, da die Klägerin bereits damals an einem depressiven Syndrom erkrankte. In der von der Beklagten
zugrundegelegten Rahmenfrist wurde von der Klägerin die Höchstdauer des Krankengeldes ausgeschöpft. Damit ist
auch nicht der Frage nachzugehen, ob die aufgrund des neuen Versicherungsfalles ergangenen Bescheide, die das
Krankengeld im Gegensatz zum früheren Bescheid vom 23.10.1992 ohne Berücksichtigung der Mehrarbeit berechnet
haben, gegen § 45 Sozialgesetzbuch X (SGB X) verstoßen.
Die Klägerin kann ihr Begehren auch nicht mit Recht auf den Bescheid vom 13.09.1993 stützen. Auch wenn dieser
Bescheid zunächst für sie mit der Bekanntgabe bindend geworden ist (§§ 39 Sozialgesetzbuch X (SGB X), 77 SGG),
ist er durch den Bescheid vom 23.09.1993 wirksam zurückgenommen worden (§ 45 SGB X). Denn aufgrund der nur
wenige Tage bestehenden Bindungswirkung und des Bescheides vom 11.01.1998, der den Krankengeldbetrag mit
täglich 60,05 DM angegeben hat, ist ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entstanden (§ 45 Abs.2 Satz 1 SGB X),
zumal die Beklagte die Auszahlung erst zum Monatsende angekündigt hat und die Klägerin insoweit über den
geringen Mehrbetrag nicht verfügen konnte (§ 45 Abs.2 Satz 2 SGB X).
Die Berechnung der Höhe des Krankengeldes richtet sich nach § 47 Sozialgesetzbuch V (SGB V). Nach Abs.1 dieser
Vorschrift in der bis Ende 1996 geltenden Fassung betrug das Krankengeld in der streitigen Zeit 80 v.H. des erzielten
regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt).
Das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld darf das bei entsprechender Anwendung des Abs.2 berechnete
Netto-Arbeitsentgelt nicht übersteigen. Nach Abs.2 des § 47 SGB V ist für die Berechnung des Regelentgelts das von
dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum,
mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig
gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt wurde.
Das Ergebnis ist mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen
wöchentlichen Arbeitsstunden zu vervielfachen und durch Sieben zu teilen.
Streitig ist im vorliegenden Fall die Berechnungsgrundlage insoweit, als die Klägerin die Berücksichtigung von drei
Mehrarbeitsstunden im Mai 1992 geltend macht. Da die Berechnung des Krankengelds an das zuletzt verdiente
Arbeitsentgelt anknüpft, muß von dem Arbeitsentgelt ausgegangen werden, das der Versicherte im letzten vor Beginn
der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum erzielt hat. Unter den Begriff Arbeitsentgelt fallen
nach § 14 Abs.1 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung,
gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie
geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Zum
Arbeitsentgelt gehören daher alle Zulagen, Zuschläge und Zuschüsse, die einem bestimmten
Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen sind, d.h. vom Arbeitnehmer in dem genannten Zeitraum verdient wurden,
z.B. Zuschläge für Sonntags-, Nacht- oder Mehrarbeit, Erschwernis- und Schmutzzulagen sowie vermögenswirksame
Leistungen und Sachbezüge (Kummer in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1,
Krankenversicherungsrecht, § 23, Rz 77 mwN).
Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 47 Abs.1 SGB V und außerdem aus der höchstrichterlichen
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ergibt sich, daß nur das erzielte Arbeitsentgelt zu berücksichtigen
ist. Erzielt ist das Arbeitsentgelt, wenn es als Einnahme dem Arbeitnehmer zugeflossen ist. Das BSG hat mit den
Urteilen vom 24.07.1985 (SozR 2200 § 182 Nr.99) und 25.06.1991 (SozR 3-2200 § 182 Nr.8) u.a. festgestellt, daß für
die Berechnung des Krankengeldes nur ein abgerechneter Lohnabrechnungszeitraum vor Beginn der
Arbeitsunfähigkeit herangezogen werden darf. Schon im früheren Recht (§ 182 Abs.5 Satz 1, 3 RVO) war geregelt,
daß der Berechnung des Regellohnes nur erzieltes Entgelt zugrundezulegen ist. Es war auch danach nur erzielt, wenn
es dem Versicherten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zugeflossen ist. Dies ergibt sich nach der Rechtsprechung aus
der Lohnersatzfunktion des Krankengelds (vgl. hierzu auch Kasseler Kommentar - Höfler, § 47 SGB V, RdNr 21;
Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 47 SGB V, Rz 39, 40 jeweils mwN).
Entscheidungserheblich ist ferner, daß es auf der Grundlage des zuletzt abgerechneten Lohnzeitraums Juli 1992 auf
das Ableisten von Mehrarbeit in den drei davorliegenden Monaten, also Mai, Juni und Juli 1992, ankommt. Die
Mehrarbeit muß regelmäßig geleistet werden, da nach § 47 Abs.2 SGB V einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nicht in
die Berechnung des Krankengelds einfließt. Hierzu hat das BSG für Recht erkannt, daß bei der Prüfung der Frage,
welche Arbeitsstunden regelmäßig geleistet worden sind, als Beobachtungs- oder Bezugszeitraum mindestens die
letzten abgerechneten 13 Wochen oder drei Monate zu berücksichtigen sind, damit ein sicheres Urteil möglich ist und
Zufallsergebnisse vermieden werden (Urteil vom 23.01.1973, E 35, 126; Urteil vom 28.11.1979, SozR 2200 § 182
Nr.59; Urteil vom 01.06.1994, E 74, 199). Die Rechtsprechung fordert gleichfalls, daß Überstunden nicht ohne längere
Unterbrechung geleistet worden sind.
Es kann somit dahinstehen, ob die Klägerin im Mai 1992 tatsächlich drei Überstunden geleistet hat, da sie nach ihren
Angaben die Mehrarbeit, falls sie erbracht worden ist, im Juni 1992 ausgeglichen hat. Sie hat also für die Mehrarbeit
Arbeitsentgelt nicht erzielt, sondern lediglich Arbeitsstunden "verschoben".
Es können stattdessen auch nicht andere Mehrarbeitszeiten berücksichtigt werden. Aus den vom Senat
beigezogenen Verdienstbescheinigungen ergibt sich, daß die Klägerin zwar im Juli 1992 eine Mehrarbeitsvergütung
erhalten hat. In den Monaten Juni und Mai 1992 wurde jedoch eine Mehrarbeitsvergütung nicht gezahlt. In diesem
Zusammenhang ist gleichfalls zu beachten, daß die Klägerin selbst eingeräumt hat, daß sie für evtl. angefallene
Mehrarbeiten Zeitausgleich genommen hat. Nach den Angaben des Arbeitgebers hat sie in der zurückliegenden Zeit
noch im April und Febuar 1992 Mehrarbeitsvergütung erhalten. Insoweit fehlt es aber an einer Regelmäßigkeit des
zusätzlichen Entgelts, da hier eine längere Unterbrechung eingetreten ist.
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11.01.1995 (BvR 892/88 = SozR 3-2200 § 385 RVO
Nr.6) ändert an vorliegender Entscheidung nichts. Mit dieser Entscheidung hat das BVerfG es mit dem allgemeinen
Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 GG) als unvereinbar erklärt, daß einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (Weihnachtsgeld,
Urlaubsgeld usw.) zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wird, ohne daß es bei der Berechnung von
kurzfristigen Lohnersatzleistungen (beispielsweise Arbeitslosengeld, Krankengeld und Übergangsgeld) berücksichtigt
wird. Durch den zum 01.01.1984 in Kraft getretenen § 385 Abs.1a RVO wurde einmalig gezahltes Arbeitsentgelt durch
eine gesetzliche Neuregelung der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie mittelbar auch in der
gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung unterworfen. Einmalzahlungen waren danach nicht
nur im Zeitpunkt ihrer Auszahlung, sondern auch für gesetzlich näher bestimmte Zeiten der Vergangenheit bis zur
Jahresarbeitsverdienstgrenze beitragspflichtig. Das BSG hatte diese Regelung für verfassungsmäßig gehalten (BSG
vom 11.12.1987, E 62, 281). Das BVerfG hat mit o.g. Beschluss die Beitragsvorschrift des § 385 Abs.1a RVO jedoch
für verfassungswidrig erklärt, weil Versicherte, deren Einmalzahlungen ganz oder zum Teil der Beitragspflicht
unterliegen, hinsichtlich kurzfristiger Lohnersatzerleistungen aus diesen Beiträgen keine Leistungen erhalten, während
Versicherte, die lediglich aus laufendem Arbeitsentgelt Beiträge zahlen, voll in den Genuß äquivalenter Leistungen
gelangen. Dem Gesetzgeber steht es aber nach dieser Entscheidung frei, wie er die wiederkehrenden, tarif- oder
einzelvertraglich vereinbarten Sonderzahlungen berücksichtigen will. Er kann die Ungleichbehandlung entweder auf der
Beitragsseite durch eine Änderung der Beitragsbemessung bei Einmalzahlungen beseitigen oder auf der
Leistungsseite durch Einbeziehung von Einmalzahlungen in die Bemessungsgrundlage kurzfristiger
Lohnersatzleistungen. Die Entscheidung richtet sich also an den Gesetzgeber und räumt ihm eine Übergangsfrist bis
31.12.1996 ein (vgl. hierzu BKK 1998, 524). Daraus ergibt sich aber keine Verpflichtung die o.g. Rechtsprechung
insoweit zu ändern, als in jedem Fall Einmalzahlungen zu einer anderen Bemessungsgrundlage des Krankengeldes
führen müssen. Denn das BVerfG hat in diesem Beschluss ausdrücklich festgestellt, daß es verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden ist, wenn bei der Ermittlung der für kurzfristige Lohnersatzleistungen maßgeblichen
Bemessungsgrundlage Zufälligkeiten gerade in den der Bemessung zugrundeliegenden Lohnzahlungszeiträumen nicht
leistungsbestimmend werden. Das vom BVerfG herangezogene Äquivalenzprinzip der gesetzlichen
Krankenversicherung führt gleichfalls zu keiner anderen Entscheidung. Denn es ist danach von verfassungswegen
nicht geboten, daß bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen eine versicherungsmathematische
Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen erzielt wird (BVerfG, aaO, mwN).
Abgesehen davon hat der Gesetzgeber das Äquivalenzprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung aus
sozialstaatlichen Gründen nicht ausnahmslos durchgehalten, wie sich z.B. aus der beitragsfreien
Familienversicherung ergibt (§§ 3, Satz 3, 10 SGB V), so daß dieses Prinzip die Beklagte hier nicht zu einer höheren
Leistung verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat wegen der Berührung zu der Entscheidung des BVerfG vom 11.01.1995 (a.a.O.) der Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung beigemessen und die Revision zugelassen (§ 160 Abs.2 Nr.1 SGG).