Urteil des LSG Bayern vom 23.04.2008

LSG Bayern: berufliche eignung, wiedereinsetzung in den vorigen stand, job sharing, berufliche erfahrung, verkehrswert, erbengemeinschaft, abgabe, behörde, ermessen, onkologie

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 23.04.2008 (rechtskräftig)
Sozialgericht München S 38 KA 1417/06
Bayerisches Landessozialgericht L 12 KA 443/07
Bundessozialgericht B 6 KA 29/08 R
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. Januar 2007 auf- gehoben. II.
Der Bescheid des Beklagten vom 28. Juli 2006 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, über den Widerspruch
des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 8. Februar 2006 gemäß der Rechtsauffassung
des Gerichts erneut zu entscheiden. III. Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge. IV. Die Revision wird
zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch auf Nachfolgezulassung im Verfahren nach § 103 Abs.4 SGB V.
Der 2005 verstorbene Dr. W. M. war als fachärztlicher Internist zugelassen. Er führte in M. , S.straße eine
Kassenpraxis. Der Verstorbene war in Gemeinschaftspraxis mit Fr. Dr. S. (Job-Sharing-Partnerin) tätig.
Nach dessen Ableben stellte die Erbengemeinschaft (bestehend aus der Ehefrau E. M. und den beiden Kindern Sb.
und Chr. M.) einen Nachbesetzungsantrag gemäß § 103 Abs.4 SGB V. Die KVB schrieb darauf hin im Bayer.
Staatsanzeiger vom 07.10.2005 eine "Internistenpraxis fachärztliche Tätigkeit" aus. Im Ausschreibungstext wird
ausgeführt, dass "Bewerbungen formlos unter Angabe der Chiffre-Nr. bis spätestens 28.10.2005 an die
Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, Kompetenzzentrum Sicherstellung zu senden" seien.
Innerhalb der Frist gingen mehrere Bewerbungen, darunter diejenigen des Klägers und eines Dr. F., ein, deren weiteres
Schicksal (z.B. Bewerbungsrücknahme) in der Zulassungsakte nur zum Teil wiedergegeben ist. Die Bewerbungen
erfolgten zunächst formlos. Die KVB übersandte daraufhin Formblätter und Hinweisschreiben und setzte für die
formgerechte Antragstellung eine weitere Frist. Der Kläger bewarb sich daraufhin unter Verwendung der Formblätter
und Übersendung der notwendigen Unterlagen.
In der Folgezeit erstellte die KVB eine Bewerberliste, die sie an die Bevollmächtigte der Erbengemeinschaft (Ehefrau
E. M.) sandte und gab die Bewerbungsunterlagen an den Zulassungsausschuss zur weiteren Durchführung des
Nachbesetzungsverfahrens ab.
Dieser bestimmte Termin für den 05.12.2005 an. Der Termin wurde aber abgesetzt, weil die Erbengemeinschaft
mitgeteilt hatte, einen neuen Interessenten gefunden zu haben. Mit Schreiben vom 16. Januar 2006 teilte Frau M. im
Namen der Erbengemeinschaft dem Zulassungsausschuss mit, dass sich nunmehr Herr Dr. W. (Beigeladener zu 8.)
nachträglich um die Übernahme der Praxis beworben habe. Man habe sich nun geeinigt. Dr. W. würde die Praxis
schnellstmöglich übernehmen und fortführen. Man bitte nunmehr um Terminierung am 08.02.2006. Mit Schreiben vom
31.10.2005 seien insgesamt neun Ärzte in einer Bewerberliste mitgeteilt worden. Nachbeworben habe sich Dr. B. Man
habe allen ein Praxisexpose vorgelegt. Daraufhin haben sich nur noch Dr. S. (Job-Sharing-Partnerin), Dr. F., Dr. B.
und Dr. M. (Kläger) gemeldet. Mit allen habe man verhandelt und die Praxiszahlen im Detail vorgelegt, die
Mietvertragsituation etc. erörtert. Ein Einvernehmen zur Übertragung habe jedoch nur mit Herrn Dr. W. (Beigeladener
zu 8.) erzielt werden können. Trotz abgebrochener Verhandlungen liege seitens der vorgenannten Ärzte keine
Erklärung vor, auf die Bewerbung zu verzichten.
Der in den Akten enthaltene Antrag des beigeladenen Dr. W. trägt den Eingangsstempel 10. Januar 2006.
Der Kläger ist 1965 geboren und erwarb die Approbation am 15.02.1995; die Facharztanerkennung hat er am
05.10.2005 erhalten. Die Schwerpunktbezeichnung "Hämatologie und internistische Onkologie" darf er seit dem
15.11.2005 führen. Die Urkunde hatte er umgehend vorgelegt. In die Warteliste war er eingetragen.
Der Beigeladene zu 8. ist im Jahre 1962 geboren und bereits seit dem 20.06.1992 approbiert; er ist seit 14.10.1998
Internist. Seit dem 26.09.2005 führt er ebenfalls die Schwerpunktbezeichnung "Hämatologie und internistische
Onkologie". In die Warteliste war er nicht eingetragen.
Wunschgemäß terminierte der Zulassungsausschuss für den 08.02.2006 und ließ mit Bescheid gleichen Datums den
beigeladenen Dr. W. als Nachfolger zu. Der Antrag des Herrn Dr. M. (Kläger) werde abgelehnt. Über die Anträge
weiterer Bewerber trifft der Bescheid keine ausdrückliche Entscheidung, erwähnt jedoch die Bewerbung des Dr. F.
Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, dass Frau M. zusammen mit ihrem Berater Herrn B. M. (einem
Kooperationspartner des Bevollmächtigen der Beigeladenen zu 8. und 9.) teilgenommen habe. Sie gebe an, dass Herr
Dr. W. der Wunschnachfolger ihrer Wahl sei, da er über die beste medizinische Qualifikation verfüge. Herr M. verfüge
ihrer Ansicht nach für die Übernahme der Praxis noch nicht über genügend Erfahrung, da er seinen Schwerpunkt
Hämatologie und internistische Onkologie erst vor vier Wochen erworben habe. Zur Auswahlentscheidung führt der
Zulassungsausschuss dann aus, dass Dr. W. am längsten im Besitz der Approbation sei und zudem auch auf eine
langjährige Berufserfahrung als Internist, Hämatologie und internistische Onkologie zurückblicken könne. Unter
Zugrundelegung dieser Kriterien sei eine Gewichtung zu dessen Gunsten vorzunehmen. Der Zulassungsausschuss
habe sich von dem exzellenten beruflichen Werdegang des Dr. W. überzeugen können. Herr Dr. W. sei im Gegensatz
zu Herrn M. nicht in die Warteliste eingetragen (Eintragung des Klägers am 23.01.2006). Dr. W. sei der Vorrang
aufgrund seiner ärztlichen Tätigkeit einzuräumen, weil dieser die beste Qualifikation im Sinne des Merkmals der
beruflichen Eignung besitze und über eine breite langjährige berufliche Erfahrung im klinischen Bereich von über 13
Jahren verfüge; somit sei er fachlich geeigneter. Auch gelte zu beachten, dass es sich bei dem in § 103 Abs.4 und 5
SGB V genannten Auswahlkriterien nicht um eine abschließende Aufzählung handle. Auch im Gesetz nicht
ausdrücklich erwähnte Umstände seien in die Abwägung einzubeziehen. Demgemäß sei auch der Wille der Erben zu
beachten, wenn die Praxis ausschließlich einem bestimmten Bewerber übertragen werden solle. Unter
Zugrundelegung des Willens der Erbin als außergesetzliches Auswahlkriteriums habe Dr. W. gegenüber den
Mitbewerbern Vorteile verbuchen können, da mittlerweile eine vertragliche Einigung bestehe.
Zu der Höhe des Verkehrswertes hat der Zulassungsausschuss keinerlei Ermittlungen angestellt und die
Entscheidung auf die Anwendung der Auswahlkriterien gestützt.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, dass bei ermessensfehlerfreier Anwendung der Auswahlkriterien
er auszuwählen sei. Die berufliche Eignung sei im Wesentlichen gleich. Das Approbationsalter sei geringfügig höher,
ebenso die Dauer der ärztlichen Tätigkeit. Allerdings verfüge nur er über eine Wartelisteneintragung.
Dr. W. sei im Übrigen nicht auswahlfähig, weil er sich erst kurz vor der Entscheidung des Zulassungsausschusses
beworben habe.
Auch habe er jederzeit seinen Fortführungswillen erklärt. Er habe gegenüber dem Berater der Erbengemeinschaft B.
M. eindeutig erklärt, die Praxis zum Verkehrswert übernehmen zu wollen. Zu den finanziellen Bedingungen habe er ein
Gebot abgegeben, das am oberen Ende des angenommenen Verkehrswertes liege. Es habe mehrfache Kontakte
gegeben und er habe dabei das Gebot bekräftigt. Er habe im Vorfeld der Zulassungsausschusssitzung mit dem
Niederlassungsberater der KVB Kontakt aufgenommen und sich auch über die Wertermittlung der Praxis beraten
lassen, ebenso habe er sich zur Höhe des Verkehrswertes von der Apotheker- und Ärztebank beraten lassen.
Selbstverständlich halte er sich an das Angebot, den ggf. festzulegenden Verkehrswert zu zahlen, gebunden. Dies sei
auch schriftlich mitgeteilt worden. Die Vorstellungen der Abgeberseite hätten aber höher gelegen.
Erbengemeinschaft sowie der zugelassene Beigeladene zu 8. widersprachen der Fehlerhaftigkeit der
Auswahlentscheidung. Die Bewerbung von Dr. W. sei auch nicht verfristet gewesen. Denn es gebe keine
Bewerbungsfristen im Verfahren nach § 103 SGB V. So sehe dies auch das Sozialgericht Duisburg mit Entscheidung
vom 01.09.2005 (S 19 KA 25/05 ER).
Die Praxisübernahme sei auch nicht verweigert worden. Vielmehr habe der Wf. selbst die Verhandlung abgebrochen.
Dass der Widerspruchsführer zu seiner Bereitschaft, den Verkehrswert zu bezahlen, ausführt und dafür Zeugen
anbiete, ändere an der vorstehend dargelegten Einschätzung der Auswahlsituation nichts. Bekanntlich sei diese
Bereitschaft selbstverständliche Voraussetzung für die Praxisübertragung an jeden Bewerber als Ausfluss der
wirtschaftlichen Rechte des Praxisübergebers nach Art.14 GG. Auch Herr Dr. W. sei dazu bereit gewesen. Zutreffend
habe der Zulassungsausschuss gewürdigt, dass aufgrund des offenen Gesetzeswortlautes die Interessen der
Erbengemeinschaft von Bedeutung seien, die Herrn Dr. W. als geeignetsten Praxisnachfolger ansehen.
Mit dem am 28. Juli 2006 ausgefertigten Bescheid wies der Berufungsausschuss für Ärzte Bayern den Widerspruch
des Klägers zurück.
In der Begründung wird ausgeführt, dass für Dr. W. die frühere Approbation und die längere Dauer der ärztlichen
Tätigkeit sowie die frühere Erlangung der Arztbezeichnung spreche. Außerdem spreche für diesen, dass er in der Zeit
vom 01.04.2001 bis 31.07.2002 als Stationsarzt die hämatologische Schwerpunktstation der Medizinischen Klinik
geleitet habe. Damit sei Dr. W. beruflich auch geeigneter, die Praxis fortzuführen. Schließlich habe der
Zulassungsausschuss zu Recht auch die wirtschaftlichen Interessen der Rechtsnachfolger des Praxisvorgängers
berücksichtigt. Den Vertragsärzten soll das Eigentum an der Praxis wertmäßig erhalten werden. Es sei lediglich
insofern nicht mehr zu schützen, als über den Verkehrswert hinausgehende Vermögensvorteile erstrebt würden. Im
Übrigen vertrete der BA mit dem Zulassungsausschuss die Auffassung, dass auch Bewerbungen, die nach der von
der KVB gesetzten Frist eingingen, zu berücksichtigen seien, da es sich um keine gesetzliche Ausschlussfrist
handele. Hinzu komme, dass die Rechtsnachfolger die Einbeziehung der Bewerbung des Dr. W. in die
Auswahlentscheidung ausdrücklich wünschten.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben. Die Beteiligten haben ihre im
Verwaltungsverfahren vertretenen Meinungen aufrecht erhalten.
Mit Urteil vom 24. Januar 2007 hat das SG München die Klage abgewiesen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass
die Kaufverhandlungen wegen Nichteinigung über die Höhe des Kaufpreises abgebrochen worden seien, jedoch auch
der Kläger bereit gewesen sei, den Verkehrswert zu bezahlen. Die Auswahlentscheidung sei nicht zu beanstanden,
die Grenzen des Ermessens seien noch nicht überschritten worden.
Die Nichteinhaltung der Bewerbungsfrist seitens des Ausgewählten sei unbeachtlich. Bei der Bewerbungsfrist handle
es sich um keine Ausschlussfrist, sondern um eine Ordnungsfrist mit der Folge, dass es im pflichtgemäßen
Ermessen der zuständigen Behörde liege, ob eine verspätete Bewerbung noch berücksichtigt oder zurückgewiesen
werde (vgl. Beschluss OLG NRW vom 24.06.2004, 6 B 1114/04).
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers zum Bay. Landessozialgericht. Er hält an seiner bisherigen
Rechtsauffassung fest. Der berücksichtigte Bewerber und Beigeladene zu 8) habe sich erst 74 Tage nach Ablauf der
im Bayer. Staatsanzeiger veröffentlichten Bewerbungsfrist und 53 Tage nach Abgabe der Bewerbungsunterlagen
durch die KVB an den Zulassungsausschuss beworben. Die Bewerbung habe daher nicht mehr berücksichtigt werden
dürfen. Der Hinweis auf die Entscheidung des OLG NRW vom 24.06.2004 sei falsch, da es sich um eine andere
Konstellation gehandelt habe. Hier werde das Recht des Klägers auf chancengleiche Auswahl verletzt.
Die vorgegebenen Kriterien für die Auswahlentscheidung seien gleichrangig zu berücksichtigen und es habe eine
Abwägung der Kriterien zu erfolgen. Dies sei nicht erfolgt. Insbesondere der Umstand der Wartelisteneintragung des
Klägers und der Nichteintragung des zugelassenen Beigeladenen zu 8. werde in die Abwägung nicht miteingestellt.
Auch die Ausführungen zur unterschiedlichen beruflichen Eignung seien fehlerhaft. Alle Ärzte, die eine Weiterbildung
auf dem gleichen Gebiet besäßen, seien als gleich geeignet und befähigt zur Erbringung sämtlicher gebietskonformer
Leistungen und zur Deckung des Versorgungsbedarfes in dem betroffenen Fachgebiet anzusehen (BSG Urteil vom
14.07.1993 6 RKa 71/91). Wenn der Beklagte aufgrund einer Tätigkeit in einer anderen Klinikstation bei ansonsten
gleichem Qualifikationsprofil eine höhere berufliche Eignung ableite, sei dies fehlerhaft. Im Übrigen vertrete das LSG
Berlin-Brandenburg (vom 20.06.2007 L 7 KA 7/04) die Auffassung, dass es sich um eine Ausschlussfrist handle.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. Januar 2007 aufzuheben und den Beklagten zu
verurteilen, über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses Ärzte vom
08.02.2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verhandeln und zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
In Übereinstimmung mit der langjährigen Praxis der Nachbesetzungverfahren habe die Bewerbungsfrist als Ordnungs-
und nicht als Ausschlussfrist gewertet werden dürfen. Zudem habe es sachliche Gründe für die Berücksichtigung des
Beigeladenen zu 8. gegeben, nämlich die nicht vorhersehbare Absage der bevorrechtigten Praxispartnerin, so dass
sich die Sachlage für die Erbengemeinschaft völlig neu dargestellt habe. Der Kläger habe keinen Fortführungswillen
gehabt und sei nicht zur Zahlung des Verkehrswerts bereit gewesen.
Die Beigeladenen zu 8. und 9. beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die weiteren Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Im Rahmen eines durch den Berichterstatter durchgeführten Erörterungstermins bestätigten die anwesenden
Beteiligten übereinstimmend, dass die ehemalige Gemeinschaftspraxispartnerin ihre Zulassung am Vertragarztsitz
aufgegeben hat, um anderenorts beruflich tätig zu sein.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten, der Streitakte des
Sozialgerichts München sowie der Verfahrensakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung erweist sich als begründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist schon deshalb rechtswidrig, weil durch ihn eine Nachfolgezulassung zu
Gunsten des Beigeladenen zu 8. erfolgte, jedoch dieser Arzt in diesem Nachbesetzungsverfahrens nicht mehr
berücksichtigungsfähig war. Der zugelassene Bewerber und Beigeladene zu 8. war nicht berücksichtungsfähig, weil er
sich erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist und nach Abgabe der Bewerbungsunterlagen an den Zulassungsausschuss
beworben hat.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf fehlerfreie Nachfolgeauswahlentscheidung ist § 103 Abs.4
SGB V. Nach § 103 Abs.4 SGB V hat die KVB, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem gesperrten
Planungsbereich u.a. durch Tod endet und die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll, auf Antrag seiner
zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben diesen Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen
Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden
Bewerbungen zu erstellen (Satz 1). Dem Zulassungsausschuss sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine
Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen (Satz 2). Unter mehreren Bewerbern, die die
ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuss
den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (Satz 3). Bei der Auswahl der Bewerber sind die
berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen, ferner, ob der
Bewerber der Ehegatte, ein Kind oder ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes ist, mit dem die Praxis
bisher gemeinschaftlich ausgeübt wurde (Satz 4). Die KÄVen führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die
Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister
eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach
Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in der Warteliste zu berücksichtigen (Absatz 5). Die wirtschaftlichen Interessen
des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die
Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt (Absatz 4 Satz 6).
Demnach läuft das Nachbesetzungsverfahren in mehreren Phasen ab.
In der Antragsphase prüft die KVB eine wirksame Antragstellung auf Nachbesetzung. Gegebenenfalls schließt sich
eine Ausschreibungsphase an. Die KÄV hat die Praxis auszuschreiben, die eingegangenen Bewerber in einer Liste
zusammenzustellen und dem Praxisabgeber bzw. dessen Erben zu übersenden. Gleichzeitig gibt sie die Unterlagen
an den Zulassungsausschuss ab, der fortan zuständig ist. Dabei darf sie Bewerbungen, die ihrer Ansicht nach wegen
Versäumung der Bewerbungsfrist oder Ungeeignetheit der Bewerber nicht berücksichtigungsfähig sind, nicht von der
Abgabe ausnehmen (so auch SG Duisburg v. 01.09.2005, S 19 KA 25/05 ER, juris, das über die Entscheidung des
Zulassungsausschusses nichts aussagt).
Damit beginnt die Verhandlungsphase, in der der Abgeber mit den Bewerbern verhandelt und alle Beteiligten ein für
sich günstiges Ergebnis zu erreichen versuchen.
Danach schließt sich die Auswahlentscheidung und Zulassung des geeignetsten Bewerbers an.
Das Nachbesetzungsverfahren stellt sicher, dass die Eigentumsrechte des Abgebers bzw. die Rechte der Erben
einerseits und das Recht der Berufsanfänger auf ein chancengleiches Verfahren sowie -im Falle der Nachbesetzung -
das Interesse der Öffentlichkeit an Sicherstellung im Sinne einer nahtlosen Versorgungsfortsetzung der Praxisklientel
in Ausgleich gebracht werden.
Nur die Praxis als Unternehmen im zivilrechtlichen Sinne ist frei veräußerbar. Die Zulassung als öffentlich-rechtliche
Teilnahmeerlaubnis zur Behandlung GKV-Versicherter unterliegt nicht zivilrechtlicher Übertragbarkeit. Damit drohte
jedoch eine erhebliche Einschränkung des "Goodwills" der Praxis mit erheblichem Kassenanteil, wenn potentielle
Nachfolger eine Zulassung nicht erreichen könnten, weil der Planungsbereich des Vertragsarztsitzes wegen
Überversorgung gesperrt ist und Zulassungsanträgen objektive Zulassungshindernisse entgegenstehen. Potentielle
Bewerber dürften dann den GKV-versicherten Teil des Praxisklientels nicht behandeln, was den Praxiswert erheblich
reduzierte. Daher hat der Gesetzgeber zur Wahrung des Eigentums- und Erbrechts des Art.14 GG in § 103 Abs.4
SGB V die Möglichkeit der Nachfolgerzulassung trotz Zulassungsbeschränkungen geschaffen.
Andererseits wäre es vor dem Grundrecht auf Chancengleichheit bzw. auf chancengleichen Berufszugang nicht
erträglich, wenn die öffentliche Teilnahmeerlaubnis nach dem Primat des höchstens Kaufpreisgebotes erfolgen würde.
Die Berufsanfänger haben aber nur ein Recht auf chancengleiches Auswahlverfahren im Falle der Durchführung des
Nachbesetzungsverfahrens und keinen Anspruch auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens selbst. Im infolge
Überversorgung gesperrten Gebiet ist eine Nachbesetzung grds. unerwünscht und nur zur Sicherung des Praxiswerts
durchzusetzen. Wünscht der Abgeber ein Nachbesetzungsverfahren nicht oder ändert er seine Meinung entsprechend,
kommt es zu einer Nachfolgezulassung nicht.
Chancengleicher Zugang bedeutet die Durchführung eines fairen Verfahrens und eine Übertragung der Zulassung nach
sachgerechten Kriterien, insbesondere Kriterien der fachlichen Eignung ggf. unter ergänzendem Einschluss von nicht
leistungsbezogenen, sozialen Kriterien. Im Falle der Nachbesetzung ist eine Fortsetzung der Praxistätigkeit durch
einen Arzt, der zur Versorgung der konkreten Klientel am geeignetsten ist, auch im öffentlichen Interesse.
Dementsprechend ist nach sachbezogenen Auswahlkriterien der Geeignetste aus dem Kreis der Bewerber nach
pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Die Bewerber sind jedoch nur insoweit berücksichtigungsfähig, als sie sich
wirksam beworben haben, die persönlichen Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, den Willen zur Fortführung der
Praxis besitzen und bereit sind, den Verkehrswert im Sinne des objektiven Marktwerts für die Praxis zu bezahlen.
Insoweit erschöpft sich das Interesse des Praxisabgebers bzw. der Erbengemeinschaft auf Verwertung des
Eigentums bzw. des Erbes. Ein darüber hinausgehendes Interesse der Erzielung eines über den Verkehrswert
hinausgehenden Höchstpreises oder der Durchsetzung eines bestimmten Bewerbers (Ausnahmen: Ehegatte, Kind,
Partner) erkennt die Norm nicht an.
Diese Ratio ist bei der Auslegung der Vorschrift zu berücksichtigen.
Der Anspruch des Klägers auf Chancengleichheit im Auswahlverfahren wurde verletzt, weil diesem in Gestalt des
Beigeladenen zu 8. ein Bewerber vorgezogen worden war, dessen Bewerbung nach Schluss der von der KÄV
gesetzten Bewerbungsfrist und nach Abgabe der Bewerbungsunterlagen an den Zulassungsausschuss eingegangen
war.
Dabei geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht und dem Beklagten davon aus, dass die KÄV eine
Befugnis zur Bewerbungsfristsetzung besitzt, jene jedoch als Ordnungsfrist zu qualifizieren ist. Deren Versäumung
bleibt nicht ohne Rechtsfolgen deshalb, weil behördliche Ordnungsfristen grundsätzlich auch rückwirkend verlängerbar
sind.
Fristen lassen sich in verschiedener Hinsicht differenzieren. Zum einen unterscheidet § 26 SGB X zwischen
behördlichen Fristen und nicht behördlichen (gesetzlichen) Fristen. Behördliche Fristen sind solche, die von einer
Behörde gesetzt werden, ohne dass sie gesetzlich bestimmt sind (von Wulffen, SGB X, § 26 Rn.4). Daneben wird
auch zwischen Ausschlussfristen und Ordnungsfristen sowie zwischen Verfahrensfristen und materiell-rechtlichen
Fristen unterschieden.
Die hier von der KÄV gesetzte Frist ist eine behördliche Frist. § 103 SGB V enthält eine ausdrückliche
Fristbestimmungsbefugnis nicht. Für eine verfahrensrechtliche Frist, mithin eine solche, deren Bedeutung sich im
Ablauf eines konkreten Verwaltungsverfahrens erschöpft, bedarf es aber nicht zwingend einer gesetzlichen Grundlage.
Die Befugnis der Behörde zur Setzung von Verfahrensfristen folgt vielmehr bereits aus ihrer allgemeinen
Verfahrensherrschaft aus § 8 SGB X (vgl. zum allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht: Kopp/Ramsauer VwVfG § 31
Rn.7). Nur für Fristen mit materiell-rechtlichem Charakter bedarf es stets nach den Grundsätzen des
Gesetzesvorbehalts einer gesetzlichen Ermächtigung. Die Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgabe ist der KÄV ohne
Setzung von Bewerbungsfristen nicht möglich, weil ansonsten jederzeit mit fortdauerndem Bewerbungseingang
gerechnet werden müsste und eine vollständige Bewerberliste als Voraussetzung für den Fortgang des Verfahrens
nicht erstellt werden könnte.
Daneben wird zwischen Ausschlussfristen und Ordnungsfristen unterschieden. Ausschlussfristen sind solche, die
nicht verlängert werden können und nach deren Ablauf auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht
möglich ist ( hier aber schon deshalb keine Wiedereinsetzung, weil behördliche Frist; § 27 Abs.1 SGB X). Nach Ablauf
einer verfahrensrechtlichen Ausschlussfrist können die entsprechenden Rechtshandlungen nicht mehr wirksam
vorgenommen werden (Kopp/Ramsauer § 31 Rn.9). Wegen der einschneidenden Folgen von Ausschlussfristen
bedürfen diese stets nicht nur einer gesetzlichen Grundlage, sondern einer besonderen verfassungsrechtlichen
Rechtfertigung. Der Ausschlusscharakter einer Frist muss sich hinreichend eindeutig aus den maßgeblichen
Rechtsnormen ergeben (BVerfG NJW 1986, 1603, BVerwGE 72, 368; 74, 369). Das setzt das Bestehen eines
öffentlichen Interesses daran voraus, dass selbst bei unverschuldeter Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung
stattfinden soll. Dies kann der Fall sein, wenn ein Gesetz vorsieht, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt über
Zulassungsansprüche mehrerer Bewerber bei begrenzter Kapazität entschieden werden müsse. Bei
Beamtenbewerbungsverfahren wird die von der Behörde gesetzte Bewerbungsfrist als Ordnungsfrist angesehen (OVG
Nordrhein-Westfalen vom 07.04.2002, 1 B 1133/01, NVwZ-RR 2002, 52 m.w.N.).
Im Rahmen des 103 Abs.4 SGB V spricht nichts für die Auslegung, dass eine Verlängerung der behördlichen
Verfahrensfrist vor Abgabe des Verfahrens an die Zulassungsgremien nicht zulässig sein soll bzw. die Rechte der
Beteiligten vereitelt würden. Denn die Verhandlungsphase beginnt erst ab Zusendung der Bewerbungsliste an den
Abgeber bzw. den Erben. Dies ist von dem Fall zu unterscheiden, dass die Behörde die Frist bzw. den
Verlängerungszeitraum zu lange bemisst und derweil der Praxiswert verfällt.
Der Senat sieht daher die durch die KÄV zum 28.10.2005 gesetzte Bewerbungsfrist als behördliche Ordnungsfrist an,
zu deren Setzung sie im Rahmen eines geordneten Verfahrens berechtigt war.
Ordnungsfristen sind gemäß § 26 Abs.7 SGB X auch rückwirkend verlängerbar. Eine solche rückwirkende
Verlängerung, die grundsätzlich auch im Nichtausschluss des nicht innerhalb erster Frist Handelnden gesehen werden
Verlängerung, die grundsätzlich auch im Nichtausschluss des nicht innerhalb erster Frist Handelnden gesehen werden
kann, ist durch die KÄV nicht erfolgt. Eine solche konkludent erklärte Verlängerung kann hier nicht angenommen
werden. Denn sie bedarf im Verfahren nach § 103 SGB V der gleichen Form wie die Frist selbst, nämlich der
Ausschreibung im Bayer. Staatsanzeiger (Gasser, in Ehlers u.a. Fortführung von Arztpraxen, 2. Auflage, Rn.909, 914;
so auch BSG Urteil vom 04.06.1964, 6 RKa 13/62, BSGE 21, 118, vom Ausschluss verspäteter Bewerber vom einem
nach damaligem Rechtszustand existenten Verfahren ausgehend). Die KÄV hat eine Verlängerung im Bay.
Staatsanzeiger nicht bewirkt.
Nach den allgemeinen Regeln ist bei Fristversäumnis grundsätzlich von der Unbeachtlichkeit verspätet eingegangener
Bewerbungen auszugehen (Gasser, a.a.O., Rn.911). Wird der Bewerber trotz Unbeachtlichkeit seiner Bewerbung
ausgewählt, erweist sich die Zulassung als rechtswidrig. Im Falle ihrer Aufhebung und Neuentscheidung im gleichen
Verfahren, darf die Auswahl nur unter den weiteren Bewerbern erfolgen. Der verspätete Bewerber bleibt auch hier
ausgeschlossen.
Gleichwohl hält der Senat es unter modifizierter Heranziehung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze
zum beamtenrechtlichen Auswahlverfahren für zulässig, im Rahmen einer Ermessensentscheidung ausnahmsweise
einen verspäteten Berber noch in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Jedoch erscheint der Ermessenspielraum
gegenüber dem beamtenrechtlichen Auswahlverfahren stark in Richtung der Berücksichtigung von
Ausnahmesachverhalten eingeschränkt. Im übrigen hat der Beklagte eine Ermessensentscheidung nicht
vorgenommen, sondern ist von einer rechtlichen Einbeziehungsverpflichtung ausgegangen.
Für das beamtenrechtliche Auswahlverfahren, z.B. um einen Beförderungsdienstposten, wird vertreten, dass bei
Versäumung der Bewerbungsfrist eine Ermessensentscheidung in Richtung Berücksichtigung bzw.
Nichtberücksichtigung zu erfolgen habe. Dies wird darauf gestützt, dass das Bewerbungsverfahren dazu dient, den
bestgeeignetsten Bewerber zu ermitteln, dass andererseits aber die Mitbewerber einen Anspruch auf
Chancengleichheit besitzen (OVG Nordrhein-Westfalen vom 5.04.2002, 1 B 1133/01, NVwZ-RR 2003, 52; OVG
Koblenz vom 10.03.1965, DÖV 1966, 105). Daher darf eine verspätete Bewerbung nach pflichtgemäßem Ermessen
noch Berücksichtigung finden. Eine Nichteinbeziehung erweist sich umgekehrt als ermessensfehlerfrei, sofern das
Bewerbungsverfahren zum Bewerbungszeitpunkt schon weit fortgeschritten war oder kein Fehler vorliegt, der zu einer
Wiedereinsetzung führen würde (OVG NRW vom 26.062000, 12 B 52/00, OVG NRW vom 05.04.2002, a.a.O.:
Veränderung des Anforderungsprofils).
Eine unmodifizierte Heranziehung verbietet sich schon deshalb, weil es nach dem Zweck des
Nachbesetzungsverfahrens nicht nur um Eignungsauslese, sondern zuvorderst um den Schutz der Verwertung der
Eigentumsrechte des Abgebers einerseits unter Wahrung des der Chancengleichheit Rechnung tragenden
Auswahlverfahrensanspruchs handelt. Damit wird eine Einbeziehung verspäteter Bewerber nur im Ausnahmefall
sachgerecht sein. Zum einen muss der Abgeber wissen, welche Bewerber er mit welchen Qualifikationsprofilen in
seine Verhandlungsstrategie mit einbezieht. Eine plötzliche Einbeziehung Dritter verbietet sich. Allerdings entfällt
dieser Schutzzweck, wenn, wie hier, der Abgeber bzw. die Erben die Berücksichtigung ausdrücklich wünschen.
Daneben ist auch der Auswahlsverfahrensanspruch der übrigen Bewerber zu beachten, der auch ihre berechtigten
Interessen schützt. Auch diese müssen ihre privaten Dispositionen und ihre Verhandlungsüberlegungen auf die
vorhandene Konkurrentensituation einstellen. Hierbei ist nicht nur die öffentlich-rechtliche Ebene zu berücksichtigen.
So wird ein Bewerber, wenn er denn von einem gleich geeigneten Konkurrenten erfährt, zur Zahlung eines Zuschlags
gegenüber dem Verkehrswert bereit sein. Bei schwacher Konkurrentensituation wird er entsprechend dem Prinzip von
Angebot und Nachfrage nur zur Zahlung des Verkehrswerts bereit sein. Entsprechend der kalkulierten Chancen wird er
überdies seiner privaten und beruflichen Situation entsprechend bestimmt oder vorsichtig disponieren.
Letztlich spricht auch der Wortlaut des § 103 Abs.4 SGB V gegen die Einräumung eines der Beamtenauswahl
entsprechenden Ermessenspielraums. Nach dessen Satz 2 ist "eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur
Verfügung zu stellen". Nach Satz 3 ist die Auswahlentscheidung "unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene
Praxis ( ...) fortführen wollen" zu treffen. Der systematische Zusammenhang spricht für die Auslegung, dass
"Bewerber" im Sinne des Satzes 3 nur diejenigen des Satzes 2 sein können.
Der Senat hält daher eine ausnahmsweise Berücksichtigung verspäteter Bewerber nur dann für ermessensfehlerfrei,
wenn allein der verspätete Bewerber berücksichtigungsfähig ist, weil kein anderer Bewerber vorhanden,
zulassungsfähig oder fortführungswillig ist. Daneben setzt eine Berücksichtigung sowohl einen Eingang der
verspäteten Bewerbung noch vor Abgabe des Verfahrens an den Zulassungsausschuss (= Versand der Bewerberliste,
Beginn der Verhandlungsphase) und zusätzlich das Einverständnis der Abgeberseite voraus.
Der Kläger ist zulassungsfähig. Auch war und ist er fortführungswillig und auch zur Zahlung des Verkehrswertes
bereit.
Der Kläger hat sowohl vor dem Zulassungsausschuss als auch im Widerspruchsverfahren erklärt, den Verkehrswert
zahlen und die Praxis fortführen zu wollen. Bei Meinungsverschiedenheiten über den objektiven Verkehrswert
zwischen Abgeber und dem nach den Eignungskriterien zu präferierenden Bewerber ist es Aufgabe der
Zulassunsgremien, den Verkehrwert zu ermitteln (LSG Baden-Württemberg vom 22.11.2007, L 5 KA 4107/07 ER-B,
MedR 2008, 235).
Sicherlich kann eine bewerberseitige Verhandlungsweise, die objektive Zweifel an der ernstlichen Kaufabsicht weckt,
den Fortführungswillen und die Verkehrswertzahlungsbereitschaft entfallen lassen. Allein der Umstand der
Nichteinigung über den Kaufpreis und ein daraus folgendes Scheitern der Einigung begründet jedoch nicht die
Annahme einer fehlenden Verkehrswertzahlungsbereitschaft. Denn dann würde jedes Nichtakzeptieren des höchsten
Gebots eine Einbeziehung in den Kreis der Auswahlfähigen entfallen lassen. Es bliebe nur der meistbietende
Bewerber auswahlfähig.
Im Übrigen hat auch die Abgeberseite nirgendwo substanziert behauptet, der Kläger sei nicht ernstlich fortführungs-
und verkehrswertzahlungswillig. Dem Beweisangebot zur Vernehmung des Beraters der Abgeberin Herrn B. M. liegt
nur die Behauptung zugrunde, dass die Praxisübernahme dem Kläger nicht verweigert worden sei und dass jener die
Verhandlungen abgebrochen habe. Die Witwe des Abgebers hat vor dem Zulassungsausschuss nur erklärt, dass die
Verhandlungen abgebrochen worden seien. Von wem dies ausging, hat sie nicht explizit mitgeteilt. Sie spricht sich für
den Beigeladenen zu 8. mit der Begründung aus, dass dieser beruflich besser qualifiziert sei.
Der Kläger hat sich auch fristgerecht beworben. Die durch die KÄV gesetzte Bewerbungsfrist bezieht sich auf die
Einreichung eines formlosen Antrags. Im Rahmen der Verfahrensführungskompetenz ist es auch nicht zu
beanstanden, dass die KÄV eine erste Frist zur formlosen Bewerbung setzt und dann den sich formlos Bewerbenden
eine weitere Frist zur Einreichung des Antrages nach den Erfordernissen der Ärzte-ZV gewährt (Verwaltungseffizienz).
Diese muss dann, weil sie sich nur noch an die sich formlos Bewerbenden richtet, naturgemäß nicht im Bayer.
Staatsanzeiger veröffentlicht werden. Dem wiederum ist der Kläger nachgekommen. Nun kann nicht ernsthaft der
Rechtzeitigkeit der Bewerbung mit dem Argument begegnet werden, der Kläger hätte im Rahmen der ersten Frist
einen vollständigen Antrag einreichen müssen.
Zu Auswahlentscheidung merkt der Senat an, dass diese ihn nicht zu einer Aufhebung der zugrunde liegenden
Entscheidung veranlasst hätte.
Die Auswahlentscheidung setzt voraus, dass die in § 103 Abs.4, Abs.5 SGB V genannten Auswahlkriterien bezogen
auf jeden Bewerber einzeln geprüft werden. Anschließend sind diese im Rahmen einer Gesamtabwägung mit einander
in Beziehung zu setzen und zu bewerten. Den in § 103 SGB V genannten und den nach anderen gesetzlichen
Bestimmungen (SGB IX: z.B. Auswahl Schwerbehinderter bei gleicher Eignung) zu berücksichtigenden Kriterien, darf
der Berufungsausschuss Hilfskriterien nur dann zur Seite stellen, wenn die gesetzlichen Kriterien eine
Auswahlentscheidung nicht möglich machen. Nach Ansicht des Senats sind die Anforderungen an die
Begründungspflicht nicht zu überspannen, wenn die Begründung nicht eine Unvertretbarkeit der Entscheidung ergibt
oder grobe Begründungsmängel erkennen lässt.
Für das Kriterium der beruflichen Eignung ist ausgehend vom darzustellenden Anforderungsprofil der Praxis das
Qualifikationsprofil der Bewerber zu prüfen. Alle Ärzte, die eine Weiterbildung auf dem gleichen Gebiet besitzen, sind
als gleich geeignet und befähigt zur Erbringung sämtlich gebietskonformen Leistungen und zur Deckung des
Versorgungsbedarfes in dem betroffenen Fachgebiet anzusehen (BSG Urteil vom 14.07.1993, 6 RKa 71/91, juris). Bei
gleicher berufsrechtlicher Qualifikation kann es zu einer differierenden Eignungswertung nur kommen, wenn
zusätzliche Genehmigungen für die Durchführung des Praxisbetriebes wesentlich sind. Unter der Voraussetzung einer
hämatologischen Ausrichtung der Praxis konnte berücksichtigt werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Erstellung
der Bewerberliste noch nicht berechtigt war, sich "Hämatologe" zu nennen. Die unterschiedliche berufliche Erfahrung
gehört in das Kriterium "Dauer der ärztlichen Tätigkeit". Das Kriterium der Wartelisteneintragung hat der Beklagte in
die Abwägung nicht miteingestellt. Zutreffend ist ausführt, dass die Abgeberinteressen nur im Rahmen des
Verkehrswertes zu berücksichtigen seien. Die Bezugnahme auf die Begründung des Zulassungsausschusses, der
dem Abgeberwillen als weiteres und entscheidendes Kriterium das Wort redet, könnte vermuten lassen, dass ein
außergesetzliches, unstatthaftes Kriterium mit eingestellt wird. Zutreffend wurden die Interessen der ehemaligen
Partnerin Dr. S. nicht gemäß § 103 Abs.6 SGB V berücksichtigt, da diese sich von weiterer Kooperation mit einem
Nachfolger gelöst hat.
Aus diesem Grund war unter Aufhebung der Vorentscheidungen zur Neuentscheidung zu verpflichten. Nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 5.11.2003, B 6 KA 11/03 R, SozR 4-2500 § 103 Nr.1) reduziert
sich die Auswahl nicht auf die Bewerber, die die ursprüngliche Auswahlentscheidung nicht rechtskräftig werden
lassen. Vielmehr hat das Gericht die Entscheidung des Beklagten aufzuheben und zur erneuten Auswahlentscheidung
unter den verbliebenen Bewerbern, soweit sie noch fortführungswillig sind, zu verpflichten. Der Senat schließt sich
dieser Rechtsprechung ausdrücklich an.
Nach Ansicht des Senats sind die Zulassungsgremien befugt, die Zulassung mit der aufschiebenden Bedingung des
Zustandekommen eines Praxisübernahmevertrages zu verknüpfen (Gasser, a.a.O., Rn.952 f.). Kommt dieser aus
vom Abgeber zu vertretenden Gründen nicht zustande, entfällt die Zulassung des Ausgewählten und das
Auswahlverfahren ist beendet (Vertragsarztsitz fällt der Bedarfsplanung anheim). Kommt es dazu nicht aus vom
potentiellen Übernehmer zu vertretenden Gründen, ist die Geberseite berechtigt, den Vertragsarztsitz neu
ausschreiben zu lassen. Das Recht auf Wiederholung der Ausschreibung geht mithin immer dann verloren, wenn
feststeht, dass der Praxisabgeber die Übergabe aus nicht schützenswerten Gründen scheitern ließ. Dies wäre auch
anzunehmen, wenn bei vorliegendem Sachverhalt der Ausschreibungsantrag vor bestandskräftiger Entscheidung
zurückgezogen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 VwGO.
Der Senat lässt die Revision wegen Grundsätzlichkeit zu (§ 161 Abs.2 Nr.1 SGG).