Urteil des LSG Bayern vom 18.01.2011

LSG Bayern: medikamentöse behandlung, adhs, arzneimittel, versorgung, label, diagnose, persönlichkeitsstörung, kanada, konsens, dänemark

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 18.01.2011 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 4 KR 69/06
Bayerisches Landessozialgericht L 5 KR 214/08
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25. April 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Versorgung mit dem Arzneimittel Concerta retard 36 (Wirkstoff: Methylphenidat) bei
Aufmerksamkeitsdefizits- und Hyperaktivitätssyndrom im Erwachsenenalter (ADHS-E).
1. Die 1963 in der ehemaligen DDR geborene Klägerin wuchs in P. bei ihren Großeltern auf. Nach Beendigung der
polytechnischen Oberschule mit 16 Jahren übte sie außerhalb ihres Lernberufes als Facharbeiterin bis zur
Wiedervereinigung sieben verschiedene Beschäftigungen aus. Anschließend wechselten sich Zeiten der
Arbeitslosigkeit und Beschäftigungen als Kellnerin, Reinigungskraft oder Zimmermädchen sowie eine Ausbildung zur
Qualitätsmanagerin ab. 2001 zog sie nach E-Stadt und wurde dort zur Ergotherapeutin von 2002 bis 2005 in einer
geförderten Maßnahme umgeschult. Nach neunmonatiger Arbeitslosigkeit wechselte die Klägerin zu einem
Dienstleistungsunternehmen und von dort in eine Bäckerei. Anfang 2010 zog die Klägerin nach Rheinland/Pfalz.
Am 30.11.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Versorgung mit dem Arzneimittel Concerta retard und
legte dazu einen Fachbericht des Facharztes für Psychotherapie und Psychiatrie Dr. G. vom 14.04.2005 vor, wonach
sie an ADHS-E leide und mit der strittigen Medikation soziale Integration und Konsolidierung der Leistungsfähigkeit
bezweckt werde, weil anderweitige multiple Behandlungsversuche ohne Erfolg geblieben seien. Diesen Antrag
verbeschied die Beklagte am 30.11.2005, 08.12.2005 sowie 13.12.2005 abschlägig. Im anschließenden
Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, sie habe unter der streitigen Medikation erstaunt feststellen
können, dass sie Gespräche führen, dem Inhalt folgen und mit dem Gegenüber kommunizieren könne. Sie sei dann in
der Lage, sich auf veränderte Situationen einzustellen adäquat zu reagieren, sei ausgeglichener und nicht mehr
emotionalen Impulsen hilflos ausgeliefert. Ihr Antrieb sei unter Medikation gleichmäßig und nicht durch
Antriebsstörungen beeinträchtigt, unsteuerbare impulsive Armbewegungen, die häufig zu Zerstörungen geführt hätten,
seien nicht mehr aufgetreten. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2006 wies sie Beklagte den Widerspruch als
unbegründet zurück. Concerta retard sei nicht für den Einsatz bei Erwachsenen zugelassen. Die Voraussetzungen für
eine zulassungsübergreifende Versorgung seien nicht erfüllt.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben und Kostenübernahme für Concerta retard
beantragt. Mit Urteil vom 25.04.2008 hat das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme auf die angefochtene
Entscheidung abgewiesen und ergänzend ausgeführt, dass die Klägerin zwar einerseits in ihrer Lebensführung durch
das bestehende ADHS-E nicht unerheblich beeinträchtigt sei. Die Voraussetzungen für eine zulassungsübergreifende
Medikamentenversorgung in der Gestalt einer lebensbedrohlichen oder mit der Lebensbedrohung vergleichbaren
Erkrankung bestünden nicht.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt zur Weiterverfolgung ihres Begehrens. Der Senat hat Befund- und
Behandlungsberichte der behandelnden Ärzte und ein Gutachten des Prof. Dr. F. auf psychologischem und
psychiatrischem Fachgebiet eingeholt. Prof. Dr. F. hat im Wesentlichen festgestellt, dass bei der Klägerin die
Diagnose der ADHS gesichert sei. Es bestehe zusätzlich eine Persönlichkeitsstörung. Es herrsche in den
medizinischen Fachkreisen Konsens, dass auch bei Erwachsenen die medikamentöse Behandlung das Therapiemittel
der Wahl sei. Dementsprechend sei Methylphenidat zur Behandlung der adulten ADHS in den USA, in Kanada,
Australien, Neuseeland, Argentinien, Norwegen und zum Teil auch in Dänemark, Schweden, sowie in der Schweiz
zugelassen. Weltweit seien 3,4 % der Bevölkerung im Erwachsenenalter von ADHS betroffen. Es handele sich im
Wesentlichen um eine neurologische verursachte Erkrankung. Wegen der Zusammenfassung und Beurteilung des
Sachverständigen wird auf Bl. 137 bis 159 der Berufungsakte Bezug genommen.
Unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des MDK, wonach nicht durch langjährige Untersuchungen die
Wirksamkeit und weitgehende Nebenwirkungsfreiheit festgestellt sei und wonach das Bundesinstitut für
Arzneimittelzulassung zuletzt am 07.07.2010 den Antrag auf Zulassungserweiterung von methylphenidathaltigen
Arzneimitteln für die Behandlung von Erwachsenen zurückgewiesen habe, hat die Beklagte Zurückweisung der
Berufung beantragt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25.04.2008 sowie der Bescheide der vom
30.11.2005, 08.12.2005 sowie 13.12.2005 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2006 zu
verurteilen, der Klägerin die medikamentöse Versorgung mit dem Arzneimittel Concerta retard 36 nach ärztlicher
Verordnung als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie
auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, hier insbesondere die Schilderung der Klägerin zu ihrer Jugendzeit und zu
den Auswirkungen der ADHS-E wird auf die Niederschrift vom 18.01.2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber
unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, mit dem Medikament Concerta retard 36 versorgt zu werden.
Streitgegenstand sind die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten vom 30.11.2005, 08.12.2005 sowie 13.12.2005
je in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2006, mit welchen es die Beklagte abgelehnt hat, die
Klägerin mit dem Medikament Concerta retard zu versorgen. Diese Entscheidungen sind zu Recht ergangen, so dass
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25.04.2008 zu bestätigen ist.
1.
Gesetzlich Krankenversicherte - wie die Klägerin - haben nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 3, § 31 Abs. 1 Satz 1
SGB V nur dann Anspruch auf Medikamentenversorgung in Gestalt der hier streitigen Versorgung mit dem
methylphenidathaltigen Fertigarzneimittel Concerta retard 36, wenn das Arzneimittel zweckmäßig, wirtschaftlich und
wirksam bei weitgehender Freiheit von Nebenwirkungen ist, § 2 Abs. 1 Satz 3, § 12 Abs. 1 SGB V. Nach der
Grundkonzeption des SGB V überprüfen die gesetzlichen Krankenkassen diese Voraussetzungen nicht selbst,
sondern es werden die Voraussetzungen als erfüllt angesehen, wenn ein Arzneimittel eine arzneimittlerechliche
Zulassung nach § 21 Arzneimittelgesetz - AMG - erhalten hat. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung liegt vor, wenn
das Arzneimittel die Zulassung gerade für dasjenige Indikationsgebiet besitzt, in dem es im konkreten Fall eingesetzt
werden soll (BSG Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 5/09 R - Rn. 21 - zitiert nach juris).
Die Versorgung mit einem zugelassenen Medikament über den Zulassungsbereich hinaus ist einerseits möglich
gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 6 SGB V im Rahmen der durch den Gemeinsamen Bundesausschuss
erlassenen Arzneimittelrichtlinien, andererseits nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum
zulassungsüberschreitenden Gebrauch, dem Off-label-use. Dabei wird gefordert, dass eine schwerwiegende,
lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung vorliegt, für welche
keine andere Therapie verfügbar ist, wenn zusätzlich aufgrund der Datenlage begründete Aussicht auf Erfolg besteht,
dass ein Behandlungserfolg erzielt werden kann, also ein positiver Wirksamkeitsnachweis besteht. Diese hinreichende
Erfolgaussicht erfordert entweder Zulassungsreife oder einen in den Fachkreisen allgemein bestehenden
zweifelsfreien Konsens über den voraussichtlichen Nutzen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2002 - B 1 KR 37/00 R - Rn.
26 f. zitiert nach juris).
2.
In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich im Falle der Klägerin was folgt:
a) Das streitige Arzneimittel Concerta retard 36 verfügt über eine Arzneimittelzulassung im Sinne des § 21 Abs. 1
Arzneimittelgesetz zur Behandlung der ADHS. Allerdings bezieht sich die Zulassung auf die Behandlung von Kindern
und Jugendlichen. Die Klägerin ist jedoch bereits erwachsen. Strittig ist somit eine Medikamentenanwendung
außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung.
Ein zulassungsüberschreitender Gebrauch ist rechtlich nicht zulässig. Denn Concerta retard 36 ist nach den
Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (Arzneimittel-Richtlinien) nach § 92 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 6
SGB V für den zulassungsübergreifenden Gebrauch - off-label-use - nicht aufgeführt. Concerta retard verfügt nicht
über die erforderliche Zulassungsreife, wie bereits die Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und
Medienprodukte vom 07.07.2011, erneut den Antrag auf Zulassungserweiterung der medikamentösen Behandlung
auch auf Erwachsene abzuweisen, belegt.
b) Es ist keine anderweitige Möglichkeit erkennbar, im konkreten Falle der Klägerin über diese Ausnahmen
hinausgehend einen off-label-use des Concerta retard zu begründen.
aa) Zwar veranlassen folgende Gesichtspunkte dazu, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom
30.06.2009 - B 1 KR 5/09 R) zur Ablehnung der zulassungserweiternden Versorgung mit methylphenidathaltigen
Arzneimitteln bei ADHS-E zu hinterfragen (vgl Wrana NJW 2010, 3068):
- Die Rechtssprechung zum Off-label-use befasst sich grundsätzlich mit der medikamentösen Behandlung von
Krankheiten, für die das Arzneimittel nicht zugelassen ist. Darum geht es vorliegend nicht, denn Concerta retard -
sowie weitere mit Methylphenidat wirkende Arzneimittel - sind für die Behandlung der Krankheit ADHS zugelassen.
Vorliegend geht um die Behandlung der Krankheit, für welche die arzneimittelrechtliche Zulassung nach § 21 AMG
besteht - nur nicht im jugendlichen Alter, sondern im Erwachsenenalter.
- Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 30.06.2009 (B 1 KR 5/09 R - Rn. 39 - zitiert nach juris) darauf
hingewiesen, dass bei gleichbleibenden Krankheitsbild und Medikation bereits vor Erreichen des 18. Lebensjahres nur
unter besonderer Rechtfertigung die nahtlose Weiterversorgung des Betroffenen über den 18. Geburtstag hinaus
verweigert werden dürfe. Das bedeutet für die medikamentöse Behandlung der ADHS eine Erweiterung der von der
Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen des off-label-use.
- Entgegen den Annahmen des BSG (a.a.O. - Rn. 41 - zitiert nach juris) stellt der Senat nach Inaugenscheinnahme
des Medikaments in der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2011 fest, dass ein Missbrauchpotential von Concerta
retard praktisch auszuschließen ist, wie auch die insoweit überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. F. belegen.
Dies folgt aus der besonderen Darreichungsform der Retardkapseln mit Ummantelung, Aufteilung in Quellstoff und
Wirkstoff sowie aus der arzneimittelrechtlich ohnehin nur auf einen Monat begrenzten Verschreibungs- und
Versorgungsmöglichkeit. Zudem sind die Ausführungen von Philipsen, Hesslinger und Elst (Ärzteblatt 2008, 220)
dahin zu verstehen, dass ein erhöhtes Abhängigkeitspotential in Bezug auf den Wirkstoff Methylphenidat im
therapeutischen Bereich gerade nicht bestehe.
- Nach den Feststellungen des Prof. Dr. F., die insoweit auch von der Beklagten und dem MDK nicht in Zweifel
gezogen werden, ist Methylphenidat, das Wirkmittel des streitigen Medikaments, zur Behandlung der ADHS-E
zugelassen in USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Argentinien, Norwegen und zum Teil auch in Dänemark und in
Schweden sowie der Schweiz. Es handelt sich dabei um Länder mit weltweit anerkannt äußerst hohem medizinischen
Wissens-, Diagnose- und Anwendungsstandard. Sie prägen damit nachhaltig den nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V für
den Leistungsanspruch der Klägerin maßgeblichen Stand der medizinischen Erkenntnisse und des medizinischen
Fortschritts. Dies sowie die Bezugnahmen des Prof. Dr. F. auf insbesondere in den USA gewonnene Ergebnisse der
medizinischen Forschung belegen, dass in medizinischen Fachkreisen die medikamentöse Behandlung mit
Methylphenidat die Methode der Wahl ist. Dem entsprechen auch die Leitlinien der deutschen Gesellschaft für
Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde zur ADHS im Erwachsenenalter (veröffentlicht in: Der Nervenarzt
2003, 939).
- Nach den überzeugenden Feststellungen des Prof. Dr. F. ist bei rund 2,5 Millionen Erwachsenen in Deutschland das
ADHS-Syndrom vorhanden, weit über die Hälfte der in Freiheitsentzug befindlichen Strafgefangenen leiden an ADHS.
Es handelt sich somit um eine weit verbreitete, im Falle der Nichtbehandlung häufig mit massiven Folgen
einhergehende behandlungsbedürftige Krankheit.
bb) Dennoch gilt, dass nur in besonders begründeten Ausnahmefällen eine Abweichung von den Konzeptionen des
Gesetzgebers und der Rechtsprechung zur medikamentösen Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung
möglich ist. Dies setzte voraus, dass im konkreten Fall der Klägerin ein Krankheitsbild bestehen müsste, das
lebensbedrohlich, die Lebensqualität auf Dauer erheblich beeinträchtigend oder jedenfalls mit ganz massiven
dauerhaften Störungen verbunden sein müsste, die nur mit Hilfe der Medikation überwunden werden könnte. Dies ist
nach Auswertung der vorgelegten medizinischen Dokumentation der behandelnden Ärzte, der Angaben der Klägerin
selbst im Widerspruchsverfahren, in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht und in der mündlichen
Verhandlung vom 18.01.2011 sowie der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F. nicht nachgewiesen. Zwar
leidet die Klägerin unter unkontrollierten Bewegungen. Es ist äußerst auffällig, dass die Klägerin seit Beginn ihrer
Berufstätigkeit siebenmal die Arbeitsstelle innerhalb von nur 13 Jahren gewechselt hat. Ebenso fällt die Diskrepanz
zwischen dem sachverständig festgestellten hohen Intelligenzquotienten von 124 und die immer wieder eintretenden
Brüche im beruflichen Werdegang der Klägerin auf. Auch zeigen sich in dem früheren Scheitern, dauerhafte
menschliche Beziehungen aufzubauen oder aufrecht zu erhalten, soziale und menschliche Defizite der Klägerin,
denen ein Krankheitswert zukommen könnte. Auch zeigen sich in der glaubhaft geschilderten Affektlabilität der
Klägerin deutliche Beeinträchtigungen der Klägerin, die durch das ADHS-E verursacht sind. Auf der anderen Seite war
die Klägerin durchaus in der Lage, ausgehend von dem glaubhaft geschilderten, im Kindheits- und Jugendlichenalter
vom Großvater erhaltenen Training, sich ausreichende Strukturen für eine selbstbestimmte Lebensführung zu
schaffen. Sie war immer wieder im Stande, einen Arbeitsplatz zu finden und sich durch Erwerbstätigkeit oder
Leistungsbezug eine eigene Lebensgrundlage für sich ebenso wie für ihren mittlerweile erwachsenen Sohn zu
schaffen. Schwere Unfälle sind nicht aufgetreten, Suizidalität ist nicht festzustellen und suchtgefährdet ist die
Klägerin nach den überzeugenden Feststellungen des Prof. Dr. F. nicht. Der Lebenslauf der Klägerin zeigt trotz der sie
belastenden Einschränkungen eine positive Entwicklung. Zusammenfassend besteht daher keine ausreichend
massive Einschränkung, welche ein Abweichen von der Grenzziehung der Rechtsprechung rechtfertigen könnte.
cc) Es kommt hinzu, dass bei der Klägerin Komorbidität zur ADHS-E in der Gestalt einer Persönlichkeitsstörung
vorliegt. Diese durch Prof. Dr. F. gesicherte Diagnose und die keineswegs bestehende Freiheit von Nebenwirkungen
des Arzneiwirkstoffes Methylphenidat erforderte eine besondere Rechtfertigung, von den Regelungen der
Rechtsprechung zum zulassungsübergreifenden Arzneimittelgebrauch abzuweichen. Dieser wäre vorrangig in der
Ausprägung der Krankheit zu sehen und kann - wie dargelegt - nicht angenommen werden.
Es muss daher bei dem strengen zulassungsbereichbezogenen Grundsatz der medikamentösen Versorgung von
gesetzlich Krankenversicherten verbleiben. Die Berufung der Klägerin bleibt damit in vollem Umfange ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.