Urteil des LSG Bayern vom 23.10.2008

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Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 23.10.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 6 AL 374/98
Bayerisches Landessozialgericht L 9 AL 59/01
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Erstattung erbrachter Leistungen.
Der 1956 geborene Kläger H. war seit November 1982 als Fahrer für die Firma Computer M. (C.) tätig, Inhaberin ist M.
M. (M.). Zu dem Firmenverbund gehört die Firma T., die den Transport und die Lagerung besorgt.
Am 24.02.1994 meldete er sich arbeitslos bei der Dienststelle P. des Arbeitsamts (heute: Agentur für Arbeit) B-Stadt
und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Laut der am 01.03.1994 ausgestellten Arbeitsbescheinigung der Firma C. war
das Beschäftigungsverhältnis seitens des Arbeitgebers am 28.12.1993 ordentlich zum 18.02.1994 gekündigt worden.
Kündigungsgrund, so der Arbeitgeber, sei Arbeitsmangel gewesen. Der Kläger, der unterschriftlich bestätigte, das
"Merkblatt für Arbeitslose" erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben, gab an, keinerlei selbstständige Tätigkeit
oder Nebenbeschäftigung auszuüben.
Das Arbeitsamt bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 17.03.1994 ab 24.02.1994 Alg auf der Basis eines
monatlichen Bemessungsentgelts (BE) von 3.239,00 DM in Höhe von 317,40 DM wöchentlich für 312 Tage. Ab
01.12.1994 meldete sich der Kläger ab in Arbeit als Verkaufsfahrer für die Firma T ... Die Zahlung des Alg wurde
eingestellt.
Am 14.11.1996 meldete er sich erneut arbeitslos ab 16.11.1996, wobei er wiederum unterschriftlich bestätigte, das
"Merkblatt für Arbeitslose" erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben, und verneinte, eine selbstständige oder
Nebenbeschäftigung auszuüben. Er gab nunmehr an, vor der letzten Beschäftigung bei der T. vom 01.12.1994 bis
15.11.1996 und davor vom 02.11.1982 bis 30.11.1994 als Fahrer bei der "W.", einem Unternehmen aus dem
Firmenverbund, beschäftigt gewesen zu sein, wie auch die M. als nunmehrige Inhaberin der T. in der
Arbeitsbescheinigung angab, dass der Kläger vor der letzten Beschäftigung vom 01.12.1994 bis 15.11.1996 für die T.
bereits ohne Unterbrechung vom 02.11.1982 bis 30.11.1994 als Verkaufsfahrer bei ihr beschäftigt gewesen sei. Das
Beschäftigungsverhältnis sei wiederum durch Kündigung seitens des Arbeitgebers - zum 15.11.1996 - beendet
worden.
Die für den Kläger zuständige Arbeitsberaterin, bei der der Kläger am 14.11.1996 vorsprach, notierte:
"Arbeitslosmeldung nach Kündigung seitens des Arbeitgebers wegen Führerscheinentzug, voraussichtlich für die
Dauer von maximal acht Wochen, kann dann beim alten AG wieder anfangen", dazu unter gleichem Datum: "Wegen
Arbeitsmangel entlassen". Laut einer daraufhin eingeholten Auskunft der Personalbearbeiterin des Arbeitgebers vom
09.12.1996 sei der Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht vertragswidriges Verhalten
gewesen.
Das Arbeitsamt bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 27.12.1996 auf der Basis eines monatlichen BE von 2.920,00
DM Alg ab 16.11.1996 für 312 Tage.
Eine Betriebsprüfung am 30.07.1997 bei der Firma C. führte die Beklagte zu der Annahme, dass der Kläger weiterhin
bei seinem alten Arbeitgeber mehr als geringfügig beschäftigt sei, so dass das Arbeitsamt am 05.08.1997 die
Leistungen ab 30.07.1997 vorläufig einstellte. Am 26.08.1997 wurden die beschlagnahmten Unterlagen ausgewertet:
Dem Schreiben vom 07.10.1996 an Rechtsanwalt H. in G. in R. ist zu entnehmen, er möge "wie besprochen" den
Einspruch gegen das Bußgeld "mit Datum 30.10.1996" zurücknehmen. Da "hiermit das verhängte Fahrverbot
rechtswirksam wird", könne H. seinen Beruf nicht mehr ausüben und werde sich "weisungsgemäß" arbeitslos melden.
Aus einem Schreiben unter gleichem Datum an den Kläger "im Hause" unter dem Betreff: "Führerscheinentzug mit
Wirkung vom 01.11.1996/Integration durch eine beruflich-betriebliche Anpassungsmaßnahme über das Arbeitsamt P."
geht hervor, C. werde dem Arbeitsamt mittels der bereits vorbereiteten Arbeitsplatzbeschreibung plausibel machen,
dass er durch diese Maßnahme "mit zum Lagerleiter unseres Unternehmensverbundes M./T. integriert werde". Dies
mit der Folge, dass "Sie durch diese Maßnahme zukunftsträchtig betrachtet ein flexibler Mitarbeiter sind, der in der
sich bildenden EDV-Spezialisierung einzelner Arbeitsplätze weiterhin die Sicherheit des Arbeitsplatzes, den er voll
einnimmt, akzeptieren kann".
Dem folgte die Arbeitslosmeldung des Klägers vom 14.11.1996 ab 16.11.1996.
Im Vermerk vom 07.01.1997 hält M. zur weiteren Verwendung des Klägers fest. ("Abrechnung H. nach
Wiederintegration beruflich-betrieblicher Einzelanpassungsmaßnahme ab ca. August 1997 (unter Absprache mit dem
Arbeitsamt P., H. F.)"). Es sei geplant, H., der nunmehr seit fast 15 Jahren im Außendienst mit Ausliefern, Abholen
und Beratung vor Ort tätig sei, in eine anspruchsvollere und entsprechend bezahlte gemischte Tätigkeit umzusetzen:
Lagerverwaltung mit EDV-Unterstützung und Außendienst durch Fahrten. Dies rechne sich aufgrund der gesetzlichen
Änderung der Verpflegungspauschale ab 01.01.1997.
Der Außendienst, den der Kläger danach seit der letzten Arbeitslosmeldung ab 16.11.1996 weiterhin leistete, ist in
Tourenplänen, Tacho-Diagrammen und Reisekostenabrechnungen dokumentiert, woraus Fahrten des Klägers
zwischen dem 18.11.1996 und dem 23.07.1997 für die T., häufig über weite Strecken quer durch Deutschland,
notwendigerweise auch mit Übernachtungen, zu ersehen sind.
Unter "Zuzahlung H." wird in erstmals am 05.12.1996 und zuletzt am 29.06.1997 erstellten Berechnungen aufgelistet,
welche Zahlungen seitens C./T., letztlich seitens der M., nötig waren bzw. sein würden, damit der Kläger, der zuletzt
im Unternehmensverbund der M. einen Gesamtlohn von monatlich 2.476,77 DM (netto) erzielt hatte, ab 16.11.1996 in
Addition mit den Leistungen des Arbeitsamts (als "zweiter Arbeitgeber" bezeichnet) auf gleichem Lohnniveau wie
bisher bliebe, bei Abzug etwaiger noch geschuldeter Auslagen.
Festgehalten in den Personalunterlagen waren auch die Urlaubsanträge sowie der genommene und noch zustehende
Urlaub des Klägers in den Jahren 1996 und 1997 (von zustehenden 30 Urlaubstagen), wovon nach dem 15.06.1997
noch 22 Urlaubstage verblieben waren, ebenso eine Abmahnung vom 12.12.1996, worin der Kläger wegen
Nichtbeachtung der Weisungen bezüglich der Vergabe von Arbeiten im Fuhrpark an Dritte gerügt wurde.
Aus der Zeit des ersten Alg-Bezuges im Jahr 1994 fand sich anlässlich der Durchsuchung der Firma C. am
30.07.1997 auch ein Auszug des "Kassenbuchs für Personalkasse" der T., beginnend mit September 1994, worin
Zahlungen an den Kläger am 30.09.1994 in Höhe von 1.400,00 DM, am 11.11.1994 in Höhe von 1.510,00 DM und am
30.11.1994 in Höhe von 1.470,00 DM ausgewiesen waren (ab 01.12.1994 hatte sich der Kläger nach seiner
vorangegangenen Arbeitslosmeldung vom 24.02.1994 in Arbeit bei der T. abgemeldet).
Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit zwei Schreiben vom 03.09.1997 zu von ihr beabsichtigten Eingriffen an.
Er habe während des Alg-Bezuges 1994 vom 29.08.1994 bis 30.11.1994 als Aushilfskraft bei der Firma C.
grundsätzlich anzurechnendes Nebeneinkommen in Höhe von 2.916,20 DM erzielt. Er habe seit 16.11.1996 bis
29.07.1997 gänzlich zu Unrecht Alg in Höhe von 9.444,20 DM bezogen; er sei, da überkurzzeitig beschäftigt, nicht
arbeitslos gewesen.
Der Kläger gab in den Schreiben vom 27.09.1997 und 02.11.1997 an, er könne sich an das Jahr 1994 nur insoweit
erinnern, als es zur Trennung von seiner Ehefrau und schließlich zur Scheidung gekommen sei. Er habe sein Leben
neu ordnen müssen und sei teilweise gar nicht arbeitsfähig gewesen. Wohl sei ihm M. eine starke Hilfe gewesen, bei
der er zunächst einmal Unterkunft und auch finanzielle Unterstützung gefunden habe. Der ihm vorgelegte, von der T.
zur Überwachung des Personalwesens geführte Ausdruck sei bezüglich einer tatsächlichen Tätigkeit seiner Person
wenig aussagekräftig. Er "nehme stark an", dass es sich um darlehensweise Auszahlungen handele, die später an die
M. zurückbezahlt worden seien.
Wegen der Beschäftigung 1996/97 gab der Kläger in einem weiteren Schreiben vom 27.09.1997 an: Er sei
"wahrscheinlich meiner Meldepflicht nicht nachgekommen". Allerdings sei er laut Auskunft des zuständigen
Sachbearbeiters im Arbeitsamt für eine berufliche Weiterbildung im Rahmen des Schaffens eines neuen Berufsbildes
vorgesehen gewesen, wofür sich M. eingesetzt habe. Jedoch stünden derzeit die Mittel noch nicht zur Verfügung,
dies sei erst im neu beginnenden Jahr 1997 zu erwarten. Letztlich sei es von Seiten des Arbeitsamts aus ihm
unbekannten Gründen nie zu der Maßnahme gekommen. Das mit M. eingegangene Beschäftigungsverhältnis sei auf
Basis dieser "Wartehaltung" geführt worden.
Mit Bescheid vom 07.01.1998 hob das Arbeitsamt die Bewilligung des Alg für die Zeit vom 01.09.1994 bis 30.11.1994
wegen Änderung der Verhältnisse auf, nahm die Bewilligung des Alg ab 16.11.1996 wegen von Anfang an fehlender
Voraussetzungen zurück und ordnete die Erstattung des dadurch insgesamt zu Unrecht bezogenen Alg, zusammen
13.614,30 DM an. Der Kläger sei in der Zeit vom 01.09.1994 bis 30.11.1994 wie auch von Anfang an ab 16.11.1996
mehrmals kurzzeitig, d.h. mindestens 18 Stunden wöchentlich beschäftigt und damit nicht arbeitslos gewesen. Wegen
Verletzung der Anzeigepflicht könne er keinen Vertrauensschutz beanspruchen.
Der Kläger, der sich ab 17.11.1997 als Fahrer für die T. in Arbeit abgemeldet hatte, erhob mit Schreiben vom
17.01.1998 Widerspruch.
Nach Erlass des Bescheides vom 07.01.1998 wurden am 14.01.1998 weitere Unterlagen in das Verfahren eingeführt,
die durch die Auswertung der Festplatte des Zentralcomputers der Firma C. bei der KPI S. am 04.12.1997 erhoben
worden waren, nämlich von Februar 1994 bis November 1994 jeweils unter "Abrechnung Herr A." Aufzeichnungen
einer gleichbleibenden monatlichen "Aufwandsentschädigung" von 900,00 DM und ein gleichbleibender Stundensatz
für sogenannte "Überstunden" in Höhe von 15,00 DM bei unterschiedlich hoher Stundenzahl in den verschiedenen
Monaten. Die errechneten Gesamtbeträge für September, Oktober und November 1994 entsprachen den im bereits
aktenkundigen "Kassenbuch für Personalkasse" für diese Monate für den Kläger abgebuchten Beträgen. Festgestellt
wurden noch für 1996/97 genaue Verbuchungen des genommenen und verbliebenen Urlaubs der Mitarbeiter, darunter
auch für den Kläger.
Nach vorangehendem weiterem Anhörungsschreiben vom 23.01.1998 zum Alg-Bezug 1994 nahm das Arbeitsamt mit
Bescheid vom 16.03.1998 nunmehr auch die Bewilligung des Alg für 1994 von Anfang an (24.02.1994) zurück. Der
Kläger sei während des ganzen Leistungszeitraums wegen einer länger- als kurzzeitigen Tätigkeit nicht arbeitslos
gewesen und forderte auch das vom 24.02.1994 bis 31.08.1994 erhaltene Alg in Höhe von 8.569,80 DM zurück.
Der Kläger ließ mit Schreiben vom 09.04.1998 auch gegen den Bescheid vom 16.03.1998 Widerspruch einlegen.
Während des Widerspruchsverfahrens erstattete die Beklagte mit Schreiben vom 16.04.1998 Strafanzeige gegen den
Kläger bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht B-Stadt wegen Betrugs unter Geltendmachung eines
Geamtschadens von 22.184,10 DM. Daraufhin nahm die Staatsanwaltschaft P. unter dem Az.: 212 Js 6289/98 ihre
Ermittlungen auf, die nach Beiziehen der Unterlagen des Arbeitsamts sowie Einvernahme des Beschuldigten und der
Auszubildenden bzw. Bürokräfte G., B. und C. und des seinerzeit mit beruflicher Bildung in der
Arbeitsamtsdienststelle P. befassten Mitarbeiters F. zur Anklageerhebung führten.
Die Beklagte wies die Widersprüche gegen die Bescheide vom 07.01.1998 und 16.03.1998 mit Widerspruchsbescheid
vom 12.08.1998 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 15.9.1998 Klage beim Sozialgericht (SG) Landshut erhoben. Nach Trennung von seiner
Ehefrau habe M. ihm eine Unterkunft in dem Anwesen in L. (Gemeinde T.) zur Verfügung gestellt, wo im Oktober 1993
das Unternehmen T. errichtet worden war. Im streitigen Zeitraum vom 24.02.1994 bis 30.11.1994 sei er wegen seiner
privaten Schwierigkeiten und seiner persönlichen Verfassung (Depressionen, Alkoholkonsum) gar nicht in der Lage
gewesen, seine Fahrertätigkeit so wie bisher auszuüben. Die Computerausdrucke ließen einen Schluss hierauf nicht
zu. Er habe diese Beträge jedenfalls nicht erhalten und dem Arbeitsamt kontinuierlich zur Vermittlung für eine Arbeit
außerhalb einer Fahrertätigkeit zur Verfügung gestanden. Allerdings hätte er sich wegen seiner damaligen
Wohnsitznahme in T., Landkreis P., wie ihm nachträglich klar werde, zum Arbeitsamt P. ummelden müssen.
Im Zeitraum vom 16.11.1996 bis 29.07.1997 sei er wohl arbeitslos gemeldet gewesen und habe gleichwohl für den
"Unternehmensverbund M." gearbeitet. Er sei bei der Arbeitslosmeldung an den Mitarbeiter des Arbeitsamts F.
verwiesen worden. Dieser habe ihm erklärt, dass er im Rahmen einer betrieblichen Anpassungsmaßnahme bei der
Firma C. arbeiten könne und dabei zum Teil vom Arbeitsamt, zum Teil von der Firma C. bezahlt werde. So sei die
Bezahlung auch gehandhabt worden, so dass er zusammen auf seinen bisherigen Nettolohn gekommen sei. Es sei
die Schaffung eines neuen Berufsbildes im Rahmen des Betreibens eines Computer-Recycling-Zentrums geplant
gewesen, das M. unter Firmierung der T. als zusätzlichem Betriebsteil habe aufbauen wollen und wozu sie ihn
aufgrund seiner Praxis als Fahrer und Vorkenntnisse im EDV-Bereich als brauchbar angesehen habe. Er habe sich
wegen der Formalien und der ordnungsgemäßen Bearbeitung der Sache voll auf M. verlassen. Das Arbeitsamt habe
Bescheid gewusst und ihm diese Maßnahme empfohlen.
Der Kläger hat das Urteil des Amtsgerichts B-Stadt - Strafgericht -, Zweigstelle R., Gz. Ds 212 Js 6289/98, vom
01.09.1998 vorgelegt. Darin hat das Amtsgericht den Angeklagten (hiesigen Kläger) nach Beiziehen der
umfangreichen staatsanwaltlichen Ermittlungen in der Strafsache M. und eigener gerichtlicher Einvernahme der
Zeuginnen G., B., C. (Auszubildende und Bürokräfte der C.), der Zeugen F., S. und G. vom Arbeitsamt B-Stadt (P.)
sowie des POK A. von der Polizeiinspektion G. und Einlassung des Angeklagten selbst unter Auswertung der sonst
noch beigezogenen Unterlagen wegen zweier zusammentreffender Fälle des gemeinschaftlichen Betruges zum
Schaden der Bundesanstalt für Arbeit in den Jahren 1994 und 1996/97 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs
Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Amtsgericht war zu der Überzeugung gekommen, dass der Angeklagte sowohl
im Zeitraum vom 24.02.1994 bis 30.11.1994 als auch im Zeitraum vom 16.11.1996 bis 29.07.1997 einer
Erwerbstätigkeit bei der Firma C. bzw. T. nachgegangen war, obwohl wissend, dass dies den parallelen Bezug von
Arbeitslosengeld ausschloss.
Dazu legte der Kläger einen nach Erhalt des Strafurteils unter Einlegung der Berufung seinerseits an das Amtsgericht
B-Stadt gerichteten ausführlichen Schriftsatz vom 29.09.1998 bei, in dem er im Wesentlichen die im
sozialgerichtlichen Verfahren vorgetragene Darstellung des Hergangs des Geschehens 1994 und 1996/97 vortrug,
wobei er insbesondere die Brauchbarkeit der Aussagen der Zeuginnen, als im zentralen Bürobereich in W. (nicht aber
bei der T.) beschäftigt, anzweifelte. Seinem Vortrag im sozialgerichtlichen Verfahren, in Kopie beigelegt, hat der
Kläger noch einen Vermerk der bei den Strafverhandlungen jeweils anwesenden M. vom 28.08.1998, gedacht offenbar
zum Gebrauch des Amtsgerichts - Strafgericht - R., sowie die Kopie eines vom 03.12.1998 datierten Fax der M. für
die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht B-Stadt (Gz: Ns 212 Js 6289/98). Zusammengefasst bekräftigt sie
darin die Darstellung des Klägers. Ende 1993/Anfang 1994 sei er wegen seiner privaten Probleme auch beruflich ins
Schlingern gekommen und als Wochentourfahrer gar nicht mehr einsatzfähig gewesen. Ab Dezember 1994 habe er
sich wieder normalisiert und in der T. eingestellt werden können. Was die Zeit vom November 1996 bis Juli 1997
betreffe, sei der Kläger ebenso wie die mit ihm für die betrieblich-berufliche Einzelanpassungsmaßnahme
vorgesehene Mitarbeiterin S. L. irrig der Meinung gewesen, dass diese "mit Absegnung des Arbeitsamts P. ihren Lauf
nahmen". Die an den Kläger vom Arbeitgeber geleisteten Zuzahlungen in Höhe von monatlich 1.439,97 DM "wurden
lediglich über Spesengeld abgerechnet, was erlaubt war" (Zitate aus dem Vermerk vom 28.08.1998, in Kopie dem
Schriftsatz an das SG als weitere Anlage beigefügt).
Das Landgericht B-Stadt (212 Js 6289/98) hat die Mitarbeiter der Firma C. G., C., B., sowie S. L., POK A. von der
Polizeiinspektion G., vom Arbeitsamt B-Stadt die Mitarbeiter F., S. und G., vom Arbeitsamt B-Stadt die Mitarbeiterin
L. und außerdem den früheren Ehemann von M., R., vernommen. Nach Einvernahme des Zeugen R. sowie der
Zeuginnen L., G., B. und C. kam es auf Antrag des Staatsanwalts zur Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des
zweiten Anklagepunktes (betreffs November 1996 bis Juli 1997), woraufhin die Berufung im Übrigen zurückgezogen
wurde und das Gericht mit noch in der Verhandlung am 02.12.1998 verkündetem Beschluss feststellte, dass der
Angeklagte wegen eines Vergehens des Betrugs zu einer Einzelfreiheitsstrafe von vier Monaten mit Bewährung
verurteilt sei.
Das SG hat die Klage gegen die Bescheide vom 07.01.1998 und 16.03.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 12.08.1998 als unbegründet abgewiesen. Es hat die Ausführungen des Klägers sämtlich für nicht geeignet
angesehen, um die sich aus den vorliegenden Materialien und im strafgerichtlichen Verfahren gemachten
Zeugenaussagen aufdrängenden Schlussfolgerungen auf eine Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung des
Klägers während der Zeit vom 24.02.1994 bis 30.11.1994 und über den 15.11.1996 hinaus ernsthaft in Frage zu
stellen. Hierzu sei insbesondere auf die Ausführungen des Amtsgerichts B-Stadt im Urteil vom 01.09.1998 zu
verweisen.
Der Kläger hat am 19.02.2001 Berufung eingelegt. Es werde beantragt, eine Vernehmung der Zeuginnen M., G. und B.
nachzuholen. In der teilweisen Rücknahme der Berufung vor dem Landgericht B-Stadt könne kein Eingeständnis eines
Beschäftigungsverhältnisses im Jahre 1994 seitens des Klägers (dort Angeklagten) gesehen werden. Die angeblichen
Auszahlungen im Jahr 1994 seien nicht erfolgt. Im März 1994 habe die Firma dem Kläger zwar - wie aus den dem
Kläger im Strafverfahren vorgelegten Diagrammscheiben ersichtlich -, für drei Tage, nämlich vom 22.03. bis
24.03.1994, einen LKW ausgeliehen, dies aber nur für seinen privaten Umzug. Man könne auch nicht sagen, dass es
dem Kläger wegen des ihm aus privaten Gründen aufgenötigten Umzugs im fraglichen Zeitraum 1994 an der für das
Arbeitsamt notwendigen Erreichbarkeit gefehlt habe. Bei der von ihm ins Verfahren eingebrachten Wohnsitznahme in
L. habe es sich nur um einen Zweitwohnsitz gehandelt, wo er sich gelegentlich aufgehalten habe. Dass der Kläger
1996/97 arbeitslos und nicht beschäftigt gewesen sei, könnten die ehemaligen Arbeitskolleginnen und -kollegen L., Z.
und A. M. sowie der seinerzeitige Dienststellenleiter von P., F., als Zeuginnen bzw. Zeugen bekunden.
Im Lauf des Verfahrens übertrug er seine Prozessvertretung Rechtsanwältin B. aus B-Stadt.
Mit Erörterungs- und Beweistermin vom 18.09.2008 sind als Zeuginnen bzw. Zeugen (z. T. zum wiederholten Mal) die
ehemaligen Kolleginnen B. (jetzt: C.), L., C. (jetzt: R.) und L. (früher: Z.), des Weiteren die Inhaberin und
Geschäftsführerin M. und der seinerzeitige Dienststellenleiter F. einvernommen worden.
In der mündlichen Verhandlung beantragt die nunmehrige Prozessbevollmächtigte, das Urteil des Sozialgerichts
Landshut vom 11.01.2001 sowie die Bescheide der Beklagten vom 07.01.1998 und 16.03.1998 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12.08.1998 aufzuheben.
Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
M. habe offensichtlich grundsätzlich für einen vorübergehenden Zeitraum nach ihrem Bedarf bei voller Weiterarbeit
des jeweiligen Mitarbeiters - hier des Klägers - eine Teilung der für diesen anfallenden Personalkosten erwartet, dass
die Beklagte die eine Hälfte des Einkommens einschließlich der Sozialabgaben über das Arbeitslosengeld übernehme,
der Arbeitgeber den Rest steuerfrei über Spesen und Überstunden abrechne.
Der Senat hat bezüglich des Klägers die Akten des SG Landshut, die Leistungsakten der Beklagten und die Akten der
Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht B-Stadt (Az.: 212 Js 6289/98 (die kopiert wurden)), dazu zu dem
Unternehmenskomplex M. im weiteren Sinn aus der Sozialgerichtsbarkeit aus abgeschlossenen Verfahren die
Berufungsakten R. S. (L 8 AL 46/01) und A. M. (L 9 Al 61/01) und schließlich noch die Akten der Staatsanwaltschaft
P. in der Strafsache der M. M., (212 Js 9044/97) beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen wird auf
den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft und form- wie fristgerecht eingelegt, jedoch
unbegründet.
Das SG hat die Klage gegen die Bescheide vom 07.01.1998 und vom 16.03.1998 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12.08.1998 zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte hat zu Recht die
Bewilligung des Alg für die Zeit vom 24.02.1994 bis 30.11.1994 und ab 16.11.1996 zurückgenommen und die
Erstattung des dem Kläger für die Zeit vom 24.02.1994 bis 30.11.1994 und vom 16.11.1996 bis 29.07.1997
geleisteten Alg angeordnet.
Da die Voraussetzungen nicht nur für die Bewilligung des Alg durch den Bescheid vom 27.12.1996 ab 16.11.1996 von
Anfang an fehlten, sondern, - wie sich aber erst anlässlich der Auswertung des Zentralcomputers der Firma C. am
04.12.1997 durch die KPI S. herausstellte -,auch für die Bewilligung des Alg ab 24.02.1994 durch den Bescheid vom
17.03.1994 von Anfang an nicht vorhanden waren, waren die Bewilligungen für beide Zeiträume bereits bei ihrem
Erlass rechtswidrig und nach der Bestimmung des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - (i. V. m. § 152
Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz) zurückzunehmen (vgl. für das SGB III Bundessozialgericht (BSG) vom 20.10.2005
SozR 4-4300 § 119 Nr.3 Rz. 14, 15). Maßgeblich für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) waren in den streitigen
Zeiten 1994 und 1996/97 noch die Bestimmungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG).
Auch im AFG hatte nach § 100 Abs. 1 Anspruch auf Alg u.a. nur, wer arbeitslos ist. Arbeitslos ist nach § 101 Abs. 1
Satz 1 AFG ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine
kurzzeitige Beschäftigung ausübt. Nach § 101 Abs. 1 Satz 2 AFG gilt diese Grenze der Kurzzeitigkeit, die in § 102
AFG definiert ist, gleichermaßen, d. h. mit anspruchsausschließender Wirkung, für eine Tätigkeit als mithelfender
Familienangehöriger oder Selbständiger oder infolge einer Summierung mehrerer kurzzeitiger Beschäftigungen oder
Tätigkeiten. Kurzzeitig im Sinne des § 101 Abs. 1 AFG ist laut der Definition des § 102 Abs. 1 AFG eine
Beschäftigung, die (seinerzeitige Zeitgrenze) auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach
beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt ist, wobei gelegentliche
Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt bleiben. Im Umkehrschluss gilt nach § 102 Abs. 2 AFG, dass eine
Beschäftigung nicht kurzzeitig ist, soweit die wöchentliche Arbeitszeit u. a. zusammen mit der für die Ausübung
erforderlichen Vor- und Nacharbeit die Arbeitskraft des Beschäftigten in der Regel mindestens 18 Stunden wöchentlich
in Anspruch nimmt.
Zu vergegenwärtigen ist, dass, obwohl durch den hier maßgeblichen leistungsrechtlichen Tatbestand der (über
kurzzeitigen) "Beschäftigung" das durch Leistungen der Arbeitslosenversicherung gedeckte Risiko bestimmt wird (s.
BSG vom 22.09.1988 SozR 4100 § 101 Nr. 7, BSG vom 28.09.1993 NZS 1994, 140, 141), zwar die
anspruchsschädliche Zeitgrenze gesetzlich genau definiert ist, es sich nach der Rechtsprechung im Übrigen jedoch
um einen vergleichsweise weitgesteckten - anspruchsschädlichen - Tatbestand handelt, wie ihn das
Bundessozialgericht (BSG vom 09.02.2006, B 7a AL 58/05 R) definiert hat. Typisch und Kernpunkt eines solchen
anspruchsschädlichen Beschäftigungsverhältnisses ist, "dass Gegenstand des Verhältnisses gerade die Leistung
fremdnütziger Arbeit von wirtschaftlichem Wert im Rahmen eines wirtschaftlichen Austauschverhältnisses ist". Diese
weitgesteckte Definition des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses ist von der Rechtsprechung deswegen
entwickelt worden, um Manipulationen beim Alg-Bezug vorzubeugen.
1.
Was den Alg-Anspruch ab 16.11.1996 anbetrifft (Bewilligungsbescheid vom 27.12.1996), so hat der Kläger in der
seiner erstmaligen schriftlichen Äußerung vom 27.09.1997 folgenden Anhörung eingeräumt, dass er vom zeitlichen
Umfang her über die angebliche Kündigung zum 15.11.1996 hinaus nahtlos in einer normalen Vollzeit-Beschäftigung
für den Unternehmensverbund T. eingesetzt war, nämlich auch weiterhin mit dem Schwergewicht als LKW-Fahrer auf
genau geplanten Touren beim Abholen und Liefern von Computer-Hardware. Die für diesen Leistungszeitraum am
30.07.1997 in der Firma C. beschlagnahmten und in den Strafakten unter dem Stichwort "A. Aktuell" aufbewahrten
Diagrammscheiben weisen weite Fahrten in alle Richtungen des Bundesgebiets, auch nach Niederösterreich, zum Teil
über das Wochenende aus, wobei als Fahrtenausgangspunkt (montags) häufig, vor allem aber immer wieder als
Fahrtenendpunkt (freitags) die Firmensitze vom Kläger angesteuert wurden.
Es ist schon aus dem Charakter der gewohnten Tätigkeit des Klägers im Unternehmsverbund M. heraus festzustellen,
dass der Kläger einen Teil seiner Zeit auch in L. beschäftigt war, wo der Unternehmensverbund M., für den
anfallenden Computer- und Elektroniktransport seit Oktober 1993 rechtlich verselbständigt in der T. GmbH, schon seit
längerem neben dem Betriebshof in W. Räumlichkeiten vom früheren Ehemann von M. für Lager und Werkstatt
gemietet hatte, wo die Verkaufs- und Kommissionsware zwischengelagert werden konnte und die in zunehmendem
Maß zum Handelsgegenstand gemachten gebrauchten Computer (second-hand-ware) der Entsorgung oder in ihren
wiederverwendungsfähigen Teilen dem Weiterverkauf zugeführt werden konnten bis hin, so jedenfalls nach Angaben
der Zeugin M. vor dem Senat am 18.09.2008, zum professionell betriebenen wertschöpfenden Recycling von
Computer-Hardware aus nicht mehr gebrauchsfähigen elektronischen Geräten (wie bereits im aktenkundigen
Handelsregisterauszug ersichtlich).
Die Zeugenaussagen belegen den überkurzzeitigen, sogar vollzeitigen zeitlichen Umfang der Tätigkeit im Alg-
Leistungszeitraum seit 16.11.1996, wie auch die Tatsache, dass er die Tätigkeit eines normalen Arbeitnehmers, d. h.
eines abhängig Beschäftigten in Diensten des Unternehmensverbundes C./T. mit dem Hauptgewicht eines
weiträumigen Abholens und Auslieferns von Computer(teilen) auch in der Werkstatt oder im Lager. Die Feststellungen
beruhen auf den Aussagen der Zeuginnen B./C. und C./R., G., Z., L. und - hier als Zeugin - der Chefin M ... Dies alles
steht in vollständiger Übereinstimmung mit den am 30.06.1997 beschlagnahmten und der Beklagten (z. T. erst am
04.12.1997) zur Auswertung übergebenen Unterlagen. Speziell die Kalkulationen zur nunmehrigen Bezahlung des
Klägers zeigen eindeutig, dass der Unternehmensverbund M. (C./T.) sein ab 16.11.1996 auf den (steuer- und
sozialabgabenfreien) Betrag in vollen Monaten auf monatlich 1.423,17 DM bzw. ab 01.01.1997 1.439,97 DM
herabgesetztes Entgelt als Gegenleistung eines - seinerseits in zwei bürgerlich rechtliche Rechtspersonen
aufgeteilten - Arbeitgebers für die Arbeit des Klägers betrachtete, mit dem das dem Kläger ab 16.11.1996 von Seiten
der Beklagten als "zweitem Arbeitgeber" zufließende Alg auf den bisherigen Entgelt-(Netto)Status aufgerundet wurde.
Der Kläger war in dem Leistungszeitraum ab 16.11.1996 bis zur Einstellung der Leistungen ab 30.07.1997 und auch
darüber hinaus bis zu seiner Abmeldung als Arbeitsuchender an keinem Tag arbeitslos. Dies ist aber die zwingende
Voraussetzung für einen Anspruch auf Alg, so nach dem bis zum 31.12.1997 noch geltenden Arbeitsförderungsgesetz
§ 100 Abs.1 AFG (seither § 117 SGB III). Das heißt, der Bewilligungsbescheid vom 27.12.1996 war von Anfang an
rechtswidrig und die Aufgrund dieses Bescheides bezogenen Leistungen waren zu Unrecht bezogen.
Es waren auch die vertrauensschutzvernichtenden Tatbestände sowohl des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 (wie auch
darüber hinaus Nr. 3) SGB X gegeben, so dass die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 27.12.1997 nach § 152
Abs. 2 AFG ohne Ermessensbestätigung zurückzunehmen hatte. Der Kläger war durch das ihm gegen Unterschrift
ausgehändigte Merkblatt (Kopie in der vom Senat kopierten Strafakte 212 Js 6289/98) über die elementaren
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg, u. a. Arbeitslosigkeit mit deren Merkmalen sowie über seine
Mitteilungspflichten belehrt und dazu nochmals schriftlich im Antragsvordruck, deswegen mündlich anlässlich seiner
Arbeitslosmeldung am 14.11.1996 sowie der weiteren Vorsprachen am 17.03.1997 und 24.06.1997 befragt worden,
ohne seine fortgesetzte Tätigkeit für M. anzugeben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X), dies unter Unterdrückung
seiner - seinen eigenen Einlassungen immer wieder anzumerkenden - Zweifel über die Rechtmäßigkeit seines Alg-
Bezuges statt vollständiger Angaben und Befragung der Vermittlungs- und Leistungsstelle des Arbeitsamts.
Der seinerzeitige Dienststellenleiter der Arbeitsamtsnebenstelle P. F. hat sich in einer ersten, schriftlich vorgefertigten
Stellungnahme als Zeuge in der Polizeidienststelle P. am 19.06.1998 und nach Anklageerhebung durch die
Staatsanwaltschaft nochmals als Zeuge in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts B-Stadt am 01.09.1998 hierzu
geäußert. Die Mitarbeiterin F. habe den Kläger am Tag der Arbeitslosmeldung, dem 14.11.1996, an ihn weitergeleitet,
um ihn über mögliche berufliche Bildungsmaßnahmen zu informieren. Auf der Basis der Vorinformationen durch M.
über den geplanten Ausbau ihres Unternehmens und unter Abstellen auf die bisherige berufliche Tätigkeit und aktuelle
Situation des Klägers, der angegeben habe, nach Wiedererlangen des Führerscheins alsbald wieder beim bisherigen
Arbeitgeber eingestellt zu werden, habe sich als in einem Betrieb - notfalls auch beim bisherigen Arbeitgeber -
durchführbare Qualifizierungsmaßnahmen mit der Zahlung von Unterhaltsgeld (Uhg) an den Arbeitnehmer, wie sie im
Bereich "Berufliche Fortbildung" in § 41 Abs.2 a AFG aufgeführt sei, allenfalls eine "Maßnahme im Recycling von
Computer-Hardware mit EDV-Grundausbildung" angeboten.
Eine seit jeher als individuelle Förderung der beruflichen Bildung unter bestimmten Vorgaben auch als "Maßnahme"
beruflicher Fortbildung in einem Betrieb durch Leistungen der Beklagten an den Arbeitnehmer förderbare Weiterbildung
(s. Menard in Niesel, Rz.8 zu § 41 AFG) hatte neben der Einschränkung des § 43 Abs.2 AFG (keine Förderung bei
überwiegendem betriebsgebundenem, außer bei besonderem arbeitsmarktpolitischem Interesse, s. Menard in Niesel
Rz. 8 bis 12 zu § 43 AFG mit Hinweis auf § 13 AFG), um Missbräuchen vorzubeugen, seit 1989 in dem durch das 61.
AFG-Änderungsgesetz vom 20.12.1988 (BGBl. I 2343) eingeführten § 41 Abs. 2 a AFG eine zusätzliche
Einschränkung von der Zielsetzung her erfahren. Gefördert werden sollte von der Beklagten nur mehr die Teilnahme
an einer Fortbildungsmaßnahme in einem Betrieb, wenn die Maßnahme mit einer Prüfung im Sinne des § 46
Berufsbildungsgesetz oder der §§ 42 oder 45 Handwerksordnung abschloss oder die Vermittlung theoretischer
Kenntnisse nicht weniger als ein Viertel des Unterrichts umfasste.
Der Zeuge F. hat hierzu am 19.06.1998 gegenüber der Polizeidienststelle P. dargelegt und am 01.09.1998 in der
öffentlichen Sitzung vor dem Amtsgericht B-Stadt, bekräftigt, wie er den Kläger anlässlich dessen Arbeitslosmeldung
am 14.11.1996 (davor bei sonstigen Anlässen auch schon die Arbeitgeberin M.) über die Voraussetzungen beruflicher
Fortbildung nach den §§ 41 f. AFG i. V. m. den ergänzenden Bestimmungen der Anordnung FuU im Allgemeinen und
bei betrieblicher Durchführung im Besonderen unterrichtet hat. Danach hat er gegenüber dem Kläger insbesondere klar
herausgestellt, dass hier der Antrag vom Arbeitnehmer zu stellen ist, er auch Adressat der Förderungsleistungen (in
erster Linie Unterhaltsgeld) ist, wohingegen der Arbeitgeber einen zeitlich genau lokalisierten sowie inhaltlich
strukturierten und bis ins Detail einschließlich Angabe des zur Verfügung stehenden Lehrpersonals ausgearbeiteten
Bildungsplan auszuarbeiten und dann gemeinsam mit dem Arbeitnehmer einzureichen hat. Weder vom Kläger noch
von M. sind die notwendigen Unterlagen für eine Entscheidung der Verwaltung über die Förderung einer solchen
Bildungsmaßnahme eingegangen, noch hat der Kläger - laut Eintragungen in der Bewerberarbeitnehmerkartei Bewa -
anlässlich der seiner Arbeitslosmeldung folgenden Einladungen und Vorsprachen bei seiner Arbeitsvermittlerin
mitgeteilt, er befinde sich in einer betrieblichen beruflichen Bildungsmaßnahme bei der Firma C., so dass er
durchgehend als arbeitslos geführt worden ist.
Sowohl für den Kläger als auch für M. war erkennbar, dass ein Bescheid über die Bewilligung beruflicher betrieblicher
Förderung (wenn überhaupt solche stattgefunden hätten) nicht ergangen ist. Eine gesetzliche Grundlage für die
Leistung von Arbeitslosengeld zur Förderung betrieblicher Bildungsmaßnahmen hat es aber nicht gegeben.
Dass, wer über kurzzeitig, im Rahmen betrieblicher Berufsbildung (wenn eine solche überhaupt stattfindet) beschäftigt
ist, auch schon nach dem AFG nicht arbeitslos und damit nicht Alg-anspruchsberechtigt sein konnte, geht von
Gesetzes wegen aus § 100 Abs. 1 AFG i.V.m. § 101 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. 101 Abs. 1 Satz 1 AFG hervor (zur
betrieblichen Berufsbildung s. Brandt in Niesel, Rdz. 29, 30 zu § 101 AFG).
Es war auch nicht so, wie der Kläger zu vermitteln versucht, dass er zwar über den 15.11.1996 hinweg bei der Firma
C. voll weitergearbeitet hat, er aber annehmen durfte, dass es, gewissermaßen stillschweigend geduldet, nur
versehentlich und nicht ihm anzulasten lediglich rein formal nicht zum Antrag auf Gewährung von UhG und damit auch
nicht zur Bewilligung von Uhg (statt des Bezugs von Alg) ab 16.11.1996 gekommen sei, wie es den Formalien laut
Aufklärung durch Herrn F. an sich entsprochen hätte (so der Kläger z. B. in Ziffer 10 seines Schriftsatzes vom
29.09.1998 an das Amtsgericht B-Stadt- R. - nach Erhalt des Urteils vom 01.09.1998).
Konträr hierzu wird in den, dem Urteil des Senats zugrunde liegenden sozialverwaltungsrechtlichen und
sozialgerichtlichen Verfahren, auch in den aus Gründen der Parallelität und wegen generellen Bezugs zu den
Praktiken der Firma C. beigezogenen strafrechtlichen Akten kein Sachverhalt erkennbar, der eine Bewilligung von Uhg
an den Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum seit dem 16.11.1996 objektiv gerechtfertigt hätte bzw. auch nur
hätte nahelegen können, schon gar nicht den einer gesetzmäßigen Absprache aller Beteiligten über einen
einstweiligen Ersatz von Uhg durch Alg hätte annehmen lassen können.
Uhg als eine den Lebensunterhalt sichernde sozialversicherungspflichtige Lohnersatzleistung wurde nach den §§ 44,
47 AFG Teilnehmern an Maßnahmen der beruflichen Fortbildung oder Umschulung, ab 01.01.1998 nach dem Dritten
Buch Sozialgesetzbuch in §§ 77 f. SGB III gewährt, soweit bestimmte Bedingungen in der Person des Teilnehmers
selbst und in der angebotenen Maßnahme erfüllt sind und diese unter Kontrolle der Beklagten war. Inhaltlich sind
dabei die der Beklagten mit der aktiven Arbeitsförderung generell aufgetragenen Zielsetzungen und damit auch die für
die Förderungsfähigkeit von Teilnahmen an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung vorgegebenen
Anknüpfungspunkte weitgehend gleichgeblieben (vgl. §§ 41, 47 AFG, § 87 SGB III). Es blieb Rechtsprechung und
Kommentarliteratur überlassen, aus den Anforderungen, die vom Gesetzgeber im Lauf der Jahre an die
Förderungsfähigkeit einer Weiterbildungsmaßnahme gestellt oder auch gerade nicht gestellt werden und wurden, eine
(Mindest)-Zusammenstellung der Eigenschaften herzuleiten, die einen Tatbestand überhaupt als Maßnahme der
Weiterbildung im Sinne der aktiven Arbeitsförderung ausweisen. Insoweit greift auch die heutige Kommentarliteratur
noch auf die Urteile des BSG vom 17.12.1974 (SozR 4100 § 41 Nr. 13) und vom 22.06.1977 (SozR 4460 § 2 Nr. 4),
zurück. Dazu meint Niewald (in Gagel, November 2003, Rdz. 10 zu § 86 SGB III): Weiterbildungsförderung könne nur
als Maßnahme erfolgen. Eine Maßnahme kennzeichne sich durch planmäßige Vermittlung bestimmter Kenntnisse
aufgrund eines vorher im Einzelnen festgelegten Lehrplans in einem vorher festgelegten logistischen (d. h. zeitlichen,
örtlichen) Rahmen. Der Lehrplan, durch den die Maßnahme nach Art und Dauer als Maßnahme beruflicher
Weiterbildung ausgewiesen werde, sei das kennzeichnende Merkmal. Dagegen sei nicht erforderlich, dass für die
Maßnahme ein besonderer Träger bestehe, der ausschließlich mit ihrer Durchführung befasst sei, oder dass sie in
eigenen Räumen oder mit eigenem Lehrpersonal durchgeführt werde.
Die Prüfung der Geeignetheit einer beabsichtigten Maßnahme konnte und musste unter Geltung des hier noch
anzuwendenden AFG nur im Rahmen der (seit dem 1. SKWPG ab 01.01.1994 als Ermessensentscheidung) zu
treffenden Einzelentscheidung über den konkreten Förderungsantrag desjenigen erfolgen, der eine von ihm
angestrebte berufliche Weiterbildung durch Teilnahme an dieser Maßnahme verwirklichen wollte (grundlegend BSG
vom 17.12.1975, BSGE 41, 113, 115 sowie BSG vom 27.01.1977, BSGE 43, 154, 137).
Wenn der Kläger einen derartigen Förderungsantrag gar nicht stellte, hält der Senat dies am ehesten für ein Zeichen
dafür, dass ein solcher Antrag in der gegebenen Situation aus seiner Sicht keine Aussicht auf Erfolg hatte, obwohl
(echte) betrieblich durchgeführte Bildungsmaßnahmen durchaus förderungsfähig sein konnten.
Gerade unter Geltung des AFG konnten individuelle Weiterbildungsmaßnahmen grundsätzlich (neben der
Erstausbildung von Lehrlingen) - noch ohne Verquickung mit einem verselbständigten Anerkennungswesen wie im
SGB III - auch in Betrieben durchgeführt werden, die nicht vorrangig als Bildungsträger am Wirtschaftsleben
teilnahmen, dies auch bei einzelnen eigenen Arbeitnehmern und konnten die Arbeitnehmer dabei Förderungsleistungen
der Bundesagentur erhalten (BSG vom 30.09.1975, SozR 4100 § 47 Nr. 14/S. 35, BSG vom 20.06.1978 SozR 4100 §
41 Nr. 34/S. 80, 84). Das 5. AFG-Änderungsgesetz vom 23.07.1979 (BGBl. I 1189) privilegiert, womit dies klargestellt
wird, durch Hinzufügung eines Absatz 5 zu § 44 AFG "Leistungen, die der Bezieher von Unterhaltsgeld 1. von seinem
Arbeitgeber wegen der Teilnahme an einer Maßnahme oder 2. aufgrund eines früheren oder bestehenden
Arbeitsverhältnisses ohne Ausübung einer Beschäftigung für die Zeit der Teilnahme erhält oder zu beanspruchen hat".
Solche Leistungen werden danach erst angerechnet bzw. nur angerechnet, soweit sie zusammen mit dem
Unterhaltsgeld das für den aktuellen Alg-Leistungssatz maßgebende Arbeitsentgelt übersteigen. Damit sollte nach der
Vorstellung des Gesetzgebers insbesondere die freiwillige Aufstockung des Unterhaltsgeldes durch Leistungen von
Arbeitgebern durch die Teilnahme von Mitarbeitern an beruflichen Bildungsmaßnahmen, einschließlich solcher von
den Betrieben selbst durchgeführter, ermöglicht werden (BT-Drucksache 8/2624 S. 23 "zu d"). Der neugeschaffene §
44 Abs. 5 Satz 1 AFG sollte wie der nachfolgende § 159 SGB III eine Beschäftigungspolitik ermöglichen, die unter
dem Schlagwort "Fortbilden bzw. Umschulen statt Entlassen" bekannt geworden ist. Der Arbeitgeber muss zwar für
die Zeit der Maßnahme der beruflichen Weiterbildung auf die normalen Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers
verzichten, sichert sich aber kostengünstig dessen (künftige) Arbeitskraft durch die Weiterbildung im Betrieb oder in
außerbetrieblichen Bildungseinrichtungen, wobei die Bundesagentur weitgehend die Qualifizierungskosten übernimmt,
während der Arbeitgeber lediglich die Differenz zwischen dem Uhg und dem bisherigen Nettoentgelt aufwendet.
Der Kläger hat aber, was ihm bewusst sein musste und ganz offensichtlich auch war, in dem streitigen Zeitraum ab
dem 16.11.1996 keine Weiterbildungsmaßnahme absolviert, weder eine solche, die den allgemeinen Anforderungen an
eine Weiterbildungsmaßnahme, noch gar eine solche, die den besonderen Anforderungen an eine betriebliche
Bildungsmaßnahme nach § 43 Abs. 2 und nach § 41 Abs. 2 a AFG, wie oben beschrieben, genügt hätte.
Es fehlt an jeglicher faktischen Grundlage für eine solche Annahme. Insbesondere ist nirgendwo, bis jetzt nicht, von
einem zielgerichteten, zeitlich gegliederten, durch theoretischen Unterricht und zwischengestaltete Praktika (nicht
gleichzusetzen mit dem bloßen Ausüben einer praktischen Arbeitsmarkttätigkeit, s. Menard in Niesel, Rdz. 17 zu § 41
AFG) und durch Benennung der für den theoretischen Unterricht und die Fachaufsicht verfügbaren Lehrkräfte
ausgewiesenen Lehrplan die Rede, anhand dessen die Dienststelle P. überhaupt hätte prüfen können, ob seitens der
Firma C. für den Kläger tatsächlich eine förderungsfähige und förderungswürdige Weiterbildungsmaßnahme geplant
oder überhaupt jemals im Gange war.
An dieser Stelle muss betont werden, dass die Aussagen des Zeugen F. in der Strafsache gegen den Kläger (212 Js
6289/98) vor der Polizeidienststelle P. am 19.06.1998 und in der Sitzung des Amtsgerichts B-Stadt - R. - am
01.09.1998 genauso wie die generellen Aussagen dieses Zeugen bezüglich der Zusammenarbeit mit der Firma C.
(anlässlich der staatsanwaltlichen Ermittlungen in der Strafsache M. am 31.03.1999 (Bl. 505 ff. in 212 Js 9044/97))
genau in diese Lücke stoßen: Die Voraussetzungen für die Förderung einer betrieblichen Bildungsmaßnahme, - in
erster Linie durch die Gewährung von Uhg an den Arbeitnehmer -, wie sie auch einige Male bei der Firma C.
vorgenommen worden sei, und die Aufklärung hierüber. Von nichts anderem war auch in diesem Verfahren die Rede.
Soweit der Zeuge im Termin vor dem Senat am 18.09.2008 in Demonstration der umfassenden Aufklärung, die er Frau
M. generell im Lauf der Zeit gegeben haben will, auf Eingliederungshilfen für Arbeitnehmer zu sprechen kommt, sind
dies, ob als Eingliederungsbeihilfe nach § 54 AFG i. V. m. § 20 ff. AFdA oder als Einarbeitungszuschüsse nach § 49
AFG i. V. m. § 25 ff. AFuU Leistungen an die bzw. Subventionierungen der eingliederungs- oder auch
einarbeitungswilligen Arbeitgeber, die auch die entsprechenden Anträge stellen müssten. Dies kann hier völlig außer
Betracht bleiben, insbesondere sind die Aussagen des Zeugen F. zur betrieblichen Weiterbildung und seiner
Aufklärung des Klägers anlässlich dessen Arbeitslosmeldung am 14.11.1996 zu deren Voraussetzungen nicht in
Frage zu stellen.
Besonders deutlich wird die im Hintergrund stehende Unternehmensgeschichte einschließlich des Recyclingprojekts
von dem Kollegen des Klägers R. S. geschildert, der seit Mai 1996 als zusätzlicher - konstanter - LKW-Fahrer im
Unternehmensverbund M. (die Firma C. unterhielt gemäß den Angaben des Klägers und der Zeugin B. (C.) vor dem
Senat am 18.09.2008 zwei Lastwagen für den Führerschein Klasse 2 und zwei 2,8-Tonner) angelernt und angestellt
worden war und sich - trotz normaler Weiterarbeit - ab 01.05.1997 auf Weisung arbeitslos gemeldet hatte und nach
Beschlagnahme der Unterlagen des Betriebes in dieselbe Situation wie der Kläger geraten war, in dessen
Berufungsschriftsatz beim 8. Senat im Verfahren L 8 AL 46/01 vom 12.12.2001.
Von einem an einem zielgerichteten Lehrplan ausgerichteten Unterricht hat der Kläger in seinen vielfachen
schriftlichen und mündlichen Äußerungen nicht berichtet. Auch erschließt sich aus den beigezogenen
Diagrammscheiben, dass der Kläger in der Zeit ab seiner Arbeitslosmeldung (außer R. S.) als verantwortlicher Lkw-
Fahrer nach Bedarf auch jeweils über mehrere Tage bis zu einer Woche eingeplant war. Er hat dem hinzugefügt, dass
er sich, bei Gelegenheit, in einer Art Selbststudium mit dem Zerlegen von Computern beschäftigt hätte. Der Zeugin M.
in ihrer Aussage vor dem Senat zufolge haben "wir auch schon mit dem Zerlegen angefangen und das verwertbare
Material in Kisten gelagert". Dabei habe auch der Kläger mitgewirkt, als Fahrer, der auch schon mit dem Zerlegen und
Sortieren begonnen habe. Er habe auch in die EDV eingearbeitet werden sollen, um dies neuen Kollegen zu erklären
und das Projekt den Besuchern des Arbeitsamts am 04.03.1997 zeitweise mit erläutert. Sie habe auf grünes Licht
vom Arbeitsamt gewartet. Die Sache sei dann aber relativ bald von Seiten der Bundesagentur "eingeschlafen",
nachdem der Zeuge F. in Ruhestand gegangen sei.
Der Kläger antwortete auf das Anhörungsschreiben vom 03.09.1997 zu der Überzahlung von Alg seit 16.11.1996 mit
Schreiben vom 27.09.1997: Es sei wohl so, dass er seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei. Er habe darauf
gewartet, demnächst eine Weiterbildung zwecks Schaffens neuer Berufsbilder zu erhalten. Einmal habe er das Projekt
auch Besuchern des Arbeitsamts demonstriert. Warum es nie dazu gekommen sei, dazu müsse Frau M. befragt
werden. Das mit der Firma C. eingegangene Beschäftigungsverhältnis sei auf der Basis dieser "Wartehaltung" geführt
gewesen. Mit Schriftsatz an das Amtsgericht B-Stadt - Zweigstelle R. - vom 28.08.1998 anlässlich der Ladung für die
Verhandlung am 01.09.1998 führt er u. a. aus: Nach der ihm von seiner Chefin Frau M. gegebenen Erklärung über die
vorgesehene Weiterbildung und die auch tatsächlich so eingehaltene finanzielle Konstruktion habe er guten Glaubens
seine Arbeit weiter fortgeführt und sich nichts weiter dabei gedacht.
Der Senat hat hierzu auf Antrag der Klageseite noch als Zeugin Frau S. L. gehört, eine gleichfalls langjährige
Mitarbeiterin der Firma C., die laut einem in der Strafakte M. (Kopie dort Bl. 131) befindlichen Schreiben vom
03.11.1997 an das Arbeitsamt bei diesem Projekt für eine Weiterbildung zur "Date-Base-Managerin" vorgesehen war.
Die Zeugin L. gab vor dem Senat gleichfalls an, im Anschluss an die Arbeitslosmeldung am 14.11.1996 auf
Empfehlung der Zeugin M. und Vorstellung bei dem Zeugen F., der wie von M. gesagt, über deren Plan informiert
gewesen sei, ihre bisherige (Büro)tätigkeit weiterhin wechselweise für W. und L. ausgeübt zu haben. Sie habe sich,
lediglich aus verschiedenen Quellen finanziert, aber nicht für arbeitslos gehalten. Sie habe sich, wie wohl auch der
Kläger, als in einem Schwebezustand und Wartezustand befindlich empfunden. Als trotz Nachfrage keinerlei Antrags-
oder Vertragsvordruck gekommen sei, sei ihr die Sache dann doch etwas zu dubios geworden, so dass sie im März
1997 von sich aus gekündigt habe.
Im Strafverfahren gegen M. hat sich die Zeugin K. G., die in der Firma C. zur Großhandelskauffrau ausgebildet
worden war, anlässlich ihrer polizeilichen Einvernahme am 01.10.1997 als gleichsam zu dieser Thematik
Außenstehende, da nicht für eine Weiterbildung vorgesehen, geäußert: Sie habe keinerlei Unterrichtung der vom
Arbeitsamt B-Stadt für eine Förderung vorgesehenen Kolleginnen und Kollegen durch die Personen aus dem
Unternehmen gesehen, die als Unterrichter hierfür in Frage gekommen wären. Was den Kollegen H. (Kläger) und die
Zeugin L. betreffe, so habe sie ein Gespräch zwischen den Zeugen M. und F. etwa im September/Oktober 1996 mit
angehört, dass derzeit keine Mittel für eine Förderung übrig seien, eventuell jedoch im kommenden Jahr. Ihre
Aussage hat sie dann im Strafverfahren gegen den Kläger in der Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 01.09.1998,
nochmals als Zeugin befragt, bestätigt.
Nach dem Inhalt der gesamten Akten, die dem Senat aus Verwaltung, Strafjustiz und Sozialgerichtsbarkeit zur
Verfügung standen, bestehen keine Zweifel, dass der Kläger seit seiner Arbeitslosmeldung ab 16.11.1996 nicht nur
nicht arbeitslos war, sondern sich gleichfalls nicht als Teilnehmer irgendeiner Weiterbildungsmaßnahme fühlen konnte,
die zum Bezug von Uhg berechtigt hätte, wofür nur versehentlich der Antrag übersehen worden sei und dass er auch
nicht annehmen konnte, das er etwa mit stillschweigender amtlicher Duldung trotz Alg-Bezuges seine Tätigkeit für die
Firma C. fortsetzen könne wie bisher.
Zwar drängt der Inhalt der Akten (z. B. in der Strafakte M. 212 Js 9044/97), nämlich die Aussagen der tatsächlich
anschließend Uhg-Geförderten aus dem Lehrlingsjahrgang, der im Juni 1996 seine Ausbildung beendet hatte (s. z. B.
die Aussage des R. N. am 17.09.1998 auf Bl. 145), wie auch die Einvernahme des Zeugen F. vom 31.03.1999 im
selben Strafverfahren M. auf Bl. 505 ff., 509 oder gar die als einziges aktenkundiges Zertifikat über eine berufliche
Qualifizierung im Rahmen des Recycling-Projekts darin archivierte Bescheinigung über einen Deutsch-Lehrgang der in
L. geborenen deutschen Staatsbürgerin B. (C.) als "beruflich-betriebliche Einzelanpassung" vom 15.08.1996 bis
15.05.1997 (auf Bl. 647) den Eindruck auf, dass die Nebenstelle P. des Arbeitsamts B-Stadt im Hinblick auf den
Mangel an Arbeitsplätzen die Grenzen betrieblicher Weiterbildung zeitweise vergleichsweise locker gezogen hatte.
Eine zwischenzeitliche Überprüfung hat nach gleichfalls obigen Angaben des F. bei Förderungen nicht stattgefunden.
Der Senat glaubt jedoch dem Zeugen F., dass er um Förderung Nachsuchende, - bei betrieblicher Weiterbildung
mussten dies die Arbeitnehmer sein -, nicht im Zweifel darüber gelassen hat, dass die Förderung einer
Bildungsmaßnahme nicht einfach irgendwie im "Niemandsland" stillschweigend von statten gehen konnte, sondern
dass es dazu eines schriftlichen Antrags, einer Vorlage eines Maßnahmeplans und einer Zustimmung in Gestalt eines
schriftlichen Bewilligungsbescheides bedurfte, auch nicht darüber, dass, was sich im Fall des Klägers noch
erschwerend auswirkt, einen Anspruch auf Alg nur haben kann bzw. haben konnte, wer arbeitslos war. Der Kläger
machte auch nicht den Eindruck im Erörterungstermin wie in der Verhandlung, als ob er einen vom allgemeinen
Sprachgebrauch und dem von ihm ausgehändigten Merkblatt abweichenden Begriff vom Tatbestand der
Arbeitslosigkeit hat oder hatte. So hat er auch in dem Erörterungstermin vom 18.09.2008 nicht gesagt, er sei
arbeitslos gewesen, sondern, er sei von der Zeugin M. zum Arbeitsamt geschickt worden, um sich arbeitslos zu
melden zwecks Nachsuchens um Unterstützung für die von ihr vorgesehene berufliche Eingliederungsmaßnahme
Recycling (auf die er dann vergebens gewartet hat).
Er machte in den Schriftsätzen sowie im Erörterungstermin und in der Verhandlung den Eindruck, als ob ihm klar sein
müsse, dass es Situationen geben könne, in denen es zwischen im Übermaß kreativem unternehmerischen Handeln
und der Beachtung der Gesetze zum Konflikt komme und er sich dann auf eigenes Risiko entscheiden müsse.
Insoweit hat er, sogar anlässlich seiner Vorsprachen am 14.11.1996 sowie am 17.03. und 24.06.19997 den Irrtum der
Vermittlungsabteilung unterstützt, den Führerschein verloren, später den, keine Arbeit zu haben. So baute der
ursprüngliche Plan der Zeugin M., wie er im Schreiben vom 07.10.1996 an Rechtsanwalt H. zum Ausdruck kommt,
dem die Zeugin "viel Erfolg bei der Rücknahme dieses Einspruchs" wünsche, auf der so bewirkten Legitimierung einer
Kündigung des Klägers ab 01.11.1996 auf, wobei sie beim Schreiben an den Kläger vom gleichen Tage diesem unter
den geplanten Umständen durch die von ihr vorgesehene beruflich-betriebliche Anpassungsmaßnahme "weiterhin" die
Sicherheit "des Arbeitsplatzes, den er voll einnimmt, akzeptieren könne".
Der Kläger war also in der Zeit seit seiner Arbeitslosmeldung ab 16.11.1996 bei dem Umfang und der Art und Weise
seiner Tätigkeit für den Unternehmensverbund M. (T. GmbH) weder arbeitslos noch nahm er etwa auf irgendeine Art
und Weise an einer im förderungsrechtlichen Sinn als Weiterbildungsmaßnahme auffassbaren Maßnahme teil. Es
greift zu seinen Lasten die vertrauensschutzvernichtende Vorschrift des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr. 2 (falsche Angaben)
wie auch die Vorschrift der Nr. 3 des SGB X ein. Der Kläger hätte nach seiner eigenen Lebens- und beruflichen
Erfahrung die Rechtswidrigkeit der Bewilligung des Alg erkennen müssen und konnte sich auch nicht irgendwie auf die
Autorität der Zeugin M. und deren gute Beziehungen zum Leiter der Arbeitsamtsdienststelle P. verlassen.
2.
Die Bescheide vom 07.01.1998 und vom 16.03.1998 in Gestalt des sie zusammenfassenden
Widerspruchsbescheides des Arbeitsamts B-Stadt vom 12.08.1998 sind auch insoweit rechtmäßig, als darin die
Bewilligung des Alg an den Kläger für die Zeit vom 24.02.1994 bis 30.11.1994 (Bewilligungsbescheid vom 17.03.1994)
zurückgenommen und das geleistete Alg zurückgefordert wird, wie es in § 50 Abs. 1 SGB X für diesen Fall
vorgesehen ist.
Bezüglich des Verfahrensgegenstandes liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Zwar bedeuten die
zunächst im Bescheid vom 07.01.1998 vorgenommene Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vom 01.09.1994 bis
30.11.1994 und Rückforderung des für diese Zeit geleisteten Arbeitslosengeldes gegenüber der ursprünglichen
Anhörung vom 03.09.1997, als dem Kläger insoweit eine nachträgliche Anrechnung von Nebeneinkommen in Aussicht
gestellt wurde, eine Verschlechterung; das nunmehr für diesen Zeitraum zurückgeforderte Alg machte einen Betrag
von 4.126,20 DM aus, während für das als zu Unrecht erzielte Nebeneinkommen in diesem Zeitraum nur ein Betrag
von 2.916,12 DM angesetzt gewesen war. Der Kläger hatte aber während des Verwaltungsverfahrens und während
des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens ausreichend Gelegenheit, sich zu allen Tatsachen, auf die die Beklagte
sich stützt, zu äußern und hat davon auch in vollem Umfang Gebrauch gemacht, zumal parallel auch noch das mit
einbezogene Strafverfahren wegen Betrugs gegen ihn lief (vgl. zum rechtlichen Gehör Schütze in von Wulffen, Rz.16
zu § 41 SGB X).
Rechtsgrundlage des Bescheides vom 07.01.1998, auch soweit er die Zeit vom 01.09.1994 bis 30.11.1994 betrifft, ist
§ 45 SGB X, da die grundlegende Alg-Bewilligung mit dem Bewilligungsbescheid vom 17.03.1994 erfolgt war.
Die Grundvoraussetzung für die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 45 SGB X ist auch für
den Alg-Bewilligungsbescheid vom 17.03.1994 gegeben, der der Bewilligung und dem Bezug des Alg vom 24.02.1994
bis 30.11.1994 zugrunde lag. Der Kläger hatte nämlich in dieser Zeit keinen Anspruch auf Alg, da er nicht arbeitslos,
weil über kurzzeitig im Unternehmensverbund der Firma C. beschäftigt war.
Alle nur möglichen Hinweise sprechen dafür: Zunächst die ursprünglichen eigenen Äußerungen des Klägers und der
Zeugin M. anlässlich seiner weiteren Arbeitslosmeldung am 14.11.1996. In seinem Antrag gibt der Kläger als Tätigkeit
vor der Tätigkeit für die T. GmbH vom 01.12.1994 bis 15.11.1996 eine Tätigkeit als Verkaufsfahrer vom 02.11.1982
bis 30.11.1994 für die T. in W. an. Nach Angaben der im Strafverfahren M. polizeilich am 02.10.1997 als Zeugin
einvernommenen H. H., die im September 1993 eine Lehre als Bürokauffrau bei der Firma C. angetreten hatte, muss
es sich unter dieser Bezeichnung bei den verschiedenen Firmen des Unternehmensverbundes M. um die "T."
gehandelt haben (s. Bl. 94 in der Strafakte M. 212 Js 9044/97). Eine Beschäftigung des Klägers vor dessen offizieller
Verbindung mit der T. GmbH ab 01.12.1994 für die vorangehende Zeit vom 02.11.1982 bis 30.11.1994 in einer
Tätigkeit als Verkaufsfahrer gab auch die Zeugin M. anlässlich der Arbeitslosmeldung vom 14.11.1996 in der
Arbeitsbescheinigung vom 15.11.1996, ausgestellt für die seinerzeit seit 01.12.1994 letzte Arbeitgeberin, die T.
GmbH, an. In ihrem hausinternen Schreiben vom 07.01.1997, in dem sich die Zeugin M. mit der Weiterverwendung
des (zu diesem Zeitpunkt arbeitslos gemeldeten) Klägers ab 01.01.1997 beschäftigt, führt sie zudem ausdrücklich als
Grund dafür an, ihm eine hochwertigere Tätigkeit zu ermöglichen, er habe nunmehr überwiegend die
Außendiensttätigkeit durch Auslieferung, Abholung und Beratung vor Ort fast 15 Jahre durchgeführt. Wenn die Zeugin
M. dies und die vorgelegten Abrechnungen offenbar im Termin vor dem Senat am 18.09.2008 zu relativieren sucht,
indem sie darauf hinweist, dass sie 1994/95 in der T. GmbH eigentlich nichts zu bestimmen gehabt habe und über die
Tätigkeit des Klägers in dieser Zeit nichts selbst aus eigener Anschauung sagen könne, nimmt das Gericht ihr dies
nicht ab. Ein solches "Wegschauen" wäre im Hinblick auf die schon funktional vom Betriebsablauf her genau
durchdachten geschäftlichen Verbindungen zwischen der Einzelfirma C. und der T. GmbH bis hin zum teilweisen
Lohnsplitting (s. z. B. die Aussage der Zeugin G. vom 01.10.1997 vor der Polizei im Strafverfahren M. - Bl. 86 ff. der
Akten 212 JS 9044/97 - wie auch die Aussage der Zeugin M. selbst bei ihrer Beschuldigten-Vernehmung vor der
Polizei vom 22.10.1998 - dort Bl. 202/204 -). Auch war die Zeugin M. nicht nur bloß formale Prokuristin, die später
freilich zur Inhaberin auch der T. GmbH wurde, vielmehr lässt sich ein hoher Grad an Engagement gerade bei ihr
bezüglich der im Oktober 1993 gegründeten T. GmbH feststellen. Dies ergibt sich aus den Strafakten M. - dort Bl. 43
ff. -, als sie sich nach der Untersuchung und Beschlagnahme von Unterlagen im Betrieb am 30.07.1997 mit Schreiben
vom 05.08.1997 beim Amtsgericht beschwerte. Sie hält vor allem ihrer Person die Gründung der T. GmbH im Oktober
1993 mit eben den neuen Ideen, von denen sie sich soviel versprochen hatte, zugute (S. 5 des Scheibens).
Als Zeuginnen anlässlich der staatsanwaltlichen Ermittlungen in dem Strafverfahren M. beim Amtsgericht B-Stadt
(212 Js 9044/97), die bereits im hier gegenständlichen Zeitraum (1994) in der Firma C. beschäftigt waren, wurden
unter den vielen zu der Unternehmensführung Einvernommenen auch zur Tätigkeit des hiesigen Klägers H. polizeilich
befragt: am 25.08.1997 B., heute C. sowie am 01.10.1997 K. G ... Nach beider Vorbringen war der Kläger vom Anfang
ihres Eintritts in die Firma C. ohne Unterbrechung (ohnehin auch in der Zeit der Arbeitslosmeldung ab 16.11.1996)
ganz normal in Vollzeit mit den üblichen Freizeit- und Urlaubstagen als Kraftfahrer beschäftigt, der auch zeitweise in
der Werkstatt arbeitete.
Beide Zeuginnen haben ihre Aussagen zu den Tätigkeiten des Klägers in der Firma C. anlässlich des
Einzelstrafverfahrens gegen den Kläger (212 Js 6289/98) in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts B-Stadt am
01.09.1998 als Zeuginnen auf Vorhalt insgesamt und ohne Einschränkung bestätigt. Die Zeugin B. (C.), die nochmals
zum Erörterungs- und Beweistermin vor dem Senat am 18.09.2008 geladen war, hat ihre früheren Aussagen
anlässlich dieses Termins nochmals bestätigt, insbesondere auch glaubwürdig angegeben, woher sie die
entsprechenden Kenntnisse über den Betrieb hatte. Die ohnehin erst im Oktober 1994 in die Firma C. eingetretene
Zeugin O. Z., jetzt L., die gleichfalls zum Termin vor dem Senat geladen war, konnte beitragen, dass sie den Kläger
als Fahrer gesehen habe, ohne wegen der auseinander liegenden Tätigkeitsbereiche Genaueres über seine Tätigkeit
sagen zu können, also jedenfalls nichts bekunden, was die Aussagen der oben zitierten Zeuginnen irgendwie in Frage
gestellt hätte.
Durch die übereinstimmenden ursprünglichen Angaben des Klägers und der Zeugin M. als Inhaberin und Ausstellerin
der Arbeitsbescheinigung für die Firma T. GmbH anlässlich der Arbeitslosmeldung vom 14.11.1996 mit den Angaben
der schon seinerzeitigen Mitarbeiterinnen, insbesondere der Zeuginnen B. (C.) und G. in den gegen die Zeugin M. und
den Kläger gerichteten Strafverfahren (und der B. nochmals vor dem Senat) erhalten die anlässlich der
Durchsuchungen des Betriebes 1997 aufgefundenen Unterlagen über Ausgaben für den Kläger im Jahr 1994 ihre nicht
widerlegbare Bedeutung.
Anlässlich einer Auswertung der Festplatte des Zentralcomputers der Firma C. bei der KPI S. am 04.12.1997 wurden
dort festgehaltene Ausgaben für den Kläger für die hier streitigen Monate Februar bis November 1994 festgestellt:
Gleichbleibend als "Aufwandsentschädigung" ein monatlicher Betrag von 900,00 DM, als gleichbleibender
Stundensatz für in ihrer Anzahl monatlich sehr verschiedene "Überstunden" ein Betrag von 15,00 DM, so dass die
Ausgaben pro Monat für den Kläger durchaus unterschiedlich hoch waren. Bezeichnend dafür, dass dahinter eine
betriebswirtschaftliche Logik liegt, ist, dass in dem anlässlich der vorangekündigten Durchsuchung und
Beschlagnahme am 30.07.1997 gefundenen und ausgedruckten "Kassenbuch für Personalkasse", geführt vom
14.09.1994 bis 11.04.1995, der Kläger (ab 01.12.1994 wieder in Arbeit abgemeldet) für die Monate September,
Oktober und November 1994 für seine Person mit Gesamtausgaben (1.400,00 DM, 1.510,00 DM und 1.470,00 DM)
aufgeführt ist, die sich für diesen Zeitraum jeweils monatlich genau auch aus dem Zusammenrechnen der monatlichen
Aufwandsentschädigung mit den Überstundenzahlungen in den im Zentralcomputer der Firma C. am 04.12.1997
aufgefundenen Abrechnungen für den Kläger ergeben. Dabei kann bei der Art der Zusammenarbeit der Einzelfirmen
Computer C. und T. GmbH, auch der kalkulierten Aufteilung der Personalkosten, dahingestellt bleiben, welche
Ausgaben Tätigkeiten des Klägers im engeren Sinn für die T. GmbH und für die C. angesetzt werden können.
Auffallend ist die Ähnlichkeit mit den aktenkundigen Ausgaben-Konstruktionen, die sich die Zeugin M. später für die
Zeit der geplanten Arbeitslosmeldung ab 16.11.1996 ausgedacht hat.
Es spricht nichts dafür, dass der Unternehmensverbund M. den Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum 1994, bei
der Art des Betriebes und dem zugehörigen Fuhrpark wohl in erster Linie als Fahrer (und damit auch im Übrigen)
ersichtlich, gar nicht in Verwendung gehabt haben konnte. Die wegen sonstiger Fahrer (im Strafverfahren gegen die
Zeugin M.) befragte Zeugin G. wie auch die hierzu im Termin am 18.09.2008 vor dem Senat befragte Zeugin B. (jetzt
C.), konnten sich vor dem Eintritt des Zeugen R. S. im April/Mai 1996 als konstantem - zusätzlichem - Lkw-Fahrer
allenfalls an jeweils kurzfristig eingesetzte zusätzliche Lkw-Fahrer (ohne Namensnennung), nicht aber an ein
Ersetztsein des Klägers über einen langen Zeitraum erinnern. Auch der Kläger und die Zeugin M. nannten keine
Namen von zu diesem Beruf des längerem im Außendienst eingesetzten LKW-Fahrern. Im Gegenteil betont die
Zeugin M. in ihrem bereits zitierten hausinternen Schreiben vom 07.01.1997 die nunmehr so lange Tätigkeit des
Klägers von 1982 bis 1997 als Fahrer.
Der Senat hält nach all dem die zusammenhängend stimmigen Hinweise auf eine Fortsetzung der bisherigen über
kurzzeitigen (sogar vollzeitigen) Beschäftigung des Klägers als Fahrer für den Unternehmensverbund M., nach der
Arbeitsbescheinigung vom 01.03.1994 seinerzeit für die "Computer M. USED-NEW" über die offizielle Kündigung zum
18.02.1994 hinaus auch in der Zeit ab Arbeitslosmeldung und des Alg-Bezuges ab 24.02.1994 insbesondere im
Hinblick auf die langjährige Beziehung zwischen der Zeugin M. und dem Kläger für überzeugend.
Dabei lässt der Senat dahingestellt, welche Bedeutung den vom Kläger in seiner Strafsache in der Verhandlung vor
dem Amtsgericht B-Stadt unterschrieben bestätigten Diagrammscheiben über Fahrten von 17 km L.-W. am
22.03.1994 und zurück am 24.03.1994 sowie der Zurücknahme der Berufung durch den Kläger gerade wegen des
Betrugsvorwurfs für 1994 vor dem Landgericht B-Stadt am 02.10.1998 bei Einstellung des Verfahrens wegen Betrugs
im Zeitraum vom 16.11.1996 bis 29.07.1997 nach § 154 Abs. 2 StPO zukommen. Beschlagnahmt sind nur die
Diagrammscheiben von November 1996 bis Juli 1997. Der Zeuge R. S. hat in seinem Berufungsverfahren vor dem 8.
Senat des Bayer. Landessozialgerichts (L 8 AL 46/01) im Schriftsatz vom 12.12.2001 ausgeführt, dass beim
Übergang seines "normalen" Arbeitsverhältnisses in das eines - weiter seine Tätigkeit in der Firma C. voll
fortsetzenden - Alg-Empfängers mit zusätzlichem Entgelt seitens des Arbeitgebers auf "steuerfreier" Spesenbasis
vereinbart wurde, dass er in Benutzung des ihm überlassenen LKW auch abrechnungsmäßig gesondert
auszuweisende Privaterledigungen vornehmen könne. Wenn der Kläger angibt, er habe an diesen Tagen, vom 22.03.
bis 24.03.1994 (1996?) mit Genehmigung des Arbeitgebers als Privatmann mit Lkws der Firma seinen Umzug oder
Teile seines Umzugs vorgenommen, so lässt dies jedenfalls nicht den Schluss zu, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht
mehr Fahrer bei der Firma C. gewesen ist.
Aus der Absprache zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung vor dem Landgericht B-Stadt am
02.12.1998, die bei Rücknahme der Berufung gerade wegen dieses Anklagepunktes zu einer etwas milderen
Gesamtstrafe wegen eines Vergehens des Betrugs für 1994 von nur vier Monaten mit Bewährung bei Einstellung des
Verfahrens zu 1996/97 geführt hat, lassen sich für das sozialgerichtliche Verfahren keine zwingenden Schlüsse
ziehen, schon gar nicht der, dass der Kläger im streitigen Zeitraum 1994 nicht trotz Alg-Bezuges als gemeldeter
Arbeitsloser weiterhin über kurzzeitig als Fahrer im Unternehmensverbund M. beschäftigt war.
Die Einwände, die der Kläger, jedenfalls zum Teil unterstützt von der Zeugin M. ansonsten vorträgt, sind zu wenig
objektiviert und substantiiert, als dass sie die für den Senat aus den vorliegenden Tatsachen zwingend zu ziehende
Schlussfolgerung einer überkurzzeitigen Beschäftigung des Klägers auch im gegenständlichen Zeitraum 1994 in Frage
stellen könnten.
Bei der Scheidung des Klägers von seiner Ehefrau durch das Urteil des Amtsgerichts B-Stadt - Familiengericht - vom
09.03.1995 (Geschäfts-Nr. F 694/94) wurde festgestellt, dass die Parteien seit 21.02.1994 unter völliger Aufhebung
der häuslichen Gemeinschaft getrennt lebten. Der Kläger war, wie er selbst in seinem Schriftsatz gegenüber dem SG
vom 13.07.1999 vorträgt, von seiner früheren Ehefrau "vor die Tür gesetzt" worden und hatte (weiterhin beim
Arbeitsamt in W., A-Stadt gemeldet) jedenfalls vorübergehend Unterkunft in dem Anwesen S.Straße in T., L.,
gefunden, in dem die im Oktober 1993 gegründete Schwesterfirma der Einzelfirma C., die T. GmbH, ihren Sitz hatte.
Dass dies, wie er in dem gleichen Schriftsatz schreibt, dazu führte, dass er kurzfristig depressiv geworden sei,
regelmäßig Alkoholkonsum zu sich genommen habe und nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine Fahrertätigkeit so
wie bisher auszuüben, ist durch keine objektiven Unterlagen belegt. Der Kläger hat zudem in dem Antrag auf
Arbeitslosengeld vom 24.02.1994 verneint, dass ihm seine letzte Tätigkeit (als Verkaufsfahrer) aus irgendwelchen
Gründen überhaupt nicht mehr oder nur an bestimmten Tagen möglich sei, er hat auch generell jegliche
Arbeitsunfähigkeit und Einschränkung von seiner Gesundheit her verneint. Es ist für den Senat auch nicht vorstellbar,
dass er über einen so langen Zeitraum, nämlich des Alg-Bezugs vom 24.02.1994 bis 30.11.1994, seiner Arbeit im
Unternehmen M. nicht mehr nachgehen konnte, ohne dass auch solche Kolleginnen, wie den hierzu befragten im
kaufmännischen Bereich und in der Verwaltung beschäftigten Mitarbeiterinnen, die aufgrund ihrer Stellung im Betrieb
Einsicht in die Zusammensetzung der Mitarbeiterschaft haben mussten, dies in geringster Weise auffiel. Selbst von
der Chefin, der Zeugin M., liegen ursprünglich mehrmals schriftliche Äußerungen vor, dass der Kläger nunmehr (vor
der Planung ihrer neuen Eingliederungsmaßnahmen ab 1966/67) seit 1982 ununterbrochen als Fahrer im Außendienst
gearbeitet habe.
Für den Senat steht damit zur vollen Überzeugung fest, dass der Kläger auch vom 24.02.1994 bis 30.11.1994 einer
über kurzzeitigen Beschäftigung bei der Firma C. nachging und daher, weil nicht arbeitslos, zu Unrecht
Arbeitslosengeld bezog.
Er kann keinen Vertrauensschutz beanspruchen, diese in der Vergangenheit bewilligte Leistung, behalten zu dürfen.
Er hat anlässlich der Arbeitslosmeldung vom 24.02.1994 (wie auch anlässlich der Arbeitslosmeldung vom 14.11.1996)
unterschriftlich bestätigt, das Merkblatt für Arbeitslose mit der Aufklärung über die Voraussetzungen eines Anspruchs
auf Alg und über seine Mitteilungspflichten erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben und hat anlässlich beider
Anträge auch jegliche anderweitige Tätigkeiten oder Einschränkungen verneint. Er machte in seinen Schriftsätzen und
seinen festgehaltenen mündlichen Äußerungen im strafgerichtlichen und im sozialgerichtlichen Verfahren, und machte
auch im Erörterungstermin vom 18.09.2008 vor dem Senat nicht den Eindruck, als ob er nicht in der Lage wäre, bzw.
ihm nicht sogar geläufig wäre, was im allgemeinen Sprachgebrauch Beschäftigung und Nichtbeschäftigung oder auch
Arbeit und Arbeitslosigkeit bedeuten und wofür die Lohnersatzleistung Alg steht. Vielmehr ist er in einem von ihm
selbst zu verantwortenden Maße in die eigene Welt, auch Vorstellungswelt, seiner Arbeitgeberin, der Zeugin M., mit
eingetaucht, deren Risiken, gelegentlich mit den gesetzlichen Vorschriften in Konflikt zu kommen, ihm bewusst sein
mussten. Diese Vorschriften geben der Beklagten die Möglichkeit bzw. legen ihr seit Inkrafttreten des § 152 Abs. 2
und 3 AFG ab 01.01.1994 (nachfolgend § 330 SGB III) die Pflicht auf, zu Unrecht gewährte Leistungen auch für die
Vergangenheit zurückzuverlangen, wenn der Leistungsempfänger nach dem § 45 oder 48 SGB X nicht durch
Vertrauen geschützt ist bzw. danach ein vertrauensschutzvernichtender Tatbestand vorliegt.
Dies ist nach den oben ausgeführten Erkenntnissen des Senats der Fall. Sowohl der begünstigende Verwaltungsakt
vom 17.03.1994, auf dem die Leistungen vom 24.02.1994 bis 30.11.1994 beruhten, als auch der Bescheid vom
27.12.1996, auf dem die Leistungen ab 16.11.1996 beruhten, ist dadurch zustande gekommen, dass der Kläger
zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB
X). Auch hätte er, wie das Gericht seine Intelligenz und Kenntnisse einschätzt, die Rechtswidrigkeit der jeweiligen
Bewilligung erkennen können bzw. hat die entsprechende Erkenntnis seinerseits verdrängt, indem er sich - ohne
Zwang - schlichtweg den Definitionen seiner Arbeitgeberin unterworfen hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X).
Das Risiko, zu Unrecht erhaltene Sozialleistungen zurück erstatten zu müssen, trifft den Kläger, wie der Senat
durchaus erkennt, im gegebenen Fall vergleichsweise hoch. Es handelt sich aber, worauf der Kläger bereits schriftlich
hingewiesen worden ist, beim sozialgerichtlichen Verfahren gleichwohl nicht um ein Strafverfahren, sondern um die
Abwicklung des materiellen Ausgleichs für die Vergangenheit zwischen dem Leistungsempfänger und der Behörde,
wenn ein solcher sich nach dem Gesetz nicht mehr vermeiden lässt, welches speziell im Arbeitsförderungsrecht der
Beklagten hierbei kein Ermessen belässt.
Die der Behörde für die Aufhebung und Zurückforderung gesetzte Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X (die auch
bei Anwendung des § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB X gegolten hätte), kann hier nicht zugunsten des Klägers und damit zu
Lasten der Beklagten eingreifen, da die für die Aufhebung der Bewilligung des Alg durch den Bescheid vom
07.01.1998 maßgeblichen Tatsachen der Beklagten frühestens durch die Untersuchung des Betriebs der Firma C. am
30.07.1997 und die für die Aufhebung des Alg durch den Bescheid vom 16.03.1998 maßgeblichen Tatsachen
frühestens durch die Auswertung der zentralen Festplatte des Unternehmens M. am 14.12.1997 bekannt geworden
sind.
An der Höhe der streitgegenständlichen Aufhebung und Rückforderung konnte der Senat keinen Fehler finden. Es
bestand Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass der Bescheid der Beklagten vom 13.10.1998, mit dem diese die
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 3.009,98 DM zurückgefordert hat, nicht Gegenstand des
Verfahrens geworden ist. Das Alg war seinerzeit noch nach den sechs Wochentagen zu leisten (§ 114 AFG). Die
Zahlungsnachweise weisen demnach korrekterweise aus: vom 24.02.1994 bis 30.11.1994 einen Betrag von 240 x
52,90 = 12.696,00 DM, dazu vom 16.11.1996 bis 31.12.1996 39 Wochentage x 43,90 = ein Betrag von 1.712,10 DM,
schließlich vom 01.01.1997 bis 29.06.1997 einen Betrag von 180 Tagen x 43,20 = 7.776,00 DM. Insgesamt ist dies
eine Endsumme von 22.184,10 DM, wie sie die Beklagte vom Kläger zurückfordert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu (§
160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), noch weicht das Urteil des Senats von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des
Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab und beruht auf
dieser Abweichung (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG).