Urteil des LSG Bayern vom 19.09.2001

LSG Bayern: labor, vertragsarzt, disziplinarverfahren, diagnose, versorgung, behandlung, satzung, erfüllung, handschrift, richtigstellung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 19.09.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 42 KA 957/97
Bayerisches Landessozialgericht L 12 KA 141/99
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. Juli 1999 wird zurückgewiesen. II.
Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer von der Beklagten gegenüber dem Kläger verhängten
Disziplinarmaßnahme (Geldbuße in Höhe von 20.000,00 DM) wegen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten.
Der Kläger war im streitigen Zeitraum 1994 als Frauenarzt in München zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
An seinem Vertragsarztsitz, W.straße in München, war er zu dieser Zeit zusammen mit der Ärztin G. H. (H.) in
Praxisgemeischaft tätig. Personal- und Praxisausstattung wurden gemeinschaftlich genutzt. Zugleich betrieb der
Kläger eine Apparate-Laborgemeinschaft mit der Ärztin für Allgemeinmedizin, Dr.G. (G.), die mit dem Vertragsarztsitz,
B. Straße in München, zugelassen ist. Zusammen mit Dr. G. beschäftigte er eine gemeinsame Laborkraft.
Am 1. August 1995 stellte der Vorsitzende der KV-Bezirksstelle München Stadt und Land beim Vorsitzenden des
Disziplinarausschusses einen Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen mehrerer Verstöße des Klägers
gegen vertragsärztliche Pflichten in den Quartalen 2 bis 4/94. Der Kläger habe bei seiner manuellen Abrechnung in
den Quartalen 2 bis 4/94 Abrechnungsscheine zur Abrechnung vorgelegt, die weder ein Einlesedatum noch die
Unterschrift der Patienten aufgewiesen hätten. Er habe auch gegen seine vertragsärztlichen Pflichten in
Zusammenhang mit Überweisungen, die er an die Ärztin H. vorgenommen habe, verstoßen; er habe bei erhaltenen
Auftragsüberweisungen (Zielaufträge) die Aufträge unzulässig erweitert und er habe bei denselben Patienten dieselben
Laborleistungen am gleichen Tag wie die Ärztin G. abgerechnet, wobei die Aufträge hierzu von der Ärztin H. erteilt
worden seien. Auch seien durch den Kläger auf dessen eigenen Abrechnungsscheinen wie auch auf den von der
Ärztin H. kommenden Überweisungsscheinen bei "Zielauftrag" bzw. "Mit-/Weiterbehandlung" dieselben Leistungen am
selben Behandlungstag und bei denselben Patienten zur Verrechnung gekommen. Zudem seien für den Versand von
Untersuchungsmaterial innerhalb der Apparate- bzw. Laborgemeinschaft Kostenpauschalen abgerechnet worden.
Hinsichtlich der Tatvorwürfe wurden jeweils Beispielsfälle benannt und auf die vorgelegte Anlage Bezug genommen. In
der Anlage wurden Kopien der Abrechnungsausweise vorgelegt.
Auch gegen die Ärztinnen H. und G. war ein Disziplinarverfahren beantragt worden.
Der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter nahmen in Schriftsätzen vom 29. Septmber 1995, 10. November 1995
und 28. Mai 1996 ausführlich Stellung zu den Vorwürfen der KV und vertraten die Auffassung, der Kläger habe rein
fachlich keine Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten begangen und habe richtig abgerechnet. Es beständen
vielmehr in vielen Punkten unterschiedliche Rechtsauffassungen, die ggf. im Rechtsweg geklärt werden müssten.
In der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses am 8. April 1997 wurden die Disziplinarverfahren gegen
den Kläger sowie gegen die Ärztinnen H. und G. in Anwesenheit des Beratungsarztes Dr.L. gemeinsam verhandelt.
Mit Disziplinarbescheid vom 17. Juni 1997 wurde dem Kläger eine Geldbuße in Höhe von 20.000,00 DM auferlegt. Zur
Begründung wurde ausgeführt, auch wenn man die dem Kläger vorgeworfenen Verfehlungen im Zusammenhang mit
der Verwendung der Krankenversicherungskarte und der Abrechnung von Portoversandgebühren außer Acht lasse,
verblieben im Bereich Doppelabrechnung von Laborleistungen, Überweisungsverhalten und Auftragserweiterung
nachweisbare Verletzungen der vertragsärztlichen Pflichten, die sich nach Art und Ausmaß als schwerwiegend
darstellten. Die Ärztin H. habe vornehmlich als Zielauftrag gekennzeichnete "Blanko-Überweisungsscheine"
ausgestellt, die den Kläger nicht berechtigt hätten, darauf Leistungen zu erbringen und abzurechnen. Auf den meisten
Scheinen sei keine Auftragsdefinition angegeben. Damit sei das Gebot des § 21 Abs.7 Nr.1 Bundesmantelvertrag-
Ärzte (BMV-Ä) in der Fassung vom 1. Januar 1994 missachtet. Soweit der Auftrag "Urotube" gelautet habe, seien
nicht nur die Nrn.3885 und 3886 BMÄ/E-GO abgerechnet worden, sondern weitere Leistungen, was eine unzulässige
Auftragserweiterung darstelle. Es seien Zielaufträge der Ärztin H. an Labor mit Auftrag "Urotube" bzw.
"Rachenabstrich" bei demselben Patienten an demselben Tag vom Kläger und Dr. G. ausgeführt worden, wobei die
Nummerneintragungen dieselbe Handschrift aufwiesen. Es seien dieselben Leistungen am selben Behandlungstag bei
demselben Patienten sowohl auf eigenen Abrechnungsscheinen als auch auf den von der Ärztin H. zugewiesenen
Zielaufträgem vom Kläger abgerechnet worden. Auch verstoße das Überweisungsverhalten des Klägers, nämlich die
Weiterüberweisung von Patienten, deren Behandlung der Kläger aufgrund einer Überweisung eines Allgemein-
/praktischen Arztes durchgeführt habe, an die Ärztin H. zur Mit-/Weiterbehandlung gegen Gesetz und Vertragsrecht.
Zusammenfassend stellte der Disziplinarausschuss fest, der Kläger habe jedenfalls in den Bereichen
Doppelabrechnungen von Laborleistungen, Überweisungsverhalten und Auftragserweiterung seine vertragsärztlichen
Pflichten vorwerfbar nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt. Sein Verhalten habe gezeigt, dass er sich bewusst oder
gezielt über gesetzliche und vertragsärztliche Vorschriften hinwegsetze, um vermehrt unberechtigt Leistungen
abrechnen zu können. Es handle sich nicht etwa um Nachlässigkeit, sondern um gezieltes Vorgehen. Die
Verantwortung werde teilweise der KVB - unberechtigterweise - zugeschoben, wenn der Kläger argumentiere, dass die
KVB ggf. sachlich-/rechnerische Richtigstellungen hätte vornehmen müssen. Unrechtshandlungen würden aber
dadurch nicht rechtmäßig, dass sie nicht erkannt oder nicht rechtzeitig beanstandet oder korrigiert würden. Es könne
den Kläger auch nicht entlasten, dass in Teilbereichen, wie bei den Weiterüberweisungen und Abrechnung
gynäkologischer Leistungen bei Zielaufträgen "Labor" je Quartal prozentual relativ wenig Fälle zu beanstanden seien.
Zum einen seien in den übrigen Bereichen die Beanstandungen zahlreich, zum anderen sei disziplinarrechtlich das
Gesamtverhalten zu würdigen. Dies zeige, dass er unter Ausnutzung der Praxisgemeinschaft und der nach
Überzeugung des Ausschusses tatsächlich bestandenen Apparategemeinschaft auf vielfältige Weise versucht habe,
unberechtigt Leistungen abrechnen zu können. Im Bereich Laborabrechnung sei es z.B. signifikant, dass der Kläger
durch seine Hilfestellungen bei der Ausfüllung der Laborscheine der Ärztin H. und der Ärztin Dr. G. sowie bei
Überstempelungen der Laborscheine (Verteilung der Scheine zwischen ihm und Dr. G.) manipulierend auf die
Abrechnung Einfluss genommen habe. Sein Bevollmächtigter hätte selbst eingeräumt, dass er und Dr. G., nachdem
sie sich die Laborkosten teilten, auch die Zielaufträge geteilt hätten, d.h. die Scheine seien am Quartalsende
"zugeordnet" und entsprechend überstempelt (abgesehen von den versehentlichen Überstempelungen durch die
Halbtagskraft). Eine solche "Aufteilung" der Aufträge wäre aber nur bei einem Gemeinschaftslabor möglich gewesen.
Gegen die Grundpflichten des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes habe der Kläger in so
gröblicher Weise verstoßen, dass gemäß § 5 der Satzung als Ahndung das Ruhen der Zulassung in Betracht
gekommen wäre. Eine gröbliche Pflichtsverletzung könne je nach Lage des Falles nach § 95 Abs.6 SGB V zum
Entzug der Zulassung führen, der jedoch wegen des schwerwiegenden Eingriffes in das Grundrecht der Berufsfreiheit
nur unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgesprochen werden dürfe, wenn die Entziehung
das einzige Mittel zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung sei.
Man habe von der Anordnung des Ruhens der Zulassung abgesehen, weil es sich um die erste Disziplinarmaßnahme
gegen den Kläger handle, und der Kläger versprochen habe, die zugegebenen Fehler abzustellen und die
Praxisgemeinschaft mit der Ärztin H. mitt- festgestellten schwerwiegenden und insgesamt zahlreichen Verstößen als
Ahndung nur eine Geldbuße in der höchstmöglichen Höhe als noch angemessen in Betracht kommen können.
Dieser Bescheid wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. Juni 1997 zugestellt. Die dagegen erhobene
Klage ging am 27. Juni 1997 beim Sozialgericht München ein. Zur Begründung der Klage verwies der
Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst darauf, dass die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe hinsichtlich des
Einlesens der Krankenversicherungskarten und des Vorwurfes wegen der Abrechnung der Portokosten vom Vertreter
der KV in der Sitzung des Disziplinarausschusses nicht mehr aufrechterhalten würden und deshalb auch nicht mehr
Gegenstand des Disziplinarverfahrens seien. In dem Disziplinarbescheid werde nicht auf konkrete Verstöße des
Klägers gegen seine vertragsärztlichen Pflichten eingegangen, vielmehr sei dieser von unbelegten Behauptungen,
pauschalen Vorwürfen und Unterstellungen, die sogar über die Vorwürfe im Antragsschriftsatz der KV hinausgingen,
gekennzeichnet. Entscheidend sei jedoch, ob die Vorwürfe: - des rechtswidrigen Überweisungsverhaltens - der
unzulässigen Auftragserweiterung - der "Doppelabrechnung von Laborleistungen" gerechtfertig seien oder nicht. In der
dem Disziplinarausschuss vorgelegten Anlage seien sieben Fälle des rechtswidrigen Überweisungsverhaltens in drei
Quartalen aufgeführt. Nach Ansicht des Klägers handle es sich dabei aber nicht um Rücküberweisungen an die Ärztin
H., die Behandlung durch H. sei vielmehr ohne sein Zutun erfolgt und außerdem ärztlich veranlasst gewesen. Der
Vorwurf einer Ringüberweisung sei im Hinblick auf insgesamt 1.500 abgerechneten Fällen bei sieben Fällen völlig
abwegig.
Zur Auftragserweiterung seien insgesamt 187 Fälle vorgelegt worden, dabei solle es sich um unklare Zielaufträge
gehandelt gynäkologische Leistungen abgerechnet worden seien. Dem Kläger werde vorgeworfen, dass er von der
Ärztin H. in großem Umfang "Zielaufträge" Labor erhalten habe, bei denen der Auftrag nicht bzw. unklar definiert
gewesen sei und die er wegen der unklaren Auftragserteilung nicht hätte annehmen dürfen. Der Disziplinarausschuss
habe unberücksichtigt gelassen, dass die Ärztin H. nicht nur einen Überweisungsschein mitgeschickt habe, sondern
auch einen so genannten Laborbegleitschein "bakteriologische Untersuchungen" aus denen eindeutig die Art des
übersandten Materials, die Art und der Umfang des Untersuchungsauftrages sowie zusätzliche Informationen zum
Patienten hervorgingen. Aber auch ohne diesen Begleitschein seien die Aufträge eindeutig gewesen. Aus § 21 Abs.6
und 7 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 13 Abs.7 Nr.1 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä) ergäben sich
zwar besondere Verpflichtungen des auftraggebenden überweisenden Arztes, ein Behandlungs- oder
Abrechnungsverbot für den auftragsausführenden Arzt könne daraus jedoch nicht abgeleitet werden. Jedenfalls sei
aber eine stichpunktartige schriftliche Auftragsdefinition, z.B. "Urotube" oder "Rachenabstrich", für den
auftragsausführenden Arzt völlig ausreichend, um zu wissen, welche Maßnahmen bzw. Untersuchungen
durchzuführen seien, zumal eine mündliche Definition des auftragserteilenden, zudem in denselben Praxisräumen
befindlichen Arztes an den auftragsnehmenden Arztes möglich gewesen sei. Jedenfalls seien nach Auffassung des
Klägers die Zielaufträge keineswegs unklar, sondern mit "Urotube" klar definiert. Die Vorwürfe seien deshalb
unbegründet. Bei den zwölf Zielaufträgen, die eigentlich zum Gynäkologen hätten erstellt werden müssen, handle es
sich um irrtümliche Überweisungen, die vom Kläger nach Absprache mit der Ärztin H. nachträglich berichtigt worden
seien.
Der Vorwurf der Doppelabrechnung sei nach der Anlage in 38 Fällen erhoben worden. In allenfalls acht Fällen (bei
insgesamt 1.500 Fällen) sei es irrtümlich zu Doppelabrechnungen derselben Laborleistungen durch den Kläger und H.
gekommen. In allen anderen Fällen sei unterschiedliches Material untersucht worden.
Es könne keine Pflicht des Klägers konstruiert werden, die Abrechnungen der Ärztinnen G. und H. dahingehend zu
überprüfen, dass sie nicht seinen Abrechnungen widersprächen. Auch wenn der Kläger seinen Kolleginnen bei deren
Abrechnungen geholfen habe, bestehe diese Pflicht nicht.
Es sei festzustellen, dass der Disziplinarausschuss ganz offensichtlich nicht bemüht gewesen sei, die Richtigkeit der
von der KVB erhobenen Vorwürfe unter Berücksichtigung der konkreten Fälle, welche die KVB zum Beleg ihrer
Vorwürfe eingereicht habe, einerseits und der Einlassungen des Klägers andererseits zu überprüfen, sachlich und
konkret die Einzelfälle zu entscheiden und diese Entscheidungsgrundlagen in seinen Bescheid aufzunehmen, sondern
seine Aufgabe offensichtlich darin verstanden habe, gegen den Kläger eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen und
diese Disziplinarmaßnahme mit pauschalen Begründungen, völlig vagen Fallzahlen und unbewiesenen Vorwürfen zu
begründen. Der Kläger sei nach wie vor der Auffassung, dass alle an seinem Abrechnungsverhalten bzw. an seinen
Abrechnungsscheinen erhobenen Beanstandungen im Rahmen des Abrechnungsverfahrens zu klären seien, nicht
jedoch vor dem Disziplinarausschuss. Die KVB habe verschiedene ihrer Vorwürfe der Art nach im Laufe des
Disziplinarverfahrens zurückgenommen, von den restlichen blieben - wenn überhaupt - nur eine so geringe Zahl von
Fehlern des Klägers, dass sich diese im Promillebereich bewegten und nicht den Schluss auf ein disziplinarrechtlich-
relevantes Abrechnungsverhalten des Klägers zuließen.
Mit Urteil vom 20. Juli 1999 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Überzeugung der Kammer stehe fest, dass der
Kläger die mit den Ärztinnen G. und H. eingegangenen Kooperationen in einer erheblichen Anzahl hierfür geeigneter
Fälle dazu ausgenützt habe, um Leistungen, die durch ihn oder durch die Partnerinnen bereits erbracht worden seien,
in identischer Weise durch ihn oder eine der Partnerinnen noch einmal zur Abrechnung gelangen zu lassen. Auch
wenn man davon ausgehe, dass mehrfach abgerechnete Leistungen auch mehrfach erbracht worden seien, verbleibe
eine zweifache Erbringung und Abrechnung der gleichen Leistung, weil die zweite Erbringung nicht notwendig und
eindeutig unwirtschaftlich gewesen sei. Der Kläger habe mit der Art und Weise der Zuweisung der Patienten gegen
Überweisungspflichten verstoßen, da den Patienten die frei Arztwahl nicht gewährleistet worden sei und Zielaufträge
keine eindeutige Definition der Leistungen nach Art und Umfang enthielten, an die der ausführende Vertragsarzt
gebunden sei. Der Kläger sei Kopf und Lenker des errichteten Patientenzuweisungs- und Doppelabrechnungssystems
gewesen. An dessen Ergebnis sei er zumindestens im Verhältnis zur Ärztin H. aufgrund der Regelungen im
Praxisgeeinschaftsvertrag beteiligt gewesen.
Aber auch wenn man aufgrund einer isolierten Betrachtung der einzelnen Komplexe anstelle von Absicht lediglich eine
unsorgfältige Art und Weise der Leistungsabrechnung unterstellen würde, hätte der Vertragsarzt gegen seine
vertragsärztlichen Pflichten verstoßen. Der Kläger habe dabei für die Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten bei
Delegation von Aufgaben der Abrechnung auf Hilfspersonal ebenso einzustehen wie für eigene Tätigkeit.
Auch die Ermessensentscheidung zur Zumessung der Disziplinarmaßnahme erweise sich als fehlerfrei. Angesichts
der Intensivität der Pflichtverstöße und den Grad der Zumessungsschuld wäre nach Auffassung der Kammer auch
eine höhere Disziplinarmaßnahme in Gestalt des Ruhens der Zulassung in Betracht gekommen.
Die gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 22. November 1999 zugestellte Urteil eingelegte
Berufung ging am 13. Dezember 1999 beim Bayer. Landessozialgericht ein.
Zu ihrer Begründung trägt der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, im sozialgerichtlichen Urteil sei nicht ein
einziger Fall der Doppelabrechnung oder eines sonstigen fehlerhaften Verhaltens des Klägers konkret benannt. Aus
den KVB-Anlagen zum Disziplinarantrag sei jedoch ersichtlich, dass dem Kläger in 751 Fällen Pflichtverstöße
vorgeworfen würden. Da in etwa 100 Fällen ein und derselbe beanstandete Verhalten unter zwei Pflichtverstößen
abgehandelt werde, könne nur noch von etwa 650 Fällen geredet werden. Stelle man hierzu die Tatbestandskomplexe
"Krankenversicherungskarten" (291 Fälle) und "Portokosten" (92 Fälle) in Relation, dann zeige sich, dass bereits mehr
als die Hälfte der Fälle keine disziplinarrechtlich relevanten Fälle mehr seien. Bei den übrigen Fällen handle es sich
ebenfalls keineswegs um klare und absichtliche Pflichtverstöße, sondern um komplexe und schwierige
Abrechnungsfragen, für deren Klärung die sachlich und rechnerische Richtigstellung das richtige Forum wäre, nicht
aber ein Disziplinarverfahren.
Offensichtlich versuche die Beklagte mit der Menge der vorgelegten Fälle zu beeindrucken und habe sogar in den
Fällen den Vorwurf eines Pflichtverstoßes aufrechterhalten, in denen nach Auffassung ihres eigenen Fachberaters
kein Pflichtverstoß vorlag (beim Vorwurf der Annahme unklar definierter Aufträge und der Auftragserweiterung in 185
Fällen). Der Nachweis eines disziplinarrechtlich relevanten Fehlverhaltens könne nicht durch eine Gesamtschau oder
ähnliches erbracht werden, sondern einzig und allein durch eine Bezugnahme auf konkrete Einzelfälle. Erst dann,
wenn eine hinreichende Anzahl von konkreten Einzelfällen mit demselben zu beanstandenden Verhaltensmuster
vorliege und sich keine entlastenden Momente zugunsten des Vertragsarztes aufdrängten (wie z.B. Änderung des
Verhaltens aus eigenem Antrieb oder eigener Überzeugung), könne eine disziplinarrechtliche Ahndung in Betracht
kommen.
Analysiere man die beiden übrig gebliebenen Vorwürfe Überweisungverhalten/Auftragserweiterung (204 Fälle) und
Doppelabrechnung (164 Fälle), so zeige sich, dass in keinem Fall von bewussten oder fahrlässigen Pflichtverstößen
ausgegangen werden könne.
Beim fehlerhaften Überweisungsverhalten handle es sich um sieben Fälle. Von den sieben Vorwürfen seien nur fünf
zutreffend. Überweisungsschein eines anderen praktischen Arztes, nicht aber der Ärztin H. bei und kein
Rücküberweisungsschein des Klägers an H., so dass dieser Vorwurf nicht belegt sei. Auch bei der Patientin U. V.
liege keine Rücküberweisung vor. Auch bei den restlichen fünf Fällen liege in keinem Fall eine Rücküberweisung,
sondern lediglich eine Überweisung an "einen praktischen Arzt" zur weiteren Behandlung vor. Dass in fünf Fällen in
drei Quartalen die Patienten nicht wieder ihren ursprünglichen Hausarzt aufsuchten, sondern die Ärztin H., mit der der
Kläger eine Praxisgemeinschaft bilde, sei keinesfalls eine Häufigkeit, die den Vorwurf einer gezielten Rück- oder
Ringüberweisung rechtfertigen könne. Es sei alleine Entscheidung der Patientinnen, zu welchem Arzt sie gingen und
es gebe durchaus praktische Gründe, die für eine Inanspruchnahme der Ärztin sprächen, die in Praxisgemeinschaft
mit dem Kläger sei.
Der Vorwurf der Auftragserweiterung (185 Fälle) gliedere sich bei näherer Betrachtung in 131 Fälle, in denen der
Zielauftrag "Urotube" laute und 54 Zielaufträge, die mit Rachenabstrich, Darmabstrich, Hautabstrich etc. bezeichnet
worden seien. Bei diesen 185 Fällen handelt es sich ausschließlich um Scheine aus dem 2. Quartal 1994, die im
Rahmen der sachlich und rechnerischen Richtigstellung moniert worden seien. Im 3. und 4. Quartal seien solche
Auftragsdefinitionen nicht mehr beanstandet worden. "Urotube" sei ein eindeutiger Auftrag, dessen Annahme durch
den Kläger auch die Fachgutachter Dres.L. und B. im Verwaltungsverfahren für zulässig angesehen hätten. Dieser
Auffassung hätte sich auch der Berater Dr.S. angeschlossen. Dennoch habe die Beklagte diese Fälle ihrem
Disziplinarantrag zugrunde gelegt. Der Beklagten gehe es nicht um die sachliche Klärung von Abrechnungsfragen,
sondern darum, den Kläger, der aufgrund seiner O III-Laborberechtigung und sonstiger Zusatzqualifikationen innerhalb
seiner Fachgruppe einen Störfall darstelle, notfalls mittels Disziplinarmaßnahmen in das Fachgruppenschema zu
pressen. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, Labor-Begleitzettel entwickelt habe, der die Aufträge eindeutig
definiert habe.
In zwölf Fällen habe der Kläger tatsächlich gynäkologische Leistungen auf Zielaufträgen abgerechnet, weil er
übersehen habe, dass seine Kollegin H. ihm einen falschen Zielauftrag "Labor" statt "Mitbehandlung gyn." erteilt habe.
Es habe sich in allen zwölf Fällen um langjährige Patientinnen des Klägers gehandelt, die er regelmäßig
gynäkologisch betreut habe. Es sei lediglich die Abrechnung tatsächlich erbrachter Leistungen auf einem falschen
Schein erfolgt, durch den weder der Kläger einen Vorteil noch die Kassen einen Nachteil gehabt hätten.
Der Vorwurf der Doppelabrechnung beziehe sich auf insgesamt 164 Fälle: 1. Dieselben Laborleistungen vom Kläger
und Dr. G. am gleichen Tag aufgrund von Zielaufträgen der Ärztin-H. (19 Fälle). Von diesen 19 Fällen schieden 12
Fälle schon deshalb aus, weil auch nach Ansicht des Fachberaters Dr.L. hier keine Doppelabrechnung vorliege. In den
übrigen sieben Fällen habe tatsächlich eine Doppelabrechnung stattgefunden. Allerdings habe in sechs Fällen die
Ärztin H. einen doppelten Zielauftrag erteilt und der Kläger habe nicht gewusst, dass derselbe Zielauftrag auch der
Ärztin G. erteilt worden sei. Allerdings sei der Schluss auf eine Ringüberweisung unzulässig, von den sechs
Doppelabrechnungen, die auf einen Organisationsfehler zurückzuführen seien, seien vier im 2. Quartal 1994, zwei im
3. Quartal 1994 und keiner im 4. Quartal 1994 zu verzeichnen. Dies zeige, dass es sich um organisatorische
Probleme gehandelt habe, die alsbald beseitigt worden seien. Es sei gezielt darauf geachtet worden, solche Fehler zu
vermeiden.
2. Dieselben Leistungen auf Originalabrechnungsscheinen der Ärztin H. und auf Zielauftrag von H. (122 Vorwürfe).
Faktisch liege eine Doppelabrechnung der Nrn.3885 bis 3887 EBM vor, da der Kläger als Empfänger des
Abstrichmaterials und des Zielauftrages diese Nummern habe abrechnen dürfen, ohne zu wissen, dass auch H. diese
Nummern abgerechnet habe. Das SG habe zu Unrecht aus der Identität der Handschriften auf beiden
Abrechnungsscheinen ein positives Wissen des Klägers unterstellt. Diese Handschriften seien jedoch nicht die des
Klägers. Der Kläger habe auf Abrechnungsscheinen der H. nie Einträge vorgenommen oder H. irgendwelche Vorgaben
gegeben. Die Identität der Handschrift sei dadurch zu erklären, dass die Eintragungen vom gemeinsamen
Praxispersonal der Praxisgemeinschaft zwischen dem Kläger und H. vorgenommen worden seien.
3. Doppelabrechnung auf Originalschein M. und auf Zielauftrag an H. (23 Fälle). Hier handle es sich in 19 Fällen um
unterschiedliches Material, nämlich Vaginalabstrich und Urinabstrich etc. Auch hier habe der Fachberater die
Zulässigkeit der Abrechnung festgestellt. Bei den restlichen vier Scheinen lägen je zwei Überweisungsscheine mit
gleichem Datum und gleichem Material vor. Weshalb hier am gleichen Tag Laborleistungen einmal vom Kläger und
einmal von der Ärztin H. veranlasst worden sei, könne er nicht klären. Ihm habe diese Doppelüberweisung aber auch
nicht auffallen müssen.
Zusammenfassend stellt der Prozessbevollmächtigte des Klägers fest, als unklare Fälle blieben letztlich elf Fälle,
nämlich sieben Fälle der Abrechnung derselben Laborleistungen durch den Kläger und Dr. G. am gleichen Tag und
vier Fälle der Doppelabrechnung von dem Kläger und der Ärztin H. Der Vorwurf der Doppelabrechnung der Nrn.3885
bis 3887 EBM durch den Kläger und H. entfalle, weil sowohl der Kläger als auch Dr. G. als Auftragnehmer des
Zielauftrages hätten abrechnen dürfen. Ob auch die Auftraggeberin diese Gebührenziffern habe abrechnen dürfen, sei
im Rahmen dieses Verfahrens unerheblich. Der Vorwurf der Annahme unklarer Aufträge und Auftragserweiterung sei
nach der Stellungnahme der Fachberater nicht aufrechzuerhalten. Auch der Vorwurf der Abrechnung gynäkologischer
Leistungen auf Zielauftrag sei insofern nicht aufrechzuerhalten, als es sich bei sämtlichen zwölf Patientinnen um
langjährige Patientinnen des Klägers gehandelt habe, welche vom Kläger auch tatsächlich gynäkologisch behandelt
worden seien. In diesen zwölf Fällen sei lediglich irrtümlich durch ein Versehen des Praxispersonals auf den falschen
Abrechnungsscheinen abgerechnet worden. Inhaltlich sei die Abrechnung völlig korrekt gewesen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. Juli 1999 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 1997
aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, allein die vom Kläger eingeräumten Abrechnungsverstöße rechtfertigten die
Disziplinarmaßnahme bzw. würden den Weg für weitergehende Maßnahmen eröffnen, was aufgrund von erneut
festgestellten, schwerwiegenden Verstößen gegen vertragsärztliche Pflichten mittlerweile auch geschehen sei.
Im Disziplinarbescheid sei ausreichend darauf eingegangen worden, dass hinsichtlich der Krankenversicherungskarte
und der Portokosten der Vorwurf nicht aufrechterhalten werde und dass eine Doppelabrechnung von Laborleistungen in
Bezug auf gynäkologische Indikationen bei Überweisungen zur Mit-/Weiterbehandlung von H. an den Kläger nicht
eindeutig habe festgestellt werden können.
Zum Vorwurf des fehlerhaften Überweisungsverhaltens werde festgestellt, dass gemäß den Ausführungen des
Prozessbevollmächtigten des Klägers lediglich der Vorwurf der Rücküberweisung für fünf der sieben Behandlungsfälle
bestätigt werde. Anhand der in der Anlage beigefügten Kopien der übrigen zwei Behandlungsfälle sei auch für diese
der Vorwurf als berechtigt anzusehen. Ein Arztwechsel der Patientinnen auf eigenem Wunsch erscheine nicht
nachvollziehbar, ebenso die Einlassung, dass diese Überweisungsscheine lediglich der Information des praktischen
Arztes dienten (z.B. OP-Vorbereitung etc.).
Soweit der Kläger zum Vorwurf der Auftragserweiterung ausführe, dass es sich bei dem Vorwurf der unklaren
Zielauftragsdefinition "Urotube und ähnliches" ausnahmslos um Behandlungsausweise aus dem 2. Quartal 1994
handle und in den Folgequartalen diese Auftragsdefinition angeblich nicht mehr von der KVB beanstandet worden sei,
entspreche dies nicht den Tatsachen. Derartige Behandlungsausweise seien aus den Quartalen 3 und 4/94 mit
Schreiben vom 25. April 1995 an den Vertragsarzt zurückgegeben worden. Diese Behandlungsscheine seien vom
Kläger nicht wieder zur Abrechnung bzw. Geltendmachung eines Honoraranspruches im Rahmen des
Widerspruchsverfahrens eingereicht worden. Hinsichtlich der Beurteilung der Fachberater zum Auftrag "Urotube"
(Urineintauchnährboden/einfache Schnellkultur) sei festzustellen, dass nur die Bebrütung der Nährböden mit den
Nrn.3885 und 3886 oder 3887 EBM abgerechnet werden könnten. Sofern relevantes Keimwachstum festgestellt
werde, d.h. also nicht in allen Fällen, wären ggf. weitere Untersuchungen zur Charakterisierung der Harnwegserreger
denkbar, allerdings seien in diesem Zusammenhang die durch den Kläger überwiegend in Ansatz gebrachten
Laborleistungen nach den Nrn.4658, 4698, 4724 und 4736 EBM bei dem Zielauftrag "Urotube" als nicht sinnvoll bzw.
eindeutig als Auftragsüberschreitung anzusehen (vgl. auch Stellungnahme der Fachberater vom 16. Januar 1996 und
18. Januar 1996). Bezüglich der Ausführungen für den "O III-Materialbegleitzetteln" sei festzustellen, dass es sich bei
diesen um praxisinterne Formulare handle, die lediglich den laborinternen Ablauf erleichtern sollten, sie stellten jedoch
keine vertragsärztlichen Vordrucke dar.
Zum Vorwurf der Abrechnung gynäkologischer Leistungen bei einem Zielauftrag "Labor" sei festzustellen, dass die
betreffenden seien. Nach Abänderung durch den Kläger (statt: "Zielauftrag Labor" dann "Mit-/Weiterbehandlung" mit
dem Vermerk "n.A.H.") seien die Behandlungsausweise wieder zur Abrechnung eingereicht worden. Die
dem Vermerk "n.A.H.") seien die Behandlungsausweise wieder zur Abrechnung eingereicht worden. Die
Ausführungen, dass fälschlicherweise von der Ärztin H. Zielauftrag Labor statt Überweisung zur Mitbehandlung auf
dem Abrechnungsschein eingetragen worden sei, könne nicht nachvollzogen werden, da sich die gynäkologische
Behandlung der Patientinnen überwiegend über mehrere Behandlungstage im genannten Quartal erstrecke. Dieser
Sachverhalt sei Gegenstand im Widerspruchsverfahren 2/94 gewesen; mit bestandskräftigem Bescheid des
Widerspruchsausschusses vom 20. Juni 1996 sei die Rechtmäßigkeit des Ausschusses von der Honorierung durch
die Bezirksstelle bestätigt worden.
Die Behauptung, die Ärztin H. als Auftraggeberin sei allein für die doppelte Ausstellung von den
Überweisungsscheinen an den Kläger und die Ärztin Dr. G. verantwortlich und für den Kläger wäre dies nicht
erkennbar gewesen, sei nicht glaubhaft, da der Kläger sowohl im Disziplinarverfahren als auch vor dem Sozialgericht
bestätigt habe, seinen beiden Kolleginnen bei der Quartalsabrechnung "behilflich" gewesen zu sein. Im Rahmen dieser
Hilfestellung hätte die doppelte Geltendmachung von gleichen Leistungen auffallen und die Abrechnung somit dem
tatsächlichen Leistungserbringer, dem Kläger oder Dr. G., zugeordnet werden müssen. Gleiches gelte für die
Aussagen zur Doppelabrechnung Kläger/Ärztin H., wonach anhand der Handschriften auf den Behandlungsscheinen
nicht die Ärzte, sondern das gemeinsame Praxispersonal für die Mehrfachabrechnung gleicher Leistungen
verantwortlich gewesen sei oder aber jede der Ärzte die gleiche Untersuchung im Rahmen seines Fachgebietes
durchgeführt habe. Dies sei auch anhand der räumlichen Nähe der Ärzte innerhalb der Praxisgemeinschaft sowie der
gegenseitigen Informationspflicht der behandelnden Ärzte im Zusammenhang mit Überweisungen nicht
nachvollziehbar.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten mit zwei Leitzordnern-Anlagen zum
Disziplinarantrag, die Klageakte, Az.: S 42 Ka 957/97, und die Berufungsakte, Az.: L 12 KA 141/99, vor. Auf deren
Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht
eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 1997,
mit dem gegen den Kläger als Disziplinarmaßnahme eine Geldbuße in Höhe von 20.000,00 DM verhängt wurde, ist im
Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat deshalb zu Recht die dagegen erhobene
Anfechtungsklage abgewiesen. Gemäß § 78 Abs.1 Satz 2 Nr.1 iVm § 81 Abs.5 Satz 4 bedurfte es eines
Vorverfahrens nicht.
Rechtsgrundlage für den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 1997 ist § 81 Abs.5 SGB V iVm § 5 der Satzung der
Beklagten.
Der Sicherstellungsauftrag - d.h. der Auftrag des Gesetzgebers an die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) die
vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen und den Krankenkassen gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen,
dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (§ 75 Abs.1 SAtz
1 SGB V) - kann nur erfüllt werden, wenn die Kassenärztlichen Vereinigungen in bestimmten Fällen
Disziplinarmaßnahmen gegen ihre Mitglieder bei Nichteinhaltung der vertragsärztlichen Pflichten ergreifen können (§
81 Abs.5 SGB V). Im Rahmen dieser gesetzlichen Garantieverpflichtung haben daher die Kassenärztlichen
Vereinigungen die Aufgabe, die Einhaltung der den Kassenärzten obliegende Pflichten zu überwachen und einzelne
Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung von Disziplinarmaßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten
anzuhalten (§§ 75 Abs.2 Satz 2 und 81 Abs.5 SGB V). Als Disziplinarmaßnahmen gibt der Gesetzgeber in § 81 Abs.5
Sätze 2 und 3 SGB V je nach Schwere der Verfehlung Verwarnung, Verweis, Geldbuße bis zu 20.000,00 DM oder die
Anordnung des Ruhens der Zulassung bis zu zwei Jahren vor. Diesen gesetzgeberischen Auftrag hat die Beklagte in
§ 5 ihrer Satzung vom 1. April 1956 in der hier maßgeblichen Fassung von 12.November 1994 (Bayerischer
Staatsanzeiger Nr.6/1995) umgesetzt.
Die gerichtliche Überprüfung von Disziplinarmaßnahmen gemäß § 81 Abs.5 SGB V erfolgt in zwei Schritten. Die
Beurteilung über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung eines Pflichtverstoßes ist zu unterscheiden von der
Frage, ob und ggf. welche Rechtsfolgen dafür angebracht sind. Während die Tatbestandsvoraussetzungen des
Pflichtverstoßes gerichtlich voll überprüfbar sind, besteht bei der Auswahl der möglichen Disziplinarmaßnahme und
der Festsetzung ihrer Höhe ein Ermessensspielraum, so dass insoweit die Entscheidung gemäß § 54 Abs.2 Satz 2
SGG vom Gericht nur eingeschränkt nachzuprüfen ist (ständige Rechtsprechung des Senates, siehe zuletzt Urteil
vom 28. Juni 2000, Az.: L 12 KA 76/98 und BSG SozR 2200 § 368 m Nr.3).
Tatbestandsvoraussetzung für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme ist nach § 5 Abs.1 der Satzung, dass ein
Mitglied seine "vertragsärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt". Dieser unbestimmte Rechtsbegriff
ist vom Gericht voll nachprüfbar. Der Senat, der mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte
fachkundig besetzt ist, kommt nach eigener Überprüfung ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die dem Kläger zum
Vorwurf gemachten Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten gegeben sind.
Dem Kläger ist zuzustimmen, dass das zunächst beanstandete Verhalten im Zusammenhang mit der Verwendung
von Krankenversichertenkarten, die weder ein Einlesedatum noch die Unterschrift des Versicherten enthalten haben
sollen, sowie hinsichtlich der Abrechnung von Portokosten innerhalb der Apparate- bzw. Laborgemeinschaft mit der
Ärztin Dr. G. nicht mehr Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist und deshalb auch nicht als Verstoß des Klägers
gegen vertragsärztliche Pflichten gewertet werden kann. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers kommt es bei
der Bewertung des klägerischen Verhaltens nicht nur darauf an, in wievielen einzelnen Fällen dem Kläger ein
bestimmtes Fehlverhalten vorgeworfen werden kann, sondern es sind - wie es die Beklagte und das Sozialgericht
zutreffend vorgenommen haben - durchaus auch die Gesamtumstände in der Praxis des Klägers und die Art der
Zusammenarbeit mit den Ärztinnen H. und Dr. G. zu würdigen.
Dabei ist zunächst der Vertrag über eine Praxisgemeinschaft vom 26. Oktober 1992 zwischen dem Kläger und der
Ärztin H. zu berücksichtigen. Nach der Präambel dieses Vertrages vermietete der Kläger einen Teil seiner
Praxisräume an die Ärztin H., die auch berechtigt war, die Arzthelferinnen, Sprechstundenhilfen, Sekretärinnen und
sonstige Hilfskräfte in der Praxis des Klägers in Anspruch zu nehmen. Aus § 3 des Praxisgemeinschaftsvertrages
ergibt sich, dass zunächst kein weiteres Personal eingestellt wurde, sondern das vorhandene Praxispersonal des
Klägers von der Ärztin H. in Anspruch genommen werden durfte. Als Vergütung für die Überlassung der Praxisräume
und für die Dienstleistungen durch das Personal des Klägers waren 50 % der Jahreseinnahmen der Ärztin H. aus ihrer
vertrags- und privatärztlichen Tätigkeit, mindestens aber 60.000,00 DM pro Jahr in monatlichen
Vorausszahlungsbeträgen von 5.000,00 DM vereinbart. Die Praxisgemeinschaft begann zum 1. März 1993. Dies lässt
den Schluss zu, dass der Kläger bei Überweisungen an die Ärztin H. zu 50 % am Gewinn beteiligt war. Ein derartiges
Verhalten dürfte schon gegen § 22 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns in der Fassung vom 1. Januar 1994
verstoßen.
Das Vorbringen des Klägers im Verwaltungsverfahren, Klageverfahren und insbesondere im Berufungsverfahren
vermag die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht zu entkräften.
In dem angefochtenen Bescheid der Beklagten wird dem Kläger vorgeworfen, er verstoße gegen seine
vertragsärztlichen Pflichten, indem er Patientinnen, deren Behandlung er auf Überweisung eines Allgemein-
/praktischen Arztes durchgeführt habe, an die Ärztin H. zur Mit-/Weiterbehandlung weiterverwiesen habe. Die
entsprechenden sieben Überweisungsscheine finden sich in der Anlage 2 (roter Ordner). Die Beklagte wertete dies als
einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs.1 SGB V und die Grundsätze der §§ 21 Abs.3 Nrn.4
und 5 BMV-Ä sowie § 13 Abs.3 und 7 Nrn.4 und 5 EKV-Ä in der jeweils 1994 geltenden Fassung. Nach Auffassung
des Senats können die sieben beanstandeten Überweisungsfälle in den drei Quartalen 2 bis 4/94 bei Berücksichtigung
der Zahl der in diesen Quartalen insgesamt abgerechneten Fälle bei der Würdigung der disziplinarrechtlichen Ahndung
außer Betracht bleiben. Die Überweisung erfolgte in diesen Fällen an einen praktischen Arzt und erscheint auch z.B.
im Falle der Patientin E.S. (Fall Nr.183 der AOK Bayern in der Abrechnung des Klägers bzw. Fall Nr.25 der AOK
Bayern in der Abrechnung der Ärztin H.) zur OP-Vorbereitung vertretbar. Im Hinblick auf die dem Kläger
vorgeworfenen sonstigen Verstöße gegen vertragsrechtliche Pflichten, die alleine bereits die getroffene Maßnahme
rechtfertigen, sah der Senat deshalb von einer näheren Prüfung dieser sieben Fälle ab, zumal durch sie alleine der
Vorwurf einer Ringüberweisung nicht aufrechterhalten werden kann. Anders verhält es sich jedoch bei den weiteren
dem Kläger vorgeworfenen Verstößen gegen vertragsärztiche Pflichten.
So wurde ein Vorstoß gegen vertragsärztliche Pflichten in dem Verhalten des Klägers gesehen, bei unklar definierten
bzw. nicht definierten Laboraufträgen Laoborleistungen erbracht zu haben, deren Notwendigkeit sich aus der
definierten Auftragserteilung nicht ableiten lasse.
Nach § 21 Abs.7 BMV-Ä bzw. § 13 Abs.7 EKV-Ä in der im Quartal II/94 geltenden Fassung soll der überweisende
Arzt grundsätzlich die Diagnose oder Verdachtsdiagnose mitteilen. Er ist verpflichtet, auf dem Überweisungsschein zu
kennzeichnen, welche Art der Überweisung vorliegt. Bei Zielaufträgen ist die Definition der Leistungen nach Art und
Umfang (Angabe der Leistungsnummer oder der präzisen Leistungsbezeichnung) erforderlich. Der ausführende Arzt ist
an diesen Auftrag gebunden.
In der Anlage 2.1 finden sich 185 Zielaufträge aus dem Quartal 2/94, die alle von der sich in Praxisgemeinschaft mit
dem Kläger befindlichen Ärztin H. ausgestellt wurden. Sie wurden zunächst nur an "Labor" ausgestellt und trugen
weder ein Überweisungsdatum noch in den meisten Fällen einen Zielauftrag. Als Diagnose war zumeist (131 Fälle)
"Urotube" angegeben. Diese Überweisungsscheine nahm die Beklagte aus der Abrechnung des Klägers heraus und
sandte sie an ihn zurück. Dieser reichte diese Scheine wieder ein. Nunmehr befand sich auf allen Scheinen ein
Überweisungsdatum, das in der Regel mit dem Untersuchungsdatum des Klägers übereinstimmt. Die kurative
Überweisung war in allen Fällen durch den Zusatz "Gyn." ergänzt worden und lautete nunmehr "Labor-Gyn.". Die
Diagnose "Urotube" wurde mit einem Pfeil in die Zeile "Auftrag" verwiesen und dort neu eingetragen. Als Diagnose
wurde in der Regel nunmehr "Bakt. Untersuchung" eingetragen. Nach seinen eigenen Angaben hat der Kläger die
Überweisungsscheine nach Absprache mit der Ärztin H. selbst abgeändert. Eine derartige nachträgliche Abänderung
der Überweisungsscheine ist unzulässig und unbeachtlich, wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 25.
Oktober 1989, Az.: L 12 Ka 94/88, entschieden hat. Aus § 24 Abs.7 Nr.1 BMV-Ä bzw. § 27 Abs.7 Nr.1 EKV-Ä, die im
Wortlaut mit den im streitigen Zeitraum geltenden § 21 Abs.7 Nr.1 BMV-Ä bzw. § 13 Abs.7 Nr.1 EKV-Ä
übereinstimmen, ergibt sich nicht nur eine Verpflichtung des überweisenden Arztes, sondern auch die Bindung des
auftragannehmenden Arztes an den ihm erteilten Auftrag (BSG, Beschluss vom 13. Februar 2001, Az.: B 6 KA 64/00
B und SozR 3-2500 § 85 Nr.38 S.314). Der Kläger hätte als Gynäkologe deshalb die an "Labor" ausgestellten
Überweisungen überhaupt nicht annehmen dürfen. Er hätte die Konkretisierung der Überweisungsaufträge an
"Gynäkologe, Labor" und nähere Definition der Aufträge vor Durchführung der Leistungen beim auftraggebenden Arzt,
der ja für leicht erreichbar war, herbeiführen müssen. Eine nachträgliche Korrektur der Abrechnungsscheine ist auch
mit Zustimmung des Auftraggebers unzulässig.
Soweit der Kläger auf die Stellungnahme der gynäkologischen und urologischen Fachberater Dr.L. und Dr.B. Bezug
nimmt bzw. auf die Erklärungen des Fachberaters Labor, Dr.S. , so kann seinen Ausführungen ebenfalls nicht gefolgt
werden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass Dr.L. als Beratungsarzt in der mündlichen Verhandlung vor dem
Disziplinarausschuss persönlich anwesend war. Die Ausführungen dieser drei Fachberater befinden sich in den
Anlagen zum Disziplinarantrag und wurden deshalb dem Disziplinarausschuss entgegen den Ausführungen des
Klägers keineswegs vorenthalten. Bei der Bezeichnung "Urotube" handle es sich um eine Firmenbezeichnung für
einen Urineintauchnährboden. Die Bebrütung dieser Nährböden wird mit den Nrn.3885 bzw. 3886 oder 3887 BMÄ/E-
GO abgerechnet. Nachdem der Auftrag sowohl auf den ursprünglich eingereichten Abrechnungsscheinen als auch auf
den später vom Kläger korrigierten Abrechnungsscheinen eindeutig "Urotube" lautete, wäre die Untersuchungsleistung
"Urotube" mit dem Ansatz der Nrn.3885 bzw. 3886 und 3887 (BMÄ/E-GO) abgegolten. Weitere Untersuchungen durch
den Kläger bei der Auftragsdefinition "Urotube" sind deshalb eine Auftragsüberschreitung. Wenn Dr.S. in seiner
Stellungnahme vom 18. Januar 1996 ausführt, für die Folgeuntersuchung sei die Nr.4698 BMÄ/E-GO in Verbindung
mit Urinkulturen nicht gerechtfertigt und es kämen allenfalls die Nrn.4690 BMÄ/ E-GO oder stattdessen die Nr.4697
BMÄ/E-GO in Betracht, dies jedoch keinesfall immer, sondern nur wenn auf dem Eintauchnährboden konfluentes
Wachstum gewesen sei, so ließen sich entgegen der Auffassung des Klägers die tatsächlich auch bei einer
zulässigen Auftragsannahme vorgenommenen Abrechnungen in großem Umfang nicht rechtfertigen. Bei der klaren
Auftragsdefinition "Urotube" waren nur die Nrn.3885 bis 3887 BMÄ/E-GO gerechtfertigt. Für jede weitere Untersuchung
hätte es eines eigenen weiteren Auftrags bedurft. Soweit an den Kläger, der als Gynäkologe zugelassen ist,
Laboruntersuchungen von "Rachenabstrich", "Darmabstrich", "Hautabstrich" erfolgten, waren diese für den Kläger als
Gynäkologen als "Zielauftrag" nicht abrechnungsfähig. In diesen Fällen hätte sich zumindestens aus der Diagnose auf
den Überweisungsscheinen ein Zusammenhang mit einer Erkrankung, die in das Fachgebiet des Klägers fällt, ergeben
müssen. Stattdessen stand auch auf diesen Überweisungsscheinen nur "Bakt. Untersuchung".
Damit erweist sich der dem Kläger im Disziplinarbescheid gemachte Vorwurf gegen vertragsärztliche Pflichten
verstoßen zu haben, nämlich Aufträge überschritten zu haben, als zutreffend. Nach § 21 Abs.7 Nr.1 Satz 2 BMV-Ä
bzw. § 13 Abs.7 Nr.1 Satz 1 EKV-Ä ist der ausführende Vertragsarzt an den Auftrag gebunden. Dieser Auftrag lautete
in den meisten Fällen nur "Urotube".
Soweit dem Kläger in zwölf Fällen vorgeworfen wurde, gynäkologische Leistungen auf einem Zielauftrag "Labor" ohne
jegliche Auftragsdefinition abgerechnet zu haben, entspricht dieser Vorwurf auch nach den Einlassungen des Klägers
den Tatsachen. Es ist zunächst schon nicht sehr schlüssig, wenn der Kläger vorträgt, es habe sich bei diesen zwölf
Fällen um langjährige Patientinnen gehandelt, die er regelmäßig gynäkologisch betreut habe, wenn er dann seine
Leistungen nicht auf einem eigenen Abrechnungsschein abrechnete, sondern auf einem Überweisungsschein an
Labor. Dies widerspricht den Aufgaben eines Vertragsarztes, gewissenhaft und korrekt abzurechnen.
Auch der schwerwiegende Vorwurf, der Kläger habe auf den von der Ärztin Dr. H. empfangenen
Überweisungsscheinen Leistungen abgerechnet, die bereits von der Ärztin H. abgerechnet worden waren bzw. am
selben Tag ebenfalls von der Ärztin Dr. G. gleichfalls auf Überweisungsscheinen von der Ärztin H. abgerechnet
wurden, ist zutreffend. Als Anlage 3 a lagen dem Disziplinarantrag der Beklagten 19 Fälle vor, bei denen auf von der
Ärztin H. ausgestellten Überweisungsscheinen bei denselben Patienten am selben Tag dieselben Laborleistungen
durch den Kläger und durch Dr. G. abgerechnet wurden. Hier hat der Disziplinarausschuss ausdrücklich festgestellt,
dass es sich bei den Zielaufträgen der Ärztin H. an "Labor" ohne gezielten Auftrag um eine rechtswidrige
Leistungserbringung und Abrechnung gehandelt habe. Nur soweit eine Überweisung der Ärztin H. an Gyn. zur Mit-
/Weiterbehandlung erfolgt sei, könne anhand der Diagnose-Eintragungen eine Doppelabrechnung im Bezug auf die
gynäkologische Indikation nicht eindeutig festgestellt werden. Hier habe der Kläger die auf seinem Fachgebiet
notwendigen Laboruntersuchungen durchführen und Dr. G. weitere, von der Ärztin H. für erforderlich gehaltene und in
Auftrag gegebene Untersuchungsleistung erbringen dürfen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese zulässige
Abrechnung von gynäkologischen Laborleistungen durch den Kläger an demselben Tag, an dem auch Dr. G. für
nichtgynäkologische Laborleistungen dieselben Gebührenordnungspositionen abrechnete, in zehn, elf oder zwölf
Fällen zulässig war, auf jeden Fall erfolgte auch nach den Einlassungen des Klägers in mindestens sieben Fällen eine
Doppelabrechnung derselben Leistungen. Die Einlassung des Klägers, dass er bei Erhalt des Zielauftrages nichts
davon wusste, dass derselbe Zielauftrag auch seiner Kollegin G. erteilt worden sei, ist nicht überzeugend. Die auf den
Abrechnungsscheinen erfolgten Eintragungen in die Überweisungsscheine sowohl an den Kläger wie auch an Dr. G.
erfolgten von derselben Handschrift, offensichtlich durch das Praxispersonal des Klägers, der sich dies zurechnen
lassen muss. Auch wenn die Fehler tatsächlich durch eine beim Kläger angestellte Hilfskraft verursacht sein sollten,
ist dieses Verhalten als grobe Pflichtverletzung des Klägers einzustufen, da ihm das Verhalten der Hilfskraft unter
Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 278 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zuzurechnen ist (BSG,
Beschluss vom 14. Juli 1993, Az.: 6 RKa 10/92).
In der Anlage 3 b sind 122 Überweisungsscheine enthalten, auf denen eine Doppelabrechnung durch den Kläger und
die Ärztin H. erfolgte. Hier vertritt der Kläger die Auffassung, dass er berechtigt sei, bei dem Zielauftrag "Urotube" die
Nr.3885 bis 3887 BMÄ/E-GO als Auftragsnehmer abzurechnen. Dies treffe auch für die Auftragnehmerin Dr. G zu. Er
habe nicht gewusst, dass auch die Auftraggeberin H. diese Nummern bereits abgerechnet habe. Diese Einlassung
des Klägers ist, wie das Sozialgericht bereits ausgeführt hat, nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat sowohl im
Disziplinarverfahren als auch vor dem Sozialgericht bestätigt, seinen beiden Kolleginnen bei der Quartalsabrechnung
"behilflich" gewesen zu sein. Wie sich aus dem Praxisgemeinschaftsvertrag ergibt, erfolgten die Eintragungen in die
Behandlungsscheine durch das Personal des Klägers. Da die Leistungen nach den Nrn.3885 bis 3887 BMÄ/E-GO bei
demselben Untersuchungsmaterial nur einmal erbracht werden konnten, musste dem Praxispersonal des Klägers
bekannt sein, wer diese Leistungen erbracht hat. Wenn sie tatsächlich in der Praxisgemeinschaft nur einmal erbracht
wurden, hätten sie auch nur von einem der drei Ärzte abgerechnet werden dürfen. Aber auch hier gilt zudem, dass der
Kläger, der als Gynäkologe zugelassen war, generell Überweisungen "an Labor" nicht hätte annehmen dürfen, sondern
allenfalls an "gynäkologisches Labor". In 23 Fällen hat der Kläger zudem eine Abrechnung derselben Leistungen auf
seinem Original-Behandlungsschein und auf dem Überweisungsschein vorgenommen. Ein Abrechnungsverhalten, das
unter keinem Gesichtspunkt zulässig sein kann und ist.
Nachdem sich der Senat seine richterliche Überzeugung gemäß § 128 Abs.1 SGG aufgrund des Gesamtergebnisses
des Verfahrens bildet, ergibt eine Würdigung der vorgelegten Behandlungsunterlagen, des
Praxisgemeinschaftsvertrages sowie der fachärztlichen Stellungnahmen im Disziplinarverfahren, dass die dem Kläger
gemachten Vorwürfe, nämlich gegen vertragsärztliche Bestimmungen verstoßen zu haben, tatsächlich vorliegen.
Der Kläger hat auch schuldhaft gehandelt. Diese subjektive Voraussetzung für die Verhängung einer
Disziplinarmaßnahme ist immer dann gegeben, wenn dem betroffenen Arzt vorsätzliches oder auch nur fahrlässiges
Verhalten vorgeworfen werden kann. Das Verhalten des Klägers ist nach Auffassung des Senats zumindes- tens im
Sinne einer grob fahrlässigen Missachtung vertragsärztlicher Pflichten zu werten. Dem Protokoll über die Sitzung des
Disziplinarausschusses am 8. April 1997 ist zu entnehmen, dass sowohl die Ärztin H. als auch der Kläger die
unzutreffenden Eintragungen auf den Abrechnungsscheinen mit einer "Schlamperei" der Mitarbeiter begründeten.
Nach den Angaben der Ärztin H. wussten aber die Empfänger der Überweisungsscheine, um was es jeweils gehe. Ein
Vertragsarzt muss sich anhand der ihm zur Verfügung stehenden Verträge, Abrechnungsvorschriften,
Gebührenordnungen, Anleitungen etc. die notwendige Kenntnis darüber verschaffen, ob die von ihm erbrachten und
abgerechneten Leistungen so abrechenbar sind, wie sie auf den Abrechnungsscheinen eingetragen werden. Bereits
grob fahrlässig erstellte fehlerhafte Abrechnungen stellen eine schwerwiegende Verletzung vertragsärztlicher Pflichten
dar. Es kann dahingestellt bleiben, ob tatsächlich ein gezieltes Vorgehen zur Erlangung von doppeltem oder
dreifachem Honorar für einmal erbrachte Leistungen bzw. zur Honorierung von nicht erbrachten Leistungen vorliegt. In
diesen Fällen wäre die Ungeeignetheit des Klägers als Vertragsarzt offenkundig und eine Disziplinarmaßnahme wohl
nicht mehr geeignet, den Kläger zur Einhaltung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten. Die Krankenkassen und
die KV müssen sich nämlich unbedingt im Rahmen der Abrechnung auf die Ehrlichkeit und Sorgfalt des
Vertragsarztes verlassen können (BSG, Urteil vom 18. August 1973, Az.: 6 RKa 28/71 und Urteil des Senats vom 16.
August 1989, Az.: L 12 Ka 40/88). Eine Verletzung von Pflichten im Zusammenhang mit der Leistungsabrechnung
kann keinesfalls als "Kavaliersdelikt" abgetan werden. Die Disziplinarmaßnahme soll deshalb in erster Linie zu einer
korrekten Befolgung vertragsärztlicher Pflichten anhalten. Dadurch, dass der Kläger inzwischen nicht mehr als
Vertragsarzt zugelassen ist, hat sich hinsichtlich der verhängten Geldbuße, die Hauptsache auch nicht erledigt. Es
würde nämlich die Steuerungsfunktion der als gesetzliche Sanktion vorgesehene Geldbuße "ad absurdum" führen,
wenn die Aufrechterhaltung dieses schärferen Disziplinarmittels dadurch in das Belieben des Betroffenen gestellt
wäre, dass er dieser Sanktion durch Ausscheiden aus dem besonderen Pflichtenstatus entgehen könnte (BSG, SozR
3-2500 § 81 Nr.6, S.21).
Bei der Festsetzung der Höhe der Disziplinarmaßnahme hat der Disziplinarausschuss von dem ihm eingeräumten
Ermessen keinen fehlerhaften Gebrauch gemacht. Er hat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass nur eine
erhebliche Geldbuße den Kläger mit allem Nachdruck künftig zur Erfüllung seiner vertragsärztlichen Pflichten anhalten
könnte. Allein weil es sich um die erste Disziplinarmaßnahme gegen den Kläger handelt, hat er von einem Ruhen der
Zulassung abgesehen. Im Übrigen ist ein Disziplinarbescheid gegen einen Vertragsarzt nicht rechtswidrig, wenn zwar
einige der ihm zugrunde liegenden Vorwürfe entfallen, die übrigen aber nach der Wertung des Gerichtes die
ausgesprochene Maßnahme nach Art und Höhe rechtfertigen und den dargelegten Ermessenserwägungen des
Disziplinarausschusses nicht entgegenstehen. Dies hat das BSG im Urteil vom 3. September 1987 (SozR 2200 § 368
m Nr.3) ausdrücklich festgestellt. Im Hinblick darauf ist es also ohne Bedeutung, ob die gegen den Kläger erhobenen
Vorwürfe auf einigen wenigen Abrechnungsscheinen so nicht zutreffend sind. Die Gesamtwürdigung aller vorgelegten
Abrechnungsscheine und der vorgelegte Praxisgemeinschaftsvertrag bestätigen die gegen den Kläger erhobenen
Vorwürfe.
Die Disziplinarmaßnahme der Beklagten ist demnach ebenso wenig wie das die Klage abweisende Urteil des
Sozialgerichts München rechtlich zu beanstanden. Aus diesen Gründen ist die Berufung des Klägers gegen dieses
Urteil zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger mit seinem Rechtsmittel keinen
Erfolg hatte.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.