Urteil des LSG Bayern vom 21.02.2008

LSG Bayern: krankengeld, arbeitsunfähigkeit, krankheit, form, akte, versicherungsverhältnis, ausnahmefall, handlungsunfähigkeit, mitgliedschaft, unternehmen

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 21.02.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 15 KR 271/05
Bayerisches Landessozialgericht L 4 KR 220/06
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 26. Juli 2006 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin für die Zeit vom 05.01.2005 bis 12.04.2005 Anspruch auf Krankengeld hatte.
Die 1979 geborene Klägerin war seit 02.02.2004 als Altenpflegehelferin tätig und Mitglied der Beklagten. Sie befand
sich vom 21.11. bis 22.11.2004 stationär im Klinikum M. bei den Diagnosen Panikattacke/Unruhezustände.
Anschließend wurde ihr durch den Neurologen und Psychiater Dr.B. Arbeitsunfähigkeit bis 31.12.2004 bescheinigt und
jeweils am 30.11. bzw. 14.12.2004 der Beklagten gemeldet. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung vom
27.11.2004 zum 31.12.2004. Der Termin wurde im vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich vom 08.04.2005
bestätigt. Ab 05.01.2005 befand sich die Klägerin stationär in der S.klinik W ... Der von der Beklagten eingeschaltete
Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (Internist Dr.S.) kam nach Aktenlage am 12.01.2005 zu dem
Ergebnis, bei der Klägerin bestehe bei derzeitiger stationärer Behandlungsbedürftigkeit kein Leistungsbild von mehr
als drei Stunden pro Tag.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragte mit Schreiben vom 18.04.2005 Krankengeld für den Zeitraum Oktober
2004 bis 12.04.2005. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20.04.2005 den Antrag mit der Begründung ab, für die
Zeiten der Arbeitsunfähigkeit 2004 habe der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung geleistet, vom 01.01.2005 bis 04.01.2005
liege keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor und ab 01.01.2005 sei Arbeitslosengeld II zugebilligt worden, so
dass ab 05.01.2005 eine Krankengeldzahlung nicht in Betracht komme, weil das Arbeitslosengeld II weiter zu zahlen
sei. Der hiergegen am 27.04.2005 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2005
zurückgewiesen.
Die hiergegen am 20.07.2005 zum Sozialgericht Würzburg erhobene Klage begründete der Bevollmächtigte der
Klägerin damit, die Krankheit seiner Mandantin habe bis 12.04.2005 angedauert. Es sei falsch, mangels
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Arbeitsfähigkeit in der Zeit bis 05.01.2005 auszugehen. Die Beklagte habe von
Amts wegen zu ermitteln, ob Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Hierzu sei ein Gutachten einzuholen. Zur Zeit der
Krankschreibung sei das Arbeitsverhältnis nachweislich nicht beendet worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.07.2005 mit der Begründung abgewiesen, nach nicht
widersprochener Darstellung der Beklagten im Widerspruchsbescheid habe die Klägerin für die Zeit der
Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2004 Entgeltfortzahlung durch ihren Arbeitgeber bekommen. Ab 01.01.2005 sei das am
27.12.2004 bewilligte Arbeitslosengeld II ausgezahlt worden. Da also ab 01.01.2005 keine Versicherungspflicht auf
Grund einer Beschäftigung bestand, entstehe kein Anspruch auf Krankengeld ab 05.01.2005.
Gegen diesen Gerichtsbescheid richtet sich die am 31.07.2006 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung, die
am 12.10.2006 damit begründet wird, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts richte sich die
Arbeitsunfähigkeit auch nach dem Verlust des Arbeitsplatzes nach der bisherigen Tätigkeit. Die Klägerin habe ihre
bisherige Tätigkeit wegen Krankheit nicht mehr ausüben können, so dass sie Krankengeld zu erhalten habe. Ob sie
grundsätzlich Hartz IV oder Arbeitslosengeld II in ihrer Not beantragte, spiele keine Rolle. Die Krankengeldzahlung
habe noch während des Arbeitsverhältnisses eingesetzt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 26.07.2006 aufzuheben
und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
15.07.2005 zu verurteilen, ihr vom 01.01.2005 bis 12.04.2005 Krankengeld zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für zutreffend und ist der Auffassung, wegen des Bezugs von
Arbeitslosengeld II könne kein Anspruch auf Krankengeld entstehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten
beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf,
ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet.
Für die Zeit ab 01.01.2005 bis einschließlich 04.01.2005 ist ein Anspruch auf Krankengeld gemäß § 46 Abs.1 Nr.2
SGB V nicht entstanden. Dies ergibt sich sowohl aus § 44 Abs.1 Satz 2 SGB V wie aus § 46 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB
V. Nach § 44 Abs.1 Satz 2 in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung haben die nach § 5 Abs.1 Nr.2a Versicherten
keinen Anspruch auf Krankengeld. Die Klägerin war als Bezieherin von Arbeitslosengeld II ab 01.01.2005 gemäß § 5
Abs.1 Nr.2a SGB V versichert. Dieses Versicherungsverhältnis geht einem nachgehenden Anspruch gemäß § 19
Abs.2 SGB V vor.
Gemäß § 46 Satz 1 Nr.2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der
ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Da die Arbeitsunfähigkeit erst ab 05.01.2005 festgestellt wurde,
kann vorher bei der Klägerin, die erst ab 05.01.2005 in stationärer Behandlung war, der vormalige Anspruch auf
Krankengeld nicht mehr weiter bestehen (§ 192 Abs.1 Nr.2 SGB V). Ein Ausnahmefall, in dem die unterbliebene
ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit rückwirkend nachgeholt werden kann, liegt nicht vor. Das
Bundessozialgericht hat im Urteil vom 26.06.2007 (B 1 KR 8/07 R) auf seine frühere Entscheidung (SozR 4-2500 § 46
Nr.1) verwiesen, wonach Versicherte alles in ihrem Verantwortungsbereich Liegende zu unternehmen haben, um eine
Feststellung der Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig zu erlangen. Bei der Klägerin war die Arbeitsunfähigkeit ausdrücklich
bis 31.12.2004 befristet. Am 05.01.2005 bestand damit eine Mitgliedschaft der Klägerin auf Grund des Bezuges von
Arbeitslosengeld II, also ohne Anspruch auf Krankengeld. Der Klägerin wäre zuzumuten gewesen, sich trotz des
Urlaubs ihres behandelnden Arztes anderweitig in Behandlung zu begeben und die Arbeitsunfähigkeit bestätigen zu
lassen. Anhaltspunkte dafür, dass sie daran wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit gehindert gewesen sein
könnte, bestehen nicht (siehe hierzu auch Urteil des BSG vom 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R). Auch die Alternative des
§ 46 Abs.1 Nr.1 SGB V scheidet für die ab 01.01.2005 nach § 5 Abs.1 Nr.2c SGB V versicherte Klägerin aus.
Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.