Urteil des LSG Bayern vom 03.11.2008

LSG Bayern: verfahrensmangel, rahmenvertrag, pauschalbesteuerung, ausnahmefall, direktversicherung, beitragspflicht, beitragsnachforderung, kreis, finanzen, arbeitsentgelt

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 03.11.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 13 R 4244/03
Bayerisches Landessozialgericht L 5 R 476/08 NZB
I. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7.
Mai 2008 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten der Beschwerde.
III. Der Streitwert wird mit 706,90 Euro festgesetzt.
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil, welches eine Nachforderung von
Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 706,90 Euro bestätigt hat. Die Klägerin betreibt in A-Stadt ein
Marionettentheater und beschäftigt u.a. die Mitarbeiter M. und C ... Für diese gewährte sie jeweils im Dezember
Sonderzuwendungen, mit denen Beiträge zu Direktversicherungen finanziert wurden. Aufgrund Betriebsprüfung mit
Schlussbesprechung vom 06.11.2002 für den Prüfzeitraum vom 01.04.1999 bis 31.12.2001 forderte die Beklagte von
der Klägerin mit Bescheid vom 07.11.2002/Widerspruchsbescheid vom 19.05.2003
Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 706,90 Euro nach. Die in den Jahren 1999 bis 2001 für die
Mitarbeiter M. und C. gezahlten Beiträge zu Direktversicherungen seien zu Unrecht nicht verbeitragt worden. Die
steuerrechtlich relevante Pauschalierungshöchstgrenze sei überschritten worden, weil für beide Arbeitnehmer bereits
anderweitige zu berücksichtigende Direktversicherungen bestünden. Zudem setze eine Beitragsfreiheit dieser
Leistungen voraus, dass nähere Regelungen getroffen seien, die vorliegend sich jedoch nur aus den Einzelverträgen
ergäben. Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Augsburg mit Urteil vom 07.05.2008 abgewiesen. Die
Direktversicherungsleistungen der Klägerin seien nur dann beitragsfreies Arbeitsentgelt, wenn die
einkommensteuerrechtlichen Voraussetzungen zur Pauschalbesteuerung erfüllt seien. Daran fehle es vorliegend aus
zwei Gründen. Zum einen sei die kalenderjährliche Grenze von 3.408,00 DM für beide betroffene Arbeitnehmer
überschritten worden. Zum anderen entspreche der relevante Rahmenvertrag vom 14.01.1999 nicht den Merkmalen
einer Gruppenversicherung, die für die erforderliche Pauschalversteuerung notwendig seien. Die Berufung hat das
Sozialgericht mangels Erreichen der Berufungssumme von 750,00 Euro nicht zugelassen, weil es an einer
grundsätzlichen Bedeutung fehle und kein Fall der Divergenz bestehe. Dagegen hat die Klägerin
Nichtzulassungsbeschwerde erhoben und geltend gemacht, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und das
Urteil des Sozialgerichts sei unzutreffend. Die grundsätzliche Bedeutung ergebe sich daraus, dass das
Versicherungsunternehmen, bei welchem die Klägerin die Direktversicherungen für die Mitarbeiter M. und C.
abgeschlossen habe, die entsprechenden Verträge in gleicher Weise immer wieder verwende. Dies sei auch bei
anderen Versicherungsunternehmen der Fall. Die Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg fordere, dass im
Rahmenvertrag oder in Zusatzvereinbarungen dazu die versicherten Wagnisse bezeichnet sein müssten, nicht nur in
den jeweiligen Einzelverträgen. Dies widerspreche der allgemeinen Praxis. Die Entscheidung des Sozialgerichts
Augsburg sei aufzuheben, weil eine konkrete Bezeichnung der versicherten Wagnisse im Rahmenvertrag als
Voraussetzung für die Pauschalversteuerung und in der Folge die Beitragsfreiheit keinen Sinn mache.
Entsprechendes fordere auch nicht der Gesetzgeber. Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, dass die Klägerin
sinngemäß die Überprüfung von Musterverträgen eines am Verfahren nicht Beteiligten, nämlich des
Versicherungsunternehmens begehre. Hierfür sei das sozialgerichtliche Verfahren nicht eröffnet. Eine Klärung der
Lohnsteuerrichtlinien müsse mit der Finanzverwaltung oder dem Bundesministerium der Finanzen durchgeführt
werden.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig (§ 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG), aber unbegründet. Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist ausschließlich die Frage, ob ein
Zulassungsgrund im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG vorliegt, nicht aber die Frage, ob das Sozialgericht in der Sache
zutreffend oder unzutreffend entschieden hat. Zuzulassen ist die Berufung nur, falls einer der abschließend
aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt: Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, das Urteil weicht von
obergerichtlicher Rechtsprechung ab (Divergenz) oder ein Verfahrensmangel wird zu Recht geltend gemacht. Der
Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass die klärungsbedürftige Rechtsfrage für den zu
entscheidenden Fall erheblich ist (vgl. BSG Beschluss vom 30.08.2004 - B 2 U 401/03 B). Die
Entscheidungserheblichkeit hat damit die gleiche Funktion, wie bei den anderen Zulassungsgründen das Kriterium,
dass die angefochtene Entscheidung auf eine Abweichung oder einem Verfahrensmangel beruht oder beruhen kann
(Meyer-Ladewig/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 160 Rnrn. 9, 15, 23; § 104 Rn. 28). Das Sozialgericht hat die Entscheidung
in zweierlei Hinsicht begründet. Zum einen hat es ausgeführt, Leistungen des Arbeitgebers - wie die vorliegenden
Beiträge zu einer Direktversicherung zu Gunsten der Beschäftigten - seien gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV i.V.m. der
gemäß § 17 SGB IV erlassenen Arbeitsentgeltverordnung - dort § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 40b EStG - nur im
Ausnahmefall beitragsfrei. Dies setze voraus, dass die Direktversicherungsbeiträge pauschal versteuert werden
dürften. Dafür gelte eine Grenze von kalenderjährlich 3.408,00 DM pro Mitarbeiter. Diese sei vorliegend überschritten,
weil für die Arbeitnehmer M. und C. bereits anderweitige Versicherungsverträge bestanden hätten, die in der Summe
den Grenzbetrag von 3.408,00 DM überschritten hätten. Diese tatsächliche Überschreitung ergibt sich auch aus den
Verfahrensakten und wird von der Klägerin auch nicht bestritten. Damit ist die von der Klägerin zur Begründung der
Nichtzulassungsbeschwerde angeführte Frage, ob die Rahmenverträge den Voraussetzungen der
Pauschalbesteuerung erfüllten, nicht entscheidungserheblich, so dass es an der grundsätzlichen Bedeutung für die
Zulassung der Berufung fehlt. Denn selbst wenn die Auffassung der Klägerin zutreffe, die verwendeten
Rahmenverträge erfüllten die formellen Voraussetzungen für die Pauschalversteuerung gemäß § 40b EStG und in der
Folge für die Beitragsfreiheit, hätte das Urteil noch immer Bestand. Denn es stützte sich auf die Überschreitung der
relevanten Pauschalierungsgrenze, welches die Beitragspflicht der geleisteten Beträge zur Folge hat. Weil somit
vorliegend der Rechtsfrage der Ausgestaltung der Rahmensverträge mangels Entscheidungserheblichkeit keine
grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Divergenz nicht ersichtlich ist und die Klägerin auch keinen
Verfahrensmangel geltend gemacht hat, liegt ein Zulassungsgrund nicht vor. Der Beschwerde ist deshalb der Erfolg
zu versagen. Somit wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 07.05.2008 gemäß § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG
rechtskräftig. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, weil die Klägerin als Arbeitgeberin nicht zu dem
kostenprivilegierten Kreis des § 183 SGG zählt. Sie hat deshalb gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten der ohne
Erfolg eingelegten Beschwerde zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 1 Nr. 4, § 3 Abs. 1, § 52 Abs. 1
Gerichtskostengesetz und entspricht der Höhe der verfahrensgegenständlichen Beitragsnachforderung.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht eröffnet, § 177 SGG.