Urteil des LSG Bayern vom 01.08.2006

LSG Bayern: wichtiger grund, zumutbare arbeit, verfügung, behörde, beendigung, arbeitsmarkt, laie, zivilprozessordnung, rechtsberatung, rechtsgleichheit

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 01.08.2006 (rechtskräftig)
Sozialgericht München S 19 AS 372/06
Bayerisches Landessozialgericht L 7 B 404/06 AS PKH
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 3. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Mit Bescheid vom 15.11.2005 bewilligte die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Bg.) dem 1961 geborenen Kläger und
Beschwerdeführer (Bf.) Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 01.01. bis 28.02.2006 in Höhe von monatlich
709,20 EUR. Nachdem der Bf. einer Aufforderung der Bg., sich am 15.12.2005 in der Arbeitsvermittlung zu melden,
trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachgekommen war, senkte die Bg. mit Bescheid vom 16.12.2005 das
Alg II um 10 v.H. ab. Als Grund für sein Nichterscheinen gab der Bf. in seinem Widerspruch an, dass er vor der Bg.
nur mit Zeugen habe erscheinen wollen, dass diese Zeugen jedoch nur an bestimmten Wochentagen, zu denen nicht
der 15.12.2005 gehört habe, zur Verfügung stünden.
Nachdem der Bf. sich geweigert hatte, ein unterbreitetes Angebot einer Arbeitsgelegenheit anzunehmen, erging am
02.02.2006 ein weiterer Bescheid, mit dem die Bg. die Regelleistung für die Zeit vom 01.03. bis 21.05.2006 um
zweimal 30 v.H. abgesenkt hat. Mit Bescheid vom 29.03.2006 änderte die Bg. den Bescheid vom 02.02.2006
dahingehend ab, dass eine Absenkung "lediglich" um 30 v.H. erfolge. Nach nochmaliger Prüfung der Sach- und
Rechtslage hatte die Bg. festgestellt, dass die Kürzung der Regelleistung um 60 v.H. (zweimal 30 v.H.) nicht
rechtmäßig ergangen sei. Im Hinblick darauf wurden mit Bescheid vom 07.04.2006 die bislang in diesem
Zusammenhang getroffenen Entscheidungen entsprechend aufgehoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2006
hatte die Bg. den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.12.2005 als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben, wobei die nachfolgend ergangenen
Bescheide gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des Klageverfahrens wurden.
Mit Klageerhebung hat der Bf. die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
Mit Beschluss vom 03.05.2006 hat das SG den Antrag des Bf. auf die Bewilligung von PKH unter Beiordnung eines
Rechtsanwalts abgelehnt. Die Klage vom 08.03.2006 biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Absenkung der
Regelleistung um 10 v.H. durch den Bescheid vom 16.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
15.02.2006 für die Monate Februar bis April 2006 sei gerechtfertigt, da der Kläger am 15.12.2005 trotz schriftlicher
Belehrung über die Rechtsfolgen der Aufforderung der Beklagten vom 01.12.2005, sich bei ihr zu melden, nicht
nachgekommen sei und keinen wichtigen Grund für sein Verhalten habe nachweisen können (§ 31 Abs.2 SGB II). Die
Berechtigung der Beklagten, den Kläger aufzufordern, sich bei ihr zu melden, ergebe sich aus § 59 Zweites Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II) in Verbindung mit § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Daraus folge, dass eine
Meldepflicht während der Zeit bestehe, für die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beansprucht
würden. Der vom Kläger vorgetragene Grund für sein Nichterscheinen sei nicht als wichtiger Grund im Sinne des § 31
Abs.2 SGB II anzuerkennen.
Was die Klage gegen die Absenkung der Regelleistung durch Bescheid vom 02.02.2006 betreffe, so wäre zwar
ursprünglich eine hinreichende Erfolgsaussicht dahingehend zu bejahen gewesen, dass die sofortige Absenkung um
zweimal 30 v.H. möglicherweise unverhältnismäßig gewesen sei. Die Beklagte habe jedoch durch Bescheid vom
08.03.2006 ihren Bescheid vom 02.02.2006 dahingehend abgeändert, als sie die Absenkung auf einmal reduziert
habe. Aufgrund dieser Änderung habe die Klage in der Hauptsache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg mehr.
Die Absenkung der Regelleistung für die Monate März bis Mai 2006 um 30 v.H. durch Bescheid vom 08.03.2006, der
an die Stelle des Bescheides vom 02.02.2006 getreten sei, finde ihre Rechtsgrundlage in § 31 Abs.1 Satz 1 Nr.1
Buchst c SGB II. Danach werde das Alg II in einer ersten Stufe um 30 v.H. der maßgebenden Regelleistung
abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigere, eine
zumutbare Arbeit aufzunehmen. Dies gelte gemäß § 31 Abs.1 Satz 2 SGB II nicht, wenn der erwerbsfähige
Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweise. Der Kläger sei am 15.02.2005 aufgefordert
worden, sich bei drei Arbeitsstellen zu bewerben, von denen zwei auch tatsächlich zur Verfügung gestanden hätten.
Der Kläger habe eine Vorstellung bei den zwei zur Verfügung stehenden Arbeitsstellen mit der Begründung abgelehnt,
dass es sich um "bühnenfremde" Tätigkeiten handele. Dass dies keinen wichtigen Grund für sein Verhalten im Sinne
des § 31 Abbs.1 Satz 2 SGB II darstelle, ergebe sich aus der eindeutigen Regelung des § 10 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGB
II. Die Regelleistungen seien im Einklang mit § 31 Abs.6 Satz 2 SGB II jeweils für die Dauer von drei Monaten
gekürzt worden. Das Gericht verkenne nicht, dass die Klage im Falle einer teilweisen Erledigterklärung insofern noch
hineichende Erfolgsaussichten hätte, als die ursprünglichen Erfolgsaussichten der Klage bei der
Kostengrundentscheidung zu berücksichtigen seien. Da dabei aber gemäß § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur über
die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu entschiden sei, solche aber bislang nicht angefallen seien, sondern
überhaupt erst durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts entstehen würden, sei dieser Aspekt nicht geeignet, eine
hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne der genannten Vorschriften zu begründen.
Was die Anträge auf Wiedereinsetzung des Sozialversicherungsverlaufs in den vorigen Stand, die Geltendmachung
der Entwertung aller persönlichen Belange und fortgesetzter Benachteiligung betreffe, so sei teilweise gar nicht
ersichtlich, welchen rechtlichen Bezug die Argumente haben sollen, teilweise würden die Argumente auf eine
Geltendmachung der Unzumutbarkeit bestimmter Arbeiten hinauslaufen, die vom Gesetzgeber nach der
ausdrücklichen Regelung des § 10 Abs.2 SGB II nicht anerkannt werde.
Dagegen richtet sich die Beschwerde. Zur Begründung führt der Bf. im Wesentlichen aus, seine Klageziele seien nach
wie vor die Wiederherstellung der Rechtsgleichheit zwischen Hilfebedürftigem und Behörde, die Beendigung der
tatsachenentstellenden und mindestens teilweise grob rechtswidrigen Benachteiligungen des Hilfebedürftigen durch
die Verzögerungen, Abwertungen und Abweisungen seitens der Behörde und die Ermöglichung des nachhaltigen
Wiedereinstiegs in den ersten Arbeitsmarkt durch Förderung und Vermittlung einer Tätigkeit, die erstens
nachgewiesene Fertigkeiten und bisherige Erfahrungen sowie die daraus resultierenden persönlichen Motivationen des
Hilfebedürftigen zumindest ansatzweise berücksichtige und die ihm darüber hinaus als mit den Kollegen
Gleichgestellter möglichst langfristig auszuüben möglich sei. Da er sich als juristischer Laie mit den Gegebenheiten
des bisherigen Verfahrens schon annähernd überfordert sehe, erscheine ihm die Beistellung fachkompetenter
Rechtsberatung nach wie vor zur Vermeidung weiterer Missverständnisse hilfreich.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt.
Nach § 73 a SGG in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten
aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Zu Recht hat das SG mit Beschluss vom 03.05.2006 bei der im Rahmen der PKH gebotenen prognostischen und
summarischen Betrachtungsweise eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der Klage abgelehnt.
Denn die Absenkungsbescheide der Beklagten sind zu Recht ergangen, weil dem Bf. weder für sein Nichterscheinen
bei der Bg. als auch wegen der Nichtvorstellung bei den zwei zur Verfügung gestellten Arbeitsstellen kein wichtiger
Grund zur Seite stand. Im Übrigen schließt sich der Senat den zutreffenden Gründen im angefochtenen Bescheid
gemäß § 142 Abs.2 SGG an.
Somit war die Beschwerde gegen den Beschluss vom 03.05.2006 zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit einem weiteren Rechtsmittel anfechtbar.