Urteil des LSG Bayern vom 16.09.2008

LSG Bayern: aufschiebende wirkung, befangenheit, akteneinsicht, beteiligter, fehlerhaftigkeit, einsichtnahme, willkür, unparteilichkeit, begünstigung, einziehung

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 16.09.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 36 AL 224/08 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 5 SF 110/08 AL
Die Ablehnung des Vorsitzenden der 36. Kammer des Sozialgerichts München, Richter am Sozialgericht B., wegen
Besorgnis der Befangenheit ist unbegründet.
Gründe:
I.
Der Kläger führt vor der 36. Kammer des Sozialgerichts München (SG), deren Vorsitzender der Richter am
Sozialgericht (RiSG) B. ist, gegen die Beklagte ein Klage- und Antragsverfahren wegen der Einziehung von
Forderungen.
In den seit 25.02.2008 anhängigen Verfahren teilte die Beklagte zum Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit, dass
sie die aufschiebende Wirkung der Klage beachte. Dies wurde dem Kläger zur Stellungnahme übersandt, ob er das
Antragsverfahren für erledigt erkläre. Auf sinngemäße Anträge auf Akteneinsicht ließ RiSG B. dem Kläger am
21.04.2008 mitteilen, dass das Gericht die Verwaltungsakten an das Amtsgericht übersenden werde, sobald die
Stellungnahme des Klägers im Antragsverfahren vorliege. Mit Verfügung vom 29.04.2008 bestimmte RiSG B. im
Antragsverfahren Termin zur Erörterung des Sachverhaltes auf den 28.05.2008.
Mit Schreiben vom 21.05.2008 lehnte der Kläger RiSG B. sinngemäß wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dieser
habe zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, tatsächlich Akteneinsicht zu gewähren, wie die Ladung zum Termin vom
28.05.2008 beweise. Hierin liege eine Begünstigung im Amt zu seinem erheblichen Nachteil vor.
RiSG B. hat sich zum Ablehnungsgesuch dienstlich geäußert, wozu der Kläger Stellung genommen hat und seine
Besorgnis der Befangenheit bestätigt sah.
II.
Für die Entscheidung über Gesuche, mit welchen Richter der Sozialgerichte abgelehnt werden, ist das
Landessozialgericht zuständig (§ 60 Abs.1 Satz 2 SGG).
Nach § 60 SGG i.V.m. §§ 42 ff. ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein
Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist nur dann der Fall,
wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der
Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Das Misstrauen muss aus der Sicht
eines ruhig und vernünftig denkenden Prozessbeteiligten verständlich sein.
Von diesen Grundsätzen ausgehend hat der Kläger keinen Anlass, die Unvoreingenommenheit und objektive
Einstellung des RiSG B. in Zweifel zu ziehen.
Die geäußerte Vermutung, RiSG B. wolle grundsätzlich die Akteneinsicht durch den Kläger verhindern, entbehrt jeder
Grundlage. Vielmehr hat der Kammervorsitzende die Einsichtnahme in die Akten beim Amtsgericht ausdrücklich
genehmigt, allerdings unter der Voraussetzung, dass im Antragsverfahren eine Stellungnahme des Klägers zur Frage
der Erledigung dieses Verfahrens eingeht. Da dies nicht der Fall war, hat RiSG B. im Antragsverfahren, nicht aber im
Hauptsacheverfahren, einen Erörterungstermin anberaumt.
Es kann hier dahinstehen, ob die Gewährung von Akteneinsicht vom Eingang einer Stellungnahme des Klägers
abhängig gemacht werden durfte. Dies würde allenfalls einen Verfahrensfehler darstellen. Ein Ablehnungsgesuch
wegen Besorgnis der Befangenheit ist jedoch grundsätzlich kein geeignetes Mittel, sich gegen tatsächlich bzw.
vermeintlich fehlerhafte Verfahrenshandlungen eines Richters zu wehren. Insoweit steht ggf. der Rechtsweg offen. Es
ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf Willkür oder auf einer unsachlichen
Einstellung des Richters beruhte.
Das Ablehnungsgesuch ist daher zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.