Urteil des LSG Bayern vom 05.09.2007

LSG Bayern: wahrscheinlichkeit, arbeitsunfähigkeit, behandlungsbedürftigkeit, operation, facharzt, unfallversicherung, komplikation, subluxation, kernspintomographie, arbeitsunfall

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 05.09.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 7 U 184/05
Bayerisches Landessozialgericht L 3 U 269/06
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 10. Juli 2006 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Verletztenrente sowie Leistungen wegen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und
Behandlungsbedürftigkeit über den 14.01.2004 hinaus wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 16.12.2003.
Der 1955 geborene Kläger, Akkordmetzger bei der Firma W. , S. , erlitt am 16.12.2003 einen Arbeitsunfall, als ihm ein
Schweineschlegel von ca. 15 kg Gewicht aus ca. 2,5 m Höhe auf die linke Schulter fiel.
Dr.H. diagnostizierte im Durchgangsarztbericht vom Unfalltag eine Kontusion der linken Schulter.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte die einschlägigen Röntgenaufnahmen, die erstellte
Kernspintomographie vom 17.02.2004, ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Bayern, einen Bericht der
Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses Barmherzige Brüder R. vom 26.02.2004, den Entlassungsbericht des
Krankenhauses Barmherzige Brüder R. hinsichtlich der stationären Behandlung des Klägers in der Zeit vom
13.04.2004 bis 16.04.2004, Zwischenberichte vom 04.05.2004, 27.05.2004, 22.06.2004 und einen Abschlussbericht
vom 14.07.2004 sowie einen Bericht der Dr.D. , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 28.05.2004 bei und holte eine
Stellungnahme des Dr.L. vom 14.07.2004 ein.
Mit Bescheid vom 12.08.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab. Unfallbedingte
Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 14.01.2004 hinaus liege nicht vor. Der Unfall vom
16.12.2001 habe zu einer Prellung der linken Schulter geführt, die bis zum 14.01.2004 ohne funktionelle
Beeinträchtigungen ausgeheilt gewesen sei. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den darüber hinaus
vorliegenden Beschwerden und Veränderungen im Bereich der linken Schulter sei nicht hinreichend wahrscheinlich.
Es lägen insoweit unfallunabhängige Erkrankungen vor.
Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass eine Vorschädigung zu keinem Zeitpunkt
bestanden habe, er hätte sonst nicht die schwere körperliche Arbeit jahrelang auf Akkordniveau durchführen können.
Die Beklagte zog einen Bericht des Dr.G. , Chefarzt der Unfallchirurgischen Abteilung St.-B.-Krankenhaus, S. ,
hinsichtlich einer erneuten Operation am 28.10.2004 mit stationärer Behandlung vom 27.10. bis 31.10.2004 sowie den
entsprechenden Entlassungsbrief und den Operationsbericht vom 13.04.2004 des Krankenhauses Barmherzige Brüder
R. bei und holte eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Dr.W. , Facharzt für Chirurgie, vom 19.05.2005
ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die zwei
Monate nach dem Unfall bei der kernspintomographischen Untersuchung festgestelle Teilschädigung der
Subscapularis- und Supraspinatussehne, Anteile der sog. Rotatorenmanschette sowie eine Durchtrennung der langen
Bizepssehne bei geringen arthrotischen Veränderungen im Schultereckgelenk sowie eine Schädigung der
Schulterkapsel und Knorpellippe seien nicht wesentlich auf den Unfall vom 16.12.2003 zurückzuführen. Bereits der
Verlauf der Erkrankung spreche gegen ein traumatisches Geschehen. Die Weiterarbeit sei nach kurzer
Arbeitsunfähigkeit wieder möglich gewesen und es sei ausweislich des Nachschauberichts von den Dres.H./ D. sogar
eine leichte Besserung eingetreten. Ein sofortiger und eindrucksvoller Funktionsverlust, insbesondere ein sogenannter
"Drop-Arm" sei nicht festgestellt worden. Für eine Schädigung durch aufbrauchsbedingte Ursachen spreche, dass
ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses der Krankenkasse bereits mehrere mehrwöchige
Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Schulterbeschwerden vorlagen. Die im weiteren Verlauf festgestellte Pseudarthrose
des Acromions (Falschgelenkbildung der Schulterhöhe), die am 28.10.2004 operativ versorgt wurde, sei ebenfalls
nicht Unfallfolge. Weder auf den Röntgenaufnahmen vom Unfalltag noch auf den Kernspintomographieaufnahmen vom
16.02.2004 sei eine knöcherne Verletzung als Erstschaden festgestellt worden. Die Schädigung sei demnach nicht
durch den Unfall, sondern im späteren Verlauf eingetreten.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und beantragt, die
Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 12.08.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2005
zu verurteilen, ihm Verletztenrente sowie Leistungen wegen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und
Behandlungsbedürftigkeit über den 14.01.2004 hinaus zu gewähren.
Das SG hat die einschlägigen Röntgenaufnahmen und MRT-Aufnahmen sowie die Akten des Versorgungsamts R.
beigezogen und ein Gutachten des Dr.F. , Facharzt für Orthopädie, vom 31.03.2006 eingeholt.
Dr.F. hat ausgeführt, dass durch den Unfall lediglich eine Prellverletzung abgelaufen sei, die innerhalb weniger
Wochen folgenlos verheilt sei. Die in der Folgezeit festgestellten Läsionen der Subscapularis- und Bizepssehne sowie
der Gelenklippe (Labrum) seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen. Es fehle dabei bereits an
einem geeigneten Unfallmechanismus. Nach der Standardliteratur seien direkte Krafteinwirkungen auf die Schulter
durch Prellung oder Schlag als ungeeignet anzusehen, Verletzungen an der Rotatorenmanschette wenigstens
wesentlich mit zu verursachen. Die Gelenklippe könne schon rein theoretisch von einem auf die Oberseite des
Schultergelenkes abgelaufenen Schlag durch das Auftreffen des Schweineschlegels nicht tangiert worden sein. Auch
der klinische Erstbefund spreche gegen einen Zusammenhang. Es sei lediglich ein Hämatom beschrieben, welches
mit der direkten Prellverletzung gut zu vereinbaren sei. Hingegen seien die Symptome einer frischen
Binnentraumatisierung des Schultergelenkes nicht ersichtlich. Eine Pseudoparalyse sei nicht beschrieben.
Verletzungskonform sei lediglich, dass der Kläger die Arbeit nach dem Unfallereignis sofort eingestellt habe und auch
kurz darauf einen Arzt aufgesucht habe. Die Analyse der Erstaufnahmen am Unfalltag und der kurz daraufhin
durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung vom 16.02.2004 bestätige aber, dass eine frische Verletzung
der Rotatorenmanschette nicht abgelaufen sein könne. Der festgestellte Oberarmkopfhochstand schon am Unfalltag
weise auf eine lange zurückliegende Läsion im Rotatorenmanschettenbereich hin. Die typischen Zeichen einer
frischen Verletzung seien im Erstbefund nicht beschrieben. Auch spreche die Beteiligung zweier Sehnen und
gleichzeitig des Labrum gegen verletzungsbedingte Veränderungen, da ein wie auch immer gearteter Vorgang nicht
gleichzeitig gegensätzlich funktionierende Sehnenariale verletzen könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.07.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und sich dabei auf die Feststellungen des
Dr.F. gestützt.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt. Er legte dazu ein Gutachten des Dr.D. , Facharzt
für Chirurgie, Orthopädie, vom 26.08.2006 vor, das im Auftrag der privaten Unfallversicherung des Klägers eingeholt
worden war.
Der Senat hat die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen beigezogen und ein Gutachten des Dr.G. ,
Facharzt für Orthopädie, vom 03.04.2007 eingeholt.
Dr.D. hat dargelegt, dass die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen unfallbedingt seien. Vorbestehende
Erkrankungen und Veränderungen im Bereich der linken Schulter und am linken Arm bestünden nicht. Auch bei der
Kernspintomographie hätten sich keine Veränderungen gezeigt, die deutlich über die Altersnorm hinausgingen.
Betrachte man das Schädigungsmuster, so müsse man zumindest eine Subluxation des Oberarmkopfes unterstellen.
Eine degenerative Entstehung sei nicht möglich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass in ca. 80 % der Fälle die
Rupturen der Subscapularissehne traumatisch bedingt seien. Lediglich Rupturen der Supraspinatussehne seien fast
immer degenerativ bedingt.
Dr.G. hat ausgeführt, dass sich der Kläger bei dem Unfall vom 16.12.2003 eine schwere Prellung der linken Schulter
zugezogen habe. Arbeitsunfähigkeit habe aufgrund der Kontusionsfolgen für ca. drei bis vier Wochen bestanden. Bei
der Erstoperation am 13.04.2004 seien ausschließlich degenerative Läsionen versorgt worden, die nachfolgenden
Eingriffe seien aufgrund einer sehr wahrscheinlichen Komplikation der Erstoperation sowie aufgrund von
postoperativen Vernarbungen notwendig gewesen, so dass der jetzige Zustand der linken Schulter mit erheblicher
Gebrauchsbehinderung und Schmerzhaftigkeit als komplexe Folge der stattgehabten Eingriffe und nicht durch das
Unfallgeschehen entstanden sei. Gegen unfallbedingte Verletzungen sprächen der Ereignisablauf, das Verletzungsbild
einschließlich der unfallnahen Bildgebung sowie die Krankheitsvorgeschichte des Klägers. Ein Verreißen des Armes
im Sinne einer exzentrischen Sehnenbelastung oder gar wegweisend für eine Schulterluxation sei vom Kläger
ausdrücklich verneint worden. Das direkte Anpralltrauma sei jedoch ein ungeeigneter Verletzungsmechanismus, um
eine Schädigung der Rotatorenmanschette und/oder auch der langen Bizepssehne herbeizuführen. Hinsichtlich des
unfallnahen Verletzungsbefundes sei eine sog. Pseudoparalyse, d.h. eine schwächebedingte Unfähigkeit, den Arm zu
heben, nicht festgestellt worden. Die Befundung der Röntgenaufnahmen habe keinen Luxationszustand und keine
traumatischen knöchernen Verletzungen, auch nicht am Acromion (Schulterdach) ergeben. Die Kernspintomographie
des linken Schultergelenkes vom 16.02.2004 zeige im Wesentlichen degenerative Alterationen an der
Subscapularissehne wie auch an der Supraspinatussehne bei begleitendem Schulterhochstand und Verdacht auf
subtotaler Ruptur der langen Bizepssehne. Auch die Befundung im Rahmen der ersten Operation am 13.04.2004 zeige
ausschließlich degenerative Veränderungen ohne Hinweis für ein stattgehabtes Trauma. Die im weiteren Verlauf
festgestellte Verletzung und Frakturierung des Acromions mit anschließender pseudarthrotischer Ausheilung sei aller
Wahrscheinlichkeit nach Folge der stattgehabten Dekompression und Narkosemobilisation im Rahmen des ersten
operativen Eingriffes vom 13.04.2004. Dieses Schadensbild sei eine bekannte Komplikation der durchgeführten
Operation.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Regensburg vom
10.07.2006 und des Bescheides vom 12.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2005 zu
verurteilen, ihm aufgrund des Unfalls vom 16.12.2003 die gesetzlichen Leistungen über den 14.01.2004 hinaus zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 20.07.2005
zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den
Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten, der Akten des Versorgungsamtes R. sowie der
vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom
10.07.2006 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weitergehende
Leistungen hat. Es besteht weder ein Anspruch auf Zahlung von Verletztengeld über den 14.01.2004 hinaus noch ein
Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente. Die beim Kläger jetzt vorliegenden Gesundheitsstörungen sind nicht mit
Wahrscheinlichkeit im Sinne einer wesentlichen Ursache auf das Unfallereignis vom 16.12.2003 zurückzuführen.
Nach § 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, wenn ihre
Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um
mindestens 20 vom Hundert (v.H.) gemindert ist.
Verletztengeld wird nach § 45 Abs.1 SGB VII erbracht, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalls
arbeitsunfähig ist.
Gesundheits- oder Körperschäden sowie daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit sind Folgen eines Arbeitsunfalls,
wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen
sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige
Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der
hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung
zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen
dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen
Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen
Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die
Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem
Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so
stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen
Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, d. h. nach der geltenden ärztlich-
wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich
einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Erforderlich ist demnach eine individualisierende und konkretisierende Kausalitätsbetrachtung. Eine generalisierende
Beurteilung bei der Feststellung eines Unfallzusammenhangs entsprechend der im Zivilrecht geltenden
Adäquanztheorie genügt den Anforderungen in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger am 16.12.2003
einen Arbeitsunfall erlitt, der Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis zum 14.01.2004 zur Folge hatte.
Weitergehende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und der Behandlungsbedürftigkeit sind nicht auf den Unfall, sondern auf
degenerative Erkrankungen zurückzuführen. Der Arbeitsunfall hat keine Gesundheitsstörungen zur Folge, die
bleibende Schäden hervorgerufen haben. Die beim Kläger jetzt vorhandene Beschwerdeproblematik an der linken
Schulter mit erheblicher Gebrauchsbehinderung und Schmerzhaftigkeit ist der Degeneration an der
Rotatorenmanschette im sogenannten Intervallbereich und den Folgen der aus diesem Grund durchgeführten
Operationen zuzuordnen.
Als Folge des Unfalls erlitt der Kläger eine schwere Kontusion der linken Schulter mit Verletzung der oberflächlichen
Weichteile und dadurch bedingter Hämatombildung. Unfallunabhängig bestand eine degenerative Schädigung der
Rotatorenmanschette im Intervallbereich mit Teilablösung des Oberteiles der Subscapularissehne sowie eine
Teilruptur der Supraspinatussehne bei degenerativ bedingter subacromialer Enge. Außerdem bestand eine degenerativ
bedingte Ruptur der langen Bizepssehne.
Nach dem Unfall aufgetreten ist eine Frakturierung des Schulterdaches (Acromions) mit anschließender
pseudarthrotischer Ausheilung. Dies ist wahrscheinlich Folge des ersten operativen Eingriffs vom 13.04.2004 und
steht in keinem kausalen Zusammenhang zu dem Unfallereignis vom 16.12.2003.
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme in der ersten und
zweiten Instanz, insbesondere aus dem Gutachten des Dr.G. vom 03.04.2007. Dagegen war das Gutachten des Dr.D.
nicht überzeugend.
Bereits der Unfallhergang kann grundsätzlich als nicht geeignet angesehen werden, eine Verletzung der
Rotatorenmanschette und/ oder auch der langen Bizepssehne herbeizuführen. Das direkte Anpralltrauma stellt einen
ungeeigneten Verletzungsmechanismus dar. Der Unfallhergang wurde bislang vom Kläger im Wesentlichen gleich
geschildert als schwere Kontusionsverletzung durch den herabfallenden Schweineschlegel. Hinweise für eine Luxation
oder auch eine Subluxation des Oberarmkopfes fanden sich zu keinem Zeitpunkt. Insbesondere ergaben sich aus den
Anfangsbefunden keine entsprechenden Hinweise. Ein Luxationszustand wurde zu keinem Zeitpunkt dokumentiert.
Dies wäre aber zumindest im Rahmen des ärztlichen Erstbefundes festgestellt worden. Ein Verreißen des Armes im
Sinne einer exzentrischen Sehnenbelastung oder wegweisend für eine Schulterluxation wurde vom Kläger bei der
Begutachtung durch Dr.G. ausdrücklich verneint. Soweit der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 24.05.2007
vorbringt, er habe das schwere Fleischstück in Empfang nehmen wollen, so dass es zu einem Schlag über die
Schulter von schräg hinten gekommen sei, ist dies mit den früheren Aussagen des Klägers nicht in Einklang zu
bringen und für den Senat daher nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat am Unfalltag, im Rahmen des
Verwaltungsverfahrens, bei der Begutachtung durch Dr.F. und bei der Begutachtung durch Dr.G. angegeben, dass der
Schlegel von oben auf die linke Schulter geprallt ist. Die entscheidende Mechanik war demnach ein schweres
Anprallen von oben auf die linke Schulter. Ein Verreißen des Armes hat nicht stattgefunden, der Arm blieb im
Wesentlichen am Körper. Soweit Dr.D. in seinem Gutachten davon ausgeht, dass bezüglich des Unfallmechanismus
nicht genau angegeben werden könne, ob eventuell eine Luxation oder Subluxation der Schulter vorgelegen haben
könnte und deswegen eine Subluxation des Oberarmkopfes unterstellt, ist dies nicht überzeugend.
Auch die beim Kläger vorliegenden Verletzungen, dokumentiert durch die Bildgebung, sprechen gegen einen
Unfallzusammenhang. Der Kläger hatte vor allem einen Druckschmerz im Bereich des Schultereckgelenkes. Eine
sogenannte Pseudoparalyse bzw. Drop-Arm ist in der Befundung nicht vermerkt. Die Röntgenaufnahmen zeigten
keinen Luxationszustand und keine traumatischen knöchernen Verletzungen, insbesondere auch nicht am Acromion.
Bei der Kernspintomographie des linken Schultergelenkes vom 16.02.2004 zeigten sich im Wesentlichen degenerative
Alterationen an der Subscapularissehne wie auch an der Supraspinatussehne. Außerdem bestanden ein
Schulterhochstand sowie eine beginnende Schultereckgelenksarthrose. Diese Veränderungen sind nach den
Ausführungen des Dr.G. im Wesentlichen einem degenerativen Prozess zuzuordnen. Bestätigt wurde dieser Befund
im Rahmen der ersten Operation am 13.04.2004. Die histologische Befundung der Subscapularissehne ergab
ausschließlich degenerative Veränderungen ohne Hinweis auf ein stattgehabtes Trauma. Die festgestellten Schäden
an der Subscapularissehne und auch der Supraspinatussehne im Bereich des Intervalles sind daher zur Überzeugung
des Senats einem degenerativen Prozess zuzuordnen, wenngleich eine auffallende Atrophie und/oder Verfettung der
Supraspinatussehne auf dem Kernspintomogramm vom 16.02.2004 nicht erkennbar war. Das im Operationsbericht
vom 13.04.2004 beschriebene Loch im vorderen Labrum (Gelenklippe) kann nach den Ausführungen des Dr.G. eine
Normvariante sein. Da eine Verletzung der vorderen Schultergelenkskapsel einschließlich des Labrums nur durch eine
Schultersubluxation oder Luxation erklärbar wäre, ist eine entsprechende Verletzung aufgrund des Unfallmechanismus
unwahrscheinlich.
Die Supraspinatussehne war entgegen der Auffassung des Klägers zu keinem Zeitpunkt als intakt befunden worden.
Bereits die Erstbewertung durch die Radiologische Gemeinschaftspraxis am 17.02.2004 bestätigte eine Teilruptur der
Sehne des Musculus supraspinatus mit Schulterhochstand und Einengung des Subacromialraumes.
Gegen eine traumatische Schädigung spricht zudem, dass beim Kläger ausweislich des
Vorerkrankungsverzeichnisses eine Beschwerdesymptomatik an der Schulter bereits seit dem Jahr 1996
dokumentiert ist. Es haben insoweit Arbeitsunfähigkeitszeiten bestanden aufgrund einer sogenannten Impingement-
Symptomatik sowie einer Periarthritis humeris subscapularis (schmerzhafte Entzündungszustände im Bereich der
Schultergelenke) beidseitig. Die Impingement-Symptomatik ist in aller Regel Folge eines degenerativen Prozesses im
Bereich des Subacromialraumes mit Verschleiß der Rotatorenmanschette und reaktiver Reizung des subacromialen
Schleimbeutels. Vorbestehende Erkrankungen und Veränderungen am linken Arm/Schulterbereich bestanden daher
sehr wohl und sind aufgrund der Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgrund von Schulterbeschwerden belegt.
Das Vorliegen einer traumatischen Schädigung der Rotatorenmanschette kann daher nicht mit der erforderlichen
Wahrscheinlichkeit angenommen werden.
Eine Fraktur des Schulterdaches (Acromion) ist nach dem Unfallereignis nicht nachgewiesen. Die zum Unfallzeitpunkt
erfolgte bildgebende Diagnostik hat eine entsprechende Fraktur ausgeschlossen. Die Verletzung und Frakturierung
des Schulterdaches mit anschließend pseudarthrotischer Ausheilung ist nach den überzeugenden Ausführungen des
Dr.G. mit Wahrscheinlichkeit Folge der stattgehabten subacromialen Dekompression und Narkosemobilisation im
Rahmen des ersten operativen Eingriffes vom 13.04.2004. Dieses Schadensbild ist eine bekannte Komplikation der
durchgeführten Operation. Auch die im weiteren Verlauf notwendigen mehrfachen Eingriffe mit dem Ziel der
Stabilisation dieser Fraktur als Komplikation aus der Erstoperation sind demnach ebenfalls nicht als Unfallfolge
einzuschätzen. Der jetzige Zustand der linken Schulter mit erheblicher Gebrauchsbehinderung und Schmerzhaftigkeit
ist daher komplexe Folge der stattgehabten Eingriffe und nicht durch das Unfallgeschehen vom 16.12.2003
verursacht.
Ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der beim Kläger jetzt vorliegenden Gesundheitsstörungen ist
somit nicht hinreichend wahrscheinlich. Im Rahmen der Abwägung überwiegen vielmehr die gegen einen
Zusammenhang sprechenden Umstände.
Das Gutachten des Dr.D. vermag ein anderes Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Es berücksichtigt nicht die in der
gesetzlichen Unfallversicherung zugrunde zu legenden Maßstäbe, insbesondere die Theorie der wesentlichen
Bedingung. Die darin zugrunde gelegten zivilrechtlichen Grundsätze, die auf der Adäquanztheorie beruhen, sind für
das vorliegende Verfahren nicht maßgebend. Es kann daher bereits aus diesem Grund vorliegend nicht herangezogen
werden. Es kann aber auch im Einzelnen nicht überzeugen, wenn vorbestehende Erkrankungen verneint werden, eine
Luxation der Schulter unterstellt wird und eine degenerative Entstehung des Schadensbildes von vornherein als nicht
möglich eingeschätzt wird.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 10.07.2006 war somit
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.