Urteil des LSG Bayern vom 08.12.2010

LSG Bayern: hallux valgus, zumutbare tätigkeit, zustand, erwerbsfähigkeit, rente, deformität, ausbildung, diagnose, berufsunfähigkeit, bandscheibenvorfall

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 08.12.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 3 R 159/08
Bayerisches Landessozialgericht L 20 R 551/08
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.06.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1957 geborene Kläger erlernte von 1972 bis 1975 den Beruf eines Malers. In diesem Beruf war er bis 31.08.1998
tätig. Danach folgten Zeiten der Arbeitslosigkeit sowie seit 01.01.2005 der Bezug von Arbeitslosengeld II.
Der Kläger beantragte am 28.02.2007 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Mit Bescheid vom 14.03.2007
lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Nach Widerspruch hiergegen
beauftragte die Beklagte den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser kam
am 16.08.2007 zu dem Ergebnis, der Kläger könne bei Fehlhaltungen der Wirbelsäule und degenerativen
Veränderungen an Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule bei zusätzlichem Zustand nach Bandscheibenvorfall und
Schmerzsymptomatik und Funktionseinschränkung des linken Kniegelenks nach Tibiakopftrümmerfraktur 7/2006 noch
wenigstens sechs Stunden täglich leichte, zeitweise auch mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus bzw. im
Sitzen verrichten. Zu vermeiden sei häufiges Bücken, lang anhaltende bzw. häufige Überkopfarbeiten, häufiges
Klettern oder Steigen, Tätigkeiten im Knien oder in der Hocke, Nachtschicht und Tätigkeiten mit besonderem
Zeitdruck. Die weiter beauftragte Neurologin, Psychiaterin und Sozialmedizinerin Dr. B. kam am 11.09.2007 zu dem
Ergebnis, bei der Diagnose von rezidivierend auftretenden Kreuzschmerzen bei degenerativen Veränderungen im
Bereich der Lendenwirbelsäule mit einer Bandscheibenoperation in Höhe L 4/L 5 und L 5/S 1 könne der Kläger noch
wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne
Nachtschicht im Wechselrhythmus verrichten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die dagegen zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhobene Klage hat der Kläger im Wesentlichen damit begründet, sein
Leistungsvermögen lasse eine wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichtende Tätigkeit nicht zu, desgleichen
könne er eine medizinisch und sozial zumutbare Verweisungstätigkeit nicht sechs Stunden täglich ausüben.
Das SG hat die medizinischen Unterlagen beigezogen und ein Gutachten von dem Chirurgen Dr. S. eingeholt. Dieser
beschreibt in seinem Gutachten vom 03.06.2008 Fehlhaltungen im Bereich der Wirbelsäule, leichtgradige
Funktionsbehinderungen in der Halswirbelsäule, leicht bis mittelgradig in der Lendenwirbelsäule, Zustand nach
mehrfacher Bandscheibenoperation an der unteren Wirbelsäule, ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, rezidivierende
Kreuzschmerzen, posttraumatische Arthrose am linken Kniegelenk mit leichter Ergussbildung und Muskelminderung
am linken Bein, Bandlockerung im Kniegelenk, Fuß- und Zehenfehlform beidseits. Der Kläger könne noch wenigstens
sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen verrichten. Zu vermeiden seien schwere und
mittelschwere Hebe- und Tragetätigkeiten, Zwangshaltungen, bückende und kniende Arbeiten, häufiges Steigen,
Schutz vor Nässe, Kälte und Zugluft.
Mit Urteil vom 03.06.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden
täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten und zumutbar auf den Verweisungsberuf eines
Telefonisten verwiesen werden.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen
vorgetragen, er sei nicht mehr in der Lage, die Verweisungstätigkeit eines Telefonisten auszuüben. Die Tätigkeit eines
Telefonisten werde in Schichtarbeit ausgeübt und sei mit erheblichem Zeitdruck belastet. Er sei jedoch nicht mehr in
der Lage, Schichtarbeit und Arbeit mit erheblichem Zeitdruck zu verrichten. Im Übrigen bestehe auch kein
sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Der Senat hat aktuelle Befundberichte für die Zeit ab 2008 eingeholt und den Orthopäden, Rheumatologen und
Chirurgen Dr. C. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 11.02.2010
folgende Diagnosen gestellt:
- Schmerzsymptomatik und Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei degenerativ-umformenden
Veränderungen und bei Zustand nach Bandscheibenvorfall sowie zweimaligen operativen Eingriffen in den 90er
Jahren.
- Schmerzsymptomatik des linken Kniegelenkes sowie leichte Bewegungseinschränkung und Instabilität.
Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur links. Reizlose Narben bei Zustand nach knöcherner Verletzung des
kniegelenknahen Schienbeines und operativer Versorgung 2006. Degenerativ umformende Veränderungen des linken
Kniegelenkes. Leichte Funktionseinschränkung des linken Sprunggelenkes. Hautexanthem über dem
sprunggelenknahen linken Unterschenkel.
- Deutliche Fußdeformität mit Senk-Spreizfüßen sowie Hallux valgus-Deformität beiderseits ohne wesentliche
Schmerzsymptomatik.
- Gelegentlich auftretende leichte Schmerzsymptomatik des linken Auges bei Zustand nach Polytrauma 08.07.2006
mit Schädel-Hirn-Trauma, Kieferhöhlenwandfraktur, Jochbeinfraktur und Unterkieferfraktur.
Der Kläger könne noch wenigstens sechs Stunden täglich leichte bis kurzzeitige mittelschwere körperliche
Tätigkeiten, überwiegend sitzend oder im Wechselrhythmus verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten an
unfallgefährdeten Arbeitsplätzen wie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, Heben von schweren
Lasten, Arbeiten unter Zwangshaltungen im Knien sowie in gebeugter Haltung.
Im Erörterungstermin am 05.10.2010 hat der Kläger erklärt, er habe zuhause einen PC. Er sei kein Profi. Ab und zu
schreibe er einen Brief und nutze das Internet. Der Klägervertreter hat weiter vorgetragen, die bei dem Kläger spärlich
vorhandenen und für den "Hausgebrauch" ausreichenden PC-Kenntnisse genügten nicht, dass der Kläger qualifizierte
Registratur- oder Telefonistentätigkeiten in einer Anlernzeit von bis zu drei Monaten erlernen könne.
Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 03.06.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2007
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2008 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
dem Kläger die gesetzlichen Leistungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf den
Antrag vom 28.02.2007 hin zu gewähren, hilfs- weise die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens zu der Frage,
ob der Kläger als Facharbeiter zumutbar verwiesen werden kann.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 03.06.2008 zurückzuweisen.
Der Kläger könne auch auf die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters verwiesen werden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber nicht
begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen
teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, denn der Kläger kann mit seinem noch wenigstens sechs
Stunden täglichen Leistungsvermögen mit qualitativen Einschränkungen in den Verweisungsberufen als
Poststellenmitarbeiter oder angelernte Registraturkraft tätig sein.
Gemäß § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen
Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden
Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf unter sechs Stunden
gesunken ist, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kreis der
Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die deren Fähigkeiten und
Kräften entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres
bisherigen Berufes zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens
sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats die zuletzt versicherungspflichtig verrichtete Tätigkeit als Maler nicht
mehr ausüben, denn sein Leistungsvermögen entspricht nicht dem Anforderungsprofil dieses Berufes mit
Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten im Knien und Stehen.
Vielmehr stellt sich sein Leistungsvermögen folgendermaßen dar: Der Kläger ist noch in der Lage, wenigstens sechs
Stunden täglich leichte bis kurzzeitig auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten überwiegend sitzend oder im
Wechselrhythmus zu verrichten. Zu vermeiden sind Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, Heben und
Tragen von schweren Lasten, Tätigkeiten in Zwangshaltungen, im Knien sowie in gebeugter Haltung sowie unter
ungünstigen äußeren Bedingungen. Zu vermeiden sind ebenfalls Nachtschicht und Arbeiten mit besonderem
Zeitdruck.
Zur Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers stützt sich der Senat auf die Feststellungen der
Sachverständigen Dr. C. und des im SG-Verfahren gehörten Dr. S ... Eingeschränkt ist die Erwerbsfähigkeit des
Klägers im Wesentlichen auf orthopädischem Gebiet durch eine Schmerzsymptomatik und Bewegungseinschränkung
der Lendenwirbelsäule bei degenerativ umformenden Veränderungen und bei Zustand nach Bandscheibenvorfall sowie
zweimaligen operativen Eingriffen, Schmerzsymptomatik des linken Kniegelenkes sowie leichte
Bewegungseinschränkung und Instabilität, deutliche Fußdeformität mit Senk-Spreiz-Füßen sowie Hallux valgus-
Deformität beidseits ohne wesentliche Schmerzsymptomatik sowie eine gelegentlich auftretende leichte
Schmerzsymptomatik des linken Auges bei Zustand nach Polytrauma am 08.07.2006. Allerdings bedingen diese
Behinderungen keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens. Dr. C. und Dr. S. führen aus, dass die
orthopädischen Beschwerden lediglich eine Einschränkung des Bewegungs- und Stützsystems im o.g. Sinne
bedingen.
Auf nervenärztlichem Fachgebiet hat Dr. B. im Verwaltungsverfahren keine Diagnose von erwerbsmindernder
Bedeutung gestellt, sie hat jedoch eine qualitative Einschränkung dahingehend formuliert, dass Tätigkeiten mit
besonderem Zeitdruck und Nachtschicht nicht verrichten werden könnten. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob
diese Einschränkung (ohne Bezug zu einer Diagnose) tatsächlich vorliegt, denn sie führt zu keiner anderen rechtlichen
Bewertung.
Der Kläger ist nicht berufsunfähig, denn er kann zumutbar auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft wie auch
eines Poststellenmitarbeiters verwiesen werden.
Zur Beurteilung der verschiedenen beruflichen Tätigkeiten und der Zumutbarkeit einer Verweisung auf andere
Tätigkeiten hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt. Danach können die Berufe der
Versicherten im Bereich der Arbeiter in Gruppen eingeteilt werden. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der
Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Danach
werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion, des Facharbeiters (anerkannter
Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters und des
ungelernten Arbeiters qualifiziert. Für den Bereich der Angelernten ist zu unterscheiden zwischen einer Ausbildung
von 12 bis zu 24 Monaten (oberer Bereich) und einem sonstigen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von 3
Monaten bis zu 12 Monaten (unterer Bereich). Versicherte sind grundsätzlich auf die Tätigkeiten der gleichen oder
nächstniedrigeren Stufe verweisbar (BSG, Urteil vom 25.01.1994 - B 4 RAR 35/93; Urteil vom 29.07.2004 - B 4 RA
5/04 - veröffentlicht in juris).
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger als Facharbeiter auf die Tätigkeit eines Telefonisten verwiesen werden
kann. Denn er ist subjektiv zumutbar verweisbar auf die Tätigkeit einer angelernten Registraturkraft. Diese entspricht
der nächstniedrigeren Stufe. Zum Aufgabenbereich zählt das Sortieren und Ablegen von Schriftgut, das Beschriften
von Ordnern und Heften, das Ziehen und das Ablegen/Abhängen von Vorgängen, das Aussondern und Vorbereiten der
Aufgabe zum Vernichten von Akten, das Führen von nach bestimmten Kriterien geordneten Karten und
Terminüberwachungslisten und gegebenenfalls das Anfertigen von Fotokopien. Die Tätigkeit einer Registraturkraft ist
als körperlich leichte Tätigkeit zu qualifizieren, welche bereits aus arbeitsorganisatorischen Gründen im Wechsel
zwischen Sitzen und Stehen und Gehen verrichtet wird. Schweres Heben und Tragen wird nicht gefordert. In den
Registraturen sind die erforderlichen Hilfsmittel (Registraturwagen, Ablagemöglichkeiten etc.) in der Regel vorhanden.
Die körperlichen Belastungen hängen weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der
Arbeitsplatzorganisation ab. Folglich sind das Handhaben schwerer Aktenvorgänge, Zwangshaltungen und das
Arbeiten auf Leitern nicht generell mit der Tätigkeit einer Registraturkraft verbunden. An die geistigen Anforderungen
einer Tätigkeit als Registraturkraft werden keine über das normal übliche Maß hinausgehenden Ansprüche gestellt.
Soweit der Arbeitsplatz mit einem vernetzten PC ausgestattet ist, können die für alle Beschäftigten somit auch die für
die Registraturkräfte erforderlichen grundlegenden Kenntnisse innerhalb der Einarbeitungszeit auch von Beschäftigten
ohne Vorkenntnisse bzw. bisher nicht in der Bedienung einer Tastatur geübten Beschäftigten angeeignet werden. Die
Tätigkeit als Registraturkraft reicht von vorwiegend mechanischen Tätigkeiten (ehemals nach X BAT vergütet), über
einfachere Arbeiten (ehemals IX BAT), schwierige Tätigkeiten (ehemals VIII BAT) bis zu Arbeiten mit gründlichen und
besonders qualifizierten Fachkenntnissen und/oder leitenden Funktionen (ehemals VII bis V BAT). Bei der Tätigkeit
nach der Vergütungsgruppe VIII BAT handelte es sich um eine angelernte Tätigkeit (Urteil des BayLSG vom
10.02.2010 - L 13 R 1010/08, Urteil des BayLSG vom 19.12.2007 - L 19 R 904/05 - veröffentlicht in juris), auf die ein
Facharbeiter grundsätzlich verwiesen werden kann (BSG, Urteil vom 25.08.1993 - 13 RJ 59/92 - veröffentlicht in juris).
Der Kläger kann sich in diese Tätigkeit auch innerhalb von drei Monaten einarbeiten (vgl zu diesem Erfordernis BSG,
Urteil vom 22.09.1977 - 5 RJ 96/76 - veröffentlicht in juris). Der Kläger besitzt schon PC-Kenntnisse, hinsichtlich
seiner Umstellungsfähigkeit auf neue Tätigkeiten bestehen ebenfalls keinerlei Einschränkungen.
Das gleiche gilt für die Verweisung auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle. Diese Tätigkeit ist ebenfalls
der Vergütungsgruppe BAT VIII zuzuordnen (so auch Urteil des LSG Sachsen- Anhalt vom 21.01.2010 - L 10 KN 2/08
- veröffentlicht in juris). Es handelt sich hierbei um eine körperlich leichte, gelegentliche mittelschwere Arbeit in
geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und
Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter
Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und
Hörvermögen sowie die Feinmotorik der Hände. Die erforderlichen Lese- und Schreibkenntnisse sind als normal zu
bewerten. Arbeiten unter gelegentlichem Stress und Zeitdruck sind nicht auszuschließen. Die Tätigkeit umfasst die
Entgegennahme und das Öffnen der täglichen Eingangspost sowie der Hauspost, die Entnahme des Inhalts von
Postsendungen, die Überprüfung der Vollständigkeit, das Anbringen eines Posteingangsstempels, das Auszeichnen,
Sortieren und Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen.
Die Mitarbeiter einer Poststelle bereiten ebenfalls die Ausgangspost vor. Dies geschieht durch Falten und Kuvertieren,
Wiegen und Feststellen des Briefpaketportos, Frankieren per Hand bzw. mit Frankiermaschinen, das Packen von
Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in die Auslieferungsbücher. Üblich ist der
Umgang mit Bürokommunikationsmitteln wie PC, Scanner, Faxgerät und Kopierer sowie Brieföffnungsmaschinen,
Kuvertiermaschinen und Frankiermaschinen (berufskundliche Stellungnahme des Landesarbeitsamts Hessen vom
26.05.2009 in dem Verfahren S 2 R 618/05 vor dem Sozialgericht Giessen).
Auch diese Tätigkeit entspricht dem Leistungsvermögen des Klägers. Der mit dieser Tätigkeit verbundene
"gelegentliche Zeitdruck" ist nicht gleichzusetzen mit Tätigkeiten, die mit einem "besonderen Zeitdruck", d.h.
ständigen Termindruck verbunden sind. Der Kläger ist also subjektiv und objektiv auf diese Tätigkeit verweisbar.
Dem Hilfsantrag des Klägers auf Einholung eines berufskundlichen Gutachtens zu der Frage, ob der Kläger als
Facharbeiter zumutbar verwiesen werden kann, war nicht nachzukommen. Diese Fragestellung ist zum einen zu
unbestimmt, zum anderen ist die allgemeine Frage der Verweisbarkeit eines Facharbeiters im Rahmen des § 240
SGB VI eine Rechtsfrage, die nicht durch eine berufskundliche Stellungnahme geklärt werden kann, sondern der
richterlichen Würdigung unterliegt.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG
zuzulassen, liegen nicht vor.