Urteil des LSG Bayern vom 10.06.2009

LSG Bayern: osteochondrosis dissecans, arbeitsunfall, arthrose, unfallfolgen, wahrscheinlichkeit, erwerbsfähigkeit, befund, minderung, gutachter, entstehung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 10.06.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 2 U 11/00
Bayerisches Landessozialgericht L 18 U 303/07
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.03.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1956 geborene Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung eines Ereignisses vom 21.12.1995 als
Arbeitsunfall.
Am 22.03.1996 ging die von der Schwester des Klägers unterzeichnete Unfallanzeige bei der Beklagten ein. Demnach
sei der als Laderfahrer und Auftragsbearbeiter im Marmorwerk seines Vaters tätige Kläger am 21.12.1995 um 15.00
Uhr ausgerutscht, wobei er sich scheinbar am Fuß verletzt habe. Er habe weiter arbeiten können. Erst Tage später
habe er starke Schmerzen bekommen, so dass er am 09.01.1996 den Arzt aufgesucht habe.
Der Kläger gab am 09.02.1996 gegenüber der zu 1) beigeladenen Krankenkasse an, er sei am Unfalltag auf einer
Steinplatte ausgerutscht. Er habe erträgliche Schmerzen gehabt, aber keinen Arzt aufgesucht. Erst zwei Wochen
darauf sei sein Fuß immer mehr angeschwollen und er habe starke Schmerzen bekommen, sodass er am Montag,
den 08.01.1996 zu dem Facharzt Dr. G. in A-Stadt gegangen sei.
Aus den beigezogenen Akten der Beigeladenen zu 1) ergibt sich, dass der Kläger am 20.06.1972 beim Schulsport
einen Unfall hatte. Der Kläger sei beim Weitsprungswettbewerb neben der Lehrkraft am Rande der Sprunggrube
gesessen, aufgestanden und mit Schmerzäußerungen zu Boden gefallen (Unfallanzeige vom 21.06.1972). Des
Weiteren war er ab 03.07.1974 bis 15.06.1975 wegen einer Osteochondritis dissecans am rechten Sprunggelenk
arbeitsunfähig und nochmals ab 15.12.1975 bis 26.01.1976 wegen einer Distorsion des rechten oberen
Sprunggelenks. Damals wurde in der medialen hinteren Talusrolle ein freier Gelenkkörper (erbsgroßes Dissekat =
"Knochenmaus") festgestellt.
Die Beklagte holte ärztliche Unterlagen ein. Der Radiologe Dr. S. stellte am 09.02.1996 die Diagnose Osteochondrosis
dissecans an der medialen Talusrolle mit freiem Gelenkkörper, aktivierte Arthrose im unteren Sprunggelenk.
Der Orthopäde Dr. B. attestierte am 20.03.1996, der Kläger habe berichtet, dass er seit Weihnachten 1995 unter
Schmerzen im Bereich des rechten Sprunggelenks leide. Er sei kurz vor Weihnachten bei der Arbeit ausgerutscht und
dabei im rechten Sprunggelenk umgeknickt. Seit dieser Zeit leide er an ständigen Beschwerden am rechten
Sprunggelenk. Zirka eine Woche nach dem Umknicken sei das rechte Sprunggelenk angeschwollen. Daraufhin sei es
in einer Gipsschiene für eine Woche ruhig gestellt worden. Danach sei die Schwellung abgeklungen, die Schmerzen
bestünden jedoch nach wie vor. Sie seien deutlich belastungsabhängig, aber auch nachts und in Ruhe spüre der
Patient Schmerzen. Einen typischen Anlaufschmerz beschreibe der Patient nicht. Nach eigenen Angaben sei der
Kläger im Alter von 16 Jahren am rechten Sprunggelenk operiert worden und danach für insgesamt ca. 15 Jahre
beschwerdefrei gewesen. Bei der Untersuchung waren die Knie frei beweglich.
Der Orthopäde Dr. A. diagnostizierte am 29.04.1996 eine sekundäre Sprunggelenksarthrose rechts bei
Osteochondrosis dissecans. Bei einem arthroskopischen Eingriff am 18.04.1996 wurde das Dissekat entfernt.
Mit Schreiben vom 14.08.1997 führte der Kläger aus, er habe vor über 20 Jahren (1973/1974) bei seiner Ausbildung in
der Metzgerei G. in P. einen Arbeitsunfall erlitten. Er habe an diesem Tag Rinderviertel vom Schlachthaus ins
Kühlhaus tragen müssen und sei dabei mit dem rechten Fuß in einen offenen Abwasserschacht gestürzt. In der Folge
sei er operiert worden.
Die Beklagte holte einen Krankheitsbericht des Dr. G. ein, wonach der Kläger bei seiner erstmaligen Vorstellungen am
08.01.1996 keine Angaben über die Entstehung seines Leidens gemacht habe. Als Befund erhob er Schwellung und
Druckschmerz des rechten Sprunggelenks mit erheblicher Einschränkung der Beweglichkeit bei radiologisch
festgestellter ausgeprägter Arthrose.
Die Beigeladene zu 2) teilte am 06.01.1998 mit, nach einem Durchgangsarztbericht vom 17.02.1973 habe der Kläger
eine Verbrühung des linken Fußes erlitten. Ein Zusammenhang mit den jetzt geklagten Beschwerden sei nicht
erkennbar.
Der Radiologe Prof. Dr. G. wies unter dem 15.06.1998 darauf hin, dass die ehemalige Osteochondrosis dissecans
weitestgehend ausgeheilt sei. Die obere Sprunggelenksarthrose sei im Vergleich zur Voraufnahme vom 30.12.1997
stationär geblieben.
Die Beklagte holte ein fachorthopädisches Gutachten des Prof. Dr. A. vom 16.07.1998 ein. In der Vorgeschichte nach
Angaben des Klägers ist aufgeführt, die operative Versorgung des rechten oberen Sprunggelenks bei bestehender
Osteochondrosis dissecans sei am 15.01.1976 in A. durchgeführt worden. Dort sei das freie Knorpelstück fixiert
worden mit einem Zugang durch Innenknöcheldurchtrennung. Der Kläger habe angegeben, dass er seither nie
schmerzfrei gewesen sei. Im September 1996 habe eine Metallentfernung rechts im oberen Sprunggelenk
stattgefunden. Zuerst sei eine Besserung der Schmerzen aufgetreten, jedoch nie Schmerzfreiheit. Mit Turnschuhen
sei er gut zurecht gekommen. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, die objektivierten Krankheitserscheinungen am
rechten oberen Sprunggelenk stünden mit hoher Wahrscheinlichkeit im ursächlichen Zusammenhang mit dem
behaupteten Ereignis. Auch die rechtsseitigen LWS-Beschwerden und die Hüftschmerzen rechtsseitig, welche seit
1996 aufträten, könnten als Unfallfolgen betrachtet werden, da der Kläger auf Grund der Schmerzen im rechten oberen
Sprunggelenk seine rechte Hüfte und auch die Lendenwirbelsäule fehlbelaste. Wesentlichen Unfallfolgen seien eine
sekundäre Sprunggelenksarthrose rechts bei posttraumatischer Osteochondrosis dissecans, mediale Talusschulter
durch die sekundäre OSG-Arthrose, Einlauf-, Belastungs-, Ruhe- und Nachtschmerz. Die Fehlbelastung auf Grund der
Beschwerden im rechten OSG habe zu Beschwerden in der rechten Hüfte und Lendenwirbelsäule, insbesondere in der
Lendenwirbelsäule rechtsseitig, geführt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund der Unfallfolgen sei in
Höhe von 20 vH einzuschätzen.
Die Beklagte holte hierzu eine beratungsfachärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. E. vom 04.11.1998 ein, der
beanstandete, die Zusammenhangsfrage werde im vorgelegten Gutachten überhaupt nicht diskutiert. Im Übrigen sei
von einer MdE von unter 10 vH auszugehen.
Der Chirurg Dr. D. teilte am 16.12.1998 mit, auf Grund zwischenzeitlich vorgelegter älterer Befunde
(Durchgangsbericht vom 15.12.1975 und Röntgenaufnahmen vom selben Tag) habe beim Kläger ein Zustand nach
Innenknö-chelosteotomie vorgelegen, sodass davon ausgegangen werden müsse, dass es sich bei den jetzigen
Sprunggelenksproblemen um alte Probleme handele. Es sei deshalb eine kassenärztliche Behandlung eingeleitet
worden.
Die Beigeladene zu 2) teilte mit, der vom Kläger geschilderte Unfall in der Fleischerei G. sei ihr nicht gemeldet
worden. Aus den Unterlagen der Klinik Dr. E. gehe eindeutig hervor, dass die Behandlung 1974 nicht auf einen
Arbeitsunfall zurückzuführen gewesen sei. Da der Kläger lediglich die Übernahme der Behandlungskosten für die
Sprunggelenksversteifung beantragt habe, sei kein Bescheid erteilt worden.
Mit Bescheid vom 09.02.1999 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 21.12.1995 als Arbeitsunfall
ab. Die Beschwerden am rechten Sprunggelenk seien auf die Osteochondrosis dissecans am Sprungbein rechts
zurückzuführen. Hierbei handele es sich um Folgen einer Erkrankung aus dem Jahr 1974.
Der Kläger hat Widerspruch erhoben. Es sei ihm unerklärlich, weshalb in den ärztlichen Unterlagen des Dr. G. nicht
aufgenommen worden sei, dass er ihn wegen des Unfalls vom 21.12.1995 aufgesucht habe. Auch sei nachweisbar,
dass sich der Unfall tatsächlich ereignet habe. Es könne ihm nicht angelastet werden, dass er zunächst versucht
habe, weiter zu arbeiten und erst nach Auftreten unerträglicher Schmerzen den Arzt aufgesucht habe.
Die Beklagte holte erneut ein Zusammenhangsgutachten ein (Gutachten des Prof. Dr. B. vom 12.07.1999). Danach
liege ein Unfallereignis nicht vor. Die subjektiven Beschwerden und der objektive Befund stünden mit dem
Unfallereignis vom 21.12.1995 in keinem Zusammenhang. Unfallfolgen lägen zu keinem Zeitpunkt vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.1999 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Hinweis auf die
Ausführungen von Dr. E. und Prof. Dr. B. zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben. Das SG hat ein Gutachten des Orthopäden
Dr. S. eingeholt. In dem Gutachten vom 05.08.2000 hat Gutachter ausgeführt, dass nach den Angaben des Klägers
und dessen Schilderung des Unfallgeschehens kein Supinationstrauma des rechten oberen Sprunggelenkes
eingetreten sei. Es handle sich bei dem Ereignis vom 21.12.1995 um ein plötzliches und unvorhergesehenes, von
außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Eine schwere Krafteinwirkung, die zu einer Knorpelknochenabsprengung
(Flake fracture) geführt hätte, sei bei dem Unfall nicht eingetreten, da der Kläger nach eigenen Angaben in den
(Flake fracture) geführt hätte, sei bei dem Unfall nicht eingetreten, da der Kläger nach eigenen Angaben in den
folgenden Tagen nach dem Unfall noch leichtere Arbeiten habe durchführen können. Im vorliegenden Fall sei der
sichere Nachweis einer erheblichen Gelenksverletzung nicht zu erbringen. Unter Kenntnis der Krankheitsgeschichte
des rechten oberen Sprunggelenkes habe das Ereignis vor Weihnachten 1995 zu keinen Unfallfolgen geführt. Es sei
lediglich als eine Gelegenheitsursache für das Erkennbarwerden einer auf innere Ursachen zurückzuführenden
Erkrankung (Osteochondrosis dissecans) anzusehen. Es sei zu keiner unfallbedingten Minderung der
Erwerbsfähigkeit gekommen.
Auf Antrag des Klägers hat das SG den Orthopäden Prof. Dr. A. mit Gutachten vom 23.07.2001 gehört. Im Ergebnis
sei zwar an eine Mitursächlichkeit des Unfalles für die Beschwerdesymptomatik zu denken, im Gesamten sei er
jedoch auch der Meinung, dass die vorbestehende, wenn auch klinisch so lange Zeit stumme Osteochondrosis
dissecans aus alter Zeit den entscheidenden Faktor für das Krankheitsgeschehen darstelle. Eine Minderung der
Erwerbsfähigkeit bezüglich des Unfalls bestehe nicht.
Der Kläger hat auf Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MdK) verwiesen.
Nach dieser Stellungnahme vom 04.10.2001 sei der Unfall vom 21.12.1995 als wesentliche Mitursache der jetzigen
Beschwerden anzusehen.
Mit Beschluss vom 22.11.2001 hat das SG die Beigeladene zu 1) zum Verfahren beigeladen. Diese hat ausgeführt,
dass das Unfallereignis nicht als bloße Gelegenheitsursache zu werten sei, sondern als mitursächlich für die geltend
gemachten Beschwerden zu betrachten sei.
Das SG hat die Geschwister des Klägers (W. und G. A.) als Zeugen einvernommen. Mit Urteil vom 21.03.2002 hat
das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich auf die Ausführungen der Sachverständigen Dr. S. und Prof. Dr. A.
gestützt. Der Unfallhergang sei nicht geeignet gewesen, eine bleibende Gesundheitsstörung hervorzurufen. Die wenige
Tage nach dem Ereignis gefertigten Röntgenbilder ließen die Annahme einer Fraktur nicht zu. Der Röntgenbefund
habe eine ausgeprägte Arthrose, also einen schon länger bestehenden Zustand, gezeigt.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er halte daran fest, dass das Ereignis vom 21.12.1995 zumindest
wesentliche Teilursache der Sprunggelenksarthrose sowie der Osteochondrosis dissecans sei. Vor dem Ereignis sei
er jahrelang beschwerdefrei gewesen.
Die Beigeladene zu 1) schließt sich den Ausführungen des Klägers an und führt insbesondere aus, dass der Unfall
vom 21.12.1995 wesentlich ursächlich für die Reaktivierung der seit 20 Jahren ruhenden Osteochondrosis dissecans
und der daraus resultierende Behandlungsbedürftigkeit sei. Gerade das von 1974 bis 1995 bestehende Ruhen des
Beschwerdebildes trotz alltäglicher Bagatelltraumen entkräfte die Hypothese von der Schadensanlage als alleinig
wesentliche Ursache und indiziere, dass ohne das Unfallereignis bis heute keine Aktivierung der Osteochondrosis
dissecans erfolgt wäre.
Auf Antrag der Beigeladenen zu 1) hat der Senat mit Beschluss vom 15.06.2005 die Beigeladene zu 2) zum Verfahren
beigeladen. Die Beigeladene zu 2) hat Ermittlungen zu dem Unfallereignis 1973/1974 in der Metzgerei G. angestellt
und mit Bescheid vom 13.08.2007 zu diesem Ereignis vom August 1973 festgestellt, dass der Arbeitsunfall keine
MdE in rentenberechtigendem Grade hinterlassen habe. Der Unfall habe allenfalls zu einer Prellung und Zerrung des
rechten Sprunggelenkes geführt, welche folgenlos ausgeheilt seien. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der
Osteochondrosis dissecans des rechten Sprunggelenkes und dem Ereignis vom August 1973 sei nicht
wahrscheinlich. Die Osteochondrosis dissecans sei vielmehr Ausdruck vorbestehender, unfallfremder chronischer
Durchblutungsstörungen des betroffenen Knorpel-Knochen-Areals. Wegen entsprechender Beschwerden des rechten
Sprunggelenkes sei der Kläger bereits seit 1972 in hausärztlicher Betreuung gewesen.
Mit Bescheid vom 23.11.2007 hat der Bayer. Gemeindeunfallversicherungsverband den Schulunfall des Klägers vom
20.06.1972 als Arbeitsunfall anerkannt. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe nicht. Durch den Arbeitsunfall sei
es zu einer folgenlos ausgeheilten Zerrung des rechten Sprunggelenkes gekommen. Knöchernde Strukturen des
rechten Sprunggelenkes seien nicht geschädigt worden, so dass eine Osteochondrosis dissecans der Talusrolle des
rechten Sprunggelenkes diesem Unfall nicht anzulasten sei.
Der Kläger, der unter dem 21.04.2009 mitgeteilt hat, eine gerichtliche Überprüfung des Bescheides der Beigeladenen
zu 2) vom 13.08.2007 werde nicht begehrt, beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 31.03.2002 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids
vom 09.02.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.1999 zu verurteilen, eine "sekundäre
Sprunggelenkesarthrose rechts sowie eine Osteochondrosis dissecans" als Folge des Unfalls vom 21.12.1995
anzuerkennen und entsprechende Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 31.03.2002 zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil
erklärt.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten der Beigeladenen zu sowie der Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Ereignis vom 21.12.1995 stellt keinen Arbeitsunfall im
Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar, der zu entschädigen wäre.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), dessen Vorschriften anzuwenden sind
(§§ 212, 214 Abs 3 Satz 1 SGB VII), haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über
die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vH gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.
Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz
nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Gemäß Abs 1 Satz 2 dieser Vorschrift sind
Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder
zum Tod führen. Wesentlich für den Begriff des Unfalls sind demnach ein ("äußeres") Ereignis als Ursache und eine
Körperschädigung als Wirkung. Die zur Feststellung eines Arbeitsunfalls führenden anspruchsbegründenden
Tatsachen (versicherte Tätigkeit, Unfallereignis und (Erst-)Körperschaden) müssen mit Vollbeweis nachgewiesen
werden. Hierfür ist ein der Gewissheit nahe kommender Grad der Wahrscheinlichkeit notwendig. Eine Tatsache ist in
diesem Sinne als bewiesen anzusehen, wenn alle Umstände des Verfahrens nach der allgemeinen Lebenserfahrung
geeignet sind, die richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Tatsache zu verschaffen. Die für das Vorliegen einer
Tatsache sprechenden Umstände müssen demnach auf Grund aller in Betracht kommenden Möglichkeiten und
Beweistatsachen so stark überwiegen, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch
noch zweifeln könnte.
Zwar ist das Ereignis am 21.12.1995 bei Ausübung der versicherten Tätigkeit eingetreten. Jedoch hat das Ereignis
nicht zu den vom Kläger vorgetragenen Gesundheitsstörungen einer sekundären Sprunggelenkesarthrose rechts
sowie einer Osteochondrosis dissecans geführt. Der erforderliche Nachweis konnte nicht erbracht werden. Auf Grund
der ärztlichen Unterlagen aus den Jahren 1973 und 1974 steht fest, dass der Kläger bereits damals an eine
Osteochondrosis dissecans im rechten Sprunggelenk litt und am 15.01.1975 eine operative Versorgung durchgeführt
wurde. Der bei der Erstuntersuchung am 08.01.1996 durch Dr. G. erhobene Befund "ausgeprägte Arthrose" ist nicht
durch das Unfallereignis entstanden. Ob die festgestellte Schwellung und der Druckschmerz im rechten Sprunggelenk
mit erheblicher Einschränkung der Beweglichkeit auf das Ereignis vom 21.12.1995 zurückzuführen ist, konnte weder
der erstbehandelnde Dr. G., noch durch nachfolgend gehörte Ärzte festgestellt werden.
Prof. Dr. D. ging aufgrund der im Dezember 1975 gefertigten Röntgenbilder und der im Dezember 1998 erhobenen
Befunde davon aus, dass es sich bei den Sprunggelenksproblemen um alte Probleme gehandelt hat. Diese
Auffassung vertrat auch der von der Beklagten gehörte Dr. E. am 04.11.1998. Der Röntgenbefund vom 08.01.1996
zeige keine frische Knorpel-Knochen-Absprengung. Die Kanten seien für eine etwa drei Wochen alte Verletzung zu
stark abgerundet.
Selbst wenn jedoch ein Gesundheitserstschaden, etwa im Sinne der von der Beigeladenen zu 1) bezeichneten
Aktivierung der Osteochondrosis dissecans nachgewiesen wäre, hätte der Kläger dennoch keinen Anspruch auf
Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Zwar wäre dann ein Arbeitsunfall
zu bejahen, es fehlte dann jedoch an der haftungsausfüllenden Kausalität, denn die beim Kläger bestehende
sekundäre Sprunggelenksarthrose rechts und die Beschwerdesymptomatik wären nicht mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit auf eine insoweit posttraumatische Osteochondrosis dissecans zurückzuführen.
Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung infolge eines Arbeitsunfalls muss zwischen dem
Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht
geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen. Diese beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende
Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser
ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele
(conditio-sine-qua-non). Es ist die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg
verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich
unerheblichen Ursachen. Als kausal und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer
besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und
welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum
Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen
geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob es eine konkurrierende Ursache
war, ist unerheblich.
"Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd
gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich
wesentlich sein, solange andere Ursachen keine überragende Bedeutung haben (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,
Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Ziff. 1.3.6.1).
Eine Krankheitsanlage schließt demnach allein nicht aus, dass der Schaden als durch das Unfallereignis
mitverursacht anzusehen ist. Andererseits ist der Unfall nicht deswegen als wesentlich anzusehen, weil der Schaden
auf Grund des Unfallereignisses hervorgetreten ist. Letzteres ist aber wesentlich, wenn die Krankheitsanlage entweder
zur Entstehung krankhafter Veränderungen einer besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung bedurfte
und diese im Unfallereignis enthalten ist oder ohne das Unfallereignis zu einem - nicht unwesentlich - späteren
Zeitpunkt aufgetreten wäre, dieser aber durch die schädigende Einwirkung erheblich vorverlegt wurde.
Die Entscheidung richtet sich insbesondere nach der Stärke des Leidens in der Anlage und der äußeren Einwirkung
auf den Verletzten. Dabei geht es nicht um einen hypothetischen Kausalverlauf, sondern um den Schweregrad der
Krankheitsanlage, die nicht so schwer sein darf, dass bereits alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignisse in
absehbarer Zeit wahrscheinlich die Krankheit zum Entstehen gebracht hätten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin
aaO Ziff. 1.3.6.2).
Unfallunabhängige Faktoren überwiegen an ursächlicher Bedeutung, wenn sie bei vernünftiger, lebensnaher
Betrachtung die tatsächlich und auch rechtlich allein wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens
darstellen, das Unfallereignis deshalb als Gelegenheitsursache völlig zurückdrängen.
Dies zugrunde gelegt ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die beim Kläger geltend gemachten
Gesundheitsstörungen auf die - unterstellte - Auslösung einer Osteochondrosis dissecans wesentlich zurückzuführen
sind. Der gerichtsärztliche Sachverständigen Dr. S. und der von der Beklagten gehörte Professor Dr. B. beurteilen
ebenso wie der vom Kläger benannte Professor Dr. A. das Ereignis vom 21.12.1995 als bloße Gelegenheitsursache.
Es stehe fest, dass beim Kläger mit der Osteochondrosis dissecans eine Krankheitsanlage bzw. ein Vorschaden
vorhanden gewesen sei, der ebenfalls mit Wahrscheinlichkeit eine Ursache des Schadens im naturwissenschaftlich-
philosophischen Sinne sei. Außerdem ergebe sich aus den Unterlagen kein sicherer Nachweis für eine erhebliche
Gelenksverletzung. Auch sprächen die nach dem Unfall bestehenden geringen Beschwerden am rechten
Sprunggelenk gegen einen ursächlichen Zusammenhang. Auch Prof. Dr. A. lehnt zuletzt eine Mitursache des Unfalls
an der Beschwerdesymptomatik ab, obwohl er ursprünglich von einem ursächlichen Zusammenhang der
Krankheitserscheinungen am rechten oberen Sprunggelenk mit dem behaupteten Ereignis ausging. Dass etwa
zwanzig Jahre lang die Beschwerden geruht hätten, lasse zwar an eine Mitursache denken. Im Gesamten ist er
jedoch der Meinung, dass die lange Zeit stumme Osteochondrosis dissecans sich im Verlauf der Zeit weiterentwickelt
habe und für das Krankheitsgeschehen den entscheidenden Faktor darstelle.
Insbesondere in Anbetracht der aus der Krankheitsgeschichte des Klägers hervorgehenden Instabilität des
Fußgelenks, die bereits seit Schulzeiten besteht, ist die Würdigung der Gutachter für den Senat überzeugend. Der
Kläger hat selbst ausgeführt, dass er zirka zwei Wochen nur geringe Beschwerden im rechten Fußgelenk gehabt
habe. Auch spricht sein Verhalten, dass er bei der Erstuntersuchung am 08.01.1996 jedenfalls keine ausführlichen
Angaben über die Entstehung eines Leidens gemacht hat dafür, dass er seine Beschwerden damals nicht auf das
Unfallereignis vom 21.12.1995 zurückgeführt hat. Die Röntgenaufnahmen des rechten Sprunggelenkes zeigten am
08.01.1996 eine ausgeprägte Arthrose, die allein für sich gesehen bereits den damals erhobenen Befund erklären
kann. Diese Arthrose ist nicht unfallbedingt.
Da sich nach den ärztlichen Unterlagen eine wesentlichen Mitverursachung des Unfallereignisses vom 21.12.1995 mit
dem im Jahre 1996 festgestellten Beschwerdebild nicht nachweisen lässt, geht dies zu Lasten des Klägers.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Feststellungen der zu 2) Beigeladenen (Bescheid vom 13.08.2007) oder des
Bayer. Gemeindeunfallversicherungsverbandes (Bescheid vom 23.11.2007). Jeweils konnte eine vorbestehende
Osteochondrosis dissecans nicht als Unfallfolge anerkannt werden. Für eine spätere Aktivierung der Osteochondrosis
dissecans aufgrund des Ereignisses vom 21.12.1995 lassen sich hieraus keine Erkenntnisse gewinnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).