Urteil des LSG Bayern vom 24.01.2007

LSG Bayern: firma, estrich, ende der erwerbstätigkeit, rente, medikamentöse behandlung, zumutbare tätigkeit, maurer, die post, berufsunfähigkeit, einwirkung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 24.01.2007 (rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 6 R 489/03
Bayerisches Landessozialgericht L 13 R 749/05
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. September 2005 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Er- werbsminderung.
Der 1949 geborene Kläger hat vom 12.08.1963 bis 12.08.1966 den Maurerberuf erlernt. Nach eigenen Angaben
arbeitete er im Ausbildungsbetrieb bis 14.12.1966, nach einer Zeit ohne Beschäftigung in seinem erlernten Beruf vom
08.03.1967 bis 29.06.1967, vom 06.07.1967 bis 24.07.1969 als Hilfsarbeiter, Betonsteinwerker und Kanalarbeiter, vom
05.08.1969 bis 13.03.1972 als Estrichhelfer, vom 20.03.1972 bis 27.09.1974 als Estrichhelfer und -glätter und vom
25.11.1974 bis 07.05.1976 als Estrichglätter. Weiter gab der Kläger an, vom 10.05.1976 bis 31.12.1988 als
Estrichleger bei der Firma S. GmbH tätig gewesen zu sein und als Estrichglätter im Zeitraum vom 06.03.1989 bis
30.11.1997 bei der Firma Z. GmbH sowie vom 01.07.1998 bis 18.02.2002 als Estrichglätter bei der Firma S. GmbH
gearbeitet zu haben. Anschließend bezog er Leistungen der Arbeitsverwaltung vom 19.02.2002 bis 09.06.2002.
Kurzzeitig, vom 10.06.2002 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 13.06.2002, arbeitete er bei der Firma U.
Estriche GmbH.
Die Beklagte gewährte eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 07.08.2002 bis 04.09.2002. Der Bericht
enthält die Diagnosen: chronisch obstruktive Bronchitis, Adipositas permagma und obstruktives Schlafapnoe-
Syndrom. Der Kläger wurde als arbeitsunfähig entlassen, er wurde jedoch für fähig erachtet, auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt leichte körperliche Tätigkeiten bei bestimmten Einschränkungen über sechs Stunden täglich zu
verrichten. Ab 12.09.2002 ist bei dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 30, ab 07.12.2005 ein GdB von 40
anerkannt.
Am 21.11.2002 beantragte er eine Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, er sei seit Juni 2002 wegen
Atembeschwerden, Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und der Knie sowie wegen Bluthochdruck beeinträchtigt.
Mit Bescheid vom 09.12.2002 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit sei zwar
beeinträchtigt, er könne jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs
Stunden täglich ausüben. Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, er genieße Berufsschutz als Facharbeiter,
denn er sei gelernter Maurer und seit Jahren als Estrichleger beschäftigt.
Die Beklagte zog die Behindertenakte bei sowie das sozialmedizinische Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin
A.J. (MDK) vom 23.09.2002 mit dessen Stellungnahme vom 09.01.2003, das ärztliche Attest des praktischen Arztes
Dr.H. sowie dessen Befundbericht vom 20.01.2003, Befundberichte des Internisten Dr.K. vom 22.11.2002, des Arztes
für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie Dr.E. vom 16.01.2003, des Orthopäden Dr.K. vom 28.01.2003, des
Radiologen Dr.S. vom 25.09.2002 und des Chirurgen, Orthopäden und Arztes für Phlebologie Dr.E. vom 04.08.1998
und 05.08.2002 sowie des HNO-Arztes Dr.S. vom 05.07.2002 und holte das medizinische Gutachten des Internisten
und Arztes für Sozialmedizin Dr.K. vom 23.06.2003 ein. Außerdem zog sie Arbeitgeberauskünfte der Firma S. Estrich
GmBH vom 19.02.2003 sowie der Firma U. Estriche GmbH vom 19.02.2003 bei. Der Kläger legte
Arbeitsbestätigungen der Firma Z. GmbH vom 16.07.2003 sowie der Firma S. Estrich GmbH vom 21.07.2003 vor.
Dr.K. stellte eine geringe chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung, ein durch Überdruckbeatmung kompensiertes
geringes Schlafapnoe-Syndrom, rezidivierende Nacken- und Rückenbeschwerden bei mäßigen degenerativen
Wirbelsäulenveränderungen, einen geringen beidseitigen Kniegelenksverschleiß, einen primären arteriellen
Bluthochdruck, Übergewichtigkeit sowie Stauungserscheinungen an den Unterschenkeln bei Krampfaderleiden
Stadium I bis II fest. Als Estrichleger sei der Kläger nur noch drei bis unter sechsstündig, auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt sei er für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten bei Beachtung bestimmter qualitativer
Leistungseinschränkungen vollschichtig einsetzbar. Der Kläger gab bei der Begutachtung an, den Beruf als Maurer
habe er nach dem Lehrabschluss auf Empfehlung des Hautarztes wegen eines Handekzems aufgegeben. Danach sei
er einige Jahre als Fabrikarbeiter, seit 1961 als Estrich-mischer und Estrichglätter, in den letzten drei Jahren jedoch
wegen innerbetrieblicher Umsetzung als Maschinist einer halbautomatischen Estrichmaschine tätig gewesen.
Die Firma S. Estrich GmbH gab an, der Kläger habe ungelernte Arbeiten verrichtet, die in einer Einarbeitungszeit bis
maximal drei Monaten ausgeführt werden könnten. Eine betriebliche Einarbeitung sei nicht erforderlich gewesen. Er
habe Akkordlohn in gleicher Höhe wie vergleichbare Beschäftigte erhalten. Er sei wegen Arbeitsmangel
ausgeschieden. Die Firma U. Estriche GmbH führte aus, der Kläger habe als Maschinist die Estrichpumpe bedient.
Es habe sich um angelernte Tätigkeiten gehandelt, die im Allgemeinen eine Anlernung von drei Monaten und mehr
erfordern würden. Der Kläger habe im Akkord gearbeitet, es sei jedoch bereits nach drei Tagen arbeitsunfähig krank
geworden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe sich noch vor
Erfüllung der allgemeinen Wartezeit bereits im Juni 1967 von seinem erlernten Beruf gelöst. Wegen der zuletzt
ausgeübten Tätigkeit als Est-richmischer und -glätter mit einer erforderlichen Anlernzeit von bis drei bzw. von mehr
als drei Monaten sei der Kläger günstigstenfalls als angelernter Arbeiter zu qualifizieren. Er sei deshalb ohne
Einschränkung auf andere Anlerntätigkeiten und auch auf ungelernte Tätigkeiten verweisbar.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Er sei seit über
30 Jahren als Estrichleger beschäftigt. Er sei von 1976 bis 1998 als Estrichleger und Kolonnenführer (Vorarbeiter),
dann aufgrund einer Wirbelsäulenerkrankung als Estrichglätter tätig gewesen. Er habe den Beruf des Maurers erlernt
und damals habe auch das Estrichlegen zum Berufsbild des Maurers gehört. Schon in den 80-er Jahren habe er
zunehmend Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und der Gelenke gehabt, so dass er sich immer mehr der etwas
leichteren Tätigkeit des Estrichglätters zugewandt habe und weniger als Estrichleger tätig gewesen sei.
Dementsprechend werde in der Arbeitgeberauskunft der Firma Z. GmbH vom 16.11.2003 eine Tätigkeit als
Estrichglätter beschrieben, Facharbeit werde aber auch hier bejaht. Er sei dann von Mitte 1998 bis Februar 2002
hauptsächlich als Estrichmischer tätig gewesen, im geringeren Umfang auch als Estrichglätter. Schließlich habe er
aus gesundheitlichen Gründen aber auch diese etwas leichtere Tätigkeit des Mischers aufgeben müssen. Dr.H. habe
ihm Mitte 1998 empfohlen, eine leichtere Tätigkeit zu suchen. Er sei bei der Firma U. Estriche GmbH als Estrich- und
Terrazzoleger und hierbei als Facharbeiter eingestellt worden. Als gelernter Maurer habe er Werk- und
Detailzeichnungen lesen und selbst Entwurfskizzen anfertigen können. Er sei auch in der Lage, einzumessen und die
ausgeführten Arbeiten aufzumessen. Die erforderlichen Spezialkenntnisse habe er sich angeeignet. Sowohl das
Einbringen, wie auch das Glätten des Estrichs setzten Fachkenntnisse voraus, die Tätigkeit des Mischers könne
auch von einem angelernten Arbeiter verrichtet werden, wobei allerdings im Rahmen der Teamarbeit üblicherweise
auch diese Tätigkeit vom Estrichleger mit verrichtet werde. Da die Kolonne im Akkord entlohnt werde, sei letztlich
nicht entscheidend, wer welche Tätigkeit in der Kolonne verrichte. Die körperlich schwerste Tätigkeit sei das
Einbringen und Abziehen des Estrichs. Da er gesundheitliche Probleme gehabt habe, habe er zunehmend die schwere
Tätigkeit den Arbeitskollegen überlassen und sich den leichteren Tätigkeiten des Glättens und Mischens zugewandt.
Seine Fachkenntnisse seien gefragt gewesen.
Die Firma S. Estrich GmbH bestätige, dass er von Mai 1976 bis März 1989 als Estrichleger und Kolonnenführer tätig
gewesen sei.
Das SG hat Befundberichte des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde sowie Allergologie Dr.E. vom 23.10.2003,
des HNO-Arztes Dr.S. vom 22.10.2003, des Arztes für Chirurgie und Orthopädie Dr.E. vom 10.11.2003, des
Praktischen Arztes Dr.H. vom 30.11.2003, des Hautarztes und Allergologen Dr.T. vom 02.01.2004 sowie den
Leistungsauszug der Krankenkasse vom 06.07.2004 beigezogen und medizinische Sachverständigengutachten des
Arztes für Orthopädie Dr.L. vom 30.03.2004 mit der ergänzenden Stellungnahme vom 01.10.2004, des Arztes für
Allgemeinmedizin Dr.R. vom 30.03.2004 mit der ergänzenden Stellungnahme vom 06.11.2004 und auf Antrag des
Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Internisten Dr.S. vom 29.06.2005 sowie Arbeitgeberauskünfte
der Firma S. GmbH vom 28.07.2003, der Firma Z. GmbH vom 06.11.2003 und der Firma U. Estriche GmbH vom
11.11.2003 eingeholt. Die Beklagte legte eine ärztliche Stellungnahme der Dr.N. vom 18.07.2005 vor.
Dr.L. hat eine Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule bei Verschleißerscheinungen und eine statische Überlastung der
Wirbelsäule und der tragenden Gelenke bei massivem Übergewicht mit muskulären Reizzuständen, leichte
Verschleißveränderungen der Kniegelenke sowie Senk-Spreizfuß beidseits ohne Funktionseinbuße diagnostiziert. Der
Kläger sei in der Lage, leichte und gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten in abwechselnder Körperhaltung in
üblicher Arbeits- und Tischhöhe sowie aufsichtführende Tätigkeiten unter Einhaltung üblicher Arbeitspausen und unter
betriebsüblichen Bedingungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten mit
häufigem Heben und Tragen von Lasten, in häufig gebückter, nach vorn geneigter oder sonstiger
Wirbelsäulenzwangshaltung, häufige Tätigkeiten in oder über Kopfhöhe, mit häufigem Knien oder dauernden
Kniezwangshaltungen sowie unter Einwirkung von Erschütterungen auf die Wirbelsäule. Beschränkungen des
Anmarschweges zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Als Estrichleger könne der Kläger nur noch drei bis unter sechs
Stunden täglich arbeiten. Es ergebe sich kein Anhaltspunkt, dass sich der Kläger 1998 aus gesundheitlichen Gründen
von seinem Beruf als Estrichleger gelöst habe. Aus den Unterlagen der Krankenkasse würden sich nur in relativ
langen zeitlichen Abständen signifikant werdende Knie- und Wirbelsäulenerkrankungen vornehmlich in den Jahren
1986, 1993 und 2002 ergeben, so dass nicht davon auszugehen sei, dass diese Krankheiten maßgeblich für die
Berufsaufgabe als Estrichleger im Jahr 1998 gewesen seien.
Dr.R. hat eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung ohne andauernde Einschränkung der Lungenfunktion, ein
obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (nCPAP-Therapie), eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung, Struma
diffusa euthyreot sowie einen medikamentös gut eingestellten Bluthochdruck festgestellt. Der Kläger sei in der Lage,
leichte Tätigkeiten ohne wesentlichen Zeitdruck, vorwiegend in geschlossenen Räumen, in wechselnder
Körperhaltung, ohne Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen, Rauch oder Reizstoffen, ohne Einwirkung von Kälte,
Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe sowie unter Beachtung der von Dr.L. beschriebenen
Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Beschränkungen des Anmarschweges zur
Arbeitsstätte bestünden nicht. Es würden keine Erkenntnisse vorliegen, die belegen, dass sich der Kläger 1998 von
seinem Beruf als Estrichleger aus gesundheitlichen Gründen gelöst habe. Es würden keine Befundberichte vorliegen,
die belegten, dass damals eine so erhebliche Einschränkung der Herzkreislauffunktion vorgelegen habe, dass die
Tätigkeit als Estrichleger auf Kosten der Restgesundheit gegangen sei.
Dr.S. hat eine chronisch-obstruierende Lungenerkrankung diagnostiziert, Adipositas permagna, ein obstruktives
Schlafapnoe-Syndrom, einen essentiellen Hochdruck, mittelgradige bis fortgeschrittene degenerative
Wirbelsäulenveränderungen mit chronischem Thorakal-Syndrom bei gehäuften Blockierungen Höhe T 7/8 und
chronischem Zervikal-Syndrom mit gehäuften Blockierungen zwischen 1998 und 2002, einen Zustand nach
Kniebeuteloperation links, einen Zustand nach Meniskusoperation rechts 1998 (Lattenriss am lateralen
Meniskushinterhorn rechts) sowie einen Zustand nach Operation rechtes Kniegelenk 1998 (Bakerzys-te), eine
rezidivierende Nasennebenhöhlenentzündung rechts sowie eine Rachenentzündung und Nasenseptumverbiegung. Der
Kläger könne seit dem 29.08.2003 auch so genannte leichte Männerarbeiten nur noch weniger als sechs Stunden
täglich ausüben. Die Erwerbsfähigkeit als Estrichleger und Maurer sei ab 02.07.2003 auf weniger als sechs Stunden
gesunken. Insbesondere nach den operativen Eingriffen am Kniegelenk 1998 sei davon auszugehen, dass er sich aus
gesundheitlichen Gründen vom Beruf des Est-richlegers gelöst habe.
Dr.N. hat ausgeführt, der Klägers sei in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung
qualitativer Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Es sei nicht davon auszugehen, dass im Jahre 1998 eine
gesundheitsbedingte Aufgabe des Estrichlegerberufes erfolgt sei. Die Ausführungen des Dr.L. und des Dr.R. seien
gegenüber denen des Dr.S. überzeugender. Die Feststellung eines nur mehr unter sechsstündigen
Leistungsvermögens auch für leichte leidensangepasste Arbeiten sei nicht nachzuvollziehen.
Mit Urteil vom 30.09.2005 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, dem Kläger seien leichte Arbeiten des
allgemeinen Arbeitsmarktes täglich sechs Stunden und mehr zumutbar. Das Gutachten des Dr.S. könne nicht
überzeugen. Die von Dr.S. genannten Diagnosen des essentiellen Hochdrucks und der mittelgradigen bis
fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sowie die Beschwerden von Seiten der Kniegelenke
seien von den Sachverständigen Dr.L. und Dr.R. ausreichend gewürdigt worden. Durch Dr.L. sei hierzu als Arzt für
Orthopädie eine überzeugendere und fundiertere Bewertung erfolgt. Das Hochdruckleiden sei medikamentös gut
eingestellt. Dr.S. habe nicht begründet, inwiefern die Gesundheitsstörungen auf internistischem Gebiet zu einer
Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden führen könnten. Der Kläger genieße keinen
qualifizierten Berufsschutz als Facharbeiter. Maßgebend sei die Tätigkeit bei der Firma S. Estrich GmbH, wonach er
ungelernte Arbeiten ausgeübt habe. Er habe sich auch nicht aus gesundheitsbedingten Gründen von der Facharbeit
bei der Firma Z. gelöst, denn die Kündigung sei wegen Arbeitsmangel erfolgt. Der Firma Z. GmbH seien nur
gesundheitliche Beschwerden in Form von Asthma bekannt gewesen. Bei der Firma S. Estrich GmbH sei er jedoch
auch als Mischer und Glätter denselben Staubimmissionen wie bei der Firma Z. GmbH als Estrichleger ausgesetzt
gewesen. Die Beschwerden im Lungenbereich hätten daher nicht Grund die Aufgabe des Berufs des Estrichlegers
sein können. Eine Lösung komme auch nicht wegen orthopädischer Leiden in Betracht, denn der Kläger sei lediglich
wegen einer Meniskusoperation sowie der Operation einer Bakerzyste am rechten Knie kurzzeitig arbeitsunfähig
gewesen. Nach diesen Eingriffen habe er eine Tätigkeit aufgenommen, nämlich als Mischer und Glätter, bei der er
kniende Arbeiten hätte verrichten müssen, ohne dass hierbei wiederum Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgetreten seien.
Die Sachverständigen Dr.L. und Dr.R. hätten nachvollziehbar dargelegt, dass aufgrund der fehlenden Befunde
bezüglich einer erheblichen Erkrankung in den Jahren 1997 und 1998 nicht davon auszugehen sei, dass er sich aus
gesundheitlichen Gründen von seinem Beruf als Estrichleger gelöst habe.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Er habe den Beruf des Maurers erlernt und sich dann früh zum
Estrichle- ger spezialisiert. Der Estrichleger sei ein anerkannter Ausbil- dungsberuf. Es handele sich hierbei um eine
körperlich schwere Tätigkeit. Wegen zunehmender Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und der Gelenke habe er
sich als Estrichleger immer schwerer getan. Da aber in der Regel die Tätigkeit ohnehin in einer Arbeitsgruppe
ausgeübt werde, sei er bemüht gewesen, sich die leichten Tätigkeiten auszusuchen. Die Aufteilung der Arbeit sei
letztendlich der kollegialen Absprache vorbehalten gewesen. Auch wenn er gegen Ende der Erwerbstätigkeit die etwas
leichteren Tätigkeiten als Estrichglätter und Estrichmischer ausgeübt habe, habe er dadurch den Berufsschutz nicht
verloren, zumal er seine Fachkenntnisse weiter hätte einbringen müssen. Er sei bis 2002 Facharbeiter und laut
Bestätigung der Firma S. Estriche GmbH vom 21.07.2003 auch als solcher entlohnt worden.
Auf Anfragen des Senats hat die Firma S. Estrich GmbH mitgeteilt, das Handwerk Estrichleger sei immer unter der
Rubrik Maurer eingestuft gewesen. Somit habe es den Beruf des Estrichlegers nur in Verbindung des
Maurerhandwerks gegeben. Nach diesen Tarifen seien die Estrichleger abgerechnet worden und es sei zwischen
Helfern und Facharbeitern unterschieden worden. Also habe der Kläger den Beruf des Facharbeiters nach Maurer- und
nicht nach Estrichlegerrecht erhalten. Der Kläger sei hauptsächlich als Mischer tätig gewesen. Bei Bedarf habe er
auch den Estrich geglättet, er habe aber keinen Estrich gelegt. Ein Estrichtrupp bestehe aus drei bis vier Arbeitern. Er
habe nicht legen müssen. Dies hätten andere übernommen.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 30. September 2005 und des
Bescheides vom 9. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2003 die Beklagte
zu verurteilen, ihm Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. November 2002 und Rente
wegen voller Erwerbsminderung ab 1. September 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat ausgeführt, unter Berücksichtigung der Angaben der Firma S. Estrich GmbH sei davon auszugehen, dass der
Kläger in einem Estrichlegerbautrupp als ungelernter Arbeiter eingesetzt gewesen sei und aufgrund der
Akkordbezahlung, je nach Verlegegeschwindigkeit, durchaus eine Entlohnung habe erreichen können, die der eines
Facharbeiters entsprochen habe.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den
Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und des SG, der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie der
vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), jedoch unbegründet, denn der
Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 09.12.2002 (Wi- derspruchsbescheid vom 29.08.2003), mit dem die
Beklagte den Antrag des Klägers vom 21.11.2002 auf Zahlung von Rente wegen Erwerbsminderung ablehnte. Das SG
hat die dagegen erhobene Kla- ge mit Urteil vom 30.09.2005 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte
keinen Anspruch auf eine Rente wegen Er- werbsminderung, weil schon kein Anspruch auf eine Rente wegen
teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB
VI) besteht nicht, denn der Kläger ist ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom 21.11.2002 nicht im Sinne des § 240
Abs.2 SGB VI berufsunfähig. Danach sind nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen
Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden
Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden
gesunken ist (§ 240 Abs.2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von
Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter
Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen
Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs.2 Satz 2 SGB VI). Berufsunfähig
ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, wobei die jeweilige
Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§ 240 Abs.2 Satz 4 SGB VI).
Diese Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit liegen nicht vor. Zwar ist das nach § 240 Abs.2 Satz 1 SGB VI
festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers bereits eingeschränkt. Er ist aber in der Lage, leichte
Tätigkeiten in abwechselnder Körperhaltung unter Einhaltung der üblichen Arbeitspausen unter betriebsüblichen
Bedingungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Zu vermeiden sind hierbei Tätigkeiten mit häufigem
Heben und Tragen von Lasten, in häufig gebückter, nach vorn geneigter oder sonstiger Wirbelsäulenzwangshaltung,
häufige Tätigkeiten in oder über Kopfhöhe, Tätigkeiten mit häufigem Knien oder dauernder Kniezwangshaltung, unter
Einwirkung von Erschütterungen auf die Wirbelsäule sowie unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen, Rauch,
Reizstoffen und von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe. Beschränkungen des
Anmarschweges zur Arbeitsstätte bestehen nicht, weil der Kläger die durchschnittlich erforderlichen Fußwege
zurücklegen kann (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr.10).
Dieses berufliche Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich aus den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten
Gutachten des Dr.L. und des Dr.R ... Aufgrund der von den Sachverständigen umfassend durchgeführten
Untersuchungen hält es der Senat auch nicht für erforderlich, eine weitere medizinische Sachaufklärung
durchzuführen. Der Kläger leidet nach den Feststellung des Dr.L. und des Dr.R. im Wesentlichen an einer
Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule bei Verschleißerscheinungen und statischer Überlastung bei massivem
Übergewicht und muskulären Reizzuständen, an leichten Verschleißveränderungen der Kniegelenke, einer chronisch-
obstruktiven Atemwegserkrankung ohne eine andauernde Einschränkung der Lungenfunktion, einem obstruktiven
Schlafapnoe-Syndrom, einer chronischen Nasennebenhöhlenentzündung, einer Struma diffusa euthyreot, sowie an
einem medikamentös gut eingestellten Bluthochdruck.
Bei der Untersuchung durch Dr.L. zeigte sich die Beweglichkeit der Wirbelsäule in allen Abschnitten nur leicht
eingeschränkt. Der Sachverständige wies darauf hin, dass sich der Kläger ohne Schwierigkeit im Stehen zum
Ausziehen der Schuhe bis zu den Füßen nach vorne bücken konnte. Lediglich bei der Seitneigung wird der
Lendenbeckenübergang steif gehalten. Die Beweglichkeit der Gelenke der unteren Extremitäten zeigte sich
seitengleich nicht wesentlich eingeschränkt und die Bänder im Bereich der Knie und Fußgelenke waren fest. Nur bei
kräftiger Anspannung konnte im Bereich der Vorderseite beider Kniegelenke ein Schmerz ausgelöst werden. Auch die
Muskulatur zeigte sich funktionsfähig. Im Vordergrund stand der Wirbelsäulenbefund mit vermehrten muskulären
Reizzuständen, einer vermehrten Rundrückenbildung, Formveränderungen einzelner Wirbel, einer kurzbogigen
Seitbiegung und erheblichen degenerativen Veränderungen. Diese Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule
führen zu den von Dr.L. genannten qualitativen Einschränkungen, so dass schwere körperliche Arbeiten und
Tätigkeiten mit einer besonderen Belastung der Wirbelsäule nicht mehr zuzumuten sind. Neurologische Auffälligkeiten
bestanden nicht, insbesondere war auch das Lasègue-Zeichen negativ. Dr.R. konnte bei der Untersuchung keine
gravierenden gesundheitlichen Schäden feststellen. Die Lungenfunktionsprüfung ergab normale Werte. Bei der
klinischen Untersuchung zeigten sich keine Auffälligkeiten, die Lungengrenzen waren beidseits ausreichend
verschieblich und über allen Partien konnte der Sachverständige reines Bläschenatmen und keine Nebengeräusche
feststellen. Auch röntgenologisch bestanden keine krankhaften Veränderungen im Bereich von Herz und Lungen. Im
Übrigen gab der Kläger selbst an, dass er beim Gehen auf ebener Strecke keine Atemnot verspüre, lediglich beim
Treppensteigen bzw. bei feuchtkaltem Wetter die Beschwerden zunehmen würden. Das Schlafapnoe-Syndrom
unterliegt einer Therapie und der Bluthochdruck ist medikamentös gut eingestellt. Mit den von Dr.R. genannten
Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens, nämlich die Vermeidung von Arbeiten unter Einwirkung von
Staub, Gasen, Dämpfen, Rauch, Reizstoffen und unter Einwirkung von Kälte, Hitze, starken
Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe, wobei sich der Kläger vorwiegend in geschlossenen Räumen aufhalten
soll, sind insbesondere die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung und das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom
ausreichend berücksichtigt.
Dagegen ist das SG zutreffend dem Gutachten des Dr.S. nicht gefolgt, der eine rentenberechtigende Einschränkung
des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers nicht ausreichend begründen konnte. Der Gutachter hat keine
wesentlichen Gesundheitsstörungen aufgezeigt, die abweichend von den Feststellungen der Sachverständigen Dr.L.
und Dr.R. zusätzliche Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens rechtfertigen könnten. Der essentielle
Bluthochdruck ist durch eine medikamentöse Behandlung, wie Dr.R. festgestellt hat, gut eingestellt. Folgeschäden
des Bluthochdrucks konnte auch Dr.S. nicht feststellen. Er wies darauf hin, dass die chronische obstruktive
Lungenkrankheit zusammen mit der Fettsucht, dem Schlafapnoe-Syndrom, dem essentiellen Hochdruck und der
wiederkehrenden Nasennebenhöhlenentzündung, die Rachenentzündung und die Verbiegung der Nasenscheidewand
sich negativ beeinflussen würden. Aus dieser Feststellung kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass
bereits eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens resultiert. Dr.S. hat nicht ausreichend
berücksichtigt, dass insbesondere bei der Überprüfung der Lungenfunktion normale Werte gemessen wurden. Auch
die klinische Untersuchung ergab, wie bei Dr.R. , keine wesentlichen Auffälligkeiten. Der Anamnese ist zu entnehmen,
dass der Kläger nur bei stärkerer körperlicher Belastung an Atemnot leidet. Die von Dr.S. genannten Diagnosen auf
orthopädischem Gebiet wurden von Dr.L. ausreichend berücksichtigt. So erfolgte eine umfassende Befundung von
Röntgenausnahmen der Hals- und Brustwirbelsäule. Im Bereich der unteren Extremitäten wies Dr.L. auch auf die
Schleimbeuteloperation und die Entfernung einer Bakerzyste im Bereich des rechten Kniegelenks hin. Die
Beweglichkeit zeigte sich aber seitengleich ausgiebig. Die Beugung der Kniegelenke war beidseits bis 120 Grad
möglich und die Muskelkraftentwicklung in allen Abschnitten der unteren Extremitäten regelrecht. Eine Einschränkung
des zeitlichen beruflichen Leistungsvermögens lässt sich hieraus nicht ableiten.
Neben dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Gesichts- punkt für die Feststellung einer Berufsunfähigkeit
der Hauptbe- ruf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten
versicherungspflichtigen Beschäfti- gung oder Tätigkeit auszugehen. Es ist hierbei die Berufstätigkeit zugrunde zu
legen, die bei im Wesentlichen ungeschwächtem Arbeitsvermögen nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit
ausgeübt wurde. Als nur vorübergehend ist eine Tätigkeit anzusehen, wenn bei ihrem Beginn davon auszugehen ist,
dass sie voraussichtlich nicht länger als ein Jahr dauern wird (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI Rdnr.10 m.w.N.).
Der Kläger hat nach Abschluss der Maurerlehre diesen Beruf nur kurzzeitig ausgeübt und war später als Hilfsarbeiter,
Beton- steinwerker und Kanalarbeiter tätig. Er hat auch später den Maurerberuf nicht mehr ausgeübt. Er hat sich somit
vom Beruf des Maurers endgültig durch Zuwendung zu einer anderen Berufstätigkeit gelöst (vgl. BSG, SozR 2600 §
45 Nr.22; SozR 2200 § 1246 Nr.130).
Zwar gab der Kläger bei der Untersuchung durch Dr.K. am 17.06.2003 an, er habe den Beruf als Maurer auf
Empfehlung des Hautarztes aufgegeben. Zweifelhaft bleibt jedoch, ob sich der Kläger tatsächlich wegen des
Handekzems vom Beruf des Maurers gelöst hat, weil er auch später hautbelastende Arbeiten, zuletzt im Estrichleger-
Handwerk ausgeübt hat, wobei er einerseits bei Dr. K. angab, die Arbeit habe ihm kaum Probleme bereitet, weil er
immer mit Handschuhen gearbeitet habe, andererseits gegenüber Dr.T. äußerte, während des Tragens von
Handschuhen sei es zu einer Verschlechterung gekommen. Letztlich kann jedoch die Beantwortung der Frage
dahinstehen, ob sich der Kläger aus gesundheitlichen Gründen vom Beruf des Maurers gelöst hat, da der Kläger zu
diesem Zeitpunkt die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs.1 SGB VI noch nicht erfüllt hatte (vgl.
BSG SozR 2200 § 1246 Nr.126 m.w.N). Eine vorzeitige Wartezeiterfüllung gemäß § 53 SGB VI kommt nicht in
Betracht, insbesondere ist nicht nachgewiesen, dass eine Berufskrankheit vorliegt, und zwar schon deshalb nicht,
weil der Kläger die hautgefährdende Tätigkeit im Estrichleger-Handwerk nicht wegen des Handekzems aufgegeben
hat.
Ab 05.08.1969 war der Kläger im Estrich-Handwerk tätig, allerdings ergibt sich bereits aus seinen eigenen Angaben,
dass er den Beruf nicht als Facharbeiter ausgeübt hat. Er hat ausgeführt, dass er bei der Firma U. bis 13.03.1972
lediglich als Estrichhelfer tätig war. Es ist also davon auszugehen, dass er den Beruf des Estrichlegers nicht
vollwertig ausgeübt hat, sondern im Wesentlichen Zuarbeiten geleistet hat. Schon deshalb kann nicht ohne weiteres
unterstellt werden, dass der Kläger durch die Absolvierung der Maurerlehre in den Jahren 1963 bis 1966 in der Lage
war, das Estrichleger-Handwerk als Facharbeiter uneingeschränkt zu verrichten.
Auch in der Zeit vom 20.03.1972 bis 27.09.1974 war der Kläger nach seinen Angaben lediglich als Estrichhelfer und -
glätter bei der Firma S. und vom 25.11.1974 bis 07.05.1976 wiederum bei der Firma U. lediglich als Estrichglätter
tätig. Nur für den Zeitraum 10.05.1976 bis 31.12.1988 gab der Kläger an, bei der Firma S. Estriche GmbH als
Estrichleger tätig gewesen zu sein, später jedoch wieder vom 06.03.1989 bis 30.11.1997 und vom 01.07.1998 bis
18.02.2002 als Estrichglätter. Somit ist bereits den Angaben des Klägers selbst zu entnehmen, dass er jedenfalls ab
06.03.1989 den Estrichleger-Handwerksberuf allenfalls in Teilbereichen ausgeübt hat. In dieses Bild passen auch die
Angaben des Klägers im Zuge der Reha-Maßnahme in der Klinik R. vom 07.08.2002 und bei der Untersuchung durch
Dr.K. im Widerspruchsverfahren. In R. gab er an, zuletzt als Maschinist tätig gewesen zu sein. Bei Dr.K. wies er
darauf hin, seit 1961 als Estrichmischer und -glätter und in den letzten drei Jahren als Maschinist gearbeitet zu haben.
Dies ergibt sich auch aus den eingeholten Arbeitgeberauskünf- ten. Nach der Auskunft der Firma S. GmbH, bei der
der Kläger vom 10.05.1976 bis 31.12.1988 und vom 01.07.1998 bis 18.02.2002 tätig war, arbeitete er als Mischer und
Glätter nur in einem Teilbereich einer Facharbeitertätigkeit, der nach relativ kurzer Einarbeitungszeit bis maximal drei
Monaten ausgeübt werden kann. Ebenso lässt sich der Auskunft der Firma S. Estrich GmbH entnehmen, dass der
Kläger hauptsächlich als Mischer tätig war und er bei Bedarf den Estrich auch glättete, er aber keinen Estrich legte.
Dies übernahmen seine Arbeitskollegen. Darüber hinaus ergibt sich auch aus den Angaben der Firma Z. GmbH keine
Facharbeitertätigkeit des Klägers im Estrichleger-Handwerk, denn er war danach nur als Estrichglätter tätig.
Die Höhe des Lohnes bei der Firma S. Estrich GmbH und der Firma Z. (Facharbeiterlohn) erklärt sich daraus, dass der
Kläger im Akkord gearbeitet hat. Dies ist jedoch für die Bestimmung der Qualität des Hauptberufs ohne Bedeutung.
Die tarifliche Einstufung oder Entlohnung durch den Arbeitgeber ist für die Feststellung des bisherigen Berufs im
Sinne des § 240 Abs.2 Satz 2 SGB VI nicht bindend, wenn die Tarifstufe bzw. Bezahlung nicht auf
qualitätsbezogenen, sondern auf qualitätsfremden Merkmalen beruht (BSG, SozR 3-2200 § 1246 Nr.13).
Qualitätsfremde Merkmale liegen vor, wenn eine hohe tarifliche Einstufung im Wesentlichen auf besondere Nachteile
und Erschwernisse wie Schicht- oder Akkordarbeit, Arbeiten unter Hitze- oder Kälteeinwirkung oder schmutzige
Arbeiten zurückzuführen ist (BSG, SozR 3-2200 § 1246 Nr.28). Im vorliegenden Fall ist deshalb davon auszugehen,
dass unter Berücksichtigung der Angaben der Arbeitgeber die höhere Bezahlung insbesondere aufgrund der
Akkordarbeit erfolgte, jedoch nicht auf qualitätsbezogenen Merkmalen beruhte, die eine vollwertige
Facharbeitertätigkeit begründen könnten.
Nicht zu berücksichtigen ist der Beschäftigungszeitraum bei der Firma U. Estriche GmbH vom 10.06.2002 bis
06.07.2002, in dem der Kläger nur drei Tage gearbeitet hat. Zwar kann auch eine nur kurzzeitig ausgeübte
Berufstätigkeit zur Beurteilung des bisherigen Berufs im Sinne des § 240 Abs.2 Satz 2 SGB VI herangezogen werden
(BSG SozR 2200 § 1246 Nr.66 m.w.N.). Jedoch hätte dies nur einen Einfluss auf die Bewertung, wenn der Kläger eine
höherwertige Tätigkeit ausgeübt hätte. Bei der Firma U. Estriche GmbH hat aber der Kläger als Maschinist lediglich
die Estrichpumpe bedient. Hier kann unterstellt werden, dass der Kläger, der wegen Arbeitsunfähigkeit nur drei Tage in
dem Betrieb tätig war, aus gesundheitlichen Gründen keine schwereren Arbeiten ausgeführt hat.
Unter Berücksichtigung der Angaben der Arbeitgeber, insbesonde- re der Firma S. Estrich GmbH, hat somit der Kläger
keinen vollwertigen Facharbeiterberuf ausgeübt, so dass ihm kein Be- rufsschutz zusteht. Die vom SG aufgeworfene
Frage, ob sich der Kläger vom Beruf des Estrichlegers gelöst hat, stellt sich nach Auffassung des Senats nicht, weil
die vom Kläger ausgeführten Arbeiten im Estrich-Handwerk bei den verschiedenen Arbeitgebern im Wesentlichen
identisch waren.
Auch wenn der Kläger seinen bisherigen Beruf als Maschinist und Estrichglätter nicht mehr ausüben kann, ist er
deshalb nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nicht aus, wenn Versicherte ihren
bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können. Vielmehr sind, wie sich aus § 240 Abs.2 Satz 2 SGB VI ergibt,
Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesund-
heitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.138).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs.
Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt, die ausgehend
von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet wurden. Die
Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt allein nach der Qualität der verrichteten
Arbeit, wobei es auf das Ge- samtbild ankommt, wie es durch die in § 240 Abs.2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale
wie Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen der bis-
herigen Berufstätigkeit umschrieben ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.27, 33). Hierbei darf der Versicherte im
Vergleich zu seinem Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (BSG, SozR 2200 § 1246 Nr.143;
SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).
Nach den Angaben der Firma S. Estrich GmbH vom 05.03.2003 wäre der Kläger der Gruppe mit dem Leitberuf des
ungelernten Arbeiters zuzuordnen, weil er danach Arbeiten ausführte, die von ungelernten Arbeitern sofort oder nach
relativ kurzer Einarbeitungszeit ausgeübt werden können (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.45). Dies zugrunde gelegt,
wären dem Kläger alle Berufstätigkeiten sozial zumutbar, denen er körperlich, geistig und seelisch gewachsen ist,
wobei es der Benennung des konkreten Verweisungsberufs grundsätzlich nicht bedarf. Eine Zuordnung des Klägers
zum Leitberuf des angelernten Arbeiters mit einer Anlernzeit von bis zu einem Jahr (BSG SozR 3-2200 §-1246 Nr.45)
hätte im Übrigen ebenso zur Folge, dass ihm die Verweisung auf praktisch alle, auch ungelernte Berufstätigkeiten
sozial zumutbar ist, denen er körperlich, geistig und seelisch gewachsen ist, wobei es auch hier eines konkreten
Verweisungsberufs grundsätzlich nicht bedarf.
Wenn davon auszugehen wäre, dass der Kläger bei der Firma S. Estrich GmbH aus gesundheitlichen Gründen in
seiner Tätigkeit eingeschränkt war - wobei sich für diese Annahme aufgrund der eingeholten Gutachten keine
ausreichenden Hinweise ergeben -, führt dies im Ergebnis zu keiner abweichenden Bewertung, denn es ist, wie oben
dargestellt, nicht nachgewiesen, dass er bei der Firma Z. GmbH im Zeitraum 06.03.1989 bis 30.11.1997 eine
vollwertige Facharbeitertätigkeit ausgeübt hat, weil er lediglich in einem Teilbereich der Tätigkeit eines ausgebildeten
Estrichlegers tätig war, nämlich als Estrichglätter. Dies hat der Kläger selbst auch gegenüber dem SG bestätigt.
Sofern ein Versicherter nur in Teilbereichen eines Berufes gearbeitet hat, ist die Einstufung als Facharbeiter nicht
möglich, auch wenn Facharbeiterlohn gezahlt wurde (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.129; KassKomm-Niesel § 240 SGB
VI Rdnr.66).
Auch wenn es zutreffen mag, dass der Kläger aufgrund langjähriger praktischer Berufsausübung Kenntnisse erworben
hat, die über die Qualität eines Arbeiters mit einer Anlernzeit von bis zu einem Jahr hinausgeht, ist jedenfalls eine
vollwertige Facharbeitertätigkeit nicht ausreichend zu begründen, auch wenn er den Maurerberuf erlernt hat. Der Beruf
des Estrichlegers erfordert eine Ausbildung von drei Jahren (Verordnung über die Berufsausbildung in der
Bauwirtschaft vom 02.06.1999 (BGBl I S.1102), zuletzt geändert durch Verordnung vom 02.04.2004 (BGBl I S.522),
wobei umfangreiche theoretische und praktische Fertigkeiten vorausgesetzt werden. Das Berufsbild des Estrichlegers
existiert seit 1974, anerkannt durch die Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 08.05.1974
(BGBl I S.1073). Es ergeben sich bei dem Kläger gerade keine Hinweise, dass ihm im Rahmen seiner Ausbildung
zum Maurer entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt worden sind, die die vollwertige Ausübung des
Berufs des Estrichlegers voraussetzt. Der Kläger hat auch keine entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen
absolviert.
Der Kläger kann nach Auffassung des Senats wegen einer langjährigen Berufspraxis, in denen er Kenntnisse und
Fähigkeiten im Berufsfeld des Estrichlegers erworben hat, allenfalls einem Ausbau-Facharbeiter der ersten Stufe
gleichgestellt werden, der eine Ausbildungszeit von 24 Monaten absolviert hat (§ 2 Abs.2 Satz 1 der Verordnung über
die Berufsausbildung in der Bauwirt- schaft vom 02.06.1999 (BGBl I S.1102). Damit ist der Kläger der Gruppe mit dem
Leitberuf des angelernten Arbeiters des oberen Bereichs mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren zuzuordnen
(vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.45).
Eine Einordnung in den oberen Bereich der Stufe der Anlerntätigkeiten hat zur Folge, dass ein Versicherter nicht auf
das allgemeine Arbeitsfeld verwiesen werden kann. Zumutbar ist eine Verweisungstätigkeit nur unter der
Voraussetzung, dass sie sich durch Qualitätsmerkmale wie das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder
die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnet (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.45, 109, 143).
Sofern einem Versicherten gesundheitlich zumutbar, ist ein oberer Angelernter auf den Beruf des Pförtners an der
Nebenpforte verweisbar (BSG, Urteil vom 12.02.2004 -B 13 RJ 49/03 R). Aufgrund der eingeholten Gutachten des
Dr.L. und des Dr.R. ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass der Kläger ein solche Berufstätigkeit nicht mehr ausüben
könnte. Bei dem Beruf des Pförtners an der Nebenpforte handelt sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, die der
Kläger trotz der Einschränkungen auf orthopädischem und internistischem Gebiet ausüben kann. Darüber hinaus
käme eine Verweisung auf eine Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle eines größeren Betriebes in Betracht. Auch
diese Tätigkeit hebt sich aus dem Kreis völlig unqualifizierter Arbeiten durch Qualitätsmerkmale, wie das Erfordernis
einer Einarbeitung heraus. Es handelt sich um Arbeiten, die in wechselnder Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen
und Sitzen ausgeführt werden. Zwangshaltungen fallen selten an. Das Heben und das Tragen von schweren Lasten
werden dadurch vermieden, dass die Post mittels fahrbarer Rollwagen transportiert wird (Bayer. Landessozialgericht,
Urteil vom 16.09.2006, Az.: L 13 R 149/05).
Auch bei einer Einstufung des Klägers als angelernter Arbeiter des oberen Bereichs besteht somit kein Anspruch auf
eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und somit auch kein Anspruch auf eine Rente
wegen voller Erwerbsminderung.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 30.09.2005 war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seiner Klage auch im
Berufungsverfahren er- folglos geblieben ist.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulas- sen, liegen nicht vor.