Urteil des LSG Bayern vom 19.12.2007

LSG Bayern: zumutbare tätigkeit, rente, umschulung, klinik, erwerbsfähigkeit, bandscheibenvorfall, somnambulismus, wechsel, defizit, anschluss

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 19.12.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 8 R 191/03
Bayerisches Landessozialgericht L 19 R 904/05
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.11.2005 aufgehoben und die
Klage gegen den Bescheid vom 18.03.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2003
abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Weitergewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) über den 28.02.2002
hinaus streitig.
Der 1963 geborene Kläger hat bis 1996 im erlernten Maurerberuf gearbeitet. Mit Bescheid vom 08.06.2001 bewilligte
ihm die Beklagte Rente wegen BU auf Zeit vom 05.02.2000 bis 28.02.2002 und mit weiterem Bescheid vom
24.08.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.05.2001 bis 28.02.2002. Der Rentengewährung lag
ursprünglich ein Privatunfall des Klägers vom 20.04.1996 zugrunde, in dessen Folge es im Bereich des rechten Knies
am 22.04.1996 zu einer Arthroskopie und am 24.07.1996 zu einer weiteren Operation mit Krampfaderentfernung kam.
Außerdem wurden später ein epileptisches Anfallsleiden, ein Bandscheibenvorfall HWK 6/7 ohne neurologische
Symptomatik und ein Verdacht auf Somnambulismus festgestellt.
Der Rentengewährung ging ein Verfahren wegen beruflicher Förderung voraus. Nach einer am 03.03.1998 begonnenen
Berufsfindungsmaßnahme nahm der Kläger ab 02.02.1999 an einer Umschulung zum Bürokaufmann teil, die wegen
Fehlzeiten des Klägers am 04.02.2000 abgebrochen wurde. Eine von ihm gewünschte weitere Umschulung lehnte die
Beklagte nach einer weiteren Berufsfindungsmaßnahme (09.10. bis 20.10.2000) ab.
Auf den Weitergewährungsantrag des Klägers hin erstattete Prof. Dr.Dr.N. das neurologisch-psychiatrische Gutachten
vom 20.02.2002, in dem der Sachverständige zu der Auffassung gelangte, dass nach dem jetzt gewonnenen
Untersuchungseindruck (Diagnosen: epileptisches Anfallsleiden, Bandscheibenvorfall HWK 6/7 ohne neurologische
Symptomatik, Verdacht auf Somnambulismus) von einer deutlichen Stabilisierung auszugehen sei. Aus
nervenärztlicher Sicht sei der Kläger für leichte und mittelschwere Tätigkeiten mit gewissen Einschränkungen
vollschichtig einsetzbar. Im Hinblick auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.03.2002 und
Widerspruchsbescheid vom 14.02.2003 die Weitergewährung von Rente ab. Der Kläger sei als Facharbeiter auf die
Tätigkeiten eines Fachberaters im Baustoffhandel und eines qualifizierten Pförtners verweisbar.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Würzburg (SG) nach Beinahme verschiedener ärztlicher Unterlagen und der
Leistungsakte der Agentur für Arbeit (W.) den Neurologen und Psychiater Dr.K. gehört, der im Gutachten vom
30.09.2004 zu der Beurteilung gelangte, der Kläger sei mindestens sechs Stunden für körperlich leichte und
mittelschwere Tätigkeiten einsetzbar. Es sollte sich vorrangig um Tätigkeiten im Stehen und in wechselnder Stellung
handeln, gelegentliche Sitzpositionen seien ohne weiteres möglich. Das SG hat weiter eine berufskundliche
Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Bayern (N.), vom 26.07.2005 eingeholt, in der zu den
Verwaltungstätigkeiten Fachverkäufer/-berater für Bau-/Heimwerkerbedarf, Registrator, Poststellenmitarbeiter und
Pförtner Stellung genommen wurde. Vom 13.07.2005 bis 24.08.2005 unterzog sich der Kläger in der A.klinik S. einem
Heilverfahren. Im Entlassungsbericht hielt die Klinik den Kläger für fähig, zumindest leichte Tätigkeiten in wechselnder
Position und frei wählbarer Arbeitshaltung vollschichtig zu verrichten. Bei einer Schreibtischtätigkeit sollte der
Schreibtisch höhenverstellbar sein. Ein PC-Arbeitsplatz wäre für den Kläger hinsichtlich des gezeigten Interesses an
PC-Tätigkeiten, mit denen er sich auch in der Freizeit beschäftige, gut geeignet.
Mit Urteil vom 10.11.2005 hat das SG die Beklagte verurteilt, Rente wegen BU über den 28.02.2002 hinaus auf Dauer
zu gewähren. Im Anschluss an die Leistungsbeurteilung des ärztlichen Sachverständigen sei beim Kläger eine
entsprechende Verweisung auf andere Arbeitsplätze nicht möglich. Qualifizierte Verweisungstätigkeiten seien nicht
innerhalb einer dreimonatigen Einarbeitungszeit vollwertig ausübbar. Soweit die Beklagte weiterhin die Tätigkeit eines
Registrators oder Poststellenmitarbeiters als Verweisungstätigkeit anführe, sei dies durch die genannte
berufskundliche Stellungnahme entkräftet.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt und im Wesentlichen vorgebracht, für den Kläger kämen die
Verweisungstätigkeiten eines Hochregalarbeiters und auch die eines Fachberaters in Bau- und Hobbymärkten in
Betracht. Entgegen den Ausführungen der Bundesagentur für Arbeit sei der Kläger in der Lage, sich aufgrund seiner
privat erworbenen PC-Kenntnisse und seiner beruflichen Erfahrungen entsprechende Kenntnisse innerhalb der
geforderten Dreimonatsfrist anzueignen bzw. seine vorhandenen zu vertiefen. Die Beklagte hat außerdem geltend
gemacht, sie habe weitere Anstrengungen zur beruflichen Wiedereingliederung des Klägers unternommen. Die
Vermittlung sei im Wesentlichen an der derzeitigen Arbeitsmarktsituation gescheitert, aber auch an der begrenzten
räumlichen Mobilität des Klägers bzw. an seinen geäußerten Gehaltsvorstellungen, die sich an der Maurertätigkeit
orientierten.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren Befundberichte und Unterlagen des Neurologen und Psychiaters Dr.H. ,
des Orthopäden Dr.K. und die Unterlagen der Allgemeinmediziner Dres.S. zum Verfahren beigenommen. Zu den
streitigen medizinischen Fragen hat der Senat den Orthopäden Dr.B. (Gutachten vom 29.11.2006) und den Neurologen
und Psychiater Dr.S. (Gutachten vom 02.04.2007) gehört. Die ärztlichen Sachverständigen gelangten
übereinstimmend zu dem Ergebnis, der Kläger sei vollschichtig, d.h. sechs Stunden und mehr, einsetzbar. Wegen der
Beschwerden im orthopädischen Bereich sollten Arbeiten mit besonderer Belastung des Stütz- und
Bewegungsapparates (z.B. überwiegendes Stehen oder Gehen), Zwangshaltungen, Tätigkeiten im Hocken, Bücken
und Knien, Heben und Tragen von schweren Gegenständen von mehr als 10 kg, Überkopfarbeiten und Arbeiten unter
ungünstigen Umwelteinflüssen vermieden werden. Dr.S. hat darauf hingewiesen, dass die psychische Belastbarkeit
des Klägers, was Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie Arbeiten unter Zeitdruck anbelange, leicht
beeinträchtigt sei. Zumutbar seien dem Kläger nach übereinstimmender Beurteilung der ärztlichen Sachverständigen
die Tätigkeiten eines Registrators sowie eines Poststellenmitarbeiters, nicht aber die eines Hochregalarbeiters.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.11.2005 aufzuheben und die Klage gegen den
Bescheid vom 18.03.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2003 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Hilfsweise beantragt er die Einholung eines
weiteren berufskundlichen Gutachtens.
Zur Begründung seines Antrags lässt der Kläger vortragen, die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen Dr.S.
ließen klar erkennen, dass er weiterhin als berufsunfähig anzusehen sei. Nach den Ergebnissen der
zweitinstanzlichen Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung des berufskundlichen Gutachtens vom 26.07.2005
sei das Urteil des SG nicht zu beanstanden.
Wegen der Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die vom Senat zum Verfahren beigezogenen
Verwaltungsunterlagen der Beklagten und die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist begründet. Auf Antrag der
Beklagten war das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.11.2005 aufzuheben und die Klage gegen
den Bescheid vom 18.03.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2003 abzuweisen. Der Kläger ist
über den 28.02.2002 hinaus nicht berufsunfähig im Sinne des Gesetzes. Denn er kann auf eine andere Tätigkeit
verwiesen werden, die ihm sozial zumutbar ist und die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich zu bewältigen
vermag.
Nach dem hier noch anzuwendenden § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI aF sind solche Versicherte berufsunfähig, deren
Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit
ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Diese Voraussetzungen liegen
beim Kläger über den 28.02.2002 hinaus nicht vor.
Das nach Satz 1 dieser Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich aus
den Ausführungen der vom SG und vom Berufungsgericht gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.K. , Dr.B. und
Dr.S. sowie aus dem Entlassungsbericht der A.klinik S. (Heilverfahren vom 13.07.2005 bis 24.08.2005). Danach ist
die Erwerbsfähigkeit des Klägers im Wesentlichen durch folgende Gesundheitsstörungen eingeschränkt: 1. Cervikaler
Bandscheibenvorfall C 6/7, aktuell ohne neurologisches Defizit mit deutlicher Belastungseinschränkung der HWS. 2.
Lumbales Wurzelreizsyndrom bei Bandscheibenvorfall L 5/S 1 mit leichtem sensiblen Defizit am seitlichen Fußrand.
3. Gonarthrose nach operierter Kreuz- und Innenbandverletzung mit Instabilität. 4. Cerebrales Anfallsleiden tagsüber
mit seltenen Grand-Mal-Anfällen. 5. Hörminderung links mit Tinnitus, Karpaltunnelsyndrom beidseits. Diese
Gesundheitsstörungen schränken aber die Erwerbsfähigkeit des Klägers weder für sich allein noch in der
Gesamtwürdigung in einem rentenrechtlich relevanten Maße ein. Nach der Leistungsbeurteilung aller bisher gehörten
ärztlichen Sachverständigen, auch der A.klinik S. , ist der Kläger nämlich in der Lage, vollschichtig zumindest leichte
Tätigkeiten zu verrichten. Ausgeschlossen sind lediglich Arbeiten überwiegend mittelschwerer, schwerer und
schwerster Art. Zumutbar sind Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und Gehen, wobei überwiegende
stehende, sitzende oder überwiegend gehende Tätigkeiten sowie Arbeiten im Bücken, Hocken, Knien und Arbeiten mit
Heben und Tragen von schweren Gegenständen von mehr als 10 kg zu vermeiden sind. Ungünstig sind auch
Tätigkeiten mit öfterem Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten unter unphysiologischen Haltungen und
Überkopfarbeiten. Im Hinblick auf die Wirbelsäulenproblematik sind auch Arbeiten unter ungünstigen Umwelteinflüssen
wie Hitze, Kälte, Nässe und Lärm zu vermeiden. Auch ist beim Kläger, wie sich aus den Ausführungen der ärztlichen
Sachverständigen Dr.K. und Dr.S. ergibt, die Umstellungsfähigkeit nicht wesentlich ("etwas") eingeschränkt. Dies gilt
auch für die Leistungsmotivation und die Merk- und Konzentrationsfähigkeit. Dagegen ist die Selbstständigkeit des
Denkens und Handelns überhaupt nicht beeinträchtigt. Die praktische Anstelligkeit und Findigkeit erscheint
ausreichend, ebenso die Anpassungsfähigkeit an den technischen Wandel. Bei Beachtung der genannten
Funktionseinschränkungen ist der Kläger jedenfalls in der Lage, vollschichtig tätig zu sein.
Im Anschluss an das berufliche Leistungsvermögen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat, zu ermitteln (SozR 2200 § 1246 Nrn 107, 169). Vorliegend ist
zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger im Hinblick auf sein versicherungspflichtiges Erwerbsleben
(Maurer) als Facharbeiter im Sinne des von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas einzugruppieren
ist. Denn der Kläger war bis 1996 als Facharbeiter tätig und wurde auch als solcher entlohnt. Unstreitig ist zwischen
den Beteiligten ferner, dass der Kläger aufgrund der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen seinen zuletzt
ausgeübten Beruf eines Maurers nicht mehr verrichten kann.
Für die Annahme von BU reicht es aber noch nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben
können. Vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI aF ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn
ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen nicht mehr
zumutbar ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 138). Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten nach denen die
Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen
und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der
besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist somit nicht,
wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann.
Als Facharbeiter kann der Kläger nur auf Tätigkeiten seiner Gruppe und auf Tätigkeiten der Gruppe mit dem Leitberuf
des angelernten Arbeiters verwiesen werden. Die Verweisungstätigkeit muss also zu den sonstigen staatlich
anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten
erfordern oder wegen ihrer Qualität tariflich wie ein sonstiger Ausbildungsberuf bewertet werden.
Zwar dürfte der Kläger aus gesundheitlichen Gründen (Anfallserkrankung) nicht in der Lage sein, den von der
Beklagten benannten Verweisungsberuf des Hochregalarbeiters zu verrichten. Im Übrigen hindert das Anfallsleiden
den Kläger nicht an der Ausübung anderer Tätigkeiten. Zwar war ursprünglich die Einstufung des Anfallsleidens
problematisch. Zeitweilig wurde auch von einem Somnambulismus ausgegangen. Der erste generalisierte
Krampfanfall fand am 17.11.1997 statt. Trotz dieser Gesundheitsstörung wurde die Umschulung begonnen und nach
anfänglich hoffnungsvollen Leistungseindrücken fortgesetzt. Im Verlauf dieser Umschulung traten aber vermehrte
Arbeitsunfähigkeitszeiten auf, so dass die Maßnahme am 04.02.2000 aus gesundheitlichen Gründen beendet wurde.
Wie bereits der ärztliche Dienst der Beklagten im Gutachten des Prof.Dr.Dr.N. vom 20.02.2002 festgestellt hat, trat
dann eine deutliche Stabilisierung der Anfallssituation ein. Insgesamt sind in zehn Jahren nur drei Anfälle, u.a. nur
tagsüber, dokumentiert, der letzte am 17.02.2004. Die Anfälle traten fast ausschließlich schlafgebunden auf. Somit
besteht zwar formal eine Gefährdungskategorie (D), allerdings ohne Auswirkung auf die Berufs- und Arbeitsfähigkeit.
Wenn nach nächtlichen Anfällen zeitweilig auch tagsüber ein Dämmerzustand auftritt, so führt das allenfalls zu Zeiten
der Arbeitsunfähigkeit, bedingt aber nicht den Leistungsfall der BU.
Bei Würdigung aller vorliegenden Gesichtspunkte ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger auf die
Tätigkeiten des Registrators bzw. in einer Poststelle zumutbar verwiesen werden kann. Diese Tätigkeiten werden im
Öffentlichen Dienst nach der Vergütungsgruppe VIII BAT und im privaten Versicherungsgewerbe nach Gehaltsgruppe
II des Manteltarifvertrages für die private Versicherungswirtschaft entlohnt. Unter Beachtung der Aktenordnung sind
Registratoren verantwortlich für das Registrieren und Archivieren von Akten und anfallenden Schriftverkehr, Vergeben
von Aktenzeichen und fortlaufenden Aktennummern sowie für das Anlegen von Neuakten und Aussondern von
Altakten. Terminüberwachung und allgemeine Verwaltungsarbeiten im Bereich der Aktenhaltung und Registratur
gehören ebenfalls in ihren Zuständigkeitsbereich. Arbeiten in einer Registratur können auf der kurzfristigen bis hin zur
qualifizierten angelernten Ebene erfolgen. Körperlich ist der Kläger nach Auffassung des Senats in der Lage, eine
solche Registraturarbeit auszuüben , nachdem er zeitweilig auch mittelschwere Tätigkeiten verrichten kann mit
Gewichten bis zu 10 kg. Hierzu hat die Bundesagentur für Arbeit in der berufskundlichen Stellungnahme vom
26.07.2005 ausgeführt, dass die gelegentliche Handhabung von Aktenstücken größeren Gewichts keine besonderen
Anforderungen an das Hebe- und Tragevermögen stellt, da ausreichend Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Auch der
Umstand, dass der Kläger aufgrund der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen keine Leitern besteigen sollte,
hindert ihn nicht an der Ausübung einer Tätigkeit in der Registratur. Denn ausgeschlossen sind nach den
medizinischen Vorgaben beim Kläger lediglich Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, während anlässlich der Tätigkeit
in einer Registratur allenfalls das Besteigen von kleinen Leitern erforderlich ist. Nach alledem ist dem Kläger im
Hinblick auf sein Restleistungsvermögen die Tätigkeit in einer Registratur zumutbar. Die Verweisung auf eine Tätigkeit
in der VergGr VIII BAT ist nach der Rechtsprechung einem Facharbeiter durchaus zumutbar (Urteil BSG vom
27.11.1991 - 5 RJ 91/89 -). Arbeitsplätze für Registratoren sind auch in nennenswertem Umfang in sehr verschiedenen
Bereichen vorhanden (hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nr 82). Auch die Voraussetzung, dass auf eine Tätigkeit nur
verwiesen werden kann, wenn die für sie notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten
dauernden Einarbeitung und Einweisung erworben werden können (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 23), ist vorliegend
erfüllt, da die Dauer der Anlern-/Einarbeitungszeit für einen Registrator nach den Ermittlungen des LSG Baden-
Württemberg (Urteil vom 04.04.2001 - L 3 AL 39/89/00 -) üblicherweise nicht länger als drei Monate beträgt, wobei
Vorkenntnisse hierfür weitgehend ohne Bedeutung sind. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der Kläger über
eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Facharbeiter verfügt und Facharbeitertätigkeiten jahrelang ausgeübt hat,
mithin eine ausreichende geistige Beweglichkeit besitzt. Im Übrigen verfügt der Kläger aufgrund der - zwar
abgebrochenen - Umschulung zum Bürokaufmann über kaufmännische und PC-Kenntnisse. Insoweit hat der Kläger
die Vermittlung von entsprechenden Kenntnissen nicht bestritten. Der Umgang mit dem PC ist ihm auch infolge
privater Anwendung vertraut. Hierauf hat er selbst wiederholt hingewiesen. Die A.klinik hat in ihrem
Entlassungsbericht den Kläger für einen PC-Arbeitsplatz als gut geeignet beurteilt. Nach Überzeugung des Senats ist
der Kläger daher in der Lage, sich innerhalb von höchstens drei Monaten in die Tätigkeit eines Registrators
einzuarbeiten.
Der Kläger kann auch zumutbar auf die nach VergGr VIII BAT entlohnte Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle
einer Behörde verwiesen werden. Es handelt sich ebenso um eine körperlich leichte Tätigkeit, die ein Heben und
Tragen von Gegenständen von 5 kg Gewicht nicht verlangt und im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen
ausgeübt werden kann, wobei die sitzende Tätigkeit überwiegt. Schließlich muss der Mitarbeiter einer Poststelle nur
durchschnittlichen Anforderungen an geistige Beweglichkeit und Reaktionsfähigkeit genügen (LSG Rheinland-Pfalz,
Beschluss vom 14.09.1999 - L 6 RI 93/99 -). Auch insoweit ist für den Kläger eine längere als drei Monate dauernde
Einarbeitungszeit nicht erforderlich. Im Übrigen hat hierzu das LSG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 15.04.2002 - L 2 RI
160/02 - ausgeführt, dass nach einer entsprechenden Auskunft des Landesarbeitsamtes zwar inzwischen aufgrund
der technischen Entwicklung im Bereich der Bürotätigkeiten auch in einer Poststelle Computerkenntnisse "allgemein
erforderlich" geworden sind. Es handelt sich aber dabei in aller Regel um Grundkenntnisse im Bereich von Microsoft
Windows und Microsoft Office, wobei sich der Vertiefungsgrad in den einzelnen Anwendungen nach dem
entsprechenden Einsatzgebiet richtet. Bei einem Bewerber mit durchschnittlichem allgemeinen intellektuellen
Leistungsvermögen und durchschnittlicher Wahrnehmungs- und Bearbeitungsgeschwindigkeit ist nach der genannten
Auskunft des Landesarbeitsamtes davon auszugehen, dass dieser sich die fehlenden Computerkenntnisse im Übrigen
in einer längstens bis zu drei Monate dauernden Einarbeitung unter Anleitung aneignen kann.
Dem vom Kläger hilfsweise gestellten Antrag, ein weiteres berufskundliches Gutachten einzuholen, war nicht
stattzugeben, da dem Gericht zu den genannten Verweisungstätigkeiten ausführliche Anforderungsprofile
einschließlich der tariflichen Wertigkeit anhand der zitierten Rechtsprechung vorlagen.
Nach alledem ist der Kläger über den 28.02.2002 hinaus nicht berufsunfähig. Die angefochtenen Bescheide der
Beklagten vom 18.03.2002 und vom 14.02.2003 sind daher rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger letztlich mit seinem Antrag auf
Weitergewährung von Rente wegen BU unterlegen war.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.