Urteil des LSG Bayern vom 20.10.2005

LSG Bayern: wohnung, umzug, hauptsache, sozialhilfe, auflage, zivilprozessordnung, rechtsschutz, erlass, vermieter, kaution

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 20.10.2005 (rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 13 SO 58/05 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 11 B 475/05 SO ER
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 18.08.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten des Umzugs des Antragstellers (ASt) nach R. , der Mietkaution
sowie der Kosten für die Erstausstattung der dortigen Wohnung.
Am 04.08.2005 beantragte der ASt beim Antragsgegner (Ag) die Übernahme der Kosten seines Umzuges nach R. und
der Mietkaution. Ausweislich des Einheitsmietvertrages vom 14.07.2005 hatte er dem Vermieter bei Beginn des
Mietverhältnisses eine Kaution in Höhe von 600,00 EUR zu zahlen. Beginn des Mietverhältnisses war der 01.08.2005.
Die angemietete Wohnung in R. hat 47 qm Wohnfläche. Die Miete beträgt monatlich 310,00 EUR zuzüglich 100,00
EUR monatlicher Nebenkostenvorauszahlungen.
Der Ag lehnte die Übernahme der Umzugskosten und der Mietkaution mit Bescheid vom 04.08.2005 ab. Der ASt
beziehe keine Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Im Übrigen setze die Übernahme
dieser Kosten die vorherige Zustimmung des Sozialhilfeträgers voraus, die der ASt nicht eingeholt habe. Auch
erscheine die Notwendigkeit eines Umzugs nach R. fraglich.
Am 09.08.2005 beantragte der ASt beim Sozialgericht Regensburg (SG), den Ag im Wege der einstweiligen
Anordnung zu verpflichten, die Kosten für den Umzug nach R. sowie die Kosten der Mietkaution und der
Erstausstattung der Wohnung zu übernehmen.
Die Übernahme der Kosten für die Erstausstattung der Wohnung beantragte er am 11.08.2005 beim Ag.
Der Ag beantragte, den Antrag abzuweisen.
Hinsichtlich der Übernahme der Mietkaution und der Umzugskosten werde auf den Ablehnungsbescheid vom
04.08.2005 verwiesen. Wegen der Gewährung von Leistungen für die Erstausstattung der neuen Wohnung habe es der
ASt versäumt, zuerst einen Antrag beim Leistungsträger zu stellen.
Das SG lehnte den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 18.08.2005 ab. Hiergegen wendet sich
der ASt mit seiner beim SG am 30.08.2005 erhobenen Beschwerde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie auf die
vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Das SG hat
ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).
Die Beschwerde des ASt ist jedoch unbegründet, weil es das SG zu Recht abgelehnt hat, den Ag im Wege der
einstweiligen Anordnung zur Übernahme der Umzugskosten, der Mietkaution und der Kosten der
Wohnungserstausstattung zu verpflichten.
Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
(Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint
(§ 86 b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder
unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der
Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977
BVerfGE 46, 166, 179; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Auflage 2005, RdNr 643).
Eine solche Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass der ASt Angaben zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes
- das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-
rechtliche Anspruch, auf den er sein Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86 b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm §
920 Abs 2, § 294 Abs 1 Zivilprozessordnung -ZPO-; Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Auf- lage 2005, § 86 b
RdNr 41).
Bei der hier erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl dazu im Einzelnen BVerfG vom 12.05.2005
NDV-RD 2005, 59) zeigt sich, dass das Begehren des ASt auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in der Sache
keinen Erfolg haben kann.
Zutreffend hat das SG bereits darauf hingewiesen, dass dem ASt für ein solches Eilverfahren insoweit schon kein
Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, als er die Übernahme der Erstausstattung seiner neuen Wohnung begehrt. Der
ASt hat es nämlich versäumt, sich vorab an den Leistungsträger zu wenden und eine solche Leistung zu beantragen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann eine um Leistung nachfragende Person einen Leistungsträger
grundsätzlich nicht unmittelbar mit einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes überziehen, ohne vorher dort
um die entsprechende Leistung nachzusuchen.
Hinsichtlich der Kosten für den Umzug und für die Mietkaution bestehen derzeit keine Anhaltspunkte für eine
Eilbedürftigkeit. Der ASt hat in seinem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz festgehalten, er müsse die alte Wohnung
spätestens zum 31.08.2005 geräumt haben und zahle bereits Miete für die neue Wohnung. Die Mietkaution selbst ist
ausweislich des Mietvertrages am 01.08.2005 fällig geworden. Die begehrten Leistungen betreffen deshalb einen
abgelaufenen Bewilligungszeitraum, ohne dass der ASt im vorliegenden Verfahren dargetan hat, dass es ihm
unzumutbar wäre, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des SG, dass dem ASt insoweit auch kein Anordnungsanspruch zur Seite
steht. In dem hier einschlägigen § 29 Abs 1 Satz 7 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ist bestimmt, dass
Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkautionen und Umzugskosten bei vorheriger Zustimmung durch den Träger der
Sozialhilfe übernommen werden können. Eine solche vorherige Zustimmung hat der ASt nicht beantragt. Sie kommt
auch nicht gemäß § 29 Abs 1 Satz 8 SGB XII in Betracht, weil der Umzug des ASt weder durch den Träger der
Sozialhilfe veranlasst worden war noch aus anderen Gründen notwendig war. Zudem ist vom ASt nicht dargetan, dass
ohne eine solche Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht hätte gefunden werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).