Urteil des LSG Bayern vom 16.07.2009

LSG Bayern: hauptsache, kopie, sozialhilfe, ausführung, aufenthalt, rechtsgrundlage, umzug

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 16.07.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 10 SO 2/09 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 8 SO 85/09 B ER
Der Beschluss des Bayer. Landessozialgerichts vom 23. März 2009, Az.: L 8 SO 36/09 B ER, wird dahingehend
abgeändert, dass die Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen der Grundsicherung in Höhe von 281.- Euro pro
Monat nur für den Zeitraum bis zum 31.05.2009 besteht.
Gründe:
Wegen des Sachverhalts wird auf den Beschluss des Bayer. Landessozialgerichts vom 23. März 2009 in dem
Eilverfahren L 8 SO 36/09 B ER Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 10.06.2009 beantragte der Antragsteller (und Antragsgegner des Eilverfahrens) die Abänderung
des genannten Beschlusses. Vorgelegt wurden Schreiben über einen Umzug der Antragsgegnerin (und Antragstellerin
des Eilverfahrens) nach P., Landkreis F., am 01.06.2009 und ein entsprechender, beim Landratsamt F. gestellter
Sozialhilfeantrag für den Zeitraum ab Juni 2009. Die Antragsgegnerin wurde zum Abänderungsantrag angehört. Eine
Stellungnahme ging innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist nicht ein.
Dem Abänderungsantrag des Antragstellers war stattzugeben.
Rechtsgrundlage der gerichtlichen Entscheidung ist § 86 b Abs. 1 S. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -. Die Vorschrift
ist trotz ihres Standorts in Abs. 1 des § 86 b SGG auch für Vornahmesachen anwendbar (Krodel, Das
sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl. 2008, Rn. 335, 181 ff m.w.N.). Zuständig ist das Bayer. Landessozialgericht
als Gericht der Hauptsache (vgl. Verfahren L 8 SO 28/09 und L 8 SO 29/09).
Der im Eilverfahren noch ungewisse Aufenthalt der Antragsgegnerin ist nunmehr durch die im Rahmen des
Abänderungsverfahrens vorgelegten Unterlagen (Meldebescheinigung in Kopie; Antrag auf Sozialhilfe in Kopie)
nachgewiesen. Dadurch ist eine Änderung der Sachlage eingetreten. Ein per Eilverfahren sicherungsfähiger Anspruch
gegen den Antragsteller und Antragsgegner des Eilverfahrens Az.: L 8 SO 36/09 B ER ist daher zur vollen
Überzeugung des Senats ab dem 01.06.2009 nicht mehr gegeben. Denn ein (Sozialhilfe-) Rechtsverhältnis zum
Antragsteller besteht ab dem Wegzug aus dessen Zuständigkeitsbereich nicht mehr (§ 98 Abs. 1 SGB XII). Es
besteht auch kein nachgehender Anspruch nach Veränderung des tatsächlichen Aufenthalts. Auch aus den Art. 80 ff.
des Bayer. Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (GVBl. 2006, 942) lässt sich ein Anspruch der
Antragsgegnerin gegen den Antragsteller nicht ableiten. Existenzsichernde Leistungen sind gegebenenfalls durch den
Landkreis F. zu erbringen, bei dem die Antragsgegnerin einen entsprechenden Antrag auch schon gestellt hat.
Ein sicherungsfähiges Recht ist auch bei Zugrundelegung der im Senatsbeschluss vom 23. März 2009 näher
dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stets zu fordern. Ansonsten geht der Eilantrag ins
Leere. Aus der aus Art. 19 IV GG abgeleiteten Sicherungsfunktion und in Vornahmesachen wie der vorliegenden
zusätzlich aus der Bindung des Gerichts an § 86 b Abs. 2 SGG, wo der Hauptsacheanspruch tatbestandlich verankert
ist (dazu Krodel, aaO, Rn. 255, 291 ff), ergibt sich zwingend das Gebot, die Rechtsfragen der Hauptsache im
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen und zumindest die Möglichkeit des Zustehens des
Hauptsacheanspruchs festzustellen (vgl. dazu auch die ständige Rechtsprechung zum verfassungsgerichtlichen
Eilverfahren, BVerfG vom 20.07.2004, 2 BvR 1001/04; BVerfGE 7, 367, 371; 68, 233, 235; 71, 158, 161; 79, 379,
383).
Dass der Sozialhilfeantrag vom Landkreis F. zwischenzeitlich wegen fehlender Mitwirkung der Antragsgegnerin
abgelehnt wurde, ändert an der vorliegenden Abänderungsentscheidung zugunsten des Antragstellers nichts. Der
Antragsgegnerin steht es frei, gegebenenfalls gegen die Ablehnungsentscheidung des Landkreises F. vorzugehen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.