Urteil des LSG Bayern vom 24.02.2010

LSG Bayern: stationäre behandlung, krankenkasse, einführungsgesetz, befund, korrespondenz, krankenversicherung, säumnis, strafgesetzbuch, krankheit, entschuldigung

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 24.02.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 3 KR 228/09
Bayerisches Landessozialgericht L 2 KR 372/09 B
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2009 wird zurückgewiesen. II.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Beschwerde richtet sich gegen Ordnungsgeld.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht Würzburg zum Az.: S 3 KR 228/09 bestreitet die Beschwerdeführerin, seit dem
01.04.2007 Pflichtmitglied der beklagten Krankenkasse zu sein und Beiträge zu schulden. Sie erhalte keine
Grundsicherungsleistungen und sei daher nicht pflichtversichert. Die Beklagte vertritt hingegen die Auffassung, die
Beschwerdeführerin sei, weil sie nicht anderweitig gegen Krankheit versichert sei, nach dem Ende der bei ihr
bestandenen Familienversicherung seit 01.04.2007 pflichtversichert. Der Sozialleistungsträger, der angegangen
worden war, Kosten für die stationäre Behandlung der Beschwerdeführerin zu übernehmen, hatte die
Beschwerdeführerin veranlasst, einen entsprechenden Antrag bei der beklagten Krankenkasse zu stellen.
Grundsicherungsleistungen oder andere Sozialleistungen würden der Beschwerdeführerin nicht gewährt. Auch die
Pflichtversicherungsbeiträge könnten nicht übernommen werden, da eine Überprüfung ergeben habe, dass die
Beschwerdeführerin über Vermögen verfüge. Dies teilte die Sozialverwaltung des Bezirks Unterfranken am 25.03.2009
der Beklagten mit.
Das Sozialgericht lud die Beteiligten zum Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage auf den 09.09.2009 und
ordnete hierzu das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin an. Am 02.09.2009 teilte die Beschwerdeführerin
dem Sozialgericht mit, sie leide an schweren Verletzungen und könne daher zu dem Termin nicht erscheinen. Sie
legte ein Attest des Dr. S. vom 22.06.2009 vor. Darin heißt es, die Beschwerdeführerin befinde sich wegen von ihr als
entstellend empfundener Narben im Gesicht in Behandlung und fühle sich nicht in der Lage, wichtige Termine mit
zahlreichen Menschen wahrzunehmen. Das Sozialgericht erklärte der Beschwerdeführerin am 04.09.2009, das Attest
belege keine Verhandlungsunfähigkeit und könne nicht als Entschuldigung anerkannt werden, zumal es sich um einen
nicht öffentlichen Termin handle, bei dem also nicht zahlreiche Menschen erscheinen würden. Der Termin bleibe
bestehen. Auf die Möglichkeit, dass Ordnungsgeld verhängt werden könne, falls die Beschwerdeführerin nicht
erscheine, wurde hingewiesen.
Im Erörterungstermin vom 09.09.2009 erschien die Beschwerdeführerin nicht. Das Sozialgericht verhängte gegen sie
300,00 EUR Ordnungsgeld wegen unentschuldigten Fernbleibens. Der Beschluss wurde der Beschwerdeführerin mit
Postzustellungsurkunde vom 16.09.2009 zugestellt.
Dagegen legte sie Beschwerde beim Bayer. Landessozialgericht ein. Sie habe rechtzeitig ein ärztliches Attest
übersandt und sie erhalte keine Leistungen zur Grundsicherung.
Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2009 aufzuheben.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der beigezogenen Akten gemäß § 136 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG), aber unbegründet.
Nach §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 Zivilprozessordnung (ZPO) kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten
zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit
Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine
Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Hält er zur Vorbereitung der
mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer eine Erörterung und Beweiserhebung für notwendig, so kann er
hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Zwar wird in der Ladungsverfügung und in der Ladung
nicht genannt, inwiefern das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin notwendig sei, aber aus dem gesamten
Akteninhalt ist erkennbar, dass das Sozialgericht der Beschwerdeführerin die Rechtslage erklären wollte, die sie
offensichtlich unrichtig einschätzte. Letzteres verrät ihr stets ihr gleiches Vorbringen, dass sie keine
Grundsicherungsleistungen erhalte und daher nicht pflichtversichert und nicht beitragspflichtig sei. Zwar ist nach § 141
Abs. 3 ZPO die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten zur dann ermessensfehlerfrei, wenn nur
dadurch die Aufklärung des Sachverhalts erreicht werden kann. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist der
Ermessensspielraum jedoch weiter. Da das Gericht gehalten ist, in einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung
zu treffen, bedarf es vielfach eines vorbereitenden Erörterungstermins, in dem die Anwesenheit der Beteiligten
notwendig ist, um zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der
Beschwerdeführerin ist insofern ermessensfehlerfrei.
Da die Beschwerdeführerin im Erörterungstermin nicht erschien, sind die Voraussetzungen des § 111 SGG i.V.m. §§
141 Abs. 3, 380, 381 ZPO erfüllt. Das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Attest des Dr. S. vom 22.06.2009
entschuldigt die Säumnis nicht. Zum einen gibt es nicht den zum 09.09.2009 aktuellen Befund wieder. Zum anderen
belegt es nicht die Verhandlungsunfähigkeit der Beschwerdeführerin. Auf diesen Umstand wies das Sozialgericht die
Beschwerdeführerin im Schreiben vom 04.09.2009 und damit rechtzeitig vor dem Termin hin. Die Beschwerdeführerin
konnte nicht annehmen, das Attest würde ihr Nichterscheinen hinreichend entschuldigen. Da sie dennoch dem Termin
fernblieb, ist die Festsetzung von Ordnungsgeld gegen sie begründet.
Die Höhe des Ordnungsgeldes richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch. Danach ist
ein Rahmen von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR vorgegeben, innerhalb dessen sich Ordnungsgeld bewegen kann. Bei
der Zumessung hat das Gericht die Umstände, die für oder gegen den Beschwerdeführer sprechen, gegeneinander
abzuwägen. Dabei ist auf das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art des Verstoßes und dessen schuldhafte Auswirkungen,
auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sowie auf sein Verhalten nach dem
Ordnungsverstoß abzustellen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Begründung dieser
Ermessensentscheidung, wenn sich das Ordnungsgeld im unteren Mittel des vorgegebenen Rahmens bewegt. Dies
ist hier bei der Festsetzung von Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 EUR der Fall. Zwar deutet die Berechnung des
Einkommens, aus dem die beklagte Krankenkasse Beiträge errechnete, auf Einkommen von monatlich 840,00 EUR
im Jahr 2009. Jedoch lässt die Korrespondenz zwischen der Sozialverwaltung und der beklagten Krankenkasse den
Schluss zu, dass die Beschwerdeführerin über Vermögen verfügt, aus dem sie auch die Beiträge zur
Krankenversicherung bestreiten kann. In die gleiche Richtung geht die Tatsache, dass ihr Grundsicherungsleistungen
nicht zugebilligt werden konnten. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Tatsache, dass die
Beschwerdeführerin keine Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes erhob, hält der Senat
den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2009 für rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung erfolgt analog § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).