Urteil des LSG Bayern vom 09.12.2009

LSG Bayern: zugehörigkeit, ddr, ingenieur, urkunde, inhaber, familie, anstellung, ausreise, form, anwendungsbereich

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 09.12.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bayreuth S 3 R 4255/06
Bayerisches Landessozialgericht L 19 R 787/06
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 13.10.2006 wird
zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung von Beschäftigungszeiten in der DDR als Zeit der Zugehörigkeit zu einem
Zusatzversorgungssystem nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).
Der 1939 geborene Kläger hat mit Urkunde vom 15.07.1966 die Berechtigung erworben, die Berufsbezeichnung
Ingenieur (Elektrotechnik) zu führen. Nach dem Inhalt seines Sozialversicherungsausweises war er ab 01.08.1966 als
Ingenieur bei der S. W. beschäftigt. Zum 01.09.1979 wechselte er zur Wasserwirtschaftsdirektion O. und war dort bis
zum 31.12.1986 angestellt. Die Kündigung erfolgte seitens des Arbeitgebers, nach den Angaben des Klägers
deswegen, weil er einen Ausreiseantrag aus der DDR gestellt hatte. Seit 26.08.1988 hält er sich in der Bundesrepublik
auf (Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge C). Seit 01.04.1995 hat er von der Bundesknappschaft Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit bezogen.
Seinen Antrag vom 28.08.2001 auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01.09.1963 bis 25.08.1988 als Zeit der
Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom
19.02.2003 ab, da die Voraussetzungen der einschlägigen Vorschriften nicht erfüllt seien. Eine
Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs 1 AAÜG sei nicht entstanden. Es habe weder eine positive
Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch habe er am 30.06.1990 (Schließung der
Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der
obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Das AAÜG sei insgesamt nicht anwendbar (unter Hinweis
auf Urteile des Bundessozialgerichts -BSG- vom 09.04.2002 - B 4 RA 31/01 R - und - B 4 RA 36/01 R - sowie vom
10.04.2002 - B 4 RA 34/01 R).
Dagegen erhob der Kläger am 10.03.2003 Widerspruch und machte im Wesentlichen geltend, es ei ihm nicht möglich
gewesen, zum Stichtag 30.06.1990 die geforderte Tätigkeit in einem VEB-Produktionsbetrieb auszuüben. Die
Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2003 zurück. Der Kläger habe bei Inkrafttreten
des AAÜG am 01.08.1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs 1 dieses Gesetzes gehabt.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 15.08.2003 Klage beim Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben. Es sei
ihm wegen der bei ihm vorliegenden persönlichen Verhältnisse (Ausreise bereits 1988) nicht möglich gewesen, zum
30.06.1990 eine Versorgungszusage zu erlangen. Der Kläger verwies darauf, dass er zwischenzeitlich mit Bescheid
vom 16.04.2003 beruflich rehabilitiert worden sei (Bescheinigung des Sächsischen Landesamtes für Familie und
Soziales vom 16.04.2003). Der festgestellte Verfolgungszeitraum dauerte demnach vom 24.11.1986 bis 28.08.1988.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.10.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger falle nicht unter den
Personenkreis des § 1 Abs 1 AAÜG. Er sei nicht Inhaber einer Urkunde der DDR über eine Versorgungsanwartschaft,
ihm sei nicht durch Einzelfallentscheidung eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden, eine positive
Statusentscheidung der Beklagten besitze der Kläger ebenfalls nicht, ebenso wenig eine frühere Versorgungszusage
der ehemaligen DDR, die entzogen worden wäre oder durch Ausscheiden aus dem Versorgungssystem verloren
gegangen wäre. Zum Stichtag 30.06.1990 sei der Kläger auch nicht in diesen Personenkreis einbezogen gewesen.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in den Beschlüssen vom 26.10.2005 - u.a. 1 BvR 1921/04 - die
Rechtsprechung des BSG zum Stichtag 30.06.1990 gebilligt und festgestellt, dass keine verfassungswidrige
Ungleichbehandlung bestehe, wenn nur für diejenigen ein fiktiver Anspruch auf Einbeziehung in ein
Zusatzversorgungssystem der DDR bestehe, die am 30.06.1990 einen fiktiven Anspruch hatten.
Gegen diesen Gerichtsbescheid richtet sich die am 17.11.2006 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene
Berufung des Klägers. Dieser macht weiterhin die Zeit vom 01.09.1963 bis 25.08.1988 als Zeit der Zugehörigkeit zu
einem Zusatzversorgungssystem geltend. Es ergäben sich insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich
des gewählten Stichtages; dieser sei willkürlich gesetzt.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 13.10.2006 und den Bescheid der Beklagten vom
19.02.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
die Beschäftigungszeiten vom 01.09.1963 bis 25.08.1988 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem
Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG festzustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 13.10.2006
zurückzuweisen.
Der Kläger sei am Stichtag des 30.06.1990 unstreitig nicht mehr im Beitrittsgebiet beschäftigt gewesen und erfülle
damit - eine zuvor bestehende Zugehörigkeit unterstellt - nicht mehr die Voraussetzung einer Anstellung in einem
volkseigenen oder ihm gleichgestellten Betrieb.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakte des SG Bayreuth vorgelegen. Wegen
weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im
Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich als nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger
keinen Anspruch auf Einbeziehung in den Anwendungsbereich des § 1 AAÜG bezüglich der zusätzlichen
Altersversorgung, hier der technischen Intelligenz, hat. Ein neuer Sachvortrag durch den Kläger ist im
Berufungsverfahren nicht erfolgt. Die Entscheidungsgründe des SG Bayreuth sind weiterhin zutreffend und stehen im
Einklang mit der bestehenden Rechtsprechung des BSG und des BVerfG. Zur Stichtagsregelung des 30.06.1990 hat
das SG auf die Gründe der Entscheidung des BVerfG in den Beschlüssen vom 26.10.2005 verwiesen.
Die Bescheinigung nach § 17 iVm § 22 des Berufl. Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) für Zwecke der
Rentenversicherung lässt keine andere Entscheidung zu. Die Bescheinigung enthält keine Angaben über
Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem, so dass hierzu eine eigenständige Entscheidung des
beklagten Versorgungsträgers nicht zu erwarten ist.
Im Übrigen weist der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück
und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs 2 SGG.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 oder 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.