Urteil des LSG Bayern vom 17.11.2010

LSG Bayern: verschlechterung des gesundheitszustandes, berufskrankheit, ärztliche behandlung, medizinisches gutachten, zumutbare tätigkeit, berufliche tätigkeit, vorzeitige erfüllung, wartezeit

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 17.11.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 14 R 891/07 A
Bayerisches Landessozialgericht L 13 R 856/08
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 21. Juli 2009 wird
zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1949 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Republik Bosnien-Herzegowina. Er legte in der Bundesrepublik
Deutschland im Zeitraum vom 23.01.1970 bis 31.03.1975 mit Unterbrechungen und vom 03.08.1992 bis 31.07.1998
Pflichtbeitragszeiten zurück; in seiner Heimat liegen rentenrechtlichen Zeiten vom 01.10.1976 bis 11.12.1989 und vom
01.04.1990 bis 04.04.1992 vor. Vom 17.08.1998 bis 28.04.2006 wurde er im Arbeitslosenregister des Kantons S.
geführt. Seit 24.03.2005 bezieht er eine Invalidenpension aus der bosnisch-herzegowinischen Versicherung. Er hat
den Beruf des Schlossers in seiner Heimat erlernt und diesen auch in Deutschland bis 31.07.1998, zuletzt bei der
Firma T., ausgeübt. Diese bestätigte eine Facharbeitertätigkeit als Schlosser.
Am 14.02.2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Dem Antrag beigefügt
waren verschiedene ärztliche Unterlagen über die Behandlung eines Clusterkopfschmerzes aus den Jahren 1995 bis
1998 sowie ein medizinisches Gutachten, erstellt am 24.03.2005 nach einer ambulanten Untersuchung in S ... Als
Diagnosen wurden eine Clusterkopfschmerz, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie eine reaktive
depressive Störung festgestellt. Es bestehe seit 24.03.2005 auf Dauer Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Nach einer
Stellungnahme ihres medizinischen Dienstes lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.01.2007 den Rentenantrag ab,
da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorlägen, insbesondere seien von den letzten fünf Jahren vor
der Antragstellung nicht mindestens drei Jahre mit Beitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit
belegt. Im maßgebenden Zeitraum vom 14.02.2000 bis zum 13.02.2005 seien keine Pflichtbeitragszeiten für eine
versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden. Es bestehe jedoch seit 14.02.2005 eine teilweise
Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit.
Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, dass er bereits seit 1998 erwerbsgemindert sei. Er fügte ein Attest
des Allgemeinarztes Dr. S. vom 02.04.2007 bei, der die Behandlung eines Clusterkopfschmerzes in den Jahren 1995
bis 1998 bestätigt, sowie ein Attest von Sr. C. aus S., der eine ärztliche Behandlung von 1999 bis Ende 2005
bestätigt. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2007 als unbegründet zurück. Ein
früherer Leistungsfall sei nicht nachgewiesen. Zeiten der Krankheit und Arbeitslosigkeit in der Republik Bosnien und
Herzegowina sowie Zeiten des Bezugs einer Invalidenrente nach den Rechtsvorschriften von Bosnien-Herzegowina
seien weder Aufschubtatbestände nach § 43 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) noch
Anwartschaftserhaltungszeiten nach § 241 Abs. 2 SGB VI, weil das Abk. 1968/Bosnien-HerzegowinaSozSich insoweit
keine Gleichstellungsregelung enthalte.
Am 23.07.2007 hat der Kläger am Sozialgericht Landshut (SG) Klage erhoben. Das SG hat im vorbereitenden
Verfahren eine Arbeitgeberauskunft eingeholt. Der Kläger hat weitere medizinische Unterlagen, u. a. Befunde vom
06.01.2000 und vom 21.01.2000 über eine Wirbelsäulenerkrankung und vom 14.03.2000 über Kopfschmerzen
übersandt. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig im August 2000
vorgelegen hätten. Der Rentenversicherungsträger in Bosnien-Herzego- wina habe ab 17.08.1998 weder Pflicht- noch
freiwillige Beiträge bestätigt; dies könne mangels Befugnis nicht beanstandet werden. Frau Dr. L. ist mit der Erstellung
eines Gutachtens nach Aktenlage auf internistischem Fachgebiet beauftragt worden. Sie hat in ihrem Gutachten vom
26.02.2008 ausgeführt, dass der Kläger seit 1992 an einem Clusterkopfschmerz und an hals- und
lendenwirbelsäulenabhängigen Beschwerden bei Aufbraucherscheinungen und einem Bandscheibenschaden in Höhe
L5/S1 leide. Der Kläger sei bis zum Jahr 2005 in der Lage gewesen, mittelschwere und teilweise auch schwere
Arbeiten ohne dauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule auszuüben, auch seinen Beruf als Maschinenschlosser.
Der Clusterkopfschmerz habe immer wieder kurzzeitige vorübergehende Arbeitsunfähigkeiten bedingt.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.07. 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und sich in erster Linie auf das Ergebnis
des eingeholten Gutachtens von Dr. L. gestützt, die eine zeitliche Leistungsminderung im August 2000 ausschloss.
Dagegen hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Telefax vom 29.10.2008 am SG Berufung eingelegt. Zur
Begründung hat er u.a. ausgeführt, dass der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 5 SGB VI habe. Das Gericht habe die Voraussetzungen des § 43 Abs. 5 SGB VI nicht
geprüft. Es liege eine Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) oder der Nr.
2106 vor. Der diagnostizierte Bandscheibenvorfall sei auf das Heben und Tragen schwerer Lasten und auf die
Zwangshaltungen währen der Beschäftigungszeiten in Deutschland zurückzuführen. Zudem sei der Kläger auch in der
Zeit ab dem 01.08.1998, als er Deutschland verlassen habe, Leistungsbezieher des deutschen Arbeitsamts gewesen.
Er habe Kurzarbeitergeld nach dem SGB III bezogen.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass es sich um eine anerkannte Berufskrankheit handeln müsse, der Kläger
keinen Antrag auf Anerkennung bei einer deutschen Berufsgenossenheit gestellt habe und sich aus den vorliegenden
ärztlichen Unterlagen keine Anhaltspunkte dafür ergäben, dass die Erwerbsminderung aufgrund einer Berufskrankheit
eingetreten sei. Der Bezug von Kurzarbeitergeld sei nicht nachgewiesen.
Auf Nachfrage des Senats hat die zuständige Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd mitgeteilt, dass keine
Feststellungsverfahren zu den Berufskrankheiten 2106 und 2108 gemeldet seien. Es könne sowohl der behandelnde
Arzt als auch der Versicherte selbst einen Antrag stellen. Der Senat hat die Entlassungsberichte des Krankenhauses
aus den Jahren 1992 und 1993 beigezogen sowie einen Befundbericht des Allgemeinarztes H. eingeholt und den
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. Dieser
ist in seinem Gutachten vom 19.05.2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger unter Beachtung qualitativer
Leistungseinschränkungen noch mindestens 6 Stunden täglich arbeiten könne. In einer ergänzenden Stellungnahme
vom 26.10.2009 hat Dr. D. ausgeführt, dass der Kläger auch im August 2000 in der Lage gewesen sei, mindestens 6
Stunden täglich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten zu verrichten, ebenso die Tätigkeit eines
Schlossers. Anhaltspunkte für eine Berufskrankheit sehe er nicht.
Die BG Metall hat mitgeteilt, dass sie die Anerkennung einer Berufskrankheit der Wirbelsäule mit Bescheid vom
13.11.2009 abgelehnt und die Berufskrankheit der Nr. 2301 (Lärmschwerhörigkeit) mit Bescheid vom 30.10.2009
anerkannt habe.
Auf Antrag des Klägers ist der Allgemeinarzt Dr. C. mit der Erstellung eines medizinischen
Sachverständigengutachtens nach ambulanter Untersuchung gemäß § 109 SGG beauftragt worden. Dr. C. hat in
seinem zweiseitigen Gutachten vom 11.05.2010 festgestellt, dass der Kläger seit dem Jahr 2000 leistungsunfähig
gewesen sei. Er hat dies auf die Kopfschmerzen zurückgeführt.
Die Beklagte hat sich in ihrer Stellungnahme vom 26.07.2010 diesem Gutachten nicht angeschlossen.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 21. Juli 2008
sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 2. Mai 2007
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. März 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung,
hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsakten der Beklagten, die Verwaltungsakten der BG Metall Nord
Süd und die Klageakten beider Rechtszüge vor. Auf deren Inhalt, insbesondere auf die vorliegenden medizinischen
Sachverständigengutachten wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), jedoch
nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 29.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
02.05.2007, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, dem Kläger auf dessen Antrag vom 14.02.2005 Rente wegen
Erwerbsminderung zu gewähren. Das SG hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 21.07.2008 die hiergegen erhobene
Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Zwar hat die Beklagte
den Leistungsfall der teilweisen Erwerbsminderung und den der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab
Antragstellung anerkannt, jedoch liegen zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht
mehr vor.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung setzt voraus, dass aus gesundheitlichen Gründen eine
Erwerbsminderung gegeben ist, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge
für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorliegen (sog. Drei-Fünftel-Belegung) und vor Eintritt der
Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§ 43 Abs. 1, 2 SGB VI). Zwar erfüllt der Kläger die allgemeine
Wartezeit von fünf Jahren (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI), denn er hat in der Bundesrepublik Deutschland
insgesamt 130 Monate Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Es liegen aber keine ausreichenden Hinweise vor, die die
Annahme einer rentenrelevanten Erwerbsminderung zu einem Zeitpunkt rechtfertigen, als die versicherungsrechtliche
Voraussetzung der Drei-Fünftel-Belegung noch gegeben war. Aufgrund der bis Juli 1998 geleisteten Pflichtbeiträge
waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zuletzt bei
einem Leistungsfall im August 2000 erfüllt. Eine Anwendbarkeit der deutsch-jugoslawischen Versicherungsabkommen
(DJSVA vom 12.10.1968, BGBl.II 1969 S.1438 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974, BGBl.II
1975 S.390) unterstellt, das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Bosnien-Herzegowina laut
Bekanntmachung vom 16.11.1992 (BGBl.II 1992, S.1196) weiter gelten soll, sind zwar gemäß Art. 25 Beitragszeiten,
die in Bosnien-Herzegowina zurückgelegt sind, für die Anwartschaftserhaltung der deutschen Rente anrechnungsfähig,
das DJSVA enthält jedoch keine Gleichstellung des Rentenbezugs oder der Arbeitslosigkeit, die der Kläger angibt. Es
sind damit keinerlei sog. Verlängerungstatbestände im Sinne von § 43 Abs. 4 SGB VI oder
Anwartschaftserhaltungszeiten nach § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI belegt, die die vorhandenen Beitragslücken,
insbesondere ab dem Jahr 1998 schließen würden.
Den vorhandenen medizinischen Unterlagen lassen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, dass bereits im August
2000 eine rentenberechtigende Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens bestanden hätte. Der Kläger hat
nach den vorliegenden Unterlagen zu diesem Zeitpunkt an Clusterkopfschmerzen sowie an degenerativen
Veränderungen der Wirbelsäule gelitten. Zwar haben die Clusterkopfschmerzen nach den Unterlagen des
behandelnden Hausarztes Dr. H. ab 1995 bis 1998 immer wieder zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit geführt, ein
dauerhaftes Absinken des Leistungsvermögens unter sechs Stunden täglich ist bis spätestens im August 2000 nach
Aktenlage jedoch nicht belegbar. Dagegen spricht, dass beim Kläger bis zur Aufgabe seiner Tätigkeit in Deutschland
zum 31.07.1998 nach dem in den Akten enthaltenen Versicherungsverlauf bis auf fünf Wochen im
November/Dezember 1993 und zwei Tagen im August 1994 keine Zeiten des Bezugs von Krankengeld gespeichert
sind. Aus den vorliegenden Berichten des Krankenhauses St. E. ist zudem zu entnehmen, dass der Kläger nach
kurzen Aufenthalten in den Jahren 1995, 1996 unter keinen Clusterkopfschmerzattacken mehr litt. Aus dem
entscheidenden Jahr 2000 liegen lediglich orthopädische Befunde über degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
vor. Somit können die Einschätzungen der Sachverständigen Dr. L. und Dr. D., die eine Einschränkung des zeitlichen
Leistungsvermögens bis August 2000 ausschließen, nicht beanstandet werden. Der Senat schließt sich dieser
Einschätzung an. Erst im Jahr 2005 anlässlich der Untersuchung durch die Invalidenkommission konnte eine
dauerhafte quantitative Leistungseinschränkung festgestellt werden, wie es die Beklagte angenommen hat. Die
Rentenantragstellung erst im Jahr 2005 sowie die bis dahin erfolgte regelmäßige Arbeitslosmeldung in S. sprechen
ebenfalls gegen einen Eintritt des Leistungsfalls bereits im August 2000. Somit ist bei Berücksichtigung der
vorliegenden Unterlagen nicht nachgewiesen, dass der Kläger bereits im August 2000 in einem Maße gesundheitlich
beeinträchtigt war, welches zu einer Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens führen könnte.
Nicht überzeugend für den Senat sind die Schlussfolgerungen von Dr. C. in seinem Gutachten vom 11.05.2010. Er
stützt das seiner Auffassung nach bereits seit dem Jahr 1998 aufgehobene Leistungsvermögen des Klägers auf die
dokumentierten Kopfschmerzen, ohne dies jedoch näher zu begründen. Eine Verschlechterung des
Gesundheitszustandes des Klägers gegenüber dem Zeitraum, als er noch vollschichtig gearbeitet hat, ist nicht
dokumentiert. Dr. C. führt vielmehr aus, dass der Kläger bei Kopfschmerzanfällen zu jeglicher Aktivität unfähig
gewesen sei, was der Senat auch nicht anzweifelt, und in kopfschmerzfreien Phasen die Leistungsfähigkeit zum Teil
eingeschränkt gewesen sei. Dies heißt aber gerade, dass der Schluss von Dr. C., der Kläger sei seit 1998 völlig
leistungsunfähig, widersprüchlich ist und eine vollständige Aufhebung der Leistungsfähigkeit gerade nicht vorgelegen
hat.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ergibt sich auch nicht aus anderen Vorschriften des SGB VI.
Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr.
2 SGB VI ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, mit dem die
allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (§ 43 Abs. 5 SGB VI). Gründe hierfür, insbesondere für eine vorzeitige
Erfüllung der Wartezeit aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit (§ 53 Abs. 1, Nr. 1 SGB VI), scheiden
hier, entgegen des Vortrages des Prozessbevollmächtigten, aus. Zwar hat Beklagte selbst zu entscheiden, ob eine
Berufskrankheit vorliegt und der Senat ist auch an diese Entscheidung oder an eine Entscheidung der
Berufsgenossenschaft nicht gebunden, da insoweit keine Tatbestandswirkung eintritt (vgl. Niesel in Kass. Komm. §
53 RdNr. 7). Es liegt nach Auswertung aller medizinischen Unterlagen jedoch nach Auffassung des Senats keine
Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage zur BKV vor. Gemäß § 9 Abs.1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII)
sind Berufskrankheiten solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des
Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach § 2,
3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten
gehören nach der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges
Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur
Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das
Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Die Feststellung dieser BK hat zur Voraussetzung,
dass zum einen in der Person des Klägers die arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind, d.h. dass er im
Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigende Tätigkeiten ausgeführt hat, die geeignet sind einen
entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muss eine
bandscheibenbedingte Erkrankung im Bereich der LWS vorliegen, die im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre
wesentlich ursächlich auf die belastende berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsausfüllende Kausalität).
Schließlich muss die schädigende Tätigkeit aufgegeben worden sein. Die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen
Zusammenhangs liegt vor, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang
sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet
werden kann. Eine Möglichkeit verdichtet sich zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden ärztlich-
wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel
hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (Bereiter-Hahn/Schiecke/Mehrtens, Unfallversicherung, § 9 SGB
VII, Anm. 10.1. mwN). Die Beweislast dafür, dass die Erkrankung der LWS durch arbeitsplatzbezogene Einwirkungen
verursacht worden ist, trägt der Versicherte.
Im vorliegenden Fall erfüllt der Kläger nach den Feststellungen des Präventionsdienstes vom 29.10.2009 bereits die
arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Feststellung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO nicht, so dass
es auf das Vorliegen eines belastungstypischen Schadensbildes nicht ankommt. Dies ist für den Senat nach den im
ehemaligen Betrieb des Klägers vorgenommenen Ermittlungen auch überzeugend, da die vom Kläger ausgeübte
Tätigkeit eines Schlossers lediglich mit einzelnen Hebetätigkeiten verbunden war und nicht mit routinemäßigen
Hebevorgängen oder aus extremer Rumpfbeugehaltung.
Die von der BG anerkannte BK der Nr. 2301 (Lärmschwerhörigkeit) der BKV hat weder nach Aktenlage noch nach
dem Vortrag des Klägers zum Eintritt der Erwerbsminderung geführt.
Auch die Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI liegen nicht vor. Danach sind Pflichtbeiträge für eine versicherte
Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich, wenn Versicherte vor dem
01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat
vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Solche Anwartschaftserhaltungszeiten
liegen bereits von Januar 1990 bis März 1990 und von Mai 1992 bis Juli 1992 nicht vor. Dieser Zeitraum kann auch
nicht durch die Zahlung freiwilliger Beiträge voll ausgefüllt werden, denn die Zahlung freiwilliger Beiträge ist nur
wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (§ 197
Abs. 2 SGB VI). Mit Ausnahme des Zeitraums ab 01.01.2004, für den das Gesetz die Zahlung freiwilliger Beiträge
wegen des ab 14.02.2005 laufenden Verfahrens gestattet (§§ 198 Satz 1, § 197 Abs. 2 SGB VI), könnten für die
unbelegten Zeiten freiwillige Beiträge nicht entrichtet werden.
Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei
Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Hiernach sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen
Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden
Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden
gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von
Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter
Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen
Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, wobei die
jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§ 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Für einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit muss ebenso wie für
einen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung die besondere versicherungsrechtliche
Voraussetzung der oben genannten Drei-Fünftel-Belegung erfüllt sein. Anhaltspunkte, dass der Kläger bereits im
August 2000 seinen Beruf als Schlosser nicht mehr ausüben konnte, finden sich in den Unterlagen nicht. Wie oben
bereits ausgeführt, hat der Clusterkopfschmerz zum Vorliegen von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit geführt, jedoch nicht
zu einer Einschränkung der Tätigkeit als Schlosser. Der Kläger hat diese auch bis Juli 1998 trotz Vorliegens der
Kopfschmerzsymptomatik vollwertig ausgeübt. Medizinische Befunde, dass sich diese Erkrankung bis August 2000
verschlechtert hat, existieren nicht.
Ebenso verhält es sich mit den diagnostizierten Befunden auf orthopädischem Fachgebiet. Der Kläger leidet zwar an
HWS- und LWS-Beschwerden aufgrund degenerativer Veränderungen, diese haben jedoch nicht einmal zu einer
längeren Arbeitsunfähigkeit geführt. Der behandelnden Hausarzt Dr. H. hat lediglich einmalig eine Behandlung und
eine fünftägige Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer akuten Lumboischialgie im Dezember 1995 bestätigt. Aus den
vorhandenen Befunden aus dem Jahr 2000 ist lediglich eine Behandlungsbedürftigkeit und Überweisung zum
Neurologen zu entnehmen, eine Verschlechterung der Wirbelsäulenbeschwerden ist aber nicht dokumentiert. Der
Senat schließt sich daher der Einschätzung von Dr. L. und Dr. D. an, dass der Kläger im Jahr 2000 seine Tätigkeit als
Schlosser noch ausüben konnte, zumal den medizinischen Sachverständigen das Tätigkeitsprofil durch die
Arbeitgeberauskunft zur Verfügung stand. Damit ergibt sich für den Senat, dass auch der Eintritt des Leistungsfalles
einer etwaigen teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Jahre 2000 nicht nachgewiesen ist. Auch im
sozialgerichtlichen Verfahren trägt derjenige die objektive Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend
gemachten Anspruch begründen. Der Grundsatz der objektiven Beweislast kommt immer dann zum Tragen, wenn
trotz aller Bemühungen bei der Amtsermittlung der Sachverhalt nicht mehr vollständig aufklärbar ist. Dies ist hier der
Fall (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008 § 118 RdNr. 5 ff).
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 21. Juli 2008 war somit
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seiner Klage auch im
Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.