Urteil des LSG Bayern vom 11.12.2003
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Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 11.12.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 15 AL 69/99
Bayerisches Landessozialgericht L 10 AL 30/01
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.11.2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Arbeitnehmer der Klägerin eine von der Klägerin hergestellte Tribünenanlage in
der Sporthalle N. (N.) ohne Erteilung einer Arbeitserlaubnis (AE) montieren durften.
Die Klägerin ist ein Metallbauunternehmen mit Sitz in Tschechien. Sie stellt falt- und kippbare Tribünensysteme her,
die aus einem Tragwerk, Sitz- und Treppeneinheiten bestehen und in bestehende Hallen eingebaut werden können,
wobei sie mittels einer Verankerung mit der Hallenwand bzw. dem Hallenboden verbunden sind. Zum Ein- und
Ausfahren der Tribünenanlage wird ein elektrischer Antrieb verwendet, der nicht von der Klägerin hergestellt und
geliefert wird.
Für den Einbau entsprechender Anlagen stellte die Beklagte mehrfach die AE-Freiheit fest, klärte jedoch die Klägerin
mit Hinweis im Bescheid vom 05.01.1998 darüber auf, dass diese Feststellung nicht mehr getroffen werden könne, da
die Tätigkeit arbeitserlaubnispflichtig sei. Im Rahmen des Vertrauensschutzes werde letztmals eine Feststellung der
AE-Freiheit für eine konkrete Montage mit Bescheid vom 05.01.1998 erteilt.
Mit Schreiben vom 12.02.1998 beantragte die Klägerin erneut die Feststellung der Befreiung von der AE-Pflicht für
den Einbau eines Tribünensystems in die Sporthalle N. auf Grund eines Werklieferungsvertrages zwischen der
Klägerin und der Firma G. GmbH mit Sitz in W ...
Auf Grund einer Stellungnahme des technischen Beraters des Arbeitsamtes München lehnte die Beklagte mit
Bescheid vom 09.04.1998 die Feststellung der AE-Freiheit für die Montage in der Sporthalle in N. ab. Es handele sich
nicht um eine technische, sondern nach DIN 276 um eine bauliche Anlage.
Der hiergegen eingelegte und auf die bisher erteilten Feststellungen der AE-Freiheit gestützte Widerspruch blieb ohne
Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 30.10.1998).
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Sie begehrt, nachdem der Einbau der
Tribünenanlage abgeschlossen war, die Feststellung, dass die Montage der Tribünenanlage für den Sport- und
Freizeitkomplexes N. gem. § 9 Nr.3 a Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) arbeitserlaubnisfrei war. Bei dem
Tribünensystem handele es sich um eine eigenständige, verwendungsfertige technische Anlage, die nur aus
Verkehrssicherungsgründen mit der Halle punktuell verbunden sei. Die DIN 276 sei nicht einschlägig, eine bauliche
Anlage liege nicht vor. Die Tribünenanlage könne auch mobil eingesetzt werden, wobei deren Anschaffung allerdings
teuerer sei. Die Tribünenanlage diene in den Sporthallen auch gewerblichen Zwecken (Durchführung von
Sportveranstaltungen gegen Entgelt). Die Klägerin könne sich im Übrigen auf Vertrauensschutz berufen. Derzeit
würden die Tribünenanlagen durch deutsche Arbeitskräfte erstellt werden, man wolle jedoch wieder tschechische
Arbeitnehmer hierfür einsetzen, so dass ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe. Bei elektrisch betriebenen
Tribünenanlagen werde der Elektroantrieb bei der Firma G. in W. als Subunternehmerin bestellt und geliefert.
Das SG hat eine Auskunft der Stadtverwaltung N., der Stadt D. und vom Bürgermeisteramt H. eingeholt. Diese
erklären, die dort mit entsprechenden Tribünenanlagen ausgestatteten Hallen würden durch Schulen und Vereine
genutzt werden. Letztere würden Eintrittsgelder verlangen.
Das SG hat mit Urteil vom 29.11.2000 die Klage abgewiesen. Die Feststellung der AE-Freiheit für die in N. montierte
Tribünenanlage scheitere bereits daran, dass diese nicht gewerblichen Zwecken diene. Sie werde im Wesentlichen
von Schulen und Vereinen genutzt, eine Amortisierung der Tribünenanlage durch zahlende Zuschauer erfolge aber
nicht. Für kulturelle Veranstaltungen würde die Tribüne nicht benützt werden.
Zur Begründung der dagegen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt die Klägerin vor: Es handle
sich um eine § 9 Nr.3 a AEVO entsprechende Anlage, die gewerblich genützt werde. Hierzu sei es nicht erforderlich,
dass sie ausschließlich gewerblichen Zwecken zur Verfügung stehe und eine vollständige Amortisiertung stattfinde.
Indirekte Zahlungen von Zuschauern an Vereine würden genügen. In die Tribünenanlagen eingebaute Elektromotoren
würden von der Klägerin bei der Firma G. GmbH Raumtragwerke in L. zugekauft werden und vor Ort von ihren
Monteuren eingebaut werden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Nürnberg, Aktenzeichen S 15 AL 69/99, vom 29.11.2000 aufzuheben und
festzustellen, dass der Bescheid vom 09.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.1998
aufzuheben ist, weil rechtswidrig und festzustellen war, dass die Montage der Tribünenanlage für den Sport- und
Freizeitkomplex N. gem. § 9 Nr.3 a Arbeitserlaubnisverordnung arbeitserlaubnisfrei war.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 29.11.2000 - S 15 AL 69/99 - als
unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen im Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat Auskünfte der Stadtverwaltung N., der Gemeinde H. und der Stadt D. eingeholt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der erteilten Auskünfte sowie auf den Inhalt der Beklagtenakte
und der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Die Beklagten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs.2
Sozialgerichtsgesetz - SGG)
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht
hat das SG die Klage abgewiesen. Die Ablehnung der von der Klägerin begehrten Feststellung mit Bescheid vom
09.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.1998 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht
in ihren Rechten.
Das Feststellungsbegehren der Klägerin ist im Rahmen einer sogenannten Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131
Abs.1 Satz 3 SGG) zulässig. Die Klägerin hat die streitgegenständliche Tribünenanlage in N. bereits fertig montiert.
Damit hat sich der Bescheid vom 09.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.1998 durch
Zeitablauf erledigt. Die Klägerin hat jedoch ein sogenanntes Fortsetzungsfeststellungsinteresse, denn es besteht im
Hinblick auf den Zweck des klägerischen Unternehmens ausreichend konkret die Gefahr der Wiederholung eines
ablehnenden Verwaltungsaktes bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen
(BSGE 40, 196; 42, 270; 44, 88; Meyer-Ladewig, SGG, 7.Aufl., § 131 Rd.Nr.10 b), d.h. bei in Hallen eingebauten und
mit Elektromotoren ausgestatteten Anlagen.
Die Montage der Tribünenanlage mit Elektroantrieb in N. - allein um diese Art der Tribünenanlage und deren Art der
Nutzung geht es im vorliegenden Rechtsstreit - durch die Monteure der Klägerin war nicht arbeitserlaubnisfrei gem. § 9
Nr.3 a AEVO in der vom 10.10.1996 bis 24.09.1998 geltenden Fassung. Die Anlage in N. ist nach Auskunft der
Klägerin vom 28.06.2000 seit zwei Jahren erstellt und in Betrieb, der Antrag datiert vom Februar 1998. Somit ist diese
Fassung der AEVO hier einschlägig.
Gemäß § 9 Nr.3 a AEVO bedürfen im Gegensatz zur sonst bestehenden AE-Pflicht gem. § 284 Abs.1 Drittes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB III) keiner AE Personen, die unter Beibehaltung ihres gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland
von ihrem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland in den Geltungsbereich dieser Verordnung entsandt werden, um Montage-
und Instandhaltungsarbeiten oder Reparaturen an gelieferten, verwendungsfertigen Anlagen oder Maschinen
auszuführen, die gewerblichen Zwecken dienen, sofern die Dauer der Beschäftigung drei Monate nicht übersteigt.
Vorliegend scheitert eine arbeitserlaubnisfreie Tätigkeit der Monteure der Klägerin bereits daran, dass keine Anlage
geliefert wurde, die gewerblichen Zwecken dient. Laut der erneuten Auskunft der Stadtverwaltung N. gegenüber dem
Senat wird für die Tribünennutzung kein Entgelt erhoben. Die Tribüne werde für Sportveranstaltungen genutzt
(Sitzplätze für Mannschaften und Zuschauer). Mit diesen Angaben bestätigt die Stadtverwaltung N. ihre gegenüber
dem SG gemachten Angaben. Im Übrigen wird hier auf die Ausführungen des SG verwiesen (§ 153 Abs.2 SGG).
Ergänzend ist allein anzumerken, dass die Eintrittsgelder, die die Vereine auf Grund ihrer Satzungen und Regelungen
erheben, nicht an die Stadtverwaltung abgegeben werden, sondern bei den Vereinen verbleiben. Ein Entgelt für die
Nutzung der Tribünenanlage erhält die Stadtverwaltung N. nicht. Diese Anlage - und allein auf diese ist die begehrte
Feststellung gerichtet - dient daher nicht gewerblichen Zwecken, eine Gewinnerzielungsabsicht des Bestellers liegt
nicht vor; vielmehr wird die Tribüne zur Erfüllung schulischer und gemeindlicher Aufgaben (dem Allgemeinwohl
dienende Versorgung mit entsprechenden Einrichtungen) genutzt.
Ob allein das Kriterium der gewerblichen Nutzung eine unterschiedliche rechtliche Bewertung rechtfertigt, kann
offenbleiben, denn die Feststellung der AE-Freiheit scheitert auch daran, dass es sich lediglich um einen
unselbstständigen Teil einer (baulichen) Anlage handelt, nämlich um einen Teil der Sporthalle insgesamt, auch wenn
die Tribünenanlage nur punktuell mit dieser verbunden bzw. verschraubt ist. Nach Auskunft der Klägerin handelt es
sich nicht um eine mobile Anlage. Ob eine mobile Tribünenanlage ggf. arbeitserlaubnisfrei montiert werden könnte, ist
nicht Gegenstand des Rechtsstreites (vgl. oben). Unter dem Begriff der "Anlage" im Sinne des § 9 Nr.3 a AEVO ist
zwar auch eine bauliche Anlage zu verstehen, denn sonst hätte es des weiteren Begriffes der "Maschinen" nicht
bedurft. Dass bauliche Anlagen hier auch von der Regelung des § 9 Nr.3 a AEVO erfasst sind, ergibt sich aus der
Dienstanweisung der Beklagten DA AER 2.9.316. Als solche bauliche Anlage ist die zum Einbau vorgesehene
Tribünenanlage anzusehen. Dann aber handelt es sich nicht um eine selbstständige technische Einheit, denn eine
zum Einbau bestimmte Tribünenanlage erfüllt ihren Zweck nur im Zusammenhang mit der Sporthalle bzw. im
Zusammenhang mit dem Gebäude, in das sie eingebaut wird.
Zudem hat die Klägerin auch keine verwendungsfertige Anlage im Sinne einer selbstständigen technischen Einheit
hergestellt und geliefert. Vielmehr wurden für die Sporthalle N. Elektromotoren eingebaut, die nicht von der Klägerin
hergestellt und geliefert wurden. Erst mit deren Einbau aber wurde die Anlage verwendungsfertig. Ob Tribünenanlagen
auch ohne Elektromotor eingebaut werden könnten, kann hier offen bleiben, denn solche Anlagen sind nicht
streitgegenständlich.
Um eine "Maschine" i.S.d. § 9 Nr.3 a AEVO handelt es sich bei der Tribünenanlage nicht, mit dieser wird nichts
hergestellt.
Nach alledem war der Bescheid vom 09.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.1998
rechtmäßig. Die Monteure der Klägerin durften nicht gem. § 9 Nr.3 a AEVO arbeitserlaubnisfrei die Tribünenanlage in
N. montieren. Die Berufung der Klägerin ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gerichtskosten fallen nicht an, die Klage ist vor dem 02.01.2002
erhoben worden (§ 183 SGG a.F. i.V.m. Art.17 Abs.1 Satz 2 des 6. Gesetzes zur Änderung des SGG vom
17.08.2001 - BGBl I S.2144).
Gründe, die Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.