Urteil des LSG Bayern vom 27.04.2004

LSG Bayern: firma, innere medizin, rente, berufsunfähigkeit, labor, neurologie, erwerbsfähigkeit, hilfskraft, psychiatrie, berufsausbildung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 27.04.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 2 RJ 363/00
Bayerisches Landessozialgericht L 6 RJ 30/03
I. Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 11.
November 2002 sowie des Bescheides vom 16. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
vom 16. Mai 2000 verpflichtet, der Klägerin ab 01. September 1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen II. Die
Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. III. Der
Beklagten werden die Kosten des Verfahrens in Höhe von 500,00 EUR zu Gunsten der Staatskasse auferlegt. IV. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (nurmehr) um die Leistung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Die 1948 geborene Klägerin hat zwischen 1963 und 1966 eine Lehre zur technischen Zeichnerin erfolgreich absolviert
und bis April 1968 in diesem Beruf gearbeitet. Anschließend war sie bis Anfang 1982 Hausfrau. Vom 11.01.1982 bis
31.12.1988 hat sie sodann bei der Firma Metallwerke L. GmbH im Labor als Angestellte gearbeitet, wo sie nach dem
Tarif T3 des Tarifvertrags der Metallindustrie Südwürttemberg-Hohenzollern entlohnt wurde. Ein durch die
Süddeutsche Edel- und Unedelmetall-Berufsgenossenschaft im Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus diesem
Arbeitsverhältnis durchgeführtes Verfahren zur Feststellung einer Berufskrankheit (BK 4302) wurde nicht
abgeschlossen Mit Schreiben vom 28.05.1991 war der Klägerin mitgeteilt worden, nach dem seinerzeitigen
Verfahrenstand könne eine Berufskrankheit wohl nicht anerkannt werden, nachdem diese insbesondere sich nicht
bereit erklärt hatte, die zur Abklärung des Lungengerüstprozesses erforderliche transbronchiale Lungenbiopsie
vornehmen zu lassen. Anschließend war die Klägerin bis zum Jahre 1996 als Repro-Hilfskraft im Druckhaus U. tätig,
sodann im Juli 1996 als Buchbinder-Hilfskraft und daran anschließend als Küchenhilfe in der "S.-Hilfe für ältere
Menschen". Zwischen September 2000 und Oktober 2003 hat sie eine Nebenbeschäftigung auf geringfügiger Basis
ausgeübt.
Am 18.08.1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Zahlung einer Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit
Die Beklagte holte das von dem Arzt für innere Medizin Dr.R. am 29.10.1999 erstattete Gutachten ein und lehnte den
Antrag mit Bescheid vom 16.11.1999 ab, weil die Klägerin trotz ihrer Gesundheitsstörungen (Körperliche
Erschöpfungsempfindungsbeschwerden und depressive Beschwerdesymptomatik. Wiederkehrende
Wirbelsäulenbeschwerden. Nikotinmißbrauch. Knotenbildung in der Schilddrüse. Spreizfüße) noch in der Lage sei, auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu arbeiten.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte die Beklagte das von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie
Dr.H. am 25.04.2000 erstattete Gutachten ein, nach dessen Auffassung die Klägerin in der Lage sei, leichte bis
zeitweilig mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Unzumutbar seien Zeitdruckarbeiten, Einzel- und
Gruppenakkord, Fließband- und taktgebundene Arbeiten sowie solche, die mit häufigem Heben und Tragen von Lasten
ohne mechanische Hilfsmittel verbunden seien sowie Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche
Belastbarkeit. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2000 hat die Beklagte daraufhin den Widerspruch
zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben. Die von der Beklagten als zumutbar
angesehene Tätigkeit als Küchenhilfe könne sie schon deshalb nicht mehr verrichten, wei es sich um eine
Schwerarbeit handele.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht eine Auskunft der S.-Hilfe GmbH M. über die Tätigkeit der
Klägerin im Jahre 1997 eingeholt, einen Befundbericht des Diplompsychologen S. und das von dem Facharzt für
psychotherapeutische Medizin und Psychoanalyse, Rehabilitationswesen Dr.S. am 15.02.2001 erstattete Gutachten.
Dieser stellte als Gesundheitsstörungen eine Dysthymie sowie Somatisierungsstörungen fest und hielt die Klägerin für
noch in der Lage, drei bis unter sechs Stunden täglich zu arbeiten. Unzumutbar seien schweres Heben und Tragen
von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, häufiges Treppen- und Leiternsteigen, Arbeiten überwiegend im Stehen, in
Zwangshaltungen, mit Zeitdruck, Einzel- und Gruppenakkord sowie Fließband- und taktgebundene Arbeiten,
Wechselschicht und Nachtarbeiten sowie alle Arbeiten mit erhöhter Anforderung an die nervliche Belastbarkeit und an
das Konzentrations- und Reaktionsvermögen.
Nach Auffassung des von der Beklagten hierzu gehörten Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. in seiner
Stellungnahme vom 02.03.2001 bedingten die psychopathologischen Befunde, wie sie im Gutachten des Dr.S.
beschrieben seien, keine leistungsmindernde Beeinträchtigung der Klägerin in zeitlicher Hinsicht.
Das Sozialgericht holte sodann das von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.P. am 18.09.2001 erstattete
Gutachten ein. Die Sachverständige vertrat die Auffassung, bei der Klägerin liege ein leicht gebessertes
Erschöpfungssyndrom und eine Dysthymie nach langjähriger psychosozialer Belastung bei überwiegend depressiv
strukturierter Primärpersönlichkeit vor sowie ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom, eine Gonarthrose links und
eine Varikosis. Damit sei die Klägerin noch in der Lage, acht Stunden täglich körperlich leichte und psychisch nicht
belastende Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit einseitigem
Stehen und Gehen und schwererem Heben und Tragen sowie häufigem Bücken. Deutlich beeinträchtigt seien die
nervliche Belastbarkeit, die Ausdauer und das Durchhaltevermögen.
Die Klägerin hat sich hierzu dahin geäußert, dass sie mit den genannten Einschränktungen den erlernten Beruf einer
technischen Zeichnerin oder qualitativ gleiche Tätigkeiten nicht mehr ausgeüben könne, weshalb Anspruch auf Rente
wegen Berufsunfähigkeit bestehe. Eine Loslösung von diesem Beruf habe nicht stattgefunden, da sie nach ihrer
Familienpause im Ausbildungsberuf keine Stelle mehr gefunden habe.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das Sozialgericht das von der Fachärztin für
Neurologie und Psychiatrie Dr.K. am 01.07.2002 erstattete Gutachten ein. Diese erklärte, aus nervenärztlicher Sicht
stehe im Vordergrund eine Erschöpfungsdepression auf dem Boden einer Dysthymie bei depressiv-selbstunsicherer
Primärpersönlichkeit. Gegenüber der Begutachtung durch Dr.H. sei eine deutliche Verschlechterung eingetreten.
Schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeiten unter Zeitdruck, in Nacht- oder Wechselschicht und mit
besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit könnten nicht mehr verrichtet werden. Tätigkeiten, die
diesen Kriterien entsprächen, könnten noch täglich vier bis unter sechs Stunden verrichtet werden.
Hierzu hat die Beklagte eine Stellungnahme nach Aktenlage von Dr.med.W. vom 20.09.2002 vorgelegt, nach deren
Auffassung das Gutachten sozialmedizinisch mangelhaft sei. Die von der Gutachterin vorgenommene medizinische
Wertung unter sozialmedizinischen Gesichtspunkten und die getroffene Leistungseinschränkung seien nicht
schlüssig, nicht nachvollziehbar, nicht objektivierbar und nicht validiert. Neue medizinische Gesichtspunkte oder
Befundtatsachen von sozialmedizinischer Relevanz enthalte das Gutachten nicht.
Mit Urteil vom 11.11.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Einschätzung des beruflichen
Leistungsvermögens der Klägerin hat es sich auf das Gutachten der medizinischen Sachverständigen Dr.P. vom
18.09.2000 gestützt, wohingegen das Gutachten von Dr.K. und auch das von Dr.S. nicht schlüssig und
nachvollziehbar seien. Zu Recht sei darauf hingewiesen worden, dass Dr.S. seine Einschätzung einer zeitlichen
Leistungsminderung nicht näher begründe und den bei der Klägerin durchaus beachtlichen privaten Aktionsradius nicht
hinreichend würdige. Es falle auf, dass der psychiatrische Befund im Gutachten von Dr.K. nicht wesentlich von dem
des Gutachtens von Dr.P. abweiche; zutreffend weise Dr.W. darauf hin, dass eine Verschlechterung des
Gesundheitszustands objektiv nicht nachgewiesen und auch keine schweren körperlichen und seelischen
Behinderungen festgestellt worden seien, die eine zeitliche Leistungsminderung rechtfertigen könnten. Damit sei die
Klägerin nicht erwerbsunfähig. Sie sei aber auch nicht berufsunfähig, weil sie sich von ihrem erlernten Beruf als
technische Zeichnerin aus nicht gesundheitsbedingten Gründen gelöst habe. Die später ausgeübten Tätigkeiten seien
nach dem vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschema höchstens dem Leitbild des angelernten
Arbeiters der unteren Ebene zuzuordnen mit der daraus folgenden Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Dagegen hat die Klägerin Berufung einegelegt. Sie trägt vor, der von Dr.P. angenommene beachtliche private
Aktionsradius liege, was die sozialen Kontakte angehe, bei vier bis fünf Stunden im Monat. Hinsichtlich der sonstigen
Aktivitäten folge sie den Ratschlägen ihres Therapeuten. Das Sozialgericht habe im Übrigen die von ihr ausgeübte
Tätigkeit als Laborantin unzutreffend dem Leitbild des angelernten Arbeiters der unteren Ebene zugeordnet. Die
höhere Qualifikation ergebe sich aus der tariflichen Einstufung nach der Lohngruppe T3, der Dauer der
Berufsausübung und der Anforderung des Berufs, da sie als einzige Kraft im Labor u.a. mit der Erstellung
umfangreicher Metallanalysen befasst gewesen sei. Auch seien ihre Vorkenntnisse in einem Metallberuf als
technische Zeichnerin nicht beachtet worden.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat Auskünfte der Firma Metallwerk L. GmbH eingeholt, wonach die
Klägerin im Galvaniklabor als Angestellte tätig gewesen sei; es habe sich um eine angelernte Tätigkeit gehandelt und
sie sei nach Tariflohn T3 (Süd-Westmetall) entlohnt worden. Weitere Auskünfte wurden vom Druckhaus U. eingeholt,
wonach die Klägerin in der Zeitungssetzerei als Hilfskraft mit zweiwöchiger Anlernzeit tätig gewesen sei sowie von der
S.-Hilfe für ältere Menschen, wo die Klägerin in der allgemeinen Hauswirtschaft mit dem Schwerpunkt Verteilerküche
tätig gewesen sei mit einer Anlernzeit von ca. vier Wochen.
Zu der Auskunft der Firma Metallwerk L. hat die Klägerin erklärt, diese sei nur sehr unzureichend und teilweise nicht
zutreffend. Sie sei als Laborantin eingestellt worden und habe über die theoretischen Kenntnisse und praktischen
Fähigkeiten einer Fachkraft verfügt. Das Metallwerk L. habe u.a. hochwertige Gleitlager für Flugzeuge gefertigt; den
Kunden seien verbindliche Prüfzertifikate und Atteste von Werkstoffanalysen ausgestellt worden, was nur durch
Facharbeiter geschehen dürfe.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat die Berufskrankheits-Akten der Süddeutschen Edel- und
Unedelmetall-Berufsgenossenschaft beigezogen und von dem von der Klägerin benannten Zeugen W. T. eine
Auskunft eingeholt. Dieser hat am 26.06.2003 erklärt, er habe vorübergehend die Tätigkeit als Laborleiter des
Metallwerks L. ausgeführt und habe die Klägerin eingelernt, bis sie alle Tätigkeiten selbständig habe ausführen
können, die der frühere Laborleiter verrichtet habe. Den genauen Zeitraum der Ausbildungszeit könne er nicht
angeben. Es seien aber keine zwei Jahre gewesen.
Der zum gerichtlichen Sachverständigen bestellte Internist Dr.E. hat sodann im Gutachten vom 17.11.2003 die
Auffassung vertreten, die Klägerin sei seit August 1999 in der Lage, acht Stunden täglich leichte Arbeiten zu
verrichten, die nicht ausschließlich im Stehen oder Gehen erbracht werden müssten. Stehende Tätigkeiten mit
gelegentlichem Positionswechsel seien möglich. Die Klägerin sollte überwiegend in geschlossenen Räumen arbeiten,
zu vermeiden sei der Einfluss von Nässe und Kälte, Tätigkeiten unter Zeitdruck, am Fließband, im Akkord und in
Nachtschicht, das Heben und Tragen von schweren Lasten und Tätigkeiten mit häufigem Bücken und in
Zwangshaltungen. Es sei als sehr wahrscheinlich anzusehen, dass die Tätigkeit im Labor im Jahre 1988 aus
gesundheitlichen Gründen beendet werden musste. Nach den vorliegenden Befunden hätte bei einer weiteren
Ausübung dieser Tätigkeit mit einer Verschlimmerung der Symptomatik und der Lungenfunktion gerechnet werden
müssen.
Der Senat hat sodann den Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I 1988 der Metallindustrie Südwürttemberg-
Hohenzollern in das Verfahren eingeführt und den Beteiligten zur Kenntnis übersandt.
Die Beklagte hat erklärt, es könne dahingestellt bleiben, ob die Tätigkeit als Laborantin beim Metallwerk L. im Jahre
1988 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben worden sei, da es sich nach der Aussage der Firma und des
ehemaligen Laborleiters um eine Tätigkeit mit einer Anlernzeit von mehreren Monaten gehandelt habe. Auch habe die
Klägerin nicht über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten einer Facharbeiterin verfügt. Sie sei
hinsichtlich der Tätigkeit als Laborantin allenfalls dem oberen Anlernbereich zuzuordnen und könne noch Tätigkeiten
als Warenaufmacherin/Versandfertigmacherin, Mitarbeiterin in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde und
als Tagespförtnerin oder Warensortiererin arbeiten.
Der Senat holte anschließend einen Befundbericht des Facharztes für psychotherapeutische Medizin Dr.T. vom
27.11.2003 ein. Nach einem vorgelegten Attest der Allgemeinmedizinerin Dr. S. vom 15.12.2003 leide die Klägerin an
einem chronischen Erschöpfungszustand und könne nur zwei Stunden hintereinander arbeiten; anschließend benötige
sie eine Pause.
Die Firma Metallwerk L. GmbH hat mit Schreiben vom 19.12.2003 zur Tätigkeit der Klägerin ausgeführt, diese sei als
Leiterin des Labors angestellt gewesen, zu ihren Aufgaben habe es gehörte, die täglichen Proben des
Produktionsmaterials auf deren metallurgische Zusammensetzung zu untersuchen. Diese Untersuchungen seien im
nasschemischen Verfahren durchgeführt worden, die angewandten Verfahren seien recht aufwendig gewesen. Sie
hätten ein großes Fachwissen und genaues, sorgfältiges Arbeiten verlangt. Die Klägerin sei als gelernte technische
Zeichnerin auf diese Position eingesetzt und durch einen freischaffenden Chemietechniker angelernt worden. Die
Anlernzeit habe etwa ein Jahr gedauert. Sie habe dem Laborbereich voll eigenverantwortlich vorgestanden und ihr
habe die Organisation und das Bestellwesen für diesen Bereich oblegen. Auf Grund ihrer Ergebnisse seien
Produktionsfreigaben erteilt und Qualitätszertifikate über die Legierungen ausgestellt worden. Ihre Tätigkeit habe einen
maßgeblichen Beitrag für den korrekten Betriebsablauf erbracht. Sie habe die Verantwortung und Vorzüge einer
Fachkraft genossen. Durch die Vorkenntnisse aus der technischen Ausbildung habe die Klägerin nicht alle für den
Beruf der Laborantin notwendigen Kenntnisse neu erlernen müssen, sondern nur die fachspezifischen
Detailkenntnisse. Auf Grund dieser Fähigkeiten und Kenntnisse sei sie als Laborantin im Angestelltenverhältnis
beschäftigt gewesen und auch bezahlt worden, obwohl sie keine Abschlussprüfung als Laborantin abgelegt habe.
Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme von Dr. N. vorgelegt, wonach die Klägerin leichte Tätigkeiten sowohl auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch als Laborantin vollschichtig verrichten könne. Auch könne nicht davon
ausgegangen werden, dass die Aufgabe der Tätigkeit als Laborantin aus gesundheitlichen Gründen erfolgt sei.
Hierzu hat der Senat eine nach Aktenlage am 29.02.2004 erstellte ergänzende Stellungnahme des gerichtlichen
Sachverständigen Dr.E. eingeholt, der erklärte, aufgrund der Vorbefunde stehe fest, dass seinerzeit Veränderungen an
der Lunge bestanden hätten, die zwar noch nicht zu einer wesentlichen Funktionseinschränkung geführt hätten; es
seien aber röntgenologische Veränderungen vorhanden gewesen wie auch eine leichte Diffusionsstörung. Zweifellos
seien diese Veränderungen im Wesentlichen auf das langjährige Rauchen zurückzuführen gewesen. Bei einer
bestehenden pulmonalen Vorschädigung, egal welcher Ursache, seien zusätzliche inhalative Noxen zu vermeiden, die
bei der Tätigkeit der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt vorhanden waren, wie sich aus der Akte der
Berufsgenossenschaft ergebe. Bei den nachgewiesenen pulmonalen Schädigungen musste die Beendigung der
Labortätigkeit aus sozialmedizinischer Sicht zur Vermeidung einer Verschlimmerung empfohlen werden. Die Einholung
eines weiteren Gutachtens auf psychiatrischem Fachgebiet sei im Hinblick auf die von Dr.P. durchgführte
Untersuchung nicht erforderlich und es habe sich im Zeitpunkt seiner Begutachtung keine Verschlechterung
gegenüber den beschriebenen Vorbefunden ergeben.
In der mündlichen Verhandlung des Senats vom 27.04.2003 hat der durch eine Terminsvollmacht ausgewiesene
Vertreter der Beklagten erklärt, er sei schriftlich angewiesen, in der mündlichen Verhandlung einen Antrag zu stellen.
Der Senat hat daraufhin auf die sich aus § 192 Abs.1 Satz 1 Ziff.2 SGG ergebenden Folgen hingewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 11.11.2002 sowie des Bescheides vom
16.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2000 zu verurteilen, ihr ab 01.09.1999 Rente
wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen verwiesen auf den Inhalt der Akten des Gerichts
und der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Unfallakten der Süddeutschen Edel- und Unedelmetall
Berufsgenossenschaft, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist auch begründet entsprechend dem am
Schluss der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, weil die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 01.09.1999
Rente wegen Berufsunfähigkeit zu leisten. Die Klägerin ist seit Antragstellung in ihrer Erwerbsfähigkeit wegen
Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden
Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken (§ 43 Abs.2 Satz 1
Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der wegen der Antragstellung im August 1999 noch anwendbaren, bis
31.12. 2000 gültigen Fassung). Hinsichtlich der ursprünglich beantragten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hat die
Klägerin ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrecht erhalten.
Die in den Verfahren erster und zweiter Instanz durchgeführten Begutachtungen haben ergeben, dass die
Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch die bei ihr festgestellten Gesundheitsstörungen bereits merklich eingeschränkt ist.
Bei der Untersuchung durch Dr.E. bezeichnete sie als gravierendste Beschwerden ihre Magenschmerzen. So sei es
seit etwa 1998/1999 bei Stress zu akuten Schmerzen im Oberbauch von krampfartigem Charakter gekommen,
manchmal mit Erbrechen. Auch bestehe weiterhin eine ausgeprägte Müdigkeit, die morgens zwei Stunden Anlaufzeit
erfordere und nur eine kurze Belastbarkeit zulasse. Daneben leide sie an Ohrgeräuschen und Nacken- und
Kopfschmerzen nach zwei Stunden sitzender Position.
Dr.E. weist auf die am 12.08.2003 durchgeführte Gastroskopie hin, die eine Soor-Ösophagitis nachgewiesen hat sowie
eine deutliche Schleimhautrötung im Magen. Histologisch ergab sich eine chronische aktive Antrumgastritis mit
inkompletter intestinaler Metaplasie und eine Helicobacter-Besiedelung. Eine Kontrollgastroskopie hat am 10.09.2003
nur mehr residuale Flocken im Ösophagus ohne Entzündungszeichen ergeben, weshalb die Notwendigkeit weiterer
Maßnahmen nicht mehr gesehen wurde. Zum Untersuchungszeitpunkt nahm die Klägerin weiterhin einen H2-Blocker
zur Säurereduzierung ein, ohne die es zu einer erheblichen Beschwerdezunahme komme. Sonographisch vermochte
Dr.E. keine pathologischen Befunde an den Oberbauchorganen vorzufinden. Der Sachverständige betont, dass die
zuletzt endoskopisch erhobenen Befunde die weiterhin bestehenden deutlichen Beschwerden nicht erklärten,
anzunehmen sei bestenfalls eine geringere Refluxsymptomatik, wenngleich endoskopisch keine axiale Hernie und
keine Cardiainsuffizienz beschrieben worden seien. Auszugehen sei von einem funktionell psychovegetativ
überlagerten Beschwerdebild. Die im Zusammenhang mit der Soor-Ösophagitis durchgeführte Laboruntersuchung
konnte einen chronischen Krankheitsprozess ausschließen; auffällig war nur mehr, dass im Differenzialblutbild
Reizformen von Blutzellen wie Thrombozyten und Lymphozyten auftreten, was ein unspezifisches Zeichen eines
Zustands nach entzündlichem Prozess sein könnte. Hieraus ergibt sich jedoch noch keine sozialmedizinische
Konsequenz.
Bei der Untersuchung der Lunge gab die Klägerin keine Atembeschwerden und auch keine bronchitischen Symptome
an. Die erhobenen Befunde sprechen nach wie vor für eine geringgradige Gasaustauschstörung, wie sie bereits 1990
diagnostiziert worden ist. Eine wesentliche Leistungseinschränkung ergibt sich daraus nicht. Die noch im Jahre 1990
röntgenologisch nachweisbaren Veränderungen an der Lunge, die seinerzeit auf eine chronische Bronchitis
zurückgeführt wurden, sind nunmehr nicht mehr nachweisbar. Es kann also von einer gewissen Besserung
ausgegangen werden. Im Jahre 1988 war mit Sicherheit ein Wechsel des Arbeitsplatzes zu empfehlen gewesen, da
auch bei einer chronischen Bronchitis Arbeitsplätze, bei denen reizende Gase und Dämpfe inhaliert werden, zu
vermeiden sind.
Dr.E. betont, dass die sowohl in Ruhe als auch unter und nach der ergometrischen Belastung auftretenden einzelnen
Extrasystolen keinen Krankheitswert haben und eine Leistungsbeschränkung nicht nach sich ziehen.
Die Untersuchung der Schilddrüse ergab eine Struma nodosa beidseits bei im Normwert liegendem TSH-Wert. Derzeit
besteht keine Schilddrüsenunterfunktion. Bei einer Zunahme der knotigen Veränderungen wäre die Indikation zu einer
Schilddrüsenoperation gegeben, ohne dass sich derzeit eine sozialmedizinische Konsequenz aus diesem Befund
ergeben würde.
Die orientierende Untersuchung der Beweglichkeit an den oberen und den unteren Extremitäten zeigte keine
Funktionseinschränkung, an der Wirbelsäule war eine Skoliose im Brustwirbelsäulenbereich mit leichter Asymmetrie
und im Schultergürtelbereich Myogelosen feststellbar. Es kann die Diagnose einer Wirbelsäulenfehlstatik bei
muskulärer Insuffizienz bestätigt werden, ohne dass eine wesentliche Bewegungseinschränkung vorliegt.
An den unteren Extremitäten der Klägerin waren keine Ödeme nachweisbar; im Stehen bestand am rechten
Unterschenkel eine betonte Venenzeichnung mit einzelnen Seitenastvarizen und es zeigten sich einzelne
Besenreiser. Es handelt sich dabei um einen geringgradigen Befund, eine chronische venöse Insuffizienz besteht
nicht. Bei Tragen eines Kompressionsstrumpfes sind auch stehende Tätigkeiten möglich.
Hinsichtlich der von Seiten des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets vorliegenden Gesundheitsstörungen und
deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit der Klägerin und auch die Nichtverwertbarkeit der Auffassung von Dr.S.
und Dr. K. sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit der Auffassung und der Beurteilung durch das Sozialgericht in
seinem angefochtenen Urteil, weshalb insoweit hierauf Bezug genommen werden kann.
Insgesamt ist das körperliche Leistungsvermögen der Klägerin bereits merklich eingeschränkt und sie ist seit
Antragstellung nur mehr in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten zu erbringen, die nicht ausschließlich im Stehen
oder Gehen durchgeführt werden. Die acht Stunden täglich mögliche Tätigkeit sollte überwiegend in geschlossenen
Räumen stattfinden, unter Vermeidung der Einflüsse von Nässe und Kälte. Vermeiden sollte sie auch Tätigkeiten
unter Zeitdruck, am Fließband, im Akkord und in Nachtschicht, das Heben und Tragen von schweren Lasten und
Tätigkeiten mit häufigem Bücken und in Zwangshaltungen. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte
sind nicht begründbar, da die Klägerin in der Lage ist, viermal am Tag Wegstrecken von deutlich mehr als 500 m in
angemessener Geschwindigkeit zurückzulegen.
Mit diesem Leistungsvermögen kann bei der Klägerin von Erwerbsunfähigkeit nicht ausgegangen werden (vgl. § 44
Abs.2 Satz 2 Nr.2 SGB VI a.F.), was sie durch die Beschränkung ihres Antrages in der mündlichen Verhandlung
zugestanden hat.
Die Klägerin ist aber seit Antragstellung berufsunfähig im Sinne des § 43 SGB VI a.F. Ob dies der Fall ist, beurteilt
sich danach, welche ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeiten ihr unter Berücksichtigung der Dauer
und des Umfang ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen
Berufstätigkeit zugemutet werden können. Als Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin innerhalb
des von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage der Verweisbarkeit eines qualifizierten Arbeiters
entwickelten Mehrstufenschemas (vgl. BSG SozR 2200 § 246 Nrn.44, 70, 75, 107, 143, 150, BSG SozR 3-2200 § 247
Nr.17) im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten der dem Facharbeiter entsprechenden
Stufe der Berufe mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung (Laborantin) zuzuordnen ist. Auszugehen ist dabei vom
Hauptberuf, d.h. dem nicht nur vorübergehend qualitativ höchsten Beruf, der aus gesundheitlichen Gründen
aufgegeben werden musste. Die Klägerin hat zwar den Beruf einer technischen Zeichnerin erlernt. Von diesem kann
jedoch nicht ausgegangen werden, da sie ihn, ohne dass gesundheitliche Gründe dafür ersichtlich gewesen wären,
aufgegeben hat. Maßgeblich ist vielmehr die später bei der Firma Metallwerk L. GmbH zwischen Januar 1982 und
Dezember 1988 ausgeübte Tätigkeit als Angestellte (Leiterin des Labors). Diese Tätigkeit stellte im Vergleich zu den
später ausgeübten Tätigkeiten einer Repro-Hilfskraft bzw. Küchenhilfe die qualitativ am höchsten zu bewertende dar,
die aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden musste. Nach den Angaben der Firma Metallwerk L. war die
Klägerin zwar in dieser Tätigkeit nur angelernt, sie wurde jedoch wie eine (einem Facharbeiter entsprechende)
Angestellte mit abgeschlossner Berufsausbildung nach der Gruppe T3 des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrags I
1988 der Metallindustrie Südwürttemberg-Hohenzollern entlohnt. Bei diesem nach Qualitätsstufen geordneten
Tarifvertrag ist davon auszugehen, dass die tarifliche Einstufung auf der Qualität der Tätigkeit beruht (vgl. BSG in
SozR 3-2200 § 246 Nr.13). So umfasst die Tarifgruppe T1 lediglich einfache technische Tätigkeiten, für die eine
Berufsausbildung nicht erforderlich ist; die Gruppe T2 betrifft einfache technische Tätigkeiten, die Kenntnisse im Beruf
voraussetzen, die in der Regel durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder auf entsprechend andere Weise
erworben worden sind. Die für die Klägerin maßgebliche Gruppe T3 erfordert zusätzlich mehr Selbstständigkeit und
Erfahrung. Darüber hinaus verlangt die nächsthöhere Gruppe T4 schwierigere technische Tätigkeiten, die mehrjährige
Berufserfahrung oder einer Fachschulausbildung entsprechende Berufskenntnisse erfordern. Diese Merkmale gehen
offensichtlich über eine normale abgeschlossene Berufsausbildung hinaus.
Gegenüber den "besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit" von geringerem Gewicht ist die
Ausbildung, die lediglich den Weg kennzeichnet, auf dem die den Beruf qualifizierenden Kenntnisse und Fähigkeiten
regelmäßig erworben werden. Selbst dann also, wenn ein Versicherter die für einen bestimmten Beruf vorgesehene
Ausbildung nicht durchlaufen hat, ist dieser dennoch sein bisheriger Beruf, wenn er ihn nicht nur vorübergehend
vollwertig ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.55, 68). Dass die Klägerin im Labor zweifellos über eine
Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Versicherten derselben Berufsgruppe verfügt hat (BSG SozR 2200 §
246 Nr.129), ergibt sich eindeutig aus den Darlegungen der Firma Metallwerk L. im Schreiben vom 19.12.2003. So war
die Klägerin als Leiterin des Labors angestellt und es gehörten zu ihren Aufgaben, die täglichen Proben des
Produktionsmaterials auf deren metallurgische Zusammensetzung zu untersuchen. Es handelte sich um recht
aufwändige Verfahren, die drei bis vier Stunden dauerten und ein großes Fachwissen und genaues, sorgfältiges
Arbeiten erforderten. Die Analysen waren immer unter einem gewissen Zeitdruck zu erledigen, da die Produktion auf
die Ergebnisse der Analyse wartete, um die entsprechenden Erzeugnisse der Gießerei zur Weiterverarbeitung
freizugeben. Die Klägerin war als gelernte Zeichnerin auf diese Position eingesetzt, weil sie damit bereits über
Vorkenntnisse verfügte. Die deshalb nur etwa ein Jahr andauernde und erforderliche Anlernzeit wurde unter Zeitdruck
durchgeführt und die Klägerin erlernte das Handwerkszeug einer Chemielaborantin einschließlich des Fachwissens für
die in ihrer Firma vergossenen Sonderlegierungen. Als eigenverantwortliche Leiterin des Laborbereichs oblagen der
Klägerin die Organisation und das Bestellwesen für diesen Bereich und es wurden auf Grund ihrer Ergebnisse
Produktionsfreigaben erteilt und Qualitätszertifikate für die Legierungen ausgestellt. Ihre Tätigkeit war von hoher
Bedeutung für den korrekten Betriebsablauf. Damit genoss die Klägerin auch die Verantwortung und Vorzüge einer
Fachkraft. Der Arbeitgeber betont, dass durch die Vorkenntnisse aus der technischen Ausbildung nicht alle für den
Beruf der Laborantin notwendigen Kenntnisse neu erlernt werden mussten, sondern nur die fachspezifischen
Detailkenntnisse. So wurde die Klägerin als Laborantin im Angestelltenverhältnis beschäftigt und bezahlt, ohne eine
entsprechende Abschlussprüfung als Laborantin abgelegt zu haben.
Diese Tätigkeit hat die Klägerin auch zweifellos aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, wobei es ohne Bedeutung
ist, ob ein ursächlicher Zusammenhang alleine mit schädigenden Einflüssen am Arbeitsplatz bestand. Dr.E. hat in
seinem Gutachten vom 17.11.2003 und der ergänzenden Stellungnahme vom 29.02.2004 sich dazu eingehend
geäußert. Es steht fest, dass zum damaligen Zeitpunkt Veränderungen an der Lunge bestanden haben, die zwar noch
nicht zu einer wesentlichen Funktionseinschränkung geführt hatten, aber röntgenologische Veränderungen vorhanden
waren wie auch eine leichte Diffusionsstörung. Diese Veränderungen waren im Wesentlichen (auch) auf das
langjährige Rauchen zurückzuführen. Bei einer bestehenden pulmonalen Vorschädigung, egal welcher Ursache, sind
zusätzliche inhalative Noxen zu vermeiden. Aus der beigezogenen Akte der Berufsgenossenschaft geht eindeutig
hervor, dass damals inhalative Noxen vorhanden waren. Bei der nachgewiesenen pulmonalen Schädigung war die
Beendigung der Labortätigkeit aus sozialmedizinischer Sicht zu empfehlen, da eine Verschlimmerung der
bestehenden Schädigung zu erwarten war. Dass seinerzeit eine Berufskrankheit nicht festgestellt werden konnte, ist
in diesem Zusammenhang ohne Belang. Aus den Feststellungen von Dr.E. ergibt sich auch, dass die Tätigkeit im
Labor weiterhin nicht mehr zumutbar ist, da die Klägerin weiterhin den inhalativen Noxen ausgesetzt wäre und nicht
unter Zeitdruck arbeiten darf, was aber das Metallwerk L. als notwendig bezeichnet hat. Damit liegt Berufsunfähigkeit
vor, weil eine Verweisung auf die danach ausgeübten qualitativ geringertigen Tätigkeiten innerhalb des
Mehrstufenschemas nicht möglich ist. Gleiches gilt für die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten, die
allenfalls für einen Versicherten des oberen Anlernbereichs gelten könnten.
Da die Klägerin somit ab Antragstellung einen Anspruch auf Leistungen einer Rente wegen Berufsunfähigkeit hat,
waren das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Augsburg sowie die ablehnende Entscheidung der Beklagten
dementsprechend abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen der Klägerin. Der Senat hat
darüber hinaus von der in § 192 SGG eröffneten Möglichkeit der Verhängung von Verschuldenskosten Gebrauch
gemacht, da die Beklagte den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihr vom Vorsitzenden im Termin die
Mißbräuchlichkeit der (weiteren) Rechtsverfolgung dargelegt worden war. Die Beklagte hat zum Termin einen mit einer
uneingeschränkten Vollmacht ausgewiesenen Vertreter entsandt. In Kenntnis des Ergebnisses der durchgeführten
Beweisaufnahme und der bei Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu erwartenden
Wahrscheinlichkeit eines Vergleichsvorschlages hat sie intern eine Weisung erteilt, dass ein Antrag zu stellen sei,
was dem Verbot eines Vergleichsabschlusses (Teil-Anerkenntnis von Berufsunfähigkeit) gleichkommt. Ein derartiges
Verhalten sieht der Senat als mißbräuchlich im Sinne des § 192 Abs.1 Satz 1 Ziff. 2 SGG an mit der Folge der an die
Staatskasse zu zahlenden Kosten. Die vom Senat zu schätzende Höhe dieser Kosten beträgt mindestens 225,00
EUR (vgl. § 192 Abs.1 Satz 3, § 184 Abs.2 SGG) und wurde vom Senat auf 500,00 EUR festgesetzt.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.