Urteil des LSG Bayern vom 15.07.1998
LSG Bayern: befreiung von der versicherungspflicht, beitragspflicht, unternehmer, mitgliedschaft, wartezeit, versicherungsschutz, eingriff, erwerbsunfähigkeit, erfüllung, form
Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 15.07.1998 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 10 Lw 30/96
Bayerisches Landessozialgericht L 16 LW 28/97
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 5. August 1997 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der vom Kläger in der Zeit vom 01.04.1980 bis 31.12.1991 nach dem
Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) bezahlten Beiträge.
Der am ...1954 geborene Kläger ist seit 01.04.1980 nach Übernahme eines landwirtschaftlichen Anwesens von rund
29 ha landwirtschaftlicher Unternehmer und Mitglied der Beklagten. Am 22.06.1994 erkundigte sich der Kläger
telefonisch nach Befreiungsmöglichkeiten. Mit Schreiben vom 04.07.1994 übersandte die Beklagte ein Merkblatt über
die geltenden Bestimmungen des GAL und teilte mit, daß noch keine verbindlichen Informationen über die
Voraussetzungen nach dem am 01.01.1995 vermutlich in Kraft tretenden ALG vorlägen.
Am 24.01.1995 erkundigte sich der Kläger erneut telefonisch über die Möglichkeit einer Erstattung aller bisher
gezahlten Beiträge. Ihm wurde mitgeteilt, daß wegen der bis zum 31.12. 1994 einbezahlten Beiträge von nur 177 statt
180 Kalendermonaten eine Erstattung oben genannter Beiträge nicht möglich sei. Bezüglich der
Befreiungsmöglichkeiten wurden dem Kläger drei Merkblätter übersandt. Im Schreiben vom 20.04.1995 widerrief der
Kläger die Einzugsermächtigung und teilte mit, daß er nur noch Beiträge für Januar bis März 1995 einzahlen möchte.
Die Beklagte teilte ihm mit, daß sie diesen Vorgang als formlosen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht
auffasse und bat ihn, den Formblattantrag, falls er gestellt werden sollte, bis 22.05.1995 zurückzusenden. Der Kläger
forderte erneut telefonisch am 10.05.1995 die Erstattung sämtlicher Beiträge. Nachdem ihm erklärt wurde, daß dies
nicht möglich sei, wünschte er eine schriftliche Bestätigung über die Einzahlung von 180 Beiträgen sowie die
Rentenberechtigung. Wie sich aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Schriftstücken ergibt, hat der Kläger im
Januar 1994 der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (LBG) die Verpachtung von Grundstücken zwischen
01.05. 1989 und 01.01.1992 mitgeteilt. Im Zusammenhang mit der Beitragserhebung zur Berufsgenossenschaft bat er
um Überprüfung der ihm noch zuzurechnenden Flächen. Von der LBG wurden diesbezüglich noch im Frühjahr 1995
weitere Ermittlungen durchgeführt. Am 02.05.1995 fertigte die Beklagte eine Aufstellung über die landwirtschaftlichen
Flächen und stellte fest, daß die Mindestgröße vom Kläger nicht mehr erreicht werde. Im Bescheid vom 23.05.1995
stellte die Beklagte fest, daß die Unternehmereigenschaft zum 01.01.1992 endete und damit auch die Beitragspflicht
nach § 14 Abs.1 Buchst.a GAL. Gleichzeitig wurde dem Kläger mitgeteilt, daß die über Dezember 1991 hinaus
bezahlten Beiträge zu Unrecht entrichtet seien und erstattet werden. Er wurde über die Möglichkeiten zur
Weiterentrichtung von Beiträgen belehrt und darauf hingewiesen, daß eine schriftliche Erklärung darüber bis
spätestens 23.05.1997 bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse eingehen müsse. Weiter wurde er im genannten
Schreiben über die Möglichkeit einer Befreiung nach dem ALG bei Erfüllung der Beitragszahlung für 180 Monate
belehrt sowie über die Voraussetzung für den Erhalt eines Beitragszuschusses und über seine Meldepflichten. Die
Beiträge für die Zeit ab 01.01.1992 wurden nach am 04.07.1995 nach Ablauf der Rechtsmittelfrist an den Kläger
zurückgezahlt. Mit Schreiben vom 28.09.1995 (Bl.22 Beklagtenakte) verlangte der Kläger die Auszahlung aller
eingezahlten Beiträge entsprechend den alten gesetzlichen Bestimmungen.
Im streitgegenständlichen Bescheid vom 22.02.1996 lehnte die Beklagte die am 28.09.1995 beantragte Erstattung von
Beiträgen in der Zeit vom 01.04.1980 bis 31.12.1991 ab. Sie begründete dies damit, daß der Kläger in der fraglichen
Zeit nur 141 und nicht 180 Kalendermonate Beiträge als Landwirt an die LAK bezahlt habe. Nach dem bis zum
31.12.1994 geltenden Recht sei deshalb eine Erstattung von Beiträgen ausgeschlossen gewesen und deshalb auch
nach neuem Recht nicht möglich (§ 117 Abs.2 ALG). Gegen den Bescheid erhob der Klägerbevollmächtigte
Widerspruch, den er damit begründete, daß der Kläger von 1980 bis 1995 genau 180 Monatsbeiträge einbezahlt habe.
Durch die Erstattung der Beiträge ab 01.01.1992 im Juli 1995 in Höhe von 10.965,00 DM habe die Beklagte
nachträglich Tatsachen geschaffen, die die Erfüllung von 180 Beitragsmonaten vernichte und willkürlich sei. Es sei
zwar einzuräumen, daß der Kläger am 31.12.1994 noch keine 180 Beitragsmonate erfüllt habe. Tatsächlich habe er
aber bis März 1995 noch weitere drei Monate einbezahlt. Die Beiträge seien auch deshalb zu erstatten, da, folge man
der Auffassung der Beklagten, daß seit 01.01.1992 keine Beitragspflicht mehr bestand, der Kläger auch bei
Vollendung des 65. Lebensjahrs keinen Anspruch auf Rente wegen Alters habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, der
angefochtene Bescheid sei nicht zu beanstanden, da nach dem ab 01.01.1995 geltenden § 117 Abs.1 ALG nur an
Personen Beiträge erstattet werden, die am 31.12.1994 für 180 Kalendermonate Beiträge gezahlt haben, als Landwirt
nicht beitragspflichtig waren und mit den gezahlten Beiträgen bei Vollendung des 65. Lebensjahrs keinen Anspruch
auf Rente wegen Alters gehabt hätten. Nach Abs.2 würden Beiträge vor dem 01.01.1995 nicht erstattet, soweit am
31.12.1994 keine Beiträge gezahlt wurden und nach dem bis 31.12.1994 geltenden Recht eine Erstattung
ausgeschlossen war. Die Voraussetzungen des § 117 AFG seien beim Kläger nicht erfüllt, da Beitragspflicht nur bis
31.12.1991 bestanden habe und deshalb die zu Unrecht vom 01.01.1992 bis 31.03.1995 entrichteten Beiträge bereits
erstattet wurden. Im übrigen könne der Kläger die Voraussetzung für den Bezug von Altersgeld noch erfüllen. Er sei
diesbezüglich auf das Erfordernis der Weiterentrichtung von Beiträgen hingewiesen worden, einschließlich der
Erklärungsfrist bis 23.05.1997. Durch diese Weiterentrichtung könne er die Beitragslücke ab 01.01.1992 schließen und
die Voraussetzungen erfüllen. Im übrigen könne er nach § 17 ALG durch einen entsprechenden Befreiungsantrag bis
zum 23.05.1998 eine Befreiung nach ALG (ab 01.04.1995) und eine Anrechnung von Versicherungszeiten nach dem
SGB VI erreichen.
Die zum Sozialgericht Augsburg erhobene Klage begründete der Klägerbevollmächtigte damit, daß der Kläger 180
Kalendermonate bis einschließlich 31.03.1995 bezahlt habe. Es sei zwar durch Bescheid vom 23.05.1995
bestandskräftig festgestellt, daß der Kläger ab 01.01.1992 nicht mehr landwirtschaftlicher Unternehmer gewesen sei,
aber durch die Argumentation der Beklagten würden dem Kläger die Rechtsgrundlage für den
Rückerstattungsanspruch genommen. Dies geschehe willkürlich. Schließlich habe die Beklagte die Beiträge zunächst
angenommen und erst 1995 beanstandet. Es sei auch merkwürdig, daß bei einer entsprechenden Erklärung des
Klägers die Beitragspflicht am 01.01.1992 wieder beginne und nicht erst mit Abgabe der entsprechenden Erklärung.
Der Kläger habe aber kein Interesse daran, weiter freiwillige Beiträge einzubezahlen, da nicht absehbar sei, wie zum
Zeitpunkt eines möglichen Altersgeldes die Gesetzeslage sei. Schließlich werde ihm bereits jetzt durch den Willkürakt
der LAK der Anspruch entzogen. Es handele sich um einen enteignungsgleichen Eingriff, wenn die Beklagte für die
Zeit vom 01.04.1980 bis 31.12.1991 die Beiträge nicht zurückerstatte und den Kläger zur Weiterzahlung von Beiträgen
nötige. Im weiteren Schriftsatz führte der Bevollmächtigte aus, daß auch der Gesetzgeber mit § 117 Abs.1 ALG eine
willkürliche Voraussetzung geschaffen habe, die einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalte. Die Beklagte hat
hingegen in den Schriftsätzen vom 26.06.1996 an ihrer Auffassung festgehalten und dargelegt, daß das Ende der
Versicherungspflicht erst rückwirkend festgestellt werden konnte, weil erst zu diesem Zeitpunkt die Ermittlungen über
die vom Kläger noch bewirtschafteten Flächen abgeschlossen waren. Dies sei darauf zurückzuführen, daß die
Flächenänderungen teilweise erst im Jahre 1995 gemeldet wurden. Die Beklagte würde nicht willkürlich handeln,
sondern lediglich die gesetzlichen Vorschriften ausführen, und danach bestehe weder nach § 117 ALG noch nach §§
75, 76 ALG ein Anspruch auf Erstattung der zwischen 1980 und 1991 entrichteten Beiträge. Grundsätzlich könne der
Kläger die Voraussetzung für das Altersgeld noch erfüllen. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegneten die
Vorschriften nicht, da der Kläger sowohl durch Berücksichtigung anderer Beitragszeiten als auch durch
Nachentrichtung bzw. Weiterentrichtung von Beiträgen die Voraussetzungen noch erfüllen könne. Dem Kläger werde
deshalb empfohlen, die erforderlichen Erklärungen abzugeben. Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 05.08.1997 die
Klage ab. Es bejahte das Ende der Versicherungspflicht des Klägers zum 01.01.1992 und die von der Beklagten
vorgenommene Beitragserstattung für die Zeit vom 01.01.1992 bis 31.03.1995. Im übrigen erfülle der Kläger die
Voraussetzung des 117 ALG nicht, da er am 31.12.1994 keine 180 Beitragsmonate zurückgelegt habe. Das
Sozialgericht verneinte eine Auskunfts- oder Belehrungspflicht der Beklagten im Zusammenhang mit der
Verkleinerung des landwirtschaftlichen Betriebs durch den Kläger und im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des
ALG am 01.01.1995. Eine Verletzung des Eigentumsschutzes des Art.14 GG durch die Bestimmungen des ALG hat
das Sozialgericht verneint, da der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, durch entsprechende Erklärungen seine
Anwartschaft auf eine Altersrente aufrecht zu erhalten. Außerdem habe der Kläger beginnend am 01.04.1980 einen
Versicherungsschutz betreffend das Risiko einer Erwerbsunfähigkeit gehabt und im übrigen offenbar 1990 eine
Betriebs- oder Haushaltshilfe in Anspruch genommen. Wenn also die Beitragszahlung nicht in die konkrete
Leistungsgewährung Altersgeld münde, sei dies im Wege der sozial verträglichen Lastenverteilung noch möglich und
stelle keinen aus Art.14 Abs.1 GG abzuleitenden generellen Erstattungsanspruch des Klägers dar.
Mit Schriftsatz vom 22.08.1997 legte der Klägerbevollmächtigte Berufung ein mit dem Antrag, das Urteil des
Sozialgerichts sowie den Bescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides aufzuheben und die
Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die zu Recht entrichteten Beiträge zu erstatten.
Neben allgemein gehaltenen Vorwürfen gegenüber der Beklagten trug der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom
23.09.1997 erstmals vor, daß der Kläger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bezahlt habe und dadurch eine
Alterssicherung des Klägers bestehe. Im übrigen wurden die Argumente wiederholt, daß die Beitragszahlung von 180
Kalendermonaten erfüllt sei, wenn auch nicht am 31.12.1994, diese Bestimmung des Gesetzgebers willkürlich sei und
die Beklagte willkürlich handele, wenn sie von den tatsächlich gezahlten 180 Beitragsmonaten die Beiträge, die
bereits erstattet wurden, abziehe. Der Kläger habe kein Interesse daran, freiwillige Beiträge einzubezahlen und sei
deshalb nicht an den von der Beklagten angebotenen Lösungsmöglichkeiten interessiert.
Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 05.11.1997 (Bl.28 ff.) an ihrer Rechtsauffassung festgehalten und die
Zurückweisung der Berufung beantragt. Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Im übrigen hält sie die
Begründung der Berufung für nicht schlüssig, da bereits nach eigenem Vortrag der Kläger am 31.12.1994 lediglich für
177 Monate Beiträge entrichtet waren.
In einem weiteren Schriftsatz vom 02.03.1998 rügte der Klägerbevollmächtigte Verletzungen der Aufklärungspflicht
durch die Beklagte, im übrigen sei der Kläger durch die Landwirtschaftspolitik getäuscht und betrogen worden. Wenn
ihm jetzt die Beitragserstattung vorenthalten werde, stelle dies eine kalte Enteignung dar. Die Beklagte legte auf
Aufforderung des Senats die dem Kläger übersandten Merkblätter vor, außerdem wurde ein Versicherungsverlauf in
der gesetzlichen Rentenversicherung bei der LVA Schwaben angefordert. Danach ist der Kläger seit August 1989
laufend versicherungspflichtig beschäftigt.
Der Kläger stellte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 22.08.1997.
Die Beklagte stellte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 50.11.1997.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Bayerischen
Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Die
Beklagte und das Sozialgericht haben zu Recht die Beitragserstattung der Zeiten vom 01.04.1980 bis 31.12.1991
abgelehnt.
Streitgegenstand allein ist der auf den Antrag des Klägers vom 28.09.1995 hin ergangene Bescheid der Beklagten
vom 22.02.1996 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 22.04.1996 und somit nur die Frage der Erstattung der
Beiträge, die der Kläger vom 01.04. 1980 bis 31.12.1991 bezahlt hat. Nicht Streitgegenstand ist die bereits
durchgeführte Erstattung der Beiträge vom 01.01.1992 bis 31.03.1995 sowie die Feststellung, daß die
Unternehmereigenschaft des Klägers und dem folgend auch die Beitragspflicht am 31.12.1991 geendet hat. Diese
Feststellung hat die Beklagte in dem rechtskräftig gewordenen Bescheid vom 23.05.1995 getroffen, dieser ist nicht
Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens. Im übrigen hat der Kläger die Rückzahlung der Beiträge ab
01.01.1992 entgegengenommen und keine Erklärung dahingehend abgegeben, daß diese Beiträge als Beiträge für
eine Weiterentrichtung zu verwenden seien. Der Kläger hat in der streitigen Zeit vom 01.01.1980 bis 31.12.1991 für
141 Kalendermonate Beiträge zur Beklagten rechtswirksam entrichtet.
Da der Antrag auf Beitragserstattung im September 1995 gestellt wurde, kommt allein das ab 01.01.1995 geltende
ALG zur Anwendung. Vorweg sei allerdings zur Erläuterung für den Kläger darauf hingewiesen, daß nicht die Beklagte
durch Beendigung der Unternehmereigenschaft die Umstände geschaffen hat, die zum Wegfall der Mitgliedschaft am
01.01.1992 geführt haben, sondern daß dies ausschließlich durch den Verkauf und die Verpachtung und die damit
verbundene Verkleinerung des Anwesens unter die Mindestgröße erfolgte. Rechtlich wäre also der rechtskräftig
gewordene Bescheid vom Februar 1995 nicht zu beanstanden. Damit ist aber der Vortrag des Klägers, er habe die 180
Kalendermonate jedenfalls am 31.03. 1995 erfüllt, hinfällig, da tatsächlich nur 141 Monate rechtswirksame Beiträge
entrichtet wurden. Vom Ergebnis wäre aber auch ein nach den Bestimmungen des GAL erhobener
Erstattungsanspruch des Klägers ebenfalls nicht gegeben.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Senats ist § 117 ALG, der bestimmt: "1) Personen, die am 31.12.1994 a)
für 180 Kalendermonate Beiträge als Landwirt an die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt haben, b) als Landwirt
oder unabhängig von einer Tätigkeit als Landwirt oder mitarbeitender Familienangehöriger nicht beitragspflichtig waren
und c) mit den gezahlten Beiträgen bei Vollendung des 65. Lebensjahres einen Anspruch auf Rente wegen Alters nicht
gehabt hätten, werden innerhalb einer Frist von 2 Jahren nach dem Ende der Beitragspflicht auf Antrag die Beiträge,
die sie als Landwirt entrichtet haben, erstattet. § 76 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 bis 4 ist anzuwenden.
2) Beiträge für Zeiten vor dem 01.01.1995 werden nicht erstattet, soweit am 31. Dezember 1994 keine Beiträge zur
Altershilfe für Landwirte gezahlt wurden und nach dem am 31.12.1994 geltenden Recht eine Erstattung von Beiträgen
ausgeschlossen war."
Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf § 117 Abs.1 ALG stützen, denn es fehlt bereits an der Voraussetzung des
Buchstaben a) fehlt, da er am 31.12.1994 bereits nach eigenem Vortrag nicht die 180 Kalendermonate Beiträge als
Landwirt an die Landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt hat. Darüber hinaus zeigt auch die zusätzlich ebenfalls zur
erfüllende Voraussetzung des Buchstaben c), daß der Gesetzgeber bei der Schaffung der Bestimmung sehr wohl
Besitzstandsüberlegungen sowie verfassungsrechtliche Grundsätze beachtet hat, da er hier für Landwirte mit erfüllter
Wartezeit, die aber trotzdem nach den neuen Bestimmungen einen Altersgeldanspruch ab dem vollendeten 65.
Lebensjahr nicht gehabt hätten, eine Beitragserstattungsmöglichkeit geschaffen hat. Diese Regelung des Abs.1 ist
aber beschränkt auf die Personen, die am 31.12.1994 für 180 Kalendermonate Beiträge gezahlt haben, was im Fall
des Klägers ja gerade nicht zutrifft.
Der Kläger kann seinen Anspruch aber auch nicht auf § 117 Abs.2 ALG stützen, da er zwar am 31.12.1994 keine
wirksamen Beiträge zur Altershilfe der Landwirte gezahlt hat, aber die nach dem am 31.12.1994 geltende Bestimmung
des § 27a GAL nicht erfüllt, d.h. also zum Zeitpunkt des noch geltenden GAL auch keinen Anspruch auf die
Beitragsbefreiung hatte.
§ 27a GAL bestimmte, "1) Personen, die a) nach diesem Gesetz für 180 Kalendermonate Beiträge an die
Landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt haben, b) nicht nach § 14 beitragspflichtig sind, c) mit den gezahlten
Beiträgen bei Vollendung des 65.Lebensjahres einen Anspruch auf Altersruhegeld nicht haben werden und d) nicht die
Berechtigung zur Weiterentrichtung von Beiträgen nach § 27 erlangt haben, werden auf Antrag die Beiträge, die sie als
beitragspflichter landwirtschaftlicher Unternehmer entrichtet haben, erstattet."
§ 27a GAL setzt also ebenso die Bezahlung von 180 Kalendermonatenbeiträgen, und zwar wirksamer Beiträge
voraus. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger schon nach eigenem Vortrag am 31.12.1994 nicht, denn auch
unabhängig von den von der Beklagten als zu Unrecht entrichtet beanstandeten und erstatteten Beiträgen hat der
Kläger bis 01.01.1994 nur 177 Monate Beitragsleistungen erfüllen können.
Es ergeben sich aber auch keine anderen Rechtsgrundlagen für einen Erstattungsanspruch des Klägers.
Insbesondere kann er seinen Anspruch nicht aus einem Auskunfts- oder Beratungsfehler der Beklagten herleiten.
Grundsätzlich ist die Beklagte nach §§ 14, 15 SGB I verpflichtet, dem Kläger über die sozialen Angelegenheiten nach
diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen und ihn über seine Rechte und Pflichten zu beraten. Dabei ist es nach der
ständigen Rechtsprechunng des Bundessozialgerichts aber nicht erforderlich, daß die Beklagte die Auskunfts- und
Beratungspflicht ohne konkreten Beratungsanlaß wahrnimmt (vgl. Seewald in KassKomm § 14 SGB I Rdnr.14 ff, 25).
Das heißt zum Zeitpunkt, als der Kläger sein Unternehmen verkleinerte, bestand keine Beratungs- und
Auskunftspflicht der Beklagten, da diese weder von den Verkäufen noch von den Verpachtungen Kenntnis hatte, wie
die Ermittlungen der LBG aus den Jahren 1994/ 1995 zeigen. Es ist vielmehr so, daß der Kläger, ohne seine
Mitteilungspflicht gegenüber den landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträgern zu erfüllen, seine
landwirtschaftlichen Flächen veräußert bzw. verpachtet, der Beklagten davon nicht Mitteilung gemacht und auch nicht
um Auskunft oder Beratung nachgesucht hat. Erst ab Juni 1994 hat der Kläger sich telefonisch über die gesetzlichen
Neuregelungen bzw. die Befreiungs- und Erstattungsmöglichkeiten erkundigt und dabei durch Übersendung der
Merkblätter von der Beklagten auch ausreichend Aufklärung erfahren. Grundsätzlich genügt der Hinweis auf in
Merkblättern zusammengefaßte allgemeine Darstellungen, solange der Betroffene nicht konkrete seinen individuellen
Fall betreffende Fragen stellt. Für die Beklagte war zudem zu diesem Zeitpunkt noch nicht ersichtlich, daß der Kläger
nicht mehr landwirtschaftlicher Unternehmer war. Im übrigen sind dem Kläger keine Nachteile dadurch entstanden,
daß er die entsprechenden Auskünfte über die gesetzlichen Bestimmungen erst 1994 erhalten hat. Denn allein durch
den Zeitpunkt des Inkrafttretens des ALG am 01.01.1995 und die damit verbundene Stichtagsregelung der Erfüllung
der Wartezeit von 180 Monaten bis einschließlich 31.12. 1994 ist die jetzt vom Kläger beklagte Rechtsfolge
eingetreten. Auf diese Frist und dies Stichtagsregelung hat allerdings die Beklagte keinen Einfluß gehabt, so daß die
vom Kläger gerügte Rechtsfolge nicht aufgrund eines Beratungsfehlers eingetreten, sondern vielmehr ausschließlich
auf das Inkrafttreten des ALG und die vom Gesetzgeber getroffene Stichtagsregelung zurückzuführen ist.
Ein Beratungs- oder Auskunftsfehler der Beklagten wäre somit auch nicht kausal für die eingetretene Rechtsfolge. Im
übrigen muß an dieser Stelle ganz besonders betont werden, daß die Beklagte, als ihr die Umstände der
Versicherungspflicht bzw. deren Beendigung beim Kläger bekannt wurden, spätestens im streitgegenständlichen
Widerspruchsbescheid ausführlichst und auch verständlich über die Möglichkeiten zur Anwartschaftserhaltung für ein
Altersgeld aufgeklärt und beraten hat. Dabei hat die Beklagte dem Kläger großzügige Erklärungsfristen eingeräumt
und aus dem gesamten Vortrag des Klägers ist außerdem zu entnehmen, daß er grundsätzlich diese Belehrungen
auch verstanden hat, aber aus Gründen seiner eigenen Entscheidung die Fortsetzung einer Mitgliedschaft bei der
Beklagten ablehnt. Deshalb ist kein Beratungsfehler der Beklagten oder fehlendes Wissen beim Kläger Grund dafür,
daß er jetzt einen Anspruch auf Altersgeld bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse mit den bisher bezahlten
Beiträgen nach den derzeit geltenden Vorschriften nicht erreichen kann. Ursächlich dafür sind nicht die Auskünfte und
Beratungen durch die Beklagte, sondern die Entscheidung des Klägers, keine Weiterversicherung bei der Beklagten
zu beantragen. Eine Beratungsmöglichkeit, die Beitragserstattung zu erreichen, bestand schon deshalb nicht, weil der
Kläger bis zur Stichtagsregelung die Beitragsleistung von 180 Kalendermonaten rein aus zeitlichen Gründen nicht
erreichen konnte. Ein sogenannter sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheidet deshalb als Anspruchsgrundlage
für die Beitragserstattung aus.
Im übrigen begegnet die Vorschrift des § 117 ALG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und ist deshalb in vollem
Umfang anzuwenden. § 117 ALG ist eine lex specialis gegenüber den Beitragserstattungsvorschriften der §§ 75 ff.
ALG, da nach Auslegung dieser Vorschrift unter Beiträgen im Sinne von § 75 ALG nur Beiträge nach dem ALG
gemeint sein können, während Beiträge, die nach altem Recht bezahlt worden sind, im Rahmen des § 117 ALG
erstattet werden. Aus dem Regelungsinhalt des Gesetzes kann insgesamt geschlossen werden, daß der Gesetzgeber
die Ansprüche der Versicherten geschützt hat, die zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens des GAL dort beitragspflichtig
und damit versichert waren oder/und einen Anspruch auf Leistungen bereits erworben hatten. Dies ist beim Kläger
aber gerade nicht der Fall, denn er hat, wie ausgeführt, zum einen weder 180 Kalendermonate Wartezeit beim
Inkrafttreten des ALG erfüllt, zum anderen wäre auch nach GAL ein Anspruch auf Altersgeld nur dann gegeben
gewesen, wenn er bis zum 60. Lebensjahr bzw. bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit Beiträge bezahlt hätte. Es ist
daher auch kein enteignungsgleicher Eingriff, wenn noch nicht vollständig erfüllte Anwartschaftsvoraussetzungen
durch die gesetzlichen Bestimmungen geändert oder verschärft werden. Darüber hinaus ist, wie das Sozialgericht zu
Recht ausführt, auch deshalb kein Verstoß gegen den Eigentumsschutz des Grundgesetzes zu sehen, da § 84 Abs.3
ALG gerade dem Personenkreis des Klägers die Möglichkeit schafft, durch Weiterzahlung von Beiträgen die
Leistungsvoraussetzungen zu erfüllen. Über diese Möglichkeit, den Anspruch zu erhalten, hat, wie bereits ausgeführt,
die Beklagte den Kläger in ausreichender umfassender und richtiger Form belehrt. Wenn es der Kläger allerdings
ablehnt, durch Zahlung weiterer Beiträge die Anwartschaftsvoraussetzungen zu erfüllen, so haben weder die Beklagte
noch das Gericht weitere Gestaltungsmöglichkeiten. Damit verstößt die angewandte Bestimmung aber auch nicht
gegen das Grundgesetz. Bereits zum Haushaltbegleitgesetz 1984 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG
Beschluss vom 08.04.1987, Az. 1 BvR 564, 684, 877, 886, 1134, 1636, 1711/84 = SozR 2200 § 1246 RVO Nr.142)
ausgeführt, daß allein die Möglichkeit, durch freiwillige Beitragszahlung Anwartschaften zu erhalten, ausreicht, um
auch eingreifende Rechtsänderungen als verfassungsgemäß anzusehen, da den Versicherten eine Möglichkeit zum
Erhalt ihrer Ansprüche verblieben ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dafür ausdrücklich die rechtliche Möglichkeit
ausreichen lassen und nicht gefordert, daß der Betroffene auch die wirtschaftliche Möglichkeit hat, diese
Voraussetzung zu erfüllen.
Daß es keine Möglichkeit der Beitragserstattung für den Kläger gibt, ist kein verfassungswidriger enteignungsgleicher
Eingriff, denn die durch die Pflichtversicherung nach GAL begründete Mitgliedschaft bei der Beklagten war nicht
ausschließlich auf den Erhalt eines Altersgeldes mit 65 Jahren gerichtet. Der Versicherungsschutz für den
landwirtschaftlichen Unternehmer umfaßte sowohl die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit als
vorzeitiges Altersgeld nach § 2 GAL als auch den Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung oder Leistungen wie z.B.
Reha-Leistungen (§ 6 ff. GAL) einschließlich einer Betriebs- oder Haushaltshilfe. Damit wird deutlich, daß der Kläger
während seiner Mitgliedschaft Versicherungsschutz nach GAL genossen hat, auch wenn nicht alle dort versicherten
Risiken sich bei ihm verwirklicht haben. Gerade dieser Teil einer sogenannten Risikoversicherung läßt es als
gerechtfertigt erscheinen, daß der Kläger ohne Verstoß gegen die Verfassung die einbezahlten Beiträge nicht
zurückerhalten und ohne Fortsetzung der Versicherung auch nicht das neben den genannten Leistungen zum
Leistungskatalog gehörende Altersgeld beanspruchen kann. Der Senat sieht daher durch die Bestimmung des § 117
ALG keinen Verstoß gegen die Verfassung und keine Notwendigkeit, die Sache nach Art.100 GG dem
Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Ziff.1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Die früheren
Vorschriften über die Beitragserstattung sind nicht als verfassungswidrig anzusehen und die Neuregelung die den
Anspruch aufgrund der bisherigen Vorschriften bewahrt, begegnet deshalb ebenfalls keinen grundsätzlichen
Bedenken.