Urteil des LSG Bayern vom 20.01.2009
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Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 20.01.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 16 R 3474/07
Bayerisches Landessozialgericht L 16 R 892/08
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. September 2008 wird als unzulässig
verworfen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig. Die 1972 geborene
Klägerin hat eine Ausbildung zur Kinderpflegerin abgeschlossen und war bis 1995 in diesem Beruf tätig. Nach der
Geburt ihrer beiden Kinder in den Jahren 1996 und 1997 war sie nur noch geringfügig beschäftigt. Seit 01.12.2007
arbeitet sie als Sachbearbeiterin zehn Stunden pro Woche im Betrieb ihres Ehemannes. Für diese Tätigkeit werden
Pflichtbeiträge zur Beklagten entrichtet. Den Rentenantrag vom 19.04.2007 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom
06.06.2007 ab, da die Klägerin bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit Wirbelgleiten und
Nervenwurzelirritation links sowie Verschleiß im Bereich der Kniegelenke sowohl als Kinderpflegerin als auch auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten könne. Mit dem dagegen erhobenen
Widerspruch wandte sich die Klägerin insbesondere dagegen, dass sie den Beruf einer Kinderpflegerin ausüben
könne, da dieser mit Heben und Tragen verbunden sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom
01.11.2007 als unbegründet zurückgewiesen. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München
erklärte die Klägerin, dass sie aufgrund ihrer unerträglichen Schmerzen wegen der degenerativen
Wirbelsäulenveränderungen nicht mehr in der Lage sei zu arbeiten. Das Sozialgericht ließ den Gesundheitszustand
der Klägerin durch den Orthopäden Dr. L. sowie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. begutachten. Beide
Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass das Leistungsvermögen der Klägerin im Wesentlichen durch ein chronisches
Lendenwirbelsäulensyndrom leichter Prägung bei Wirbelgleiten L5/S1 mit links mediolateralem Bandscheibenvorfall,
leichtgradiger Großzehenheberschwäche, chronischem Schmerzsyndrom und glaubwürdigen subjektiven
Beschwerden und einer Chondropathia patellae beidseits bei leichtgradiger Beinverkürzung rechts beeinträchtigt sei.
Die Klägerin könne trotz dieser Gesundheitsstörungen leichte, kurzfristig auch mittelschwere Arbeiten im
regelmäßigen Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, in geschlossenen Räumen, kurzfristig im Freien, acht Stunden
täglich verrichten. Die Klägerin könne keine Arbeiten ausüben, die das Heben und Tragen von Lasten über 7 1/2 kg
sowie häufiges Bücken verlangen. Auch Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sollten vermieden werden, ebenso wie
häufigstes Treppensteigen. Arbeiten an Maschinen, Büromaschinen und am Bildschirm seien dagegen möglich, wenn
der regelmäßige Körperpositionswechsel gewährleistet sei. Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 25.
September 2008 mit der Begründung ab, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Klägerin nicht feststellbar
sei. Mit dem im Gerichtsverfahren festgestellten Leistungsvermögen könne die Klägerin noch täglich mindestens
sechs Stunden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Das Urteil wurde der Klägerin mit
Postzustellungsurkunde am 10.10.2008 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Die
Klägerin hat gegen das Urteil des Sozialgerichts mit Schriftsatz vom 10.11.2008, eingegangen beim Sozialgericht
München am 11.11.2008, Berufung eingelegt. Der Senat hat die Klägerin mit Schreiben vom 24.11.2008 auf die
verspätete Einlegung der Berufung hingewiesen und um Mitteilung von Wiedereinsetzungsgründen gebeten. Daraufhin
hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie der Meinung sei, dass sie die Berufung fristgemäß eingelegt habe, da das Datum
des Poststempels zähle. Im Übrigen habe sie das Schreiben der Urteilsverkündung erst am 24.11.2008 erhalten, da
sie sich zum Zeitpunkt der Niederlegung aus privaten Gründen nicht in ihrer Wohnung aufgehalten habe. Demzufolge
wäre die Frist zur Einlegung der Berufung erst am 24.12.2008 abgelaufen. Die Klägerin beantragt sinngemäß, das
Urteil des Sozialgerichts München vom 25.09.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2007 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.11.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen
Erwerbsminderung zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Hinsichtlich weiterer
Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der
Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Klägerin formgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung ist unzulässig, weil sie nicht in der
gesetzlichen Frist eingelegt worden ist. Gemäß § 158 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann diese Entscheidung
durch Beschluss, ohne mündliche Verhandlung, ergehen. Nach § § 151 Abs.1 und 2, 153 Abs.1 i.V.m. 87 Abs.1 Satz
1 SGG ist die Berufung beim Landessozialgericht oder beim Sozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung
des Urteils schriftlich einzulegen. Über diese Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs wurde die Klägerin im
angefochtenen Urteil des Sozialgerichts München vom 25.09.2008 ausdrücklich und zutreffend belehrt. Nach der
Postzustellungsurkunde wurde das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München der Klägerin am 10.10.2008
durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Die Frist zur Einlegung der Berufung begann
daher am 11.10.2008 und endete mit Ablauf des 10.11.2008. Die Berufung ist jedoch erst am 11.11.2008 beim
Sozialgericht München eingegangen und daher nicht fristgerecht eingelegt worden. Die Klägerin macht keine
Wiedereinsetzungsgründe gemäß § 67 Abs.1 SGG geltend. Sie führt lediglich aus, dass sie der Meinung sei, dass die
rechtzeitige Aufgabe der Berufungsschrift zur Post ausreichend sei, um die Frist des § 151 Abs.1 bzw. Abs.2 SGG zu
wahren. Dem kann nicht gefolgt werden, da § 151 Abs.1 bzw. Abs.2 SGG die Einlegung der Berufung innerhalb der
Frist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Sozialgericht fordert. Die rechtzeitige Aufgabe zur Post reicht nicht aus
um die Berufungsfrist einzuhalten. Nach dem eindeutigem Wortlaut des § 151 SGG ist die Berufung beim zuständigen
Landessozialgericht bzw. Sozialgericht einzulegen. Dies bedeutet, dass die Berufung innerhalb der Berufungsfrist in
den Machtbereich oder die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt sein muss (vgl. Leitherer in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl. 2008, § 151 RdNr. 10f). Bei Versendung durch die Post muss die
Berufungsschrift so rechtzeitig aufgegeben worden sein, dass sie bei regelmäßigem Ablauf fristgerecht eingeht. Dies
muss der Berufungskläger berücksichtigen. Die Klägerin hat die Berufungsschrift am 10.11.2008, den Tag des
Ablaufs der Berufungsfrist, verfasst und zur Post gegeben dass so, wegen des Postweges, die Berufungsfrist nicht
eingehalten werden konnte, war für die Klägerin erkennbar. Ihr Irrtum über die nicht ausreichende rechtzeitige
Einlegung der Berufung durch Aufgabe zur Post war aufgrund der Rechtsmittelbelehrung des Urteils vermeidbar und
ist daher unbeachtlich. Die Berufung der Klägerin ist daher als unzulässig zu verwerfen. Eine Entscheidung in der
Sache ist dem Senat verwehrt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Berufung
keinen Erfolg hatte. Gründe, gemäß § 160 Abs.2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.