Urteil des LSG Bayern vom 14.01.2004
LSG Bayern: somatoforme schmerzstörung, tinnitus, arbeitsunfall, bandscheibenvorfall, schwerhörigkeit, klinik, entstehung, gutachter, anerkennung, arbeitsunfähigkeit
Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 14.01.2004 (rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 6 U 148/99
Bayerisches Landessozialgericht L 17 U 46/02
I. Unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.12.2001 sowie des Bescheides vom 24.04.1998 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.05.1999 wird die Beklagte verurteilt, einen hochtonigen Tinnitus
rechts als Folge des Arbeitsunfalls vom 13.12.1996 anzuerkennen und Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH ab
27.12.1996 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. II. Die Beklagte hat dem Kläger 2/3 der
außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalles vom
13.12.1996 streitig.
Der 39-jährige Kläger, der von Beruf selbstständiger Drucker war, erlitt am 13.12.1996 einen Arbeitsunfall. Beim
Transport von Papier trat er auf dem Bürgersteig auf eine Glasscherbe und rutschte dabei weg. Er stürzte - mit dem
Papier (ca 20 - 25 kg Gewicht) - zuerst auf das Gesäß, dann auf den rechten Hinterkopf und verdrehte sich dabei den
Rücken und den rechten Knöchel. Er erlitt eine Schädelprellung sowie eine Distorsion des rechten oberen
Sprunggelenkes (Durchgangsarztbericht von Dr.K. vom 13.12.1996). In der Unfallanzeige vom 17.12.1996 machte er
zudem Ohrengeräusche rechts geltend. Vom 27.12. bis 30.12.1996 hielt er sich stationär in der chirurgischen Klinik II
des Klinikums der Stadt F. wegen eines unfallunabhängigen akuten Lumbago bei diskretem Bandscheibenprolaps L5
bis S1 auf. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestand bis 26.12.1996.
Die Beklagte holte Befundberichte des Nervenarztes Dr.W. vom 30.01.1997 / 17.02.1997 sowie des HNO-Arztes Dr.K.
vom 24.02.1997 ein. Außerdem zog sie die Unterlagen der E.-Klinik F. , insbesondere den Arztbericht des Chirurgen
Dr.R. vom 31.01.1997 bei. Anschließend holte sie Gutachten bei dem Nervenarzt Prof. Dr.G. nach Aktenlage am
05.08.1997 und dem HNO-Arzt Prof.Dr.T. am 15.10.1997 ein. Prof. Dr.G. beschrieb nur sehr geringe neurologische
Störungen. Es sei von einer Schädelprellung auszugehen. Hinweise für eine Gehirnerschütterung oder
hirnkontusionelle Schädigung hätten sich nicht ergeben. Im HNO-ärztlichen Bereich konnte Prof. Dr.T. außer einer
reinen Innenohrschwerhörigkeit beidseits mit schwellennahem verdeckbaren Hochtontinnitus keine pathologischen
Befunde erheben.
Die Beklagte zog noch die medizinischen Unterlagen der HNO-Abteilung der E.Klinik aus den Jahren 1995/1996 bei,
insbesondere die Arztberichte des Prof.Dr.H. vom 20.06.1997 und 29.01.1998. In einer weiteren gutachtlichen
Stellungnahme ging Prof. Dr.T. vom 24.02.1998 davon aus, dass beide Ohren bereits vor dem angeschuldigten Unfall
mit Sturz auf den Hinterkopf in praktisch gleichen Umfang geschädigt waren (beidseitige Schwerhörigkeit,
rechtsseitiger Tinnitus). Der HNO-Arzt Dr.N. diagnostizierte in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 28.03.1998
ebenfalls eine Schwerhörigkeit beidseits, Ohrgeräusche und Schwindel. Da ein Vorschaden an beiden Ohren eindeutig
belegt sei, spreche mehr dafür, dass das geringe Schädeltrauma, das nur zu einer Prellmarke am Hinterhaupt geführt
habe, keine Schäden am Ohr verursacht habe. Eine unfallbedingte MdE liege auf HNO-Gebiet nicht vor.
Mit Bescheid vom 24.04.1998 erkannte die Beklagte als Folge des Arbeitsunfalles eine Schädelprellung und Zerrung
des rechten oberen Sprunggelenkes an, die folgenlos ausgeheilt seien. Die darüber hinaus bestehenden Beschwerden
seien nicht Folge des Arbeitsunfalles, sondern auf unfallfremd bereits vorbestehende bzw degenerative Erkrankungen
zurückzuführen. Dies gelte insbesondere für die Hörminderung beidseits und die Ohrgeräusche rechts (bestätigt durch
Widerspruchbescheid vom 05.05.1999).
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben und beantragt, ihm
Verletztenrente zu bewilligen.
Das SG hat Gutachten des Arbeitsmediziners Dr.Z. vom 11.11.1999, der Nervenärztin Dr.W. nach § 109
Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 12.01.2001 und des Dr.L. vom 11.12.2001 eingeholt. Dr.Z. hat ausgeführt, dass der
Arbeitsunfall nur zu einer Schädelprellung mit Prellmarke am Hinterkopf und zu einer Zerrung des rechten oberen
Sprunggelenkes geführt habe. Hiervon seien keine Folgen zurückgeblieben. Ein Gehörschaden habe beim Kläger
schon vor dem Unfall bestanden. Zu einer Verschlimmerung dieses Vorschadens durch den Unfall sei es nicht
gekommen. Durch den Sturz, insbesondere eine leichte Stauchung der LWS, könne die Entstehung eines
Bandscheibenvorfalls ausgeschlossen werden. Auch Dr.W. hat dargestellt, dass sich eine kausale Verknüpfung
zwischen dem Sturzereignis, der erlittenen Prellung und dem Bandscheibenvorfall L5/S1 nicht herstellen lasse. Dr.L.
hat ebenfalls einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Bandscheibenvorfall und dem Arbeitsunfall
abgelehnt. Eine MdE bestehe unfallbedingt nicht.
Mit Urteil vom 11.12.2001 hat das SG Nürnberg die Klage abgewiesen und sich dabei im Wesentlichen auf die
Ausführungen der Gutachter Dr.L. , Dr.Z. und Prof. Dr.T. gestützt.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgetragen, das Unfallereignis sei kausal für den
vorliegenden Bandscheibenvorfall gewesen. Vorher sei eine derartige Gesundheitsstörung nicht festgestellt worden.
Der Berichterstatter hat Befundberichte des Allgemeinarztes Dr.O. vom 17.04.2002 und des Orthopäden Dr.H. vom
15.04.2002, die Unterlagen des Radiologen Dr.I. vom 08.07.2002 sowie die einschlägigen Röntgen- und CT-
Aufnahmen beigezogen. Sodann hat er ein Gutachten des Orthopäden Dr.W. vom 13.10.2002 veranlasst. Dieser
konnte keine durch den Arbeitsunfall verursachten Gesundheitsstörungen, insbesondere im Bereich des Schädels, der
Wirbelsäule und des rechten Sprunggelenkes feststellen. Dr.H. hat in seinem Gutachten vom 11.10.2002 ausgeführt,
durch die zahlreichen Auseinander- setzungen des Klägers mit der Krankenkasse und anderen Stellen sei es zu einer
traumatisierenden Entwicklung gekommen, die als somatoforme Schmerzstörung anzusehen sei. Die Schmerzstörung
habe deutlichen Krankheitswert und begründe seit der Bandscheibenoperation eine MdE von 40 vH. In einem HNO-
ärztlichen Gutachten hat Dr.D. am 19.01.2003 einen dauerhaften, hochtonigen Tinnitus als Unfallfolge diagnostiziert.
Hierfür hat er eine MdE von 10 vH vorgeschlagen. Nicht Unfallfolge seien die anfallsweise auftretenden zusätzlichen
Ohrgeräusche, die Schwindelerscheinungen und die vor dem Unfall festgestellte Schwerhörigkeit.
Abschließend hat der Nervenarzt Dr.K. in seinem Gutachten vom 31.03.2003 eine somatoforme Schmerzstörung vor
dem Hintergrund lumboischialigieformer Beschwerden bei L5/S1 rechts bestätigt. Da die körperliche Ursache des
Schmerzgeschehens nicht unfallbedingt sei, können die aus dem Schmerzgeschehen resultierenden Komplikationen
mit zunehmender psychischer Belastung nicht auf den Unfall bezogen werden. Der Tinnitus dagegen sei auf den
Arbeitsunfall (Sturz auf den Hinterkopf) zurückzuführen. Dabei sei unfallbedingt von einer MdE von 20 vH
auszugehen. Die Beklagte hat dem mit Schriftsatz vom 07.04.2003 widersprochen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.12.2001 sowie
des Bescheides vom 24.04.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.05.1999 zu verurteilen, einen
hochtonigen Tinnitus rechts als Folge des Arbeitsunfalles vom 13.12.1996 anzuerkennen und Verletztenrente nach
einer MdE von 40 vH ab 27.12.1996 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.12.2001 als
unbegründet zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung am 14.01.2004 haben sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt, dass der
Berichtserstatter in der Sache als Einzelrichter entscheidet.
Ergänzend wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und zum Teil auch begründet.
Entgegen der Auffassung des SG Bayreuth hat der Kläger Anspruch auf Anerkennung eines hochtonigen Tinnitus
rechts als Folge des Arbeitsunfalles vom 13.12.1996 sowie Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20
vH ab 27.12.1996 (§§ 539, 548 Abs 1, 581 Abs 1 Nr 2 Reichsversicherungsordnung -RVO-).
Anzuwenden sind im vorliegenden Fall noch die Vorschriften der RVO, da sich das zu beurteilende Ereignis vor dem
01.01.1997 ereignet hat (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch -SGB
VII-).
Verletztenrente ist gemäß § 581 Abs 1 Nr 2 RVO dann zu gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge
des Arbeitsunfalles um wenigstens 20 vH gemindert ist. Eine Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles ist
u.a. dann anzuerkennen, wenn zwischen dem Unfall und der Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang
besteht. Ein solcher liegt nach dem in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätsbegriff dann vor,
wenn das Unfallereignis mit Wahrscheinlichkeit wesentlich die Entstehung oder Verschlimmerung eines
Gesundheitsschadens bewirkt hat (BSGE 1, 72, 76; 12, 242, 245; 38, 127, 129; Bereiter-Hahn/Schicke/Mehrtens,
Gesetzliche Unfallversicherung, 4.Auflage, Anm.3, 3.4 zu § 548 RVO).
Aufgrund der Ausführungen der Sachverständigen Dr.D. , zum Teil auch Prof. Dr.T. , Dr.K. und Dr.W. steht zur
Überzeugung des Berichterstatters fest, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch die Folgen des Arbeitsunfalles
im rentenberechtigenden Grade gemindert ist. Der Berichterstatter geht davon aus, dass der Kläger als Folge des
Arbeitsunfalles vom 13.12.1996 einen dauerhaften, hochtonigen Tinnitus erlitten hat, der von nachvollziehbaren,
psychisch belastenden Folgen begleitet ist.
Vorweg ist dabei festzustellen, dass bei dem Kläger eine schädigungsbedingte Schwerhörigkeit nicht vorliegt. Diese
war bereits vor dem Unfall 1995 als entzündlich bedingte Innenohrstörung links festgestellt worden. In der Zeit
zwischen 1995 und Januar bzw. März 1997, also direkt nach dem Arbeitsunfall, nahm die Schwerhörigkeit nicht zu. In
der Zwischenzeit gab es erhebliche Anhaltspunkte für ein schädigungsfremdes Menière-Syndrom. Bereits 1997 gab
Prof.H. einen Morbus Menière als wahrscheinlichste Diagnose für die Gehörstörung des Klägers und die damit
verbundenen Beschwerden des Gleichgewichtsorgans an. Entscheidend ist aber, dass die vielen Audiogramme, die
vor und nach dem Unfall gefertigt wurden, eine Verschlimmerung der Hörstörung ausgeschlossen haben. Als
Unfallfolge scheidet sie daher aus, unabhängig von der Tatsache, dass - wie Dr.D. überzeugend ausführt - die
gesamte Schwerhörigkeit beidseits - unabhängig von der Ursache - mit einer MdE von unter 10 vH zu bewerten ist.
Der vom Kläger geklagte Tinnitus dagegen ist glaubhaft und ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Ein
Tinnitus kann äußerst selten vorgetäuscht werden, da er nicht demonstrierbar ist. Nach den überzeugenden Angaben
des Klägers sind Ohrengeräusche rechts bereits unmittelbar nach dem Arbeitsunfall aufgetreten (siehe Unfallanzeige
vom 17.12.1996). Sie waren sowohl im September 1997 als auch bei der Begutachtung durch Dr.D. schwellennah
maskierbar. Von Anfang an wurde der Tinnitus als hochtonig beschrieben. Demnach war der Unfallmechanismus mit
Schädelprellung in der Lage, in dem hier relativ geringen Ausmaß eine vorübergehende zusätzliche Hochtonsenke und
einen hochtonigen Tinnitus zu verursachen. Auch Prof. Dr.T. hat empfohlen, zumindest den hochtonigen Tinnitus als
Unfallfolge anzuerkennen. Dem widerspricht grundsätzlich nicht das Gutachten des Dr.N. , der darauf verweist, dass
ein unfallbedingter Tinnitus erstmals bei der Untersuchung durch Dr.K. am 07.01.1997 erwähnt wurde. Nach
Auffassung des Berichterstatters ist aber von den überzeugenden und nachvollziehbaren Angaben des Klägers in der
Unfallanzeige auszugehen, d.h. dass unmittelbar nach dem Arbeitsunfall bereits entsprechende Ohrengeräusche
rechts auftraten.
Dr.K. hat in seinem nervenärztlichen Gutachten die Verursachung eines Tinnitus rechts durch den Sturz des Klägers
auf den Hinterkopf als geeigneten Unfallmechanismus bestätigt. Hinsichtlich der Höhe der MdE führt er aus, dass für
diesen Unfallschaden die Beeinträchtigungen ausschlaggebend sind, die der Kläger subjektiv empfindet und
anlässlich der Begutachtung beschrieben hat. Danach sieht sich der Kläger nachvollziehbar in seiner Konzentration
gestört, hat keine Phasen der Stille, wird in seinem Schlaf beeinträchtigt und fühlt sich nervlich belastet. Der Tinnitus
hat für den Kläger also nachvollziehbare psychisch belastende Folgen. Der nervenärztliche Gutachter hat insoweit zu
Recht entgegen den Ausführungen des Dr.D. eine stärkere Beeinträchtigung angenommen. Zwar ist der Tinnitus
grundsätzlich mit einer MdE bis zu 10 vH zu berücksichtigen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und
Berufskrankheit, 7.Auflage, S 442). Bei zusätzlichen psychischen Befindungsstörungen, wie beim Kläger, können
sich aber bei einer neurologisch-psychiatrischen Zusatzbegutachtung im Einzelfall höhere MdE-Werte ergeben
(Schönberger aaO S 442). Der Berichterstatter hält daher die von Dr.K. für den unfallbedingten Tinnitus
vorgeschlagene MdE von 20 vH für vertretbar.
Im chirugisch-orthopädischen Bereich liegen keine Unfallfolgen vor. Der am 27.12.1996 diagnostizierte
Bandscheibenvorfall L5/S1 rechts steht in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom
13.12.1996. Dagegen spricht bereits, dass bei einem Sturz aus dem Stand eine gesunde Bandscheibe nicht derart
geschädigt wird, dass es zu einem Bandscheibenvorfall kommt. Auch lag bei dem Kläger ein Vorschaden i.S. einer
Lumboischialgie nicht vor. Röntgenologisch ließ sich lediglich eine unbedeutende Schadensanlage i.S. einer
minimalen Bandscheibenminderung L5/S1 nachweisen, welche jedoch keine klinisch relevanten Krankheitszeichen
vor dem Unfall verursachte. Jedenfalls lag kein geeigneter Unfallmechanismus zur Verursachung eines
unfallbedingten Bandscheibenvorfalles vor. Dazu wäre die Einwirkung von erheblichen Kräften auf die gebeugte
Wirbelsäule sowie das Verdrehen des Rumpfes unter gleichzeitigem Heben oder Bewegen schwerer Lasten
erforderlich. Zudem verursacht ein unfallbedingter Bandscheibenvorfall sofort nach dem Unfall ausgeprägte
Schmerzen im Bereich der LWS, respektive Schmerzausstrahlung, und eine neurologische Symptomatik im Bein.
Dies war bei dem Kläger eindeutig nicht der Fall. Röntgenologisch sind auch keine knöchernen Verletzungen
nachweisbar. Auch spricht der Heilungsverlauf gegen eine Bandscheibenverletzung. Der typische Heilungsverlauf
unterliegt einem sog. Decrescendo-Verlauf. Dies bedeutet, dass die Beschwerden direkt nach dem Unfall ausgeprägt
vorhanden sind und mit zunehmendem Heilungsverlauf abklingen. Der Kläger zeigte jedoch einen sog. Crescendo-
Verlauf, wie er typisch bei degenerativ verursachten Bandscheibenveränderungen ist.
Nicht gefolgt werden kann der Schlussfolgerung des Dr.H. , dass die somatoforme Schmerzstörung unmittelbare
Auswirkung des Unfalls sei und daher eine MdE von 40 vH bedinge. Dagegen sprechen insbesondere die
Ausführungen von Prof. Dr.G. und Dr.W. , nach denen sowohl der rekonstruierbare Unfallhergang als auch die
Schwere des Traumas nicht ausreichend sind, einen Bandscheibenvorfall als unfallbedingt anzuerkennen. Wenn aber
die körperliche Ursache des Schmerzgeschehens nicht unfallbedingt ist, so können auch die daraus resultierenden
Komplikationen mit zunehmender psychischer Belastung nicht auf den Unfall bezogen werden. Sie sind mittelbare
Folge der unfallunabhängigen lumboischalgieformen Beschwerden bei Bandscheibenprotrusionen.
Die Gesamtwürdigung der eingeholten Gutachten und der Vorbefunde ergibt daher, dass der Kläger Anspruch auf
Anerkennung eines hochtonigen Tinnitus rechts als Folge des Arbeitsunfalles vom 13.12.1996 sowie auf Gewährung
einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 vH ab Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit hat. Das Urteil des
SG ist daher insoweit aufzuheben. Im Übrigen muss die Berufung des Klägers erfolglos bleiben. Der Berichterstatter
konnte im Einverständnis mit den Beteiligten an Stelle des Senats entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.